WIFO

 

Staatsschuldenkrise erfasst die Realwirtschaft

 

Prognose für 2012 und 2013

 

Aufgrund der Staatsschuldenkrise im Euro-Raum sehen sich viele EU-Länder veranlasst, ihre Sparbemühungen deutlich zu verstärken, um die Zinsbelastung ihrer öffentlichen Haushalte nicht noch weiter steigen zu lassen. Dies wird in den kommenden Jahren die Binnennachfrage im Währungsgebiet dämpfen, besonders wenn Maßnahmen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte nicht wachstumsorientiert und mit Blick auf die Arbeitsmarktentwicklung gesetzt werden. Zusätzlich verliert die Konjunktur außerhalb des Euro-Raumes an Dynamik. In der Folge wird die heimische Wirtschaft 2012 um nur mehr 0,4% expandieren. Von der Erholung der Weltwirtschaft im Jahr 2013 wird auch Österreich profitieren, jedoch bleibt der Anstieg des BIP mit real 1,6% wegen der europaweit restriktiven Fiskalpolitik verhalten.

 

Die Konjunkturprognose entsteht jeweils in Zusammenarbeit aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des WIFO. • Wissenschaftliche Assistenz: Nora Popp, Roswitha Übl • Abgeschlossen am 19. Dezember 2011. • E-Mail-Adresse: Marcus.Scheiblecker@wifo.ac.at   

 

INHALT

Weltwirtschaftswachstum verlangsamt sich

Kreditrestriktionen dämpfen Binnennachfrage in Ostmitteleuropa

Stagnation im Euro-Raum

Österreichs Wirtschaft verliert deutlich an Dynamik

Finanzmarktbedingungen in Österreich kaum verschlechtert

Robustes Konsumwachstum stützt heimische Konjunktur

Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt verschlechtern sich

Konjunkturschwäche erschwert Budgetkonsolidierung

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

Übersicht 1: Hauptergebnisse der Prognose. 4

Übersicht 2: Annahmen über die internationale Konjunktur 5

Übersicht 3: Entwicklung der Nachfrage. 11

Übersicht 4: Entwicklung der Bruttowertschöpfung. 12

Übersicht 5: Produktivität 13

Übersicht 6: Konsum, Einkommen und Preise. 15

Übersicht 7: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit 16

Übersicht 8: Arbeitsmarkt 17

Übersicht 9: Wirtschaftspolitische Bestimmungsfaktoren. 19

Abbildung 1: Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung und der Wirtschaftspolitik. 7

 

 

Die bereits seit dem Sommer spürbare Abkühlung der Weltwirtschaft wird sich in den kommenden Monaten fortsetzen. Angesichts der hohen Staatsverschuldung einiger Euro-Länder griff die Skepsis hinsichtlich der Bedienbarkeit der Staatsschulden auf weitere Länder über. In Italien stieg die Rendite wichtiger Schuldentitel zeitweilig auf über 7%. Die Nachfrage nach Staatsanleihen von Frankreich, Belgien und Spanien verringerte sich gleichfalls deutlich. Mittlerweile war auch in Ländern mit unterdurchschnittlicher Staatsverschuldung wie in Österreich oder den Niederlanden ein leichter Anstieg des Zinsniveaus zu beobachten. Das Misstrauen der internationalen Märkte breitete sich auf fast den gesamten Euro-Raum aus.

Vor einigen Jahren verleitete das äußerst niedrige Niveau kurzfristiger Zinssätze viele Staaten des Euro-Raumes, Schuldtitel mit kurzer Laufzeit zu emittieren. Ein großer Anteil der Staatsschulden läuft nun innerhalb der kommenden Jahre aus. In der Folge müssen in großem Umfang neue Finanzmittel zu hohen Zinssätzen aufgenommen werden. Dies belastet das Vertrauen der Finanzmärkte in die Bonität der Staaten weiter. Immer mehr Länder sehen sich deshalb zu verstärkten Einsparungen in ihrem Staatshaushalt gezwungen. Einschnitte im Sozialsystem und steigende Steuerlast werden die Binnenkonjunktur im Euro-Raum belasten.

Für den Euro-Raum erwartet das WIFO daher 2012 eine Stagnation der Wirtschaftsleistung. Während der Euro-Raum 2013 einerseits von der stärkeren Weltwirtschaftsdynamik profitieren wird, werden andererseits die Sparbemühungen der öffentlichen Haushalte das Wachstum weiterhin dämpfen. Besonders der restriktive wirtschaftspolitische Kurs von Österreichs zweitwichtigstem Handelspartner Italien wird die heimische Wirtschaft treffen. Aber auch die Krise in Ungarn wird Auswirkungen zeigen.

Wie bereits im Herbst geht die vorliegende WIFO-Prognose davon aus, dass das heimische und das internationale Bankensystem insgesamt stabil bleiben. Das Risiko einer äußerst restriktiven Kreditvergabe (Kreditklemme) durch die Banken, um die notwendigen Eigenkapitalquoten zu erfüllen, wird in der vorliegenden Prognose für den Euro-Raum als beherrschbar angesehen. Angenommen werden zudem weiterhin eine geordnete Schuldenabwicklung durch die Staaten sowie ein Rückgang der derzeit hohen Zinssätze für Staatsanleihen vieler Euro-Länder auf ein nachhaltigeres Niveau.

Unter diesen Voraussetzungen wird die österreichische Wirtschaft 2012 um nur mehr 0,4% expandieren. Der heimische Export wird mit einem Wachstum von real 2,8% weniger Impulse liefern. Die Nachfrage nach Ausrüstungsinvestitionen wird trotz Erholung der Gewinne im Vorjahr und niedrigerer Zinssätze kaum ausgeweitet, die Bauinvestitionen stagnieren nahezu.

 

Übersicht 1: Hauptergebnisse der Prognose

 

 

 

 

 

 

 

 

2008

2009

2010

2011

2012

2013

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Bruttoinlandsprodukt

 

 

 

 

 

 

Real

+1,4

3,8

+2,3

+3,2

+0,4

+1,6

Nominell

+3,2

2,8

+4,1

+5,5

+2,7

+3,2

Herstellung von Waren1), real

+1,3

15,0

+7,2

+8,0

±0,0

+3,5

Handel, real

3,0

+0,7

+3,1

+0,6

+0,5

+1,0

Private Konsumausgaben, real

+0,8

0,3

+2,2

+0,8

+0,8

+1,0

Bruttoanlageinvestitionen, real

+0,7

8,3

+0,1

+5,6

+0,9

+1,5

Ausrüstungen

0,7

9,7

+4,3

+11,0

+1,5

+2,0

Bauten

+1,0

7,6

2,9

+1,0

+0,4

+1,0

Warenexporte2)

 

 

 

 

 

 

Real

+0,5

16,8

+12,8

+7,8

+3,5

+6,4

Nominell

+2,5

20,2

+16,7

+11,5

+3,5

+7,5

Warenimporte2)

 

 

 

 

 

 

Real

+0,6

14,3

+10,3

+8,0

+3,7

+5,9

Nominell

+4,7

18,4

+16,5

+13,2

+3,2

+7,5

Leistungsbilanzsaldo           Mrd. €

+13,76

+7,49

+8,46

+7,59

+7,49

+8,35

                in % des BIP

+4,9

+2,7

+3,0

+2,5

+2,4

+2,6

Sekundärmarktrendite3)      in %

4,4

3,9

3,2

3,3

3,0

3,0

Verbraucherpreise

+3,2

+0,5

+1,9

+3,3

+2,1

+1,9

Arbeitslosenquote

 

 

 

 

 

 

In % der Erwerbspersonen (Eurostat)4)

3,8

4,8

4,4

4,2

4,5

4,7

In % der unselbständigen Erwerbspersonen5)

5,9

7,2

6,9

6,8

7,1

7,4

Unselbständig aktiv Beschäftigte6)

+1,7

1,5

+0,8

+1,9

+0,6

+0,4

Finanzierungssaldo des Staates
(laut Maastricht-Definition)  in % des BIP

0,9

4,1

4,4

3,3

3,0

2,8

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Nettoproduktionswert, einschließlich Bergbau. 2) Laut Statistik Austria. 3) Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren (Benchmark). 4) Labour Force Survey. 5) Arbeitslose laut Arbeitsmarktservice. 6) Ohne Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, ohne Präsenzdiener; Bruch 2007/08 durch Umstellung in der Beschäftigtenstatistik.

 

Angesichts der Konjunktureintrübung sollten die Rohstoffpreise auch im Verlauf des Jahres 2012 sinken. Dies drückt die heimische Inflationsrate auf etwa 2% und verhindert so weitere Kaufkraftverluste der privaten Haushalte. Der private Konsum wird mit einem Zuwachs von real 0,8% die Konjunktur stützen.

Die Abschwächung der Konjunktur wird sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Aufgrund der schwachen Produktionsentwicklung dürfte sich das Beschäftigungswachstum 2012 auf 0,6% verlangsamen. Die Arbeitslosenquote wird hingegen mit knapp über 7% wieder ähnlich hoch sein wie im Krisenjahr 2009.

Diese Prognose geht davon aus, dass der staatliche Konsolidierungskurs in Österreich fortgesetzt und trotz der weitgehenden Stagnation der Wirtschaftsleistung durch mittelfristig wirksame Strukturmaßnahmen ergänzt wird. Unter dieser Voraussetzung wird das Defizit der öffentlichen Haushalte 2011 bei 3,3% liegen und 2012 auf 3% sinken. Mit dem Anziehen des Wirtschaftswachstums und dem Einsetzen der Wirkungen struktureller Konsolidierungsschritte wird die Neuverschuldung die 3%-Marke unterschreiten (2,8%).

Weltwirtschaftswachstum verlangsamt sich

Die Frühindikatoren für die Entwicklung der Weltwirtschaft weisen seit dem Frühjahr 2011 auf eine kontinuierliche Abschwächung hin. In den USA sollte sich die Konjunktur kurzfristig wieder beleben, jedoch dürfte 2012 der restriktivere Kurs der Fiskalpolitik ebenfalls das Wachstum schmälern.

Sowohl die Leading Indicators der OECD als auch der ifo-Weltwirtschaftsklimaindex sind bereits seit dem Frühjahr 2011 rückläufig und kündigen eine Verlangsamung der weltweiten Wirtschaftsdynamik an, mit Ausnahme von Japan die Wiederaufbauarbeiten nach der Erdbebenkatastrophe vom März kurbeln das Wachstum an und auch den USA. Die Abkühlung betrifft auch wichtige Schwellen- und Entwicklungsländer.

In den USA expandierte das BIP im Jahresverlauf 2011, obwohl die Ergebnisse für das I. und II. Quartal nach unten revidiert wurden. Nach einem sehr schwachen I. Quartal (+0,1% gegenüber der Vorperiode) wuchs die Wirtschaft im II. Quartal um 0,3% und im III. Quartal um 0,5%. Die treibenden Kräfte waren im III. Quartal der private Konsum und der Außenbeitrag. Zwar war auch die Nachfrage nach Anlageinvestitionen überaus lebhaft, doch belastete der Lagerabbau die Investitionsnachfrage insgesamt. Der Purchasing Manager Index zog im November an, nachdem er in den vergangenen Monaten stagniert hatte. Die Produktion dürfte sich somit im IV. Quartal noch günstig entwickelt haben.

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt entspannt sich in den USA nur langsam. Nach der jüngsten Krise sank die Arbeitslosigkeit untypisch langsam. Im November 2011 verringerte sich die saisonbereinigte Arbeitslosenquote abermals (8,6%) und lag damit um nur 1½ Prozentpunkte unter ihrem langjährigen Höchstwert vom Oktober 2009 (10,1%). Zu vorsichtigem Optimismus geben die Konsumentenumfragen Anlass: Sowohl der Consumer Sentiment Index als auch der Consumer Confidence Index stiegen im November deutlich.

 

Übersicht 2: Annahmen über die internationale Konjunktur

 

 

 

 

 

 

 

 

2008

2009

2010

2011

2012

2013

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Bruttoinlandsprodukt, real

 

 

 

 

 

 

Welt

+2,8

0,7

+5,1

+3,8

+3,2

+4,2

USA

0,3

3,5

+3,0

+1,6

+1,3

+1,6

Japan

1,0

5,5

+4,4

1,0

+1,5

+2,3

EU 27

+0,3

4,3

+1,9

+1,7

+0,3

+1,7

Euro-Raum (17 Länder)1)

+0,4

4,2

+1,9

+1,7

±0,0

+1,3

Deutschland

+1,1

5,1

+3,7

+3,1

+0,5

+1,6

Neue EU-Länder2)

+4,1

3,2

+2,4

+3,1

+1,4

+3,1

China

+9,6

+9,2

+10,4

+9,5

+8,2

+9,2

Welthandel, real

+2,7

12,8

+15,0

+6,0

+4,2

+6,5

Marktwachstum Österreichs3)

+2,9

11,5

+11,4

+7,5

+3,0

+6,0

 

 

 

 

 

 

 

Weltmarkt-Rohstoffpreise4)

+31,7

34,4

+29,0

+35

12

+6

Ohne Rohöl

+18,3

28,0

+31,5

+25

5

+10

Erdölpreis             Brent, $ je Barrel

97,0

61,5

79,5

110

95

100

Wechselkurs5)      $ je Euro

1,471

1,393

1,327

1,40

1,30

1,30

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien, Zypern. 2) Bulgarien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechien, Ungarn. 3) Veränderungsrate der realen Importe der Partnerländer gewichtet mit österreichischen Exportanteilen. 4) HWWI-Index, auf Euro-Basis. 5) Monatsdurchschnitte.

 

Dennoch dürfte der private Konsum 2012 nur schwach expandieren. Die Fiskalpolitik war 2011 noch deutlich expansiv ausgerichtet. Mit Maßnahmen zur Verringerung der hohen Staatsverschuldung ist zu rechnen. Das WIFO erwartet daher für das Jahr 2012 eine leichte Abschwächung des Wirtschaftswachstums von 1,6% im Jahr 2011 auf 1,3%. 2013 wird sich das Wachstum wieder beschleunigen, jedoch wird es aufgrund der anhaltenden Konsolidierungsbemühungen mit 1,6% nicht mehr an die Werte vor der Krise anschließen.

In Japan wurde das Konjunkturmuster 2011 durch Sondereffekte überlagert. Im I. Quartal sank das Bruttoinlandsprodukt im Gefolge der Umweltkatastrophe gegenüber der Vorperiode real um 1,7%. Nach einem weiteren Rückgang im II. Quartal schnellte die Veränderungsrate auf +1,4% hinauf, weil die Wiederaufbauarbeiten in Gang kamen. Das WIFO erwartet für 2012 ein Wachstum von 1,5% und im Zuge der weltweiten Konjunkturbelebung 2013 eine Beschleunigung auf 2,3%.

In China scheint sich die Wirtschaft in den kommenden Monaten hingegen abzukühlen. Zwar wuchs das BIP im III. Quartal 2011 mit +2,3% gegenüber dem Vorquartal fast so stark wie in der Vorperiode, jedoch weisen mehrere Indikatoren auf eine bevorstehende Abschwächung der Konjunktur hin, und die Geldpolitik beginnt gegenzusteuern. So sank der offizielle Einkaufsmanagerindex im November das erste Mal seit Februar 2009 unter die Schwelle von 50 Punkten. Auch die von der OECD veröffentlichten Leading Indicators gingen im Oktober weiter zurück. Ab Mitte 2012 sollten die aufwärtsgerichteten Konjunkturkräfte wieder die Oberhand gewinnen. Zur Unterstützung dieser Entwicklung hat die Zentralbank jüngst ihren geldpolitischen Kurs gelockert. Nach einer Wachstumsdelle im Jahr 2012 dürfte Chinas Wirtschaft 2013 wieder verstärkt expandieren.

 

Abbildung 1: Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung und der Wirtschaftspolitik

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Ohne Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, ohne Präsenzdiener, ohne in der Beschäftigungsstatistik erfasste Arbeitslose in Schulung; Bruch 2007/08 wegen Umstellung in der Beschäftigtenstatistik. 2) Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren (Benchmark).

 

Kreditrestriktionen dämpfen Binnennachfrage in Ostmitteleuropa

Die Abschwächung im Euro-Raum wird die Konjunktur auch in den ostmitteleuropäischen EU-Ländern dämpfen. Insgesamt wuchs die Wirtschaft der 7 neuen EU-Länder 2011 mit +3,1% deutlich stärker als im Durchschnitt des Euro-Raumes (+1,7%), der Aufholprozess verstärkte sich also wieder.

Eine wichtige Triebfeder des Aufholprozesses war in der Vergangenheit die Binnennachfrage: Sowohl der Konsum der privaten Haushalte als auch die Investitionsnachfrage expandierten dank der reichlichen Finanzmittel aus dem Ausland kräftig. Österreichische Banken waren in diesen Prozess in großem Umfang eingebunden. Da die Eigenkapitalausstattung der Banken in Europa durch die aktuelle Staatsschuldenkrise im Euro-Raum problematisch wurde, werden die Banken vor allem in Ländern, die nicht dem Euro-Raum angehören, in der Kreditvergabe zurückhaltender.

Das Wirtschaftswachstum wird sich daher in dieser Ländergruppe 2012 ebenfalls deutlich verlangsamen. Das WIFO erwartet einen Anstieg des realen BIP um nur mehr 1,4%. 2013 sollte die Wirtschaft im Einklang mit der internationalen Entwicklung wieder verstärkt expandieren (+3,1%).

Stagnation im Euro-Raum

2012 belasten zwei Faktoren die Entwicklung im Euro-Raum: Die internationale Eintrübung der Konjunktur bei gleichzeitiger Dämpfung der Binnennachfrage durch nationale Sparprogramme führen die Wirtschaft in die Stagnation. Offensive Ziele, wie sie die Strategie EU 2020 verfolgt, werden zurückgestellt.

Für die Wirtschaft des Euro-Raumes steht 2012 eine schwierige Phase bevor. Die Abschwächung der internationalen Konjunktur wird die Außenwirtschaft deutlich dämpfen. Anders als in der Vergangenheit wird die Wirtschaftspolitik in der Mehrzahl der Länder dieser Entwicklung keine expansiven Maßnahmen entgegensetzen können. Viele Länder sind im Gegenteil gezwungen, die Sparanstrengungen in den öffentlichen Haushalten sogar zu verstärken, um die Finanzmärkte von der Bonität des Staates zu überzeugen, sodass die jüngst stark gestiegenen Renditen für Staatsanleihen wieder sinken.

Jedoch könnten die kürzlich beschlossenen Maßnahmen des Europäischen Rates für eine stärkere fiskalpolitische Konsolidierung und härtere Sanktionen bei Verstößen nicht ausreichen, um einen Rückgang der Renditen herbeizuführen. Die Skepsis auf den Finanzmärkten konnte bislang nicht verringert werden, weil den verschärften Sparbemühungen keine ausreichende Begleitung durch die EZB zur Seite steht und die Schutzschirme kompliziert ausgestaltet sind. Die Rendite griechischer Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt liegt anhaltend bei rund 30%, die Neuaufnahme finanzieller Mittel über den Markt ist damit weiterhin unmöglich. Auch für Portugal erreichte die Rendite bereits knapp 12%, für Spanien über 6% (Monatsdurchschnitt November). Der Vertrauensschwund hat mittlerweile auch Italien erfasst, dessen Staatsschuld 2011 auf über 120% des BIP stieg. Kürzlich mussten auf dem freien Markt Mittel zu einer Verzinsung von 7,9% aufgenommen werden. Für Frankreich und Österreich verschlechtern sich die Finanzierungsbedingungen ebenfalls: Die Rendite stieg jeweils von 2,6% im September 2011 auf 3,4% im November; die Staatsverschuldung liegt in Österreich mit 72% des BIP unter jener von Frankreich (85%).

Lediglich Deutschland verzeichnete bislang keinen Anstieg der Sekundärmarktrendite, vielmehr verbesserten sich die Finanzierungsbedingungen in den letzten Monaten wegen der Unsicherheit auf den internationalen Finanzmärkten. Angesichts der Ausbreitung der Schuldenkrise drohen die internationalen Ratingagenturen bereits mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit von Euro-Staaten, deren Bonität bislang mit Bestnoten bewertet wurde.

Vor dem Hintergrund der unvorhersehbaren Entwicklungen auf den Märkten und der reflexartigen wirtschaftspolitischen Reaktionen darauf ist die Prognose für die Wirtschaftsentwicklung im Euro-Raum besonders unsicher. Sie basiert auf den folgenden Annahmen:

·          Im Prognosezeitraum tritt kein unilateraler Zahlungsausfall eines Staates im Euro-Raum ein.

·          Das Bankensystem des Euro-Raumes bleibt weitestgehend stabil. Allenfalls muss der Staat vereinzelt Kapital zuschießen.

·          Die notwendigen Sparbemühungen verlaufen weitestgehend koordiniert. Jene Staaten, die aufgrund besserer Finanzierungsbedingungen unter geringerem Spardruck stehen, agieren in ihren Konsolidierungsbemühungen zurückhaltend, um die Konjunktur im Euro-Raum nicht zusätzlich zu belasten.

Die Realwirtschaft des Euro-Raumes hat zwar seit Anfang 2011 erheblich an Dynamik eingebüßt, entwickelte sich jedoch angesichts der Wirren auf den Finanz- und Kapitalmärkten relativ günstig. Das Wirtschaftswachstum verlangsamte sich im II. Quartal merklich (+0,2%, I. Quartal +0,8%), im III. Quartal aber nicht weiter.

Eine Trendumkehr zeigte sich jedoch bereits im Verlauf der saisonbereinigten Arbeitslosenquote im Euro-Raum: Sie war bis April 2011 rückläufig, steigt aber seither wieder. Zwischen April und Oktober erhöhte sie sich schrittweise von 9,9% auf 10,3%.

Deutlich verschlechterte sich seit dem Frühjahr 2011 der Vertrauensindikator der Industrie, seit dem Sommer auch der Index des Konsumentenvertrauens. Zwar trübte sich das Vertrauen der Industrie in die Konjunktur im Oktober weniger stark ein und blieb im November sogar konstant, jedoch schrumpften in letzter Zeit die Auftragseingänge beträchtlich. Diese Entwicklung betraf auch Deutschland, die Auftragseingänge waren dort drei Monate lang rückläufig. Im Oktober ergab sich dann wieder ein merklicher Anstieg, der die vorangegangenen Einbußen aber nicht wettmachte. Gemäß diesen Indikatoren dürfte die Wirtschaft des Euro-Raumes zum Jahresende 2011 stagnieren. In weiterer Folge könnten sich aus dem Rückgang der Auftragseingänge Produktionseinbußen ergeben.

Das WIFO erwartet daher für 2012 eine Stagnation der Wirtschaft im Euro-Raum. Während die Binnenkonjunktur aufgrund anhaltender Sparmaßnahmen in den öffentlichen Haushalten auch noch im Jahr 2013 schwach bleiben wird, sollte sich die außenwirtschaftliche Aktivität im Zuge der Besserung der internationalen Konjunktur wieder beleben. Im Jahr 2013 wird dies gestützt durch die verzögerte positive Wirkung des Wechselkursrückgangs von 1,40 $ auf 1,30 $ je Euro im Jahr 2012.

Die Geldpolitik sollte bis auf Weiteres expansiv ausgerichtet bleiben. Nachdem die EZB ihren Leitzinssatz im April und Juli 2011 um jeweils 25 Basispunkte erhöht hatte, sah sie sich im November und Dezember veranlasst, ihn um jeweils ¼ Prozentpunkt zu senken. Im September und Oktober stellte die EZB dem Kreditwesen zusätzliche Liquidität in Höhe von 260 Mrd. € zur Verfügung (knapp +13% gegenüber Ende August). Die vorliegende Prognose geht davon aus, dass bis Ende 2013 keine weiteren Zinsschritte folgen.

Österreichs Wirtschaft verliert deutlich an Dynamik

Im Jahr 2012 fällt die außenwirtschaftliche Entwicklung als Motor der heimischen Wirtschaft weitgehend aus. Die Binnennachfrage wird zum bestimmenden Faktor. Dies erlaubt nur mehr eine leichte Expansion des BIP um real 0,4%.

Sowohl die Entwicklung des BIP als auch die Umfragen unter den Unternehmen belegen die schrittweise Eintrübung der Konjunktur in Österreich im Laufe des Jahres 2011. Nachdem die heimische Wirtschaft bereits im II. Quartal 2011 deutlich an Dynamik eingebüßt hatte (+0,5% nach +0,9% im I. Quartal 2011), setzte sich die Abschwächung im III. Quartal fort (+0,3%), weil die zuvor kräftigen Impulse der internationalen Konjunktur ausblieben.

In den Unternehmensumfragen erweist sich die Dämpfung der Auftragseingänge aus dem Ausland als Ursache der Abwärtstendenz. Im WIFO-Konjunkturtest vom November 2011 meldeten die Unternehmen neuerlich eine Verschlechterung der Auslandsaufträge. Die Nachfrage nach heimischen Exportgütern wird somit in naher Zukunft weiter nachlassen.

Neben der Abschwächung der Konjunktur außerhalb des Euro-Raumes werden 2012 Sonderfaktoren im Außenhandel mit Nachbarländern wirksam. So dürfte die Wirtschaftsleistung Italiens durch ein rigoroses Sparprogramm gedämpft werden. Italien ist Österreichs zweitwichtigster Handelspartner mit einem Anteil der Warenexporte von 8%. Rund 3% der Nächtigungen im heimischen Tourismus entfallen auf Gäste aus Italien. Auch in Ungarn (Anteil der Warenexporte rund 3%) nehmen 2012 die Probleme zu: Die Binnennachfrage wird durch forcierte Konsolidierungsmaßnahmen der öffentlichen Haushalte gedrückt, sodass die Wirtschaft in eine Rezession schlittern dürfte.

Für Deutschland, Österreichs wichtigsten Handelspartner, erwartet das WIFO 2012 ebenfalls empfindliche Wachstumseinbußen. Zwar wird von einem BIP-Anstieg um 0,5% ausgegangen, er dürfte jedoch durch die Binnennachfrage bestimmt werden und daher nur eingeschränkt positive Impulse für Österreichs Außenhandel liefern.

 

Übersicht 3: Entwicklung der Nachfrage

Zu Herstellungspreisen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2010

2011

2012

2013

2010

2011

2012

2013

 

Mrd. € (Referenzjahr 2005)

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Real (berechnet auf Basis von Vorjahrespreisen)

 

 

 

 

 

 

Konsumausgaben insgesamt

191,71

193,56

194,97

196,95

+1,5

+1,0

+0,7

+1,0

Private Haushalte1)

142,37

143,47

144,63

146,11

+2,2

+0,8

+0,8

+1,0

Staat

49,36

50,11

50,36

50,86

0,2

+1,5

+0,5

+1,0

Bruttoinvestitionen

54,15

59,88

60,00

61,22

+3,6

+10,6

+0,2

+2,0

Bruttoanlageinvestitionen

51,66

54,55

55,06

55,87

+0,1

+5,6

+0,9

+1,5

Ausrüstungen

20,56

22,82

23,16

23,63

+4,3

+11,0

+1,5

+2,0

Bauten

26,75

27,02

27,13

27,40

2,9

+1,0

+0,4

+1,0

Inländische Verwendung

245,43

252,81

254,32

257,53

+1,9

+3,0

+0,6

+1,3

Exporte

145,66

156,51

160,88

169,49

+8,3

+7,5

+2,8

+5,3

Reiseverkehr

11,86

11,81

11,45

11,68

+0,9

0,5

3,0

+2,0

Minus Importe

128,18

137,78

142,45

149,74

+8,0

+7,5

+3,4

+5,1

Reiseverkehr

5,92

5,84

5,69

5,80

1,7

1,4

2,5

+2,0

Bruttoinlandsprodukt

263,11

271,48

272,52

276,78

+2,3

+3,2

+0,4

+1,6

Nominell

286,20

301,84

309,93

319,98

+4,1

+5,5

+2,7

+3,2

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.

 

 

 

Übersicht 4: Entwicklung der Bruttowertschöpfung

Zu Herstellungspreisen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2010

2011

2012

2013

2010

2011

2012

2013

 

Mrd. € (Referenzjahr 2005)

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Real (berechnet auf Basis von Vorjahrespreisen)

 

 

 

 

 

 

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

2,99

3,12

3,12

3,12

5,5

+4,5

±0,0

±0,0

Herstellung von Waren einschließlich Bergbau

46,66

50,40

50,40

52,16

+7,2

+8,0

±0,0

+3,5

Energie- und Wasserversorgung, Abfallentsorgung

6,83

7,37

7,45

7,59

+3,8

+8,0

+1,0

+2,0

Bau

14,43

14,64

14,70

14,85

3,0

+1,5

+0,4

+1,0

Handel, Kfz

30,39

30,58

30,73

31,04

+3,1

+0,6

+0,5

+1,0

Verkehr

10,72

11,26

11,32

11,43

1,1

+5,0

+0,5

+1,0

Beherbergung und Gastronomie

11,04

11,02

10,79

10,97

+1,8

0,2

2,1

+1,7

Information und Kommunikation

7,96

7,90

7,90

7,94

3,7

0,7

±0,0

+0,5

Kredit- und Versicherungswesen

16,75

17,42

17,94

18,48

+6,9

+4,0

+3,0

+3,0

Grundstücks- und Wohnungswesen

22,10

22,10

22,21

22,37

0,6

±0,0

+0,5

+0,7

Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen1)

21,11

22,17

22,28

22,72

+5,0

+5,0

+0,5

+2,0

Öffentliche Verwaltung2)

40,31

40,84

41,04

41,37

+0,4

+1,3

+0,5

+0,8

Sonstige Dienstleistungen

6,51

6,55

6,58

6,65

+1,7

+0,7

+0,5

+1,0

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wertschöpfung der Wirtschaftsbereiche3)

237,65

244,93

245,90

249,93

+2,3

+3,1

+0,4

+1,6

Bruttoinlandsprodukt

263,11

271,48

272,52

276,78

+2,3

+3,2

+0,4

+1,6

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen, technischen und sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (ÖNACE 2008, Abschnitte M bis N). 2) Einschließlich Sozialversicherung, Verteidigung, Erziehung, Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen (ÖNACE 2008, Abschnitte O bis Q). 3) Vor Abzug der Gütersubventionen und vor Zurechnung der Gütersteuern.

 

Der heimische Warenexport wird deshalb im 1. Halbjahr 2012 saisonbereinigt schrumpfen. Um die Jahresmitte sollte die auflebende internationale Konjunktur auch dem Außenhandel neuen Schwung verleihen. Im Jahresdurchschnitt ist mit einer Ausweitung des Warenexports um real 3½% zu rechnen. Wegen der merklichen Dämpfung des Warenhandels wird die heimische Warenproduktion 2012 das Vorjahresniveau real nicht übersteigen. Erst 2013 ist wieder mit einer Zunahme zu rechnen (+3½%).

 

Übersicht 5: Produktivität

 

 

 

 

 

 

 

 

2008

2009

2010

2011

2012

2013

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Gesamtwirtschaft

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt, real

+1,4

3,8

+2,3

+3,2

+0,4

+1,6

Erwerbstätige1)

+2,1

0,9

+0,8

+2,0

+0,8

+0,7

Produktivität (BIP je Erwerbstätigen)

0,7

2,9

+1,5

+1,2

0,4

+0,8

 

 

 

 

 

 

 

Herstellung von Waren

 

 

 

 

 

 

Produktion2)

+0,9

15,3

+7,4

+8,0

±0,0

+3,5

Beschäftigte3)

+1,7

5,3

1,3

+1,9

1,5

0,5

Stundenproduktivität4)

0,3

7,3

+5,6

+5,5

+2,3

+3,8

Geleistete Arbeitszeit je Beschäftigten5)

0,5

3,6

+3,0

+0,5

0,8

+0,2

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Unselbständige (Beschäftigungsverhältnisse) und Selbständige laut Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung. 2) Nettoproduktionswert, real. 3) Laut Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. Bruch 2007/08 wegen Umstellung der Wirtschaftsklassifikation auf ÖNACE 2008, 2008: WIFO-Schätzung. 4) Produktion je geleistete Beschäftigtenstunde. 5) Laut Konjunkturerhebung von Statistik Austria.

 

Auch die Ausfuhr von Dienstleistungen wird durch die Verschlechterung der Lage auf den internationalen Märkten in Mitleidenschaft gezogen. Der Tourismusexport dürfte, nach einem geringfügigen Rückgang im Jahr 2011, real mit 3% verstärkt sinken.

Die Nachfrage nach Anlageinvestitionen entwickelte sich 2011 recht unterschiedlich: Die Bauwirtschaft löste sich kaum aus der schon mehrere Jahre anhaltenden Krise. Die leichte Steigerung der Bauinvestitionen im 1. Halbjahr verebbte ab der Jahresmitte. Wesentlich stärker expandierte 2011 die Nachfrage nach Ausrüstungsinvestitionen (+11%). Während in den ersten drei Quartalen in Maschinen und Elektrogeräte kumuliert real um 7% mehr investiert wurde als 2010, erhöhten sich die Fahrzeuginvestitionen um über 25%. Die Wirren im Euro-Raum und die dadurch ausgelösten Sorgen über den weiteren Konjunkturverlauf scheinen somit bei guter Liquiditätslage kurzfristige Investitionen zu begünstigen. Das WIFO erwartet jedoch eine deutliche Verlangsamung des Wachstums der Ausrüstungsinvestitionen auf real 1,5% im Jahr 2012 und 2% im Jahr 2013. Die Baukonjunktur wird in beiden Jahren gedämpft sein: 2012 wird die Nachfrage nach Bauten nahezu stagnieren (real +½%) und sich 2013 nur wenig verbessern (+1%).

Finanzmarktbedingungen in Österreich kaum verschlechtert

Wie im gesamten Euro-Raum stehen Österreichs Banken vor der Aufgabe, die Eigenkapitalquote wie von der Europäischen Bankenaufsicht ab Mitte 2012 vorgeschrieben auf 9% zu erhöhen. Da die Ausweitung des Eigenkapitals aufgrund der aktuellen Marktbedingungen wenig attraktiv erscheint, besteht eine Alternative in der Kürzung der Bilanzsumme. Dies könnte negative Auswirkungen auf die Kreditvergabebereitschaft heimischer Kreditinstitute haben. Zwar sinkt im Konjunkturabschwung regelmäßig die Kreditvergabe, jedoch liegt die Ursache meist auch in einer Abnahme der Kreditnachfrage von Unternehmen und privaten Haushalten.

Im November 2011 schätzte rund ein Drittel der am WIFO-Konjunkturtest teilnehmenden Unternehmen die aktuelle Kreditvergabe durch die Banken als restriktiv ein, 60% als "normal", weniger als ein Zehntel bezeichnete sie als entgegenkommend. Kritischer fiel allerdings die Bewertung durch jene Unternehmen aus, die in den letzten drei Monaten tatsächlich Kreditbedarf hatten: 44% dieser Unternehmen beurteilen die aktuelle Kreditvergabepraxis der Banken als restriktiv.

Während der jüngsten schweren Rezession in den Jahren 2008/09 befragte das WIFO im Auftrag der Oesterreichischen Nationalbank die heimischen Unternehmen ebenfalls nach Beschränkungen im Kreditangebot. Damals zeigten sich keine über das im Konjunkturabschwung übliche Ausmaß hinausgehenden Restriktionen. Das WIFO rechnet daher auch im Jahr 2012 mit keinen nennenswerten Beschränkungen der Finanzierungsbedingungen. Die EZB dürfte ihren Leitzinssatz auch 2012 und 2013 nicht erhöhen. Der Dreimonatszinssatz für Zwischenbankkredite sollte in beiden Jahren knapp über dem Leitzinssatz von 1% liegen. Das heimische Kreditvolumen wird sich in diesem Umfeld im Prognosezeitraum (+2½%) ähnlich stark erhöhen wie im Jahr 2011 (+2,3%).

Robustes Konsumwachstum stützt heimische Konjunktur

Deutliche Lohnzuwächse und das Nachlassen des Preisauftriebs stabilisieren 2012 das Wachstum des privaten Konsums trotz der Konjunkturabschwächung.

Gemäß der vierteljährlichen VGR wuchs der heimische Konsum in den ersten drei Quartalen 2011 gegenüber dem Vorjahr real um 0,7%; in der ersten Jahreshälfte entwickelten sich die Pkw-Käufe günstig. Für das gesamte Jahr 2011 ist mit einem Anstieg um 0,8% zu rechnen.

 

Übersicht 6: Konsum, Einkommen und Preise

 

 

 

 

 

 

 

 

2008

2009

2010

2011

2012

2013

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %, real

 

 

 

 

 

 

 

Private Konsumausgaben1)

+0,8

0,3

+2,2

+0,8

+0,8

+1,0

Dauerhafte Konsumgüter

+3,7

+0,9

+5,8

+0,4

0,3

+0,3

Nichtdauerhafte Konsumgüter und Dienstleistungen

+0,5

0,4

+1,8

+0,8

+0,9

+1,1

Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte

+0,9

1,7

0,3

0,0

+0,5

+1,4

 

 

 

 

 

 

 

 

In % des verfügbaren Einkommens

 

 

 

 

 

 

 

Sparquote der privaten Haushalte2)

11,5

10,7

8,3

7,5

7,3

7,6

Sparquote der privaten Haushalte3)

11,4

10,1

7,8

7,1

6,8

7,1

 

 

 

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Direktkredite an inländische Nichtbanken (Jahresendstände)

+7,4

1,3

+2,9

+2,3

+2,4

+2,5

 

 

 

 

 

 

 

 

In %

Inflationsrate

 

 

 

 

 

 

National

3,2

0,5

1,9

3,3

2,1

1,9

Harmonisiert

3,2

0,4

1,7

3,5

2,3

2,0

"Kerninflation"4)

2,4

1,5

1,2

2,7

2,1

1,9

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Private Haushalte einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck. – 2) Einschließlich Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche. 3) Ohne Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche. 4) Ohne Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel (Fleisch, Fisch, Obst, Gemüse).

 

 

 

Übersicht 7: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

2008

2009

2010

2011

2012

2013

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

 

Löhne und Gehälter pro Kopf1)

 

 

 

 

 

 

Nominell, brutto

+3,2

+1,6

+1,2

+2,7

+2,9

+1,8

Real2)

 

 

 

 

 

 

Brutto

0,0

+1,1

0,7

0,6

+0,8

0,1

Netto

0,7

+2,9

0,9

0,9

+0,6

0,4

 

 

 

 

 

 

 

Lohnstückkosten

 

 

 

 

 

 

Gesamtwirtschaft

+3,7

+4,7

0,3

+1,4

+3,3

+0,8

Sachgütererzeugung

+5,2

+15,1

5,7

2,8

+1,7

2,7

 

 

 

 

 

 

Effektiver Wechselkursindex Industriewaren

 

 

 

 

 

Nominell

+1,1

+0,7

2,6

+0,3

0,7

±0,0

Real

+0,6

+0,4

2,7

+0,9

0,5

+0,1

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Je Beschäftigungsverhältnis (laut VGR). 2) Deflationiert mit dem VPI.

 

Die Bedingungen für ein weiterhin robustes Wachstum scheinen auch 2012 gegeben zu sein. Die im Jahr 2011 für 2012 vereinbarten Lohnsteigerungen lassen die Lohn- und Gehaltssumme 2012 um 3,7% steigen. Zudem sollte die Inflationsrate von 3,3% im Jahr 2011 auf 2,1% sinken. Dies wird die Kaufkraft der privaten Haushalte zusätzlich stärken. Auch sollte sich die Sparquote entsprechend dem Konjunkturzyklus weiter leicht von 7,5% auf 7,3% verringern. Trotz der Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt im Gefolge der Konjunktureintrübung dürfte deshalb der Konsum der privaten Haushalte 2012 abermals real um 0,8% ausgeweitet werden. Damit wächst er doppelt so stark wie die Gesamtwirtschaft und trägt wesentlich zur Stabilisierung der Konjunktur bei. 2013 kann im Zuge der Konjunkturerholung mit einer leichten Beschleunigung des Wachstums auf 1% bei geringfügig steigender Sparquote gerechnet werden.

Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt verschlechtern sich

2012 wird die starke Ausweitung der Beschäftigung deutlich an Dynamik verlieren. Die Arbeitslosenquote wird sowohl 2012 als auch 2013 steigen.

Die schwungvolle Konjunktur des Jahres 2011 erlaubte eine stetige Ausweitung der Beschäftigung. Die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten stieg im Jahresdurchschnitt 2011 um knapp 63.000 (+1,9%) und damit fast so stark wie im letzten Hochkonjunkturjahr 2007 (+65.500, +2,1%). Erst ab September spiegelte die Entwicklung der Monatswerte eine leichte Verringerung der Dynamik wider. Mit der Abkühlung der Konjunktur wird die Ausweitung im Laufe des Jahres 2012 zum Erliegen kommen. Im Jahresdurchschnitt ergibt sich damit eine Zunahme um 0,6% bzw. 21.000 Personen. Erst 2013 wird im Zuge der Konjunkturbelebung wieder mit einer Zunahme der Beschäftigung gerechnet. Im Jahresdurchschnitt 2013 ist ein Anstieg um 15.000 Personen bzw. 0,4% zu erwarten.

 

Übersicht 8: Arbeitsmarkt

 

 

 

 

 

 

 

 

2008

2009

2010

2011

2012

2013

 

Veränderung gegen das Vorjahr in 1.000

Nachfrage nach Arbeitskräften

 

 

 

 

 

 

Aktiv Erwerbstätige1)

+66,0

44,0

+31,3

+68,3

+26,0

+20,0

Unselbständig aktiv Beschäftigte1)2)

+55,6

48,5

+25,5

+62,8

+21,0

+15,0

Veränderung gegen das Vorjahr    in %

+1,7

1,5

+0,8

+1,9

+0,6

+0,4

Inländische Arbeitskräfte

+31,1

43,0

+5,8

+25,3

+10,0

+7,0

Ausländische Arbeitskräfte

+24,5

5,5

+19,7

+37,5

+11,0

+8,0

Selbständige3)

+10,4

+4,5

+5,8

+5,5

+5,0

+5,0

 

 

 

 

 

 

 

Angebot an Arbeitskräften

 

 

 

 

 

 

Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter

 

 

 

 

 

 

15- bis 64-Jährige

+27,7

+17,3

+21,6

+32,8

+15,0

+6,7

15- bis 59-Jährige

+17,6

+11,1

+8,9

+16,8

+14,7

+10,8

Erwerbspersonen4)

+56,0

+4,0

+21,8

+65,3

+41,2

+31,5

 

 

 

 

 

 

 

Überschuss an Arbeitskräften

 

 

 

 

 

 

Vorgemerkte Arbeitslose5)

10,0

+48,1

9,5

3,0

+15,2

+11,5

Stand in 1.000

212,3

260,3

250,8

247,8

263,0

274,5

Arbeitslose in Kursmaßnahmen         in 1.000

50,5

64,1

73,2

63,2

63,2

63,2

Arbeitslosenquote

 

 

 

 

 

 

In % der Erwerbspersonen6)

3,8

4,8

4,4

4,2

4,5

4,7

In % der Erwerbspersonen5)

5,3

6,5

6,2

6,0

6,4

6,6

In % der unselbständigen Erwerbspersonen5)

5,9

7,2

6,9

6,8

7,1

7,4

Beschäftigungsquote

 

 

 

 

 

 

Aktiv Erwerbstätige1)7)

65,7

64,7

65,0

65,9

66,1

66,4

Erwerbstätige6)7)

72,1

71,6

71,7

72,2

72,4

72,5

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Ohne Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, ohne Präsenzdiener; Bruch 2007/08 wegen Umstellung in der Beschäftigtenstatistik. 2) Laut Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. 3) Laut WIFO, einschließlich freier Berufe und Mithelfender. 4) Aktiv Erwerbstätige plus Arbeitslose. 5) Arbeitslose laut Arbeitsmarktservice. 6) Laut Eurostat (Labour Force Survey). 7) In % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15- bis 64-Jährige).

 

Während die Beschäftigung von Monat zu Monat gesteigert wurde, zeigte die saisonbereinigte Zahl der Arbeitslosen bereits im Frühjahr 2011 eine Trendumkehr: Vom Tiefstwert von 242.000 Personen im März stieg sie kontinuierlich und erreichte im November 2011 gut 254.000. 2011 wird mit einem Jahresdurchschnitt von knapp 248.000 Personen gerechnet (rund 1% gegenüber 2010).

Die beträchtliche Beschäftigungsausweitung reichte aufgrund der Zunahme des Arbeitskräfteangebotes nur aus, um die Arbeitslosigkeit geringfügig zu senken (Freizügigkeit für Arbeitskräfte aus den neuen EU-Ländern ab Mai 2011, Verringerung der Schulungsaktivitäten +10.000 Personen, Neuzurechnung von Personen mit Bezug von bedarfsorientierter Mindestsicherung zu den Arbeitslosen +6.500). 2012 wird die Zahl der beim AMS gemeldeten Arbeitslosen neuerlich um rund 15.000 steigen. Im Jahr 2013 sollte sie sich aber im Zuge der Konjunkturerholung um nur mehr 11.500 erhöhen.

Die Arbeitslosenquote wird sich nach nationaler Berechnungsmethode von 6,8% im Jahr 2011 auf 7,1% 2012 und 2013 weiter auf 7,4% erhöhen. Laut Eurostat-Definition wird die Quote von 4,2% auf 4,5% und 4,7% steigen.

Konjunkturschwäche erschwert Budgetkonsolidierung

Die Verschlechterung der Wirtschaftslage wird 2012 den Staatshaushalt erneut belasten. Die Budgetkonsolidierung muss unter Bedachtnahme auf Wachstumswirkungen erfolgen.

Angesichts des Anstiegs der Zinssätze auf den internationalen Finanzmärkten forcieren viele Länder die Sparbemühungen in den öffentlichen Haushalten. Sollte diese Restriktion in unkoordinierter Weise erfolgen, könnte sie in eine selbstverstärkende Abwärtsbewegung der Wirtschaftsleistung münden.

Die Konjunkturabschwächung wird auch den österreichischen Staatshaushalt belasten. Im Zuge der Verschlechterung der Arbeitsmarktlage werden die Einnahmen an lohnabhängigen Steuern und Abgaben weniger stark wachsen, ebenso werden die gewinnabhängigen Einnahmen geringer ausfallen. Zusätzlich werden Mehrausgaben für Arbeitslosenunterstützung anfallen. Daraus ergibt sich eine konjunkturbedingte Verschlechterung der öffentlichen Haushalte, zugleich aber eine Stabilisierung der Einkommen der privaten Haushalte und Unternehmen.

Die Selbstverpflichtung der Bundesregierung zu einem schnelleren Defizitabbau und zum Ausgleich des Bundeshaushaltes bis 2017 erfordert eine konsequente Fortsetzung des eingeschlagenen Konsolidierungskurses. Strukturelle Konsolidierungsschritte sollten vor allem in jenen Bereichen ansetzen, in denen Effizienzreserven vermutet werden können, und so gestaltet sein, dass sie einen nachhaltigen Budgetpfad vor allem mittelfristig unterstützen.

 

Übersicht 9: Wirtschaftspolitische Bestimmungsfaktoren

 

 

 

 

 

 

 

 

2008

2009

2010

2011

2012

2013

 

In % des BIP

Budgetpolitik

 

 

 

 

 

 

Finanzierungssaldo des Staates

 

 

 

 

 

 

Laut Maastricht-Definition1)

0,9

4,1

4,4

3,3

3,0

2,8

Laut VGR

1,0

4,1

4,4

3,3

3,0

2,8

Primärsaldo des Staates laut VGR

+1,7

1,3

1,7

0,6

0,3

0,2

 

 

 

 

 

 

 

 

In %

Geldpolitik

 

 

 

 

 

 

Dreimonatszinssatz

4,6

1,2

0,8

1,4

1,1

1,1

Sekundärmarktrendite2)

4,4

3,9

3,2

3,3

3,0

3,0

 

 

 

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Effektiver Wechselkursindex

 

 

 

 

 

 

Nominell

+1,2

+0,9

2,5

+0,3

0,6

±0,0

Real

+0,6

+0,4

2,7

+0,9

0,5

+0,1

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Einschließlich Zinsströme aus Swap-Vereinbarungen, die der Staat abschließt. 2) Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren (Benchmark).

 

Von der konkreten Ausgestaltung der notwendigen Konsolidierungsschritte wird es abhängen, wie stark sie die Konjunktur belasten. Je stärker sich die Wirtschaftslage international und in Österreich eintrübt, desto wichtiger ist es allerdings, die durch die automatischen Stabilisatoren ausgelösten Budgetverschlechterungen nicht durch zusätzliche diskretionäre Einschnitte zu schmälern. Anfangskosten von Reformen, die mittelfristig die Ausgaben senken, sollten in Kauf genommen werden.

 

Methodische Hinweise und Kurzglossar

Periodenvergleiche

Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Durchschnittliche Veränderungsraten

Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.

Reale und nominelle Größen

Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich

Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI

Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone (siehe auch http://www.statistik.at/).

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest

Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit (http://www.itkt.at/). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote

Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote

Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenz- und Zivildiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

 

 

Sovereign Debt Crisis Tightening Its Grip on the Real Economy

Economic Outlook for 2012 and 2013 – Summary

The sovereign debt crisis in the euro area prompted many EU countries to step up efforts at fiscal consolidation in order to stem the rise in interest rates on their government bonds. This will dampen internal demand in the years to come, in particular if budgetary retrenchment should lose sight of policies for long-term economic growth and labour market conditions. At the same time, business activity outside the euro area is losing momentum. As a consequence, GDP growth in Austria is projected to slow down to a modest 0.4 percent in 2012. In 2013, Austria will benefit from the expected global recovery, although growth will remain subdued at 1.6 percent in volume, given the continued restrictive stance of fiscal policy across Europe.

The slowdown in world economic growth, already felt since last summer, is set to continue over the coming months. Given the high sovereign debt levels in several euro area countries, doubt about their sustainability has spread further across the area. In Italy, benchmark government bond yields have temporarily moved above 7 percent. Likewise, demand for French, Belgian and Spanish government bonds has slackened significantly. Meanwhile, minor increases in interest rates have been observed also in countries with below-average government debt levels like Austria or the Netherlands. Lack of confidence on the part of international financial markets has extended to almost the entire euro area.

Several years ago, extremely low short-term interest rates led many euro area countries to issue titles of short maturity. Thus, a large part of government debt will expire within the next few years and large amounts need to be rescheduled at high interest rates, weighing further on financial market confidence and countries' debt positions. More and more countries are therefore forced to tighten the course of fiscal restraint. Cuts in social spending and higher tax burdens will dampen domestic demand and output in the euro area.

For this reason, WIFO expects euro area GDP to stagnate in 2012. In 2013, while the Euro area should benefit from a pickup of global economic activity, fiscal restraint will continue to act as a drag on GDP growth. Austria will particularly be negatively affected by the restrictive policy stance pursued by Italy, its second-largest trading partner. The crisis in Hungary will also show adverse effects.

The present WIFO projections, like the previous ones of last autumn, rest on the assumption that the domestic as well as the international financial system remains stable overall. For the purpose of the projections, the risk of extremely tight bank lending (credit crunch) in the context of compliance with higher equity capital

 

requirements is considered manageable for the euro area. It is further assumed that governments will succeed in servicing their debt in an orderly way and that current high interest rates on many euro area countries' government bonds will gradually abate to more sustainable levels.

Under these assumptions, the Austrian economy should expand by no more than 0.4 percent in 2012. Exports will provide less stimulus, growing by 2.8 percent in volume. Firms will hardly increase investment in machinery and equipment, despite higher earnings and lower interest rates enjoyed last year, nor will they be strongly inclined to embark on new construction projects. 

In view of the sluggish business activity, commodity prices should ease in the course of 2012. Domestic headline inflation may abate to 2 percent and prevent further losses of private household purchasing power. In this way, a projected increase in private consumption of 0.8 percent should come to support overall business activity.

The slowdown of demand and output growth will leave its trace also on the labour market where the gain in overall employment may decelerate to 0.6 percent on average in 2012. The unemployment rate should climb back above 7 percent, close to its peak during the crisis of 2009.

The forecast assumes that policy in Austria will maintain the course of fiscal consolidation and, despite the quasi-stagnation of economic activity, underpin it by structural measures supporting growth over the medium term. The general government deficit should thereby edge down from 3.3 percent of GDP in 2011 to 3 percent of GDP in 2012. With growth picking up and structural consolidation measures showing effect, government net borrowing should decline to 2.8 percent of GDP.

               

The English version of the WIFO Economic Outlook will be published in "Austrian Economic Quarterly".