WIFO

 

Lohnstückkostenposition 2010 konjunkturbedingt verbessert

 

Die Erholung der Wirtschaft von der schweren Krise und der konjunkturbedingte Produktivitätsanstieg bewirkten 2010 eine Verbesserung der österreichischen Lohnstückkostenposition: Die Produktivität erhöhte sich in der Sachgütererzeugung in Österreich um 7,7%, die Arbeitskosten pro Kopf stiegen hingegen um nur 1,7%. Somit sanken die Lohnstückkosten in der Sachgütererzeugung 2010 um 5,5%. Die Lohnstückkostenposition entwickelte sich damit in Österreich etwas weniger günstig als bei den EU-Handelspartnern (5,9%) und in Deutschland (7,9%). In der Gesamtwirtschaft stiegen die Lohnstückkosten in Österreich 2010 um 0,4%, bei den EU-Handelspartnern um 0,2%. Aufgrund konjunkturbedingter Sondereffekte ist eine Betrachtung der Entwicklungen über die vergangenen fünf bzw. zehn Jahre aussagekräftiger.

 

Begutachtung: Thomas Leoni • Wissenschaftliche Assistenz: Doris Gabriel, Christa Magerl • E-Mail-Adressen: Stefan.Ederer@wifo.ac.at, Werner.Hoelzl@wifo.ac.at, Doris.Gabriel@wifo.ac.at, Christa.Magerl@wifo.ac.at

 

INHALT

Günstige Entwicklung der relativen Lohnstückkostenposition in Österreich

Bruttoentgelte pro Kopf unterdurchschnittlich gestiegen

Konjunkturbedingter Produktivitätsanstieg 2010

Relative Lohnstückkosten der Sachgütererzeugung 2010 gesunken

Unterschiedliche Lohnstückkostenentwicklung im Euro-Raum

Unterschiede in der Sachgütererzeugung größer als in der Gesamtwirtschaft

Produktivitätswachstum bestimmt Divergenz der Lohnstückkostenentwicklung

Zusammenfassung

Anhang: Arbeitskosten je Stunde in der Sachgütererzeugung

Literaturhinweise

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

Übersicht 1: Entwicklung der Arbeitskosten pro Kopf (Beschäftigte) in der Sachgütererzeugung. 7

Übersicht 2: Entwicklung der Produktivität pro Kopf (Beschäftigte) in der Sachgütererzeugung. 9

Übersicht 3: Entwicklung der Lohnstückkosten pro Kopf (Beschäftigte) in der Sachgütererzeugung und der Gesamtwirtschaft 13

Übersicht 4: Relative Wettbewerbsposition zu Deutschland im Euro-Raum.. 17

Übersicht 5: Arbeitskosten je Stunde in der Sachgütererzeugung. 20

Abbildung 1: Entwicklung des nominell-effektiven Wechselkursindex. 5

Abbildung 2: Entwicklung der relativen Lohn- und Lohnstückkosten in der Sachgütererzeugung. 11

Abbildung 3: Lohnstückkostenentwicklung der Sachgütererzeugung im Euro-Raum.. 16

Abbildung 4: Arbeitskosten je Stunde in der Sachgütererzeugung 2010. 19

 

 

 

Günstige Entwicklung der relativen Lohnstückkostenposition in Österreich

Die relative Lohnstückkostenposition gegenüber den Handelspartnern ist ein bedeutender Indikator für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Sachgütererzeugung. Lohnstückkosten sind die wichtigste Determinante für Preise und damit auch für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit eines Sektors bzw. einer Volkswirtschaft. Darüber hinaus spielen jedoch auch qualitative Wettbewerbsfaktoren eine große Rolle[a]).

Die relative Lohnstückkostenposition gegenüber den Handelspartnern war in Österreich in den vergangenen Jahren nicht allein durch Strukturfaktoren (z. B. Spezialisierungsmuster), sondern vor allem durch den Konjunkturverlauf bestimmt. Nach dem Einbruch der Wirtschaftsleistung 2009 infolge der Finanzmarktkrise erholte sich die Wirtschaft 2010 merklich (Scheiblecker et al., 2011). In Österreich war die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise vor allem eine Exportkrise und traf daher in erster Linie die exportintensive Sachgütererzeugung. Da die Unternehmen den Personalstand 2009 nicht im selben Ausmaß abbauten wie ihr Absatz zurückging, sank die Produktion stärker als die Beschäftigung. Diese Entwicklung wurde in Österreich durch die öffentliche Förderung der Kurzarbeit unterstützt. Die Produktivität, die eine wesentliche Bestimmungsgröße der Lohnstückkosten ist, verringerte sich daher in der Sachgütererzeugung besonders stark. Im Zuge der anschließenden Konjunkturerholung kehrte sich dieses Muster um: Die Produktivität stieg wieder deutlich, und die Lohnstückkosten sanken. Aufgrund der international unterschiedlichen Reaktion der Lohnentwicklung während der Krisen- und Erholungsphasen ist der Verlauf der Lohnstückkosten schwierig einzuschätzen. Eine sinnvolle Betrachtung der relativen Lohnstückkostenposition Österreichs gegenüber den Handelspartnern muss daher einen längeren Zeitraum erfassen.

 

Berechnungsmethode und Datenbasis für den Lohnstückkostenvergleich

Die Lohnstückkosten in Landeswährung (LSK) einer Branche, eines Sektors oder der Gesamtwirtschaft sind durch das Verhältnis der nominellen Lohnsumme (LS) zur realen Bruttowertschöpfung (BWS) definiert:

.

Dividiert man sowohl Lohnsumme als auch Bruttowertschöpfung durch ein Maß des Arbeitseinsatzes, so ergeben sich die beiden Komponenten der Lohnstückkosten: Arbeitskosten je Arbeitseinheit und Arbeitsproduktivität. Das optimale Maß für den Arbeitseinsatz wäre die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden. Da jedoch in den meisten Ländern keine zuverlässigen Daten zur Arbeitszeit der Beschäftigten einzelner Sektoren verfügbar sind, stützen sich internationale Vergleiche auf die Zahl der Arbeitskräfte.

Die Lohnsumme bezieht sich jedoch auf die Zahl der unselbständig Beschäftigten (AN), die Produktivität auf die Zahl der Erwerbstätigen (EWT), die auch die Selbständigen enthält:

.

Die in der makroökonomischen Datenbank der Europäischen Kommission (AMECO) veröffentlichten Lohnstückkosten werden nach dieser Formel ermittelt. Auch die WIFO-Berechnungen der Lohnstückkosten der österreichischen Sachgütererzeugung, wie sie in der WIFO-Datenbank veröffentlicht werden, beruhen auf dieser Methode.

Für internationale Vergleiche müssen die Lohnstückkosten in einer gemeinsamen Währung ausgedrückt werden, weil Wechselkursverschiebungen die Kostenposition eines Landes ebenso verändern können wie die Lohnstückkostenentwicklung. Berechnet man die relative Entwicklung zwischen zwei Ländern, so ergibt sich die relative Lohnstückkostenposition eines Landes als Quotient der Lohnstückkosten beider Länder, gemessen in einheitlicher Währung. Für einen Vergleich mit mehreren Ländern muss ein Gewichtungsschema herangezogen werden, da die Relevanz der Länder für den internationalen Vergleich meist unterschiedlich ist. Unabhängig vom methodischen Ansatz basiert ein solches Gewichtungsschema auf Daten aus der Außenhandelsstatistik und bildet somit die Außenhandelsverflechtung einer Volkswirtschaft ab.

Das WIFO stützt sich auf eine harmonisierte Methode, die auch die Zentralbanken des Euro-Raumes zur Messung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit nutzen. Das Gewichtungsschema besteht aus einfachen (bilateralen) Importgewichten und doppelten (multilateralen) Exportgewichten für Industriewaren (SITC 5 bis 8). Eine detaillierte Darstellung und Erläuterung dieser Methode findet sich in Mooslechner (1995) und Köhler-Töglhofer Magerl Mooslechner (2006). Durch die doppelte Exportgewichtung wird neben dem Wettbewerb mit den Handelspartnern auf den jeweils heimischen Märkten auch jener auf allen anderen Exportmärkten abgebildet. Die Gewichte werden für bestimmte Zeiträume ermittelt und angewendet. Der jüngsten Neuberechnung liegen die Dreijahresdurchschnitte für die Perioden 1995/1997, 1998/2000, 2001/2003 und 2004/2006 zugrunde; dabei gelten die aktuellsten Gewichte für den Zeitraum seit 2004. Durch dieses variable Gewichtungsschema werden Verschiebungen der Marktanteile berücksichtigt.

Die Daten zu Bruttoentgelten, Produktivität und Lohnstückkosten der Sachgütererzeugung und der Gesamtwirtschaft wurden aus der AMECO-Datenbank bezogen1). Sie werden nach dem Erhebungskonzept der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermittelt und nicht je Arbeitsstunde, sondern je Arbeitskraft (Unselbständige bzw. Erwerbstätige) berechnet. Da für einige Länder keine aktuellen Daten verfügbar waren, musste für den vorliegenden Bericht auf Statistiken der OECD zurückgegriffen werden. Die in der AMECO-Datenbank fehlenden Jahreswerte wurden anhand der entsprechenden Veränderungsraten aus der OECD-Datenbank fortgeschrieben.

Hinweis zur Länderauswahl

Als "EU-Handelspartner" werden hier folgende Länder bezeichnet: EU 27 ohne Österreich, Malta, Zypern, Rumänien und Bulgarien. Der Begriff "Alle Handelspartner" berücksichtigt Daten folgender Länder: EU 27 ohne Österreich, Malta, Zypern, Rumänien und Bulgarien, jedoch einschließlich Norwegens, der USA, Kanadas und Japans; diese Länderauswahl deckt mehr als drei Viertel aller österreichischen Warenexporte und rund 85% aller Warenimporte ab.

               

1)  Aus Gründen der internationalen Vergleichbarkeit wurde auch für Österreich der im Mai gültige Datenstand verwendet.

 

Bruttoentgelte pro Kopf unterdurchschnittlich gestiegen

Die Entwicklung der internationalen Lohnstückkostenposition in der Sachgütererzeugung ergibt sich aus den Veränderungen der Arbeitskosten pro Kopf, dem Produktivitätswachstum und den Wechselkursveränderungen (siehe Kasten "Berechnungsmethode und Datenbasis für den Lohnstückkostenvergleich"). Seit dem Eintritt in die Währungsunion haben Wechselkursänderungen für die österreichische Exportwirtschaft etwas an Bedeutung verloren, da die wichtigsten Handelspartner Österreichs ebenfalls dem Euro-Raum angehören. Von der Wechselkursentwicklung des Euro geht aber seit mehreren Jahren ein leichter Druck auf die Produktionskosten der österreichischen Exportwirtschaft aus (Abbildung 1). Der nominell-effektive Wechselkurs stieg zwischen 2000 und 2009 insgesamt um fast 11%. 2010 kehrte sich diese Entwicklung allerdings um, der nominell-effektive Wechselkurs ging wieder zurück. Für die nominell-effektive Aufwertung war insbesondere die Stärke des Euro gegenüber den anderen wichtigen Währungen bestimmend, sein Wert erhöhte sich zwischen 2000 und 2010 gegenüber Dollar und Pfund jährlich um durchschnittlich 3,5%, gegenüber dem Yen um 1,5% .

 

Abbildung 1: Entwicklung des nominell-effektiven Wechselkursindex

Q: WIFO-Datenbank.

 

Die Analyse der internationalen Arbeitskostenentwicklung basiert auf den Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Sie stützt sich auf die Entwicklung der Bruttoentgelte pro Kopf, also der Lohn- und Gehaltssumme einschließlich Sozialabgaben der Arbeitgeber je unselbständige Arbeitskraft. Die Arbeitskosten stiegen in Österreich 2010 gegenüber dem Vorjahr um 1,7%, die der EU-Handelspartner um 3,8%. Die höchste Zunahme verzeichneten Litauen (+9,6%), Slowenien (+8,5%) und Großbritannien (+7,0%). Schwächer als in Österreich erhöhten sie sich hingegen in Belgien (0,2%), Finnland (+1,5%) und Schweden (+1,6%). In Deutschland, Österreichs wichtigstem Handelspartner, stiegen die Arbeitskosten um 4,4%.

Im Durchschnitt der Jahre 2005 bis 2010 war das Muster umgekehrt: In Österreich nahmen die Arbeitskosten jährlich um 3,0% zu, bei den EU-Handelspartnern um 2,5%. Besonders groß war der Unterschied gegenüber Deutschland (2005/2010 nur +1,6% p. a.), vor allem in den Jahren 2007 bis 2009. Über den gesamten Zeitraum 2000/2010 blieben die relativen Arbeitskosten pro Kopf gegenüber den EU-Handelspartnern in Österreich unverändert (jeweils +2,8% p. a.; Übersicht 1).

Konjunkturbedingter Produktivitätsanstieg 2010

Für die Beurteilung der Wettbewerbsposition einer Volkswirtschaft auf dem Weltmarkt sind nicht nur die Arbeitskosten und die Wechselkursrelationen ausschlaggebend, sondern auch die Produktionsleistung der Erwerbstätigen (Produktivität). Diese wird am realen Nettoproduktionswert (Bruttowertschöpfung) pro Kopf der Erwerbstätigen gemessen. Österreichs Industrie erzielte in den Jahren vor der Krise überdurchschnittlich hohe Produktivitätszuwächse. Nach einem Einbruch in der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise war das Jahr 2010 international von einer konjunkturbedingten Erholung der Produktivität gekennzeichnet. Nur Griechenland verzeichnete einen Rückgang von 7,4%. In Österreich stieg die Produktivität in der Sachgütererzeugung um 7,7%, merklich schwächer als im Durchschnitt der EU-Handelspartner (+11,2%). Insbesondere in den neuen EU-Ländern erhöhte sich die Produktivität 2010 deutlich (Estland +28,0%, Litauen +17,6%, Lettland +13,1%, aber auch Schweden +16,6%). Dagegen blieb die Erholung in den südeuropäischen Ländern (Spanien, Portugal) unterdurchschnittlich.

Übersicht 1: Entwicklung der Arbeitskosten pro Kopf (Beschäftigte) in der Sachgütererzeugung

In Landeswährung

 

Ø 2000/2005

Ø 2005/2010

2008

2009

2010

Jährliche Veränderung in %

 

Österreich

+2,5

+3,0

+3,9

+2,0

+1,7

 

Belgien

+2,8

+2,1

+2,2

+0,3

0,2

Dänemark

+4,4

+3,1

+2,3

+1,6

+3,4

Deutschland

+1,6

+1,6

+1,6

2,6

+4,4

Griechenland

+5,4

+5,7

+13,6

+0,3

+3,1

Spanien

+3,6

+4,1

+5,5

+2,2

+2,9

Frankreich

+3,0

+2,3

+2,8

0,1

+2,2

Irland

+5,7

+1,7

+4,8

0,6

2,2

Italien

+3,1

+3,0

+4,2

+1,1

+3,5

Luxemburg

+2,2

+1,5

+1,0

0,5

+3,1

Niederlande

+3,9

+2,7

+3,6

+1,7

+2,0

Portugal

+3,5

+3,1

+3,5

+1,7

+2,2

Finnland

+3,8

+2,8

+4,3

+1,0

+1,5

Schweden

+4,1

+2,3

+1,1

+2,5

+1,6

Großbritannien

+5,2

+5,1

+3,3

+6,5

+7,0

 

Tschechien

+6,6

+3,8

+4,9

3,9

+5,9

Estland

+10,7

+8,0

+2,8

3,7

+4,4

Lettland

+7,5

+9,7

+16,1

11,2

0,8

Litauen

+9,5

+4,8

+11,3

15,8

+9,6

Ungarn

+8,7

+3,8

+5,1

1,1

+2,7

Polen

+0,1

+4,3

+10,6

2,4

+5,9

Slowenien

+8,8

+5,6

+5,5

+0,8

+8,5

Slowakei

+7,5

+6,3

+8,7

+0,4

+2,6

 

Japan

+0,4

0,4

±0,0

5,3

+4,2

Kanada

+3,5

+1,2

1,1

3,9

+3,9

Norwegen

+5,0

+4,9

+5,1

+3,0

+5,1

USA

+3,9

+3,6

+3,5

+4,6

+2,4

 

EU-Handelspartner1)

+3,0

+2,5

+3,0

0,9

+3,8

 

Österreich

Alle Handelspartner2) = 100

0,5

+0,5

+0,9

+2,6

1,9

EU-Handelspartner1)  = 100

0,5

+0,5

+0,8

+2,9

2,0

Deutschland = 100

+0,9

+1,4

+2,3

+4,8

2,5

Q: AMECO, Statistik Austria, OECD, WIFO-Berechnungen. 1) Ohne Österreich, Malta, Zypern, Rumänien, Bulgarien; gewichteter Durchschnitt der Handelspartner gemäß der Berechnung der WIFO-Wechselkursindizes. 2) Ohne Österreich, Malta, Zypern, Rumänien, Bulgarien, jedoch einschließlich Norwegens, der USA, Kanadas und Japans; gewichteter Durchschnitt der Handelspartner gemäß der Berechnung der WIFO-Wechselkursindizes.

 

Diesem starken Anstieg der Produktivität war 2009 konjunkturbedingt ein beträchtlicher Rückgang vorausgegangen. Während die Wirtschaftsleistung in der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise einbrach, fiel der Rückgang der Beschäftigung geringer aus, weil die Unternehmen Arbeitskräfte horteten. Dies wurde in mehreren Ländern insbesondere in Österreich und Deutschland durch die öffentliche Förderung der Kurzarbeit unterstützt. Der längerfristige Vergleich ist durch diesen Effekt weniger beeinträchtigt und daher aussagekräftiger als kurzfristige Veränderungen: Zwischen 2005 und 2010 stieg die Produktivität in der Sachgütererzeugung in Österreich durchschnittlich jährlich um 2,5%, im Durchschnitt der EU-Handelspartner um 1,2%, in Deutschland blieb sie in diesem Zeitraum unverändert. Dieses Muster ist auch im Vergleich über den Zehnjahreszeitraum 2000/2010 zu beobachten: Die Produktivität erhöhte sich in Österreich (+2,4% p. a.) durchschnittlich stärker als in Deutschland (+1,4%) und den EU-Handelspartnern (+2,1%). Deutlich kräftigere Zuwächse verzeichneten allerdings die ostmitteleuropäischen EU-Länder, einige skandinavische Länder und die USA (Übersicht 2).

Relative Lohnstückkosten der Sachgütererzeugung 2010 gesunken

Die Lohnstückkosten der Sachgütererzeugung sanken 2010 in Österreich um 5,5%. Dies war in erster Linie eine Folge des konjunkturbedingten Produktivitätsanstiegs, im Jahr zuvor waren sie stark gestiegen. In Deutschland und den EU-Handelspartnern verlief die Entwicklung der Lohnstückkosten ähnlich. Nur in Griechenland (+11,4%), Kanada (+19,1%), Norwegen (+8,2%), den USA (+0,8%), Großbritannien (+3,9%) und Japan (+1,1%) stiegen die Lohnstückkosten 2010. Den höchsten Rückgang verzeichneten Estland (18,5%), Irland (14,1%), Lettland (12,7%) und Luxemburg (11,0%).

 

Übersicht 2: Entwicklung der Produktivität pro Kopf (Beschäftigte) in der Sachgütererzeugung

In Landeswährung

 

Ø 2000/2005

Ø 2005/2010

2008

2009

2010

Jährliche Veränderung in %

 

Österreich

+2,4

+2,5

+2,7

10,1

+7,7

 

Belgien

+2,3

+1,3

0,7

1,9

+3,1

Dänemark

+2,1

+3,1

+2,4

2,7

+10,3

Deutschland

+2,7

+0,0

5,6

15,6

+13,3

Griechenland

+1,5

0,8

+4,2

+6,2

7,4

Spanien

+1,2

+1,7

1,2

0,5

+7,6

Frankreich

+3,1

+0,3

0,9

7,5

+6,6

Irland

+6,0

+8,1

+1,2

+13,3

+13,0

Italien

0,4

0,1

3,4

8,4

+8,7

Luxemburg

0,4

0,2

11,9

9,1

+16,1

Niederlande

+3,3

+2,2

2,5

5,7

+10,6

Portugal

+2,1

+1,3

1,7

3,7

+5,5

Finnland

+5,2

+3,9

+0,9

10,9

+10,2

Schweden

+7,0

+1,8

5,4

9,0

+16,6

Großbritannien

+4,5

+2,0

+1,8

4,4

+6,9

 

Tschechien

+5,6

+6,4

+6,8

6,4

+13,5

Estland

+9,1

+5,2

6,6

11,2

+28,0

Lettland

+6,5

+2,7

4,4

0,7

+13,1

Litauen

+9,5

+5,6

+1,7

3,2

+17,6

Ungarn

+6,0

+3,5

0,4

6,3

+12,1

Polen

+5,2

+8,6

+4,0

+7,2

+14,6

Slowenien

+6,1

+4,4

+0,6

8,1

+15,2

Slowakei

+12,7

+5,1

+5,6

12,9

+6,3

 

Japan

+4,4

+0,9

+1,4

14,7

+15,3

Kanada

+0,5

0,0

3,6

5,1

+6,8

Norwegen

+4,8

+0,4

+0,7

1,2

+5,3

USA

+6,8

+3,5

+0,1

+1,9

+5,6

 

EU-Handelspartner1)

+3,1

+1,2

2,8

10,4

+11,2

 

Österreich

Alle Handelspartner2) = 100

1,0

+1,1

+5,3

0,7

2,8

EU-Handelspartner1)  = 100

0,7

+1,3

+5,7

+0,3

3,1

Deutschland = 100

0,4

+2,5

+8,8

+6,5

5,0

Q: AMECO, Statistik Austria, OECD, WIFO-Berechnungen. 1) Ohne Österreich, Malta, Zypern, Rumänien, Bulgarien; gewichteter Durchschnitt der Handelspartner gemäß der Berechnung der WIFO-Wechselkursindizes. 2) Ohne Österreich, Malta, Zypern, Rumänien, Bulgarien, jedoch einschließlich Norwegens, der USA, Kanadas und Japans; gewichteter Durchschnitt der Handelspartner gemäß der Berechnung der WIFO-Wechselkursindizes.

 

Für Österreich ergab sich daraus für 2010 eine Verbesserung der relativen Lohnstückkostenposition gegenüber den Handelspartnern um 0,7%; gegenüber den EU-Handelspartnern (+0,4%) und gegenüber Deutschland (+2,6%) verschlechterte sie sich hingegen. Allerdings ist auch hier die längerfristige Betrachtung aussagekräftiger. Die Entwicklung der relativen Lohnstückkosten wird sowohl durch die Lohnentwicklung als auch durch die Produktivitätsveränderungen in Österreich und den Handelspartnern bestimmt (Abbildung 2). In einigen Ländern des Euro-Raumes (Italien, Griechenland, Spanien) erhöhten sich die Löhne viel stärker als die Produktivität; in den meisten ostmitteleuropäischen Ländern und den USA stiegen sie ebenfalls kräftig, jedoch meist ähnlich wie die Produktivität. In Österreich hingegen blieb das durchschnittliche Wachstum der Arbeitskosten hinter dem der Arbeitsproduktivität zurück, sodass sich die Lohnstückkostenposition verbesserte: Im Durchschnitt 2005/2010 nahmen die Lohnstückkosten in der Sachgütererzeugung in Österreich jährlich um 0,5% zu, in Deutschland um 1,6% und bei den EU-Handelspartnern um 1,2%. Die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Sachgütererzeugung verbesserte sich dadurch beträchtlich. Die relativen Lohnstückkosten sanken im Zeitraum 2005/2010 sowohl gegenüber den EU-Handelspartnern (durchschnittlich jährlich 0,8%) als auch gegenüber Deutschland merklich (1,1%). Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre (2000/2010) war dieses Muster nicht so ausgeprägt: Die Lohnstückkosten der Sachgütererzeugung stiegen in Österreich um 0,3% jährlich, bei den EU-Handelspartnern um 0,6% zu. In Deutschland betrug der Zuwachs allerdings nur 0,2% p. a. Auch gegenüber den Handelspartnern außerhalb der EU verschlechterte sich die relative Lohnstückkostenposition. Dies war jedoch zumindest zum Teil der starken Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar und dem britischen Pfund in diesem Zeitraum zuzuschreiben (Übersicht 3).

 

Abbildung 2: Entwicklung der relativen Lohn- und Lohnstückkosten in der Sachgütererzeugung

In €, 2000 = 100

Q: AMECO, OeNB, WIFO-Berechnungen. 1) Ohne Österreich, Malta, Zypern, Rumänien, Bulgarien, jedoch einschließlich Norwegens, der USA, Kanadas und Japans. 2) Ohne Österreich, Malta, Zypern, Rumänien, Bulgarien.

 

 

Übersicht 3: Entwicklung der Lohnstückkosten pro Kopf (Beschäftigte) in der Sachgütererzeugung und der Gesamtwirtschaft

In €

 

Ø 2000/2005

Ø 2005/2010

2008

2009

2010

Jährliche Veränderung in %

Sachgütererzeugung

Österreich

+0,2

+0,5

+1,1

+13,5

5,5

 

Belgien

+0,4

+1,3

+2,9

+4,5

3,3

Dänemark

+2,2

+0,1

0,2

+4,6

6,0

Deutschland

1,1

+1,6

+7,6

+15,4

7,9

Griechenland

+3,5

+6,6

+9,1

5,6

+11,4

Spanien

+2,4

+2,4

+6,8

+2,7

4,4

Frankreich

0,1

+2,0

+3,8

+8,0

4,2

Irland

0,3

6,3

+1,2

11,5

14,1

Italien

+3,5

+3,0

+7,8

+10,3

4,8

Luxemburg

+2,6

+1,8

+14,6

+9,4

11,0

Niederlande

+0,6

+0,5

+6,3

+7,9

8,0

Portugal

+1,4

+1,7

+5,3

+5,6

3,1

Finnland

1,4

1,1

+3,4

+13,4

7,8

Schweden

4,5

0,1

+2,7

+2,0

3,0

Großbritannien

1,6

1,5

12,8

0,4

+3,9

 

Tschechien

+4,7

+0,8

+9,4

3,2

2,4

Estland

+1,5

+2,7

+10,1

+8,4

18,5

Lettland

3,4

+6,4

+21,1

11,0

12,7

Litauen

+1,3

0,8

+9,4

13,0

6,8

Ungarn

+3,5

1,8

+5,4

5,3

6,8

Polen

4,9

3,9

+14,6

26,1

0,2

Slowenien

0,4

+1,1

+4,9

+9,7

5,9

Slowakei

2,8

+6,2

+11,2

+19,6

3,5

 

Japan

9,8

+1,9

+5,0

+29,1

+1,1

Kanada

+1,1

+4,5

2,8

0,5

+19,1

Norwegen

+0,4

+4,4

+1,7

1,8

+8,2

USA

8,4

1,4

3,6

+10,7

+0,8

 

EU-Handelspartner1)

0,1

+1,2

+5,9

+8,8

5,9

 

Österreich

Alle Handelspartner2) = 100

+1,3

0,6

3,7

+3,7

0,7

EU-Handelspartner1)  = 100

+0,2

0,8

4,5

+4,3

+0,4

Deutschland = 100

+1,3

1,1

6,0

1,6

+2,6

 

Gesamtwirtschaft

Österreich

+0,7

+1,9

+2,7

+4,8

+0,4

EU-Handelspartner1)

+1,6

+1,7

+3,3

+2,7

+0,2

Alle Handelspartner2)

+0,7

+1,6

+2,5

+3,3

+1,0

 

Österreich

Alle Handelspartner2) = 100

0,0

+0,4

+0,2

+1,5

0,6

EU-Handelspartner1)  = 100

0,9

+0,3

0,5

+2,0

+0,1

Deutschland = 100

+0,5

+1,0

+0,4

0,4

+1,2

Q: AMECO, Statistik Austria, OECD, WIFO-Berechnungen. 1) Ohne Österreich, Malta, Zypern, Rumänien, Bulgarien; gewichteter Durchschnitt der Handelspartner gemäß der Berechnung der WIFO-Wechselkursindizes. Lohnstückkosten: Quotient aus Bruttoentgelten pro Kopf (unselbständig Beschäftigte) und realer Bruttowertschöpfung bzw. BIP real pro Kopf (Erwerbstätige). 2) Ohne Österreich, Malta, Zypern, Rumänien, Bulgarien, jedoch einschließlich Norwegens, der USA, Kanadas und Japans; gewichteter Durchschnitt der Handelspartner gemäß der Berechnung der WIFO-Wechselkursindizes. Lohnstückkosten: Quotient aus Bruttoentgelten pro Kopf (unselbständig Beschäftigte) und realer Bruttowertschöpfung bzw. BIP real pro Kopf (Erwerbstätige).

 

In der Gesamtwirtschaft schwanken die Lohnstückkosten in Österreich schwächer als in der Sachgütererzeugung. Sie stiegen 2010 um 0,4%, bei den EU-Handelspartnern um 0,2%. Auch im Durchschnitt der Jahre 2005/2010 erhöhten sich die gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten in Österreich mit +1,9% p. a. etwas stärker als die der EU-Handelspartner (+1,7%). Die relative Lohnstückkostenposition verschlechterte sich daher, insbesondere gegenüber Deutschland. Der Anstieg der Lohnstückkosten war in der Gesamtwirtschaft sowohl in Österreich als auch bei den Handelspartnern wesentlich stärker als in der Sachgütererzeugung. Dies ist nicht überraschend, weil in der Sachgütererzeugung die Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung am größten sind (Hölzl Leoni, 2010). Die relative Lohnstückkostenposition der österreichischen Gesamtwirtschaft verschlechterte sich von 2005 bis 2010 gegenüber allen Handelspartnern um 0,4%, gegenüber den EU-Handelspartnern um 0,3% und gegenüber Deutschland um 1%.

Unterschiedliche Lohnstückkostenentwicklung im Euro-Raum

Die Lohnstückkosten der Sachgütererzeugung entwickelten sich seit der Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion in den Ländern des Euro-Raumes unterschiedlich. Dieses Muster, das sich auch in den gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten zeigt, hatte eine drastische Verschiebung der relativen Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Euro-Ländern zur Folge. Durch den Eintritt in die Währungsunion fielen die Wechselkurse innerhalb des Euro-Raumes weg. Die unterschiedliche Entwicklung der Lohnstückkosten kann daher nicht mehr über Auf- oder Abwärtsbewegungen der Wechselkurse ausgeglichen werden, sondern muss über die Entwicklung der Produktivität oder der Löhne kompensiert werden. Die Verschiebung der Wettbewerbsfähigkeit kann dadurch Wachstums- und Leistungsbilanzungleichgewichte erzeugen, die die Konjunkturerholung nach der Wirtschaftskrise gefährden und die Währungsunion destabilisieren[b]).

Unterschiede in der Sachgütererzeugung größer als in der Gesamtwirtschaft

Die Lohnstückkostenentwicklung divergiert im Euro-Raum in der Sachgütererzeugung deutlicher stärker als in der Gesamtwirtschaft. Zwischen 2000 und 2010 gingen die Lohnstückkosten der Sachgütererzeugung in Irland und Finnland durchschnittlich um 3,4% bzw. 1,2% p. a. zurück. In Deutschland (+0,2%), Österreich (+0,3%) und den Niederlanden (+0,5%) war ein mäßiger Anstieg zu verzeichnen; in Frankreich und Belgien lag die durchschnittliche jährliche Veränderung bei knapp +1%. Hingegen stiegen die Lohnstückkosten der Sachgütererzeugung in Griechenland (+5%), Italien (+3,3%), Spanien (+2,4%) und Portugal (+1,6%) deutlich. Kumuliert ergibt sich daraus von 2000 bis 2010 eine drastische Verschiebung der Wettbewerbsfähigkeit: Während die Lohnstückkosten in Irland und Finnland um 29% bzw. 12% sanken und in Deutschland und Österreich weitgehend stabil blieben, erhöhten sie sich in Griechenland (+64%), Italien (+38%), Spanien (+27%) und Portugal (+17%) beträchtlich.

Der Zeitraum 2000/2010 umfasst die Jahre des starken Konjunkturaufschwungs bis 2007, die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/09 und die international unterschiedliche Erholung seither. In der Aufschwungphase bis zum Höhepunkt der Konjunktur (2000/2007) sanken die Lohnstückkosten auch in Deutschland und Österreich deutlich. Im Jahr 2007 lagen sie in Österreich um 5% unter dem Wert von 2000, in Deutschland sogar um 10%. In Finnland war der Rückgang am höchsten (beinahe 20%). Hingegen verringerten sie sich in Irland bis zum Jahr 2006 kaum und sanken erst danach in der Folge der in Irland relativ früh einsetzenden Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise dramatisch.

Mit Ausnahme von Irland war daher die kumulierte Differenz der Lohnstückkostenentwicklung zwischen Deutschland und den anderen Volkswirtschaften von 2000 bis 2007 deutlich größer als in der Gesamtperiode. Seit der Krise stiegen die Lohnstückkosten jedoch auch in Deutschland merklich, sodass sich der Abstand wieder etwas verringerte. In Griechenland und Italien lag jedoch der Anstieg zwischen 2007 und 2010 über jenem in Deutschland, die relative Wettbewerbsposition verschlechterte sich also auch in der Krise weiter (Abbildung 3).

In der Gesamtwirtschaft ergibt sich ein etwas anderes Entwicklungsmuster. Mit Ausnahme von Griechenland und Italien erhöhten sich die Lohnstückkosten in allen Ländern stärker als in der Sachgütererzeugung. Am deutlichsten war der Unterschied in Irland und Finnland: Im Gegensatz zur Sachgütererzeugung stiegen die Lohnstückkosten dort in der Gesamtwirtschaft ebenso wie in den anderen Ländern. Die Verbesserung der relativen Wettbewerbsposition zu Deutschland fiel daher gemessen an den gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten im Zeitraum 2000/2010 geringer aus als in der Sachgütererzeugung. Dies entspricht dem erwarteten Verhältnis zwischen den Lohnstückkosten in der Sachgütererzeugung und der Gesamtwirtschaft (siehe oben). Umgekehrt war in Griechenland und Italien der Anstieg der Lohnstückkosten in der Sachgütererzeugung deutlich höher als in der Gesamtwirtschaft. Die relative Wettbewerbsposition gegenüber Deutschland verschlechterte sich daher nicht so stark wie in der Sachgütererzeugung (Übersicht 4).

 

Abbildung 3: Lohnstückkostenentwicklung der Sachgütererzeugung im Euro-Raum

Q: AMECO, Statistik Austria, OECD, WIFO-Berechnungen.

 

 

 

Übersicht 4: Relative Wettbewerbsposition zu Deutschland im Euro-Raum

Auf Euro-Basis, Deutschland = 100

 

Sachgütererzeugung

Gesamtwirtschaft

Sachgütererzeugung

Gesamtwirtschaft

Veränderung 2000/2007 in %

Veränderung 2000/2010 in %

 

Österreich

+5,5

+6,2

+0,8

+8,0

 

Belgien

+15,1

+13,7

+6,5

+16,6

Dänemark

+24,6

+21,9

+9,6

+27,6

Griechenland

+53,1

+23,6

+61,3

+29,5

Spanien

+31,1

+25,0

+24,2

+23,7

Frankreich

+12,8

+14,8

+7,6

+15,9

Irland

+2,8

+28,0

31,3

+21,4

Italien

+32,1

+22,3

+35,4

+26,9

Luxemburg

+22,0

+17,9

+22,2

+25,5

Niederlande

+10,5

+16,4

+3,2

+17,6

Portugal

+18,7

+19,6

+14,3

+19,4

Finnland

7,7

+9,2

14,0

+15,9

Q: AMECO, Statistik Austria, OECD, WIFO-Berechnungen.

 

Produktivitätswachstum bestimmt Divergenz der Lohnstückkostenentwicklung

Diese Unterschiede ergaben sich in erster Linie aus der abweichenden Entwicklung der Produktivität in der Sachgütererzeugung: In Finnland und Irland stieg die Produktivität von 2000 bis 2007 durchschnittlich jährlich um etwa 6½%, in Deutschland, den Niederlanden und Österreich um 3½%. In Belgien, Frankreich und Portugal erhöhte sie sie durchschnittlich um gut 2½% p. a., in Spanien um nur knapp 1½%. In Griechenland und Italien stagnierte die Produktivität in der Sachgütererzeugung hingegen weitgehend. Die Arbeitskosten pro Kopf stiegen im Euro-Raum am stärksten in Griechenland und Irland (durchschnittlich mehr als +5% p. a.). In Finnland, den Niederlanden, Spanien und Portugal lag der Anstieg unter 4%. Belgien, Frankreich, Italien und Österreich verzeichneten mit durchschnittlich etwa +3% deutlich schwächere Zuwächse. In Deutschland erhöhten sich die Arbeitskosten pro Kopf um weniger als 2%.

In Griechenland, Italien und in vermindertem Ausmaß in Spanien lag der Anstieg der Arbeitskosten pro Kopf damit weit über den mäßigen bis geringfügigen Produktivitätszuwächsen. Vor allem in Deutschland, Finnland und Irland entwickelten sich die Arbeitskosten wesentlich schwächer als die Produktivität. In Österreich fiel die Zunahme ebenfalls niedriger aus, in den Niederlanden ergab sich für Arbeitskosten und Produktivität dieselbe Rate. In Belgien und Frankreich erhöhten sich die Arbeitskosten etwas stärker als die Produktivität.

Zusammenfassung

Die Konjunkturerholung nach der Wirtschaftskrise bewirkte 2010 in Österreich eine Verringerung der Lohnstückkosten der Sachgütererzeugung um 5,5%. Die Produktivität erhöhte sich in der österreichischen Sachgütererzeugung um 7,7%, während die Arbeitskosten nur mäßig anzogen (+1,7%). Allerdings war der Produktivitätsanstieg im internationalen Vergleich gering, sodass die Lohnstückkosten 2010 etwas weniger sanken als im Durchschnitt der EU-Handelspartner (5,9%) und in Deutschland (7,9%). Damit ergab sich 2010 eine Verschlechterung der relativen Lohnstückkostenposition um 0,4% gegenüber den EU-Handelspartnern und um 2,6% gegenüber Deutschland. Wegen konjunkturbedingter Sondereffekte ist die längerfristige Entwicklung aussagekräftiger als die Betrachtung der Vorjahresveränderung 2010: Im Durchschnitt der Jahre 2005/2010 ergab sich eine deutliche Verbesserung der relativen Lohnstückkostenposition der österreichischen Sachgütererzeugung (durchschnittlich 0,8% p. a. gegenüber den EU-Handelspartnern und 1,1% gegenüber Deutschland). Im selben Zeitraum verschlechterte sich die gesamtwirtschaftliche Lohnstückkostenposition gegenüber den EU-Handelspartnern um 0,3% und gegenüber Deutschland um 1%.

Im Zuge der Krise der öffentlichen Haushalte in einigen Ländern geriet auch die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit im Euro-Raum ins Interesse der Wirtschaftspolitik. Seit Bestehen der Währungsunion war eine deutliche Divergenz der Entwicklung der Lohnstückkostenposition im Euro-Raum zu beobachten, die vor allem auf eine abweichende Produktivitätsentwicklung zurückzuführen ist. Der Wegfall des Wechselkursmechanismus macht diese Unterschiede persistent.

Anhang: Arbeitskosten je Stunde in der Sachgütererzeugung

Die Arbeitskosten je Beschäftigtenstunde wurden hier anhand der Arbeitskostenerhebung berechnet, die in den EU-Ländern alle vier Jahre durchgeführt wird. Die jährliche Entwicklung zwischen zwei Arbeitskostenerhebungen wird anhand eines Arbeitskostenindex fortgeschrieben. Die hier veröffentlichten Ergebnisse beruhen auf der Ende 2010 veröffentlichten Arbeitskostenerhebung 2008. Der Bericht des Vorjahres (Hölzl Leoni, 2010) verwendete noch Daten der Erhebung für 2004. Durch Revisionen, den Umstieg von NACE rev. 1 auf NACE rev. 2 und den Wechsel des Ankerwertes auf 2008 veränderten sich die Zahlen für 2009 gegenüber diesem Bericht für einige Länder deutlich, insbesondere für Norwegen, Griechenland, Malta und Großbritannien.

Anders als die Arbeitskostenerhebung beruht der Arbeitskostenindex nicht in allen Ländern auf demselben statistischen Konzept. Damit ist die internationale Vergleichbarkeit etwas eingeschränkt. Für Österreich basiert der Index auf Daten aus der Konjunkturerhebung. Übersicht 4 bildet die auf Basis des revidierten Arbeitskostenindex ermittelten Arbeitskosten für die gesamte Periode 2004/2009 und somit die zurückrevidierte Zeitreihe ab.

Der internationale Vergleich der Arbeitskosten je Stunde ist für die Jahre 2009 und 2010 mit besonderer Vorsicht zu interpretieren: Einerseits wird die Auswirkung der Kurzarbeit auf die Entwicklung der Arbeitskosten in der österreichischen Konjunkturerhebung nicht vollständig abgebildet der von der öffentlichen Hand getragene Teil der Zusatzkosten bleibt in der Erhebung unberücksichtigt. Andererseits liegen keine Informationen darüber vor, wieweit sich Kurzarbeit oder andere arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Zuge der Wirtschaftskrise in den Arbeitskostendaten der anderen Länder niederschlagen.

 

Abbildung 4: Arbeitskosten je Stunde in der Sachgütererzeugung 2010

In €, Österreich = 100

Q: Eurostat (Arbeitskräfteerhebung 2008; Arbeitskostenindex), WIFO-Berechnungen.

 

 

 

Übersicht 5: Arbeitskosten je Stunde in der Sachgütererzeugung

 

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

In €

 

Bulgarien

1,4

1,5

1,6

1,8

2,2

2,5

2,6

Rumänien

1,5

1,9

2,4

3,0

3,3

3,2

3,5

Lettland

2,4

2,6

3,3

4,3

5,2

5,2

5,0

Litauen

2,8

3,1

3,7

4,6

5,5

5,2

5,1

Polen

3,8

4,6

5,0

5,8

6,8

5,8

6,4

Ungarn

5,5

6,0

6,1

7,0

7,5

6,9

7,0

Estland

4,0

4,5

5,2

6,3

7,2

7,2

7,2

Slowakei

5,6

6,3

6,7

7,2

7,6

8,0

8,0

Tschechien

5,4

5,9

6,6

7,3

8,7

8,8

9,3

Portugal

8,9

9,1

9,1

9,6

9,9

10,2

10,5

Malta

10,1

10,3

11,0

11,1

11,3

12,0

11,8

Zypern

10,7

11,1

11,5

11,7

12,4

12,7

13,0

Slowenien

9,5

10,2

10,6

11,1

12,3

13,0

13,4

Griechenland

16,5

14,4

14,7

15,3

15,8

16,3

16,6

Großbritannien

21,8

22,3

23,4

24,0

21,5

19,6

21,0

Spanien

17,1

17,8

18,5

19,4

20,3

21,4

21,6

EU 27

19,3

19,8

20,5

21,1

22,0

22,7

23,0

EU 25

20,7

21,2

21,9

22,6

23,5

24,2

24,5

Italien

21,0

21,6

22,1

22,8

24,0

25,7

25,8

Luxemburg

25,6

25,5

26,3

27,2

28,3

30,2

30,2

Österreich

26,1

26,9

27,5

28,4

30,0

31,5

31,1

Niederlande

27,1

27,4

28,2

29,0

30,3

31,1

31,4

Deutschland

31,1

31,3

32,2

32,4

33,4

34,1

34,1

Frankreich

28,3

29,5

30,7

31,9

33,2

33,3

34,6

Dänemark

30,6

31,2

32,1

33,4

34,8

35,7

36,6

Schweden

32,0

32,4

32,7

34,4

34,5

32,8

37,2

Norwegen

28,4

31,1

32,9

35,6

36,9

36,5

41,4

Belgien

32,2

33,3

34,1

35,6

36,7

38,5

.

Irland

.

.

.

.

28,1

.

.

Finnland

.

.

.

.

30,1

.

.

Q: Eurostat (Arbeitskräfteerhebung 2008; Arbeitskostenindex), WIFO-Berechnungen.

 

Literaturhinweise

Ederer, St., "Ungleichgewichte im Euro-Raum", WIFO-Monatsberichte, 2010, 83(7), S. 589-602, http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/40116.

Hölzl, W., Leoni, Th., "Internationale Lohnstückkostenposition 2009 durch Wirtschaftskrise stark beeinflusst", WIFO-Monatsberichte, 2010, 83(9), S. 753-766, http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/40506.

Köhler-Töglhofer, W., Magerl, Ch., Mooslechner, P., "Tendenziell verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft in der Wirtschafts- und Währungsunion: Neuberechnung des Indikators der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft", OeNB, Geldpolitik & Wirtschaft, 2006, (4), S. 1-28.

Mooslechner, P., "Abnehmende Inflationsdifferenz verstärkt real-effektive Schillingaufwertung. Neuberechnung der WIFO-Wechselkursindizes", WIFO-Monatsberichte, 1995, 68(9), S. 580-592, http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/206.

Scheiblecker, M., et al., "Österreichs Wirtschaft im Jahr 2010: Deutliche Erholung des Außenhandels", WIFO-Monatsberichte, 2011, 84(4), S. 253-316, http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/41606.

 

Unit Labour Cost Situation Improved in 2010 Due to Upswing – Summary

Relative unit labour costs vis-à-vis trading partners are an important indicator of international competitiveness in the manufacturing sector. Unit labour costs are the main determinant for prices and consequently also for the competitiveness of a given sector or the economy as a whole, although qualitative competitiveness factors play a decisive role as well.

In the Austrian manufacturing sector, the evolution of unit labour costs relative to trading partners in recent years has not only been determined by structural factors (such as patterns of specialisation) but even more by the business cycle. During the financial and economic crisis of 2008-09, production shrank at a faster rate than employment, thereby impairing productivity in the export-intensive manufacturing sector. Since labour productivity is a major determinant of unit labour costs, the latter increased sharply. In the course of the subsequent recovery, productivity rose and unit labour costs fell. Due to these cyclical patterns, a long-term observation of unit labour cost developments is usually more meaningful.

Unit labour costs in the Austrian manufacturing sector decreased by 5.5 percent in 2010. This was slightly less than the rates achieved by trading partners in the EU (5.9 percent) and in Germany (7.9 percent). Relative unit labour costs consequently increased. However, during the period of 2005-2010 relative unit labour costs sank both vis-à-vis EU trading partners (0.8 percent p.a. on average) and Germany (1.1 percent).

Since the establishment of the European Monetary Union, unit labour costs in the manufacturing sector have developed differently across member countries. In Ireland and Finland, they decreased markedly over the period of 2000-2010 and more or less stagnated in Germany, Austria and the Netherlands. In contrast, they increased in Greece, Italy, Spain and Portugal. This resulted in a dramatic shift in competitiveness within the euro area which constrains the economic recovery and destabilises the EMU.

 

 

 



[a])  Eine ausführlichere Diskussion der Lohnstückkosten als Wettbewerbsindikator findet sich in Hölzl - Leoni (2010).

[b])  Eine ausführliche Diskussion der Ursachen und Entstehung von Leistungsbilanzungleichgewichten im Euro-Raum und der Wettbewerbsfähigkeit auf gesamtwirtschaftlicher Ebene bietet Ederer (2010).