WIFO

 

Weltwirtschaft schwächt sich ab

 

In den letzten Monaten ist eine zunehmende Abschwächung der internationalen Konjunktur zu beobachten. Das Wirtschaftswachstum fiel im II. Quartal in den USA und in Europa mäßig aus, und auch in Asien entwickelte sich die Wirtschaft weniger dynamisch. Vor diesem Hintergrund verstärkte sich die Besorgnis über die hohen Staatsschulden einiger Industrieländer; dies löste Spannungen auf den Finanzmärkten aus.

 

Der Konjunkturbericht entsteht jeweils in Zusammenarbeit aller Mitarbeiter des WIFO. • Wissenschaftliche Assistenz: Christine Kaufmann, Martha Steiner • Abgeschlossen am 6. September 2011. • E-Mail-Adresse: Gerhard.Ruenstler@wifo.ac.at

 

INHALT

Internationale Konjunktur schwächt sich ab

Stimmung in Österreichs Wirtschaft trübt sich ein

Stagnation im Tourismus

Leichte Abschwächung auf dem Arbeitsmarkt

Inflationsrate nach wie vor deutlich über dem Durchschnitt des Euro-Raumes

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

Übersicht 1: Ergebnisse der vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. 3

Abbildung 1: Internationale Konjunktur 6

Abbildung 2: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests. 9

Abbildung 3: Wirtschaftspolitische Eckdaten. 10

 

 

Die Dynamik der Weltwirtschaft ließ zuletzt weiter nach. In den USA wuchs die Wirtschaft im II. Quartal gegenüber dem Vorquartal mit +0,2% neuerlich mäßig (I. Quartal +0,1%). Dies verzögert wiederum die Lösung struktureller Probleme: Die Arbeitslosenquote lag im August unverändert bei 9,1%, um nur 0,5 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Auch aufgrund der hohen Verschuldung der privaten Haushalte und der gestiegenen Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Staatsfinanzen sind die Erwartungen über die Wirtschaftsentwicklung der USA im 2. Halbjahr gedämpft.

Die Wirtschaft des Euro-Raumes wuchs im II. Quartal gegenüber dem Vorquartal ebenfalls um nur 0,2% (I. Quartal +0,8%). Alle großen Volkswirtschaften stagnierten nahezu. Die jüngsten Konjunkturumfragen deuten auch hier auf ein nur flaues Wachstum in der zweiten Jahreshälfte hin. Die Produktionserwartungen der Industrie sind bereits seit einigen Monaten rückläufig und verschlechterten sich im August weiter. Nach den Turbulenzen auf den Finanzmärkten und der zunehmenden Besorgnis um die Lage der Staatsfinanzen in einigen Ländern trübte sich zuletzt auch das Konsumentenvertrauen deutlich ein.

Erstmals seit der Finanzmarktkrise 2008/09 schwächte sich auch die Wirtschaftsaktivität der asiatischen Schwellenländer deutlich ab: Im II. Quartal stieg die Industrieproduktion gegenüber dem Vorquartal um nur mehr 0,7% (I. Quartal +4,0%), die Importe sanken um 2,5% (I. Quartal +5,2%). Allerdings ist diese Entwicklung von den wirtschaftlichen Folgen der Umweltkatastrophen in Japan stark beeinflusst; es bleibt abzuwarten, ob im III. Quartal eine Erholung eintritt.

Die ungünstigeren Konjunkturaussichten, die kontroverse Diskussion um das Staatsschuldenlimit in den USA und die Schuldenkrise im Euro-Raum lösten im August große Nervosität auf den Finanzmärkten aus. Nach einem empfindlichen Rückgang der Dow-Jones-Index sank gegenüber dem Höchststand im Juli um etwa 10%, der DAX um etwa 25% stabilisierten sich die Aktienkurse gegen Monatsende vorerst.

Das hohe Wachstum der österreichischen Wirtschaft von real +1,0% im II. Quartal gegenüber dem Vorquartal hebt sich deutlich von der Mehrzahl der Länder des Euro-Raumes ab. Wie der WIFO-Konjunkturtest jedoch zeigt, wird sich die heimische Wirtschaft im III. Quartal der internationalen Konjunkturabkühlung wohl nicht entziehen können. Die aktuellen Auftragsbestände beurteilten die Sachgütererzeuger zuletzt nach wie vor günstig, die vorlaufenden Indikatoren (Produktionserwartungen, Geschäftslage in sechs Monaten) sinken allerdings seit mehreren Monaten merklich und lagen im August nahe dem langjährigen Durchschnitt. Weiterhin ungünstig entwickelt sich der Tiefbau. Die Tourismusumsätze lagen von Mai bis Juli geringfügig unter dem Niveau des Vorjahres.

 

Übersicht 1: Ergebnisse der vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2010

2011

 

 

 

I. Quartal

II. Quartal

III. Quartal

IV. Quartal

I. Quartal

II. Quartal

 

 

 

Veränderung gegen das Vorquartal in %

Real, saison- und arbeitstägig bereinigt

 

 

 

 

 

 

 

Konsumausgaben insgesamt

 

 

+0,9

0,3

+1,0

0,1

0,2

+0,5

Private Haushalte1)

 

 

+2,0

0,8

+1,7

0,4

0,4

+0,4

Staat

 

 

0,0

0,3

0,0

0,2

+0,2

+0,4

Bruttoinvestitionen

 

 

2,6

+2,4

+3,9

+3,2

+2,6

+1,2

Bruttoanlageinvestitionen

 

 

+0,0

+0,6

+2,1

+1,8

+1,3

+0,9

Ausrüstungen

 

 

+2,2

+3,1

+4,2

+2,7

+1,8

+1,1

Bauten

 

 

1,0

0,7

0,1

0,3

+0,3

+0,6

Exporte

 

 

+0,4

+5,6

+2,1

+0,7

+3,1

+0,1

Waren

 

 

0,1

+8,7

+3,7

0,4

+3,1

+0,5

Dienstleistungen

 

 

0,1

+1,4

+1,3

1,2

+1,0

0,5

Importe

 

 

+0,8

+5,1

+3,2

0,3

+3,6

+0,3

Waren

 

 

0,0

+6,1

+3,5

0,1

+3,3

+0,6

Dienstleistungen

 

 

+1,4

+2,6

+2,1

+1,0

+2,3

+0,1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt

 

 

0,9

+1,4

+1,4

+0,6

+0,8

+0,7

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sachgütererzeugung

 

 

2,8

+7,4

+3,2

+1,8

+5,8

+0,9

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2009

2010

2010

2011

 

 

 

I. Quartal

II. Quartal

III. Quartal

IV. Quartal

I. Quartal

II. Quartal

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Real, berechnet auf Basis von Vorjahrespreisen

 

 

 

 

 

 

 

Konsumausgaben insgesamt

0,1

+1,5

+3,2

0,1

+1,7

+1,5

0,3

+1,4

Private Haushalte1)

0,3

+2,2

+4,1

0,3

+2,6

+2,5

0,1

+1,7

Staat

+0,2

0,2

+0,6

+0,7

0,9

1,2

0,7

+0,8

Bruttoinvestitionen

11,9

+3,6

10,1

+6,7

+8,8

+6,7

+24,7

+15,3

Bruttoanlageinvestitionen

8,3

+0,1

4,4

0,1

+0,1

+4,2

+3,1

+5,0

Ausrüstungen

9,7

+4,3

4,5

+3,4

+2,8

+15,2

+11,6

+9,9

Bauten

7,6

2,9

4,9

1,8

2,1

3,0

1,5

+1,9

Exporte

14,3

+8,3

+1,5

+12,3

+11,1

+8,8

+12,2

+6,4

Waren

16,6

+10,9

+2,6

+15,3

+13,3

+12,2

+16,7

+8,1

Dienstleistungen

8,3

+2,2

0,8

+4,5

+5,8

+0,3

+3,3

+0,9

Importe

13,8

+8,0

+1,9

+10,3

+10,8

+8,8

+13,4

+8,0

Waren

14,7

+9,1

+2,9

+12,1

+11,8

+9,7

+14,2

+8,7

Dienstleistungen

10,2

+3,7

1,7

+3,3

+7,0

+5,5

+9,6

+5,3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt

3,8

+2,3

+0,2

+2,6

+3,6

+2,6

+4,2

+3,4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sachgütererzeugung

15,3

+7,4

1,8

+11,2

+10,4

+9,6

+19,3

+10,0

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt, nominell

2,8

+4,1

+2,0

+4,2

+5,7

+4,5

+6,0

+5,6

Q: WIFO. 1) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.

 

Im Juli und August 2011 stagnierte die aktive Beschäftigung saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote stieg im August nach österreichischer Berechnungsmethode geringfügig auf 6,8%. Das Stellenangebot war in den letzten Monaten rückläufig, während sich die Zahl der Arbeitslosen wieder leicht erhöhte.

Mit der Konjunkturabschwächung verringert sich der Preisdruck auf den Rohstoffmärkten. Im Vorjahresvergleich ist jedoch die Rohstoffpreishausse für den Anstieg der Inflation in den Industrieländern nach wie vor bestimmend. Im Euro-Raum erreichte die Inflationsrate im Juli 2011 laut HVPI 2,5%. Der Preisauftrieb ohne Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel (Kerninflation) sank im Juli auf 1,5% (Juni 1,8%). In Österreich betrug die Inflationsrate gemäß harmonisiertem Verbraucherpreisindex (HVPI) im Juli 3,8% (laut nationalem VPI 3,5%). Die Kerninflationsrate war laut HVPI mit 3,1% um 1,6 Prozentpunkte höher als im Durchschnitt des Euro-Raumes.

Internationale Konjunktur schwächt sich ab

Nach der kräftigen Dynamik bis Anfang 2011 ist nun ein Abflauen der internationalen Konjunktur zu beobachten. Dies und die Entwicklungen um die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in den USA und im Euro-Raum verschärften zuletzt die Spannungen auf den Finanzmärkten.

Die Dynamik des Welthandels ließ im II. Quartal deutlich nach. Nach +2,6% im I. Quartal gegenüber dem Vorquartal (laut Centraal Planbureau) ging das Welthandelsvolumen im II. Quartal um 0,6% zurück. Die Industrieproduktion stagnierte (0,1% nach +1,9% im I. Quartal).

Erstmals seit der Finanzmarktkrise 2008/09 verlor auch die Wirtschaftsaktivität der Schwellenländer beträchtlich an Schwung. In den asiatischen Schwellenländern stieg die Industrieproduktion um nur mehr 0,7% (I. Quartal +4,0%), die Importe sanken um 2,5% (I. Quartal +5,2%). In Lateinamerika ging die Industrieproduktion um 0,3% zurück, während die Importe um 4,1% zunahmen (I. Quartal +1,6% bzw. +3,1%). Allerdings sind die Zahlen für den asiatischen Raum in hohem Maß von den ökonomischen Auswirkungen der Umweltkatastrophen in Japan beeinflusst. Nach dem starken Rückgang der Industrieproduktion im April zeigte sich im Laufe des II. Quartals bereits wieder ein Anstieg, dem im Herbst eine weitere Aufwärtskorrektur folgen sollte.

In den USA wuchs die Wirtschaft im II. Quartal mit +0,2% gegenüber dem Vorquartal neuerlich mäßig (I. Quartal +0,1%). Die kritischen Bereiche entwickeln sich verhalten: Die Beschäftigung blieb im II. Quartal gegenüber dem Vorquartal nahezu unverändert, im Vorjahresvergleich betrug der Anstieg nur 0,2%. Die Arbeitslosenquote war im August mit 9,1% um 0,5 Prozentpunkte niedriger als ein Jahr zuvor, aber sogar um 0,1 Prozentpunkt höher als Anfang 2011. Auch die Erholung der Hauspreise kam seit Anfang 2011 laut Case-Shiller-Index wieder zum Stillstand.

Angesichts der anhaltenden Schwierigkeiten in diesen Bereichen sind auch die Erwartungen über die künftige Entwicklung der Wirtschaft in den USA nunmehr deutlich weniger optimistisch als zu Jahresbeginn. Der Purchasing Manager Index (PMI) im Sachgüterbereich sank im August neuerlich und lag nur mehr geringfügig über dem langfristigen Durchschnitt. Das Konsumentenvertrauen fiel laut Conference Board Index auf den niedrigsten Wert seit April 2009. Das Conference Board rechnet in seiner Prognose vom August für das 2. Halbjahr 2011 mit anhaltend mäßigem Wachstum und für 2011 und 2012 mit Jahreswachstumsraten von 1,6% bzw. 1,8%.

Die Wirtschaft des Euro-Raumes wuchs im II. Quartal um 0,2% gegenüber dem Vorquartal (I. Quartal +0,8%). Alle großen Volkswirtschaften stagnierten nahezu: Deutschland (+0,1%), Frankreich (±0,0%) und die Niederlande (+0,1%) hatten im I. Quartal noch hohe Wachstumsraten von deutlich über 0,5% verzeichnet. In Italien (+0,3%) und Spanien (+0,2%) expandierte das BIP wie im I. Quartal leicht. Die Industrieproduktion des Euro-Raumes ging im Juni gegenüber dem Vormonat um 0,7% zurück, nach jeweils +0,2% im April und Mai.

Die jüngsten Konjunkturumfragen lassen auch für den Euro-Raum ein weiterhin geringes Wachstum erwarten. Nach einer stetigen Verbesserung seit dem II. Quartal 2009 ist der wichtigste Indikator der EU-Konjunkturumfragen, das Industrievertrauen, seit März 2011 wieder rückläufig. Dies ist insbesondere auf das Nachgeben der vorlaufenden Indikatoren Auftragseingänge und Produktionserwartungen zurückzuführen. Im August sanken angesichts der Turbulenzen auf den Finanzmärkten auch die Indizes des Konsumentenvertrauens und des Einzelhandels deutlich. Der ifo-Geschäftsklimaindex schwächte sich im August ebenfalls merklich ab: Die aktuelle Lage wird nach wie vor günstig beurteilt, die Erwartungen zur Geschäftslage entsprechen dem langjährigen Durchschnitt.

Mit der Abschwächung der Konjunktur entspannte sich die Lage auf den Rohstoffmärkten etwas: Rohöl (Brent) kostete Anfang September 110 $ je Barrel, der HWWI-Index der Rohstoffpreise ohne Energie ging gegenüber dem Höchstwert vom April leicht zurück. Er lag im August auf Dollarbasis um 19,2% über dem Vorjahreswert (April 2011 +40,7%).

Im Juli betrug die Teuerungsrate in den USA laut VPI 3,6% und im Euro-Raum laut HVPI 2,5%. Die Kerninflationsrate sank im Euro-Raum im Juli auf 1,5% (Juni 1,8%), u. a. durch die saisonbedingte Verbilligung von Bekleidung und Schuhen (Sommerschlussverkauf). Die Vorausschätzung für die Inflationsrate (laut HVPI) für den August liegt bei 2,5%.

Die Konjunkturabschwächung sowie die Diskussion um die Lage der Staatsfinanzen in den USA und im Euro-Raum lösten im August kräftige Turbulenzen auf den Finanzmärkten aus. Nach dem deutlichen Rückgang (Dow-Jones-Index etwa 10%, DAX etwa 25% im Vergleich zum Juli-Höchststand) stabilisierten sich die Aktienkurse gegen Monatsende.

 

Abbildung 1: Internationale Konjunktur

Saisonbereinigt, 2005 = 100, gleitende Dreimonatsdurchschnitte

Q: Europäische Kommission, Deutsche Bundesbank, ISM (Institute for Supply ManagementTM), ifo (Institut für Wirtschaftsforschung), OECD. 1) Produzierender Bereich.

 

Stimmung in Österreichs Wirtschaft trübt sich ein

Auch in Österreich dürfte sich die Konjunktur laut WIFO-Konjunkturtest abschwächen.

Das hohe Wachstum der österreichischen Wirtschaft von real 1,0% im II. Quartal gegenüber dem Vorquartal (laut WIFO-Schnellschätzung) hebt sich deutlich von der Mehrzahl der Länder des Euro-Raumes ab. Nur vier andere Euro-Länder verzeichneten Wachstumsraten von über 0,5%. Im Vorjahresvergleich betrug der Anstieg in Österreich real 3,7% (I. Quartal +4,2%).

Den größten Wachstumsbeitrag leistete der Außenhandel. Zwar expandierte der Export i. w. S. im II. Quartal mit real +1,8% gegenüber der Vorperiode etwas langsamer als zuletzt (I. Quartal +2,2%), doch ließ die Dynamik des Imports (II. Quartal +0,8% nach +2,1%) noch deutlicher nach. Die Ausrüstungsinvestitionen wurden im II. Quartal mit +1,8% etwas schwächer ausgeweitet als im I. Quartal (+2,2%), die Bauinvestitionen stagnierten. Der private Konsum entwickelte sich trotz der Belastung der Realeinkommen durch die hohe Inflation recht robust und übertraf den Wert der Vorperiode real neuerlich um 0,2%.

Wie der WIFO-Konjunkturtest jedoch zeigt, wird sich die österreichische Wirtschaft der Konjunkturabkühlung im III. Quartal nicht entziehen können. Die Produktionserwartungen sind zwar noch positiv, d. h. es gehen mehr Unternehmen kurzfristig von einer Steigerung ihrer Produktion in den kommenden Monaten aus als von einem Rückgang. Bezüglich der Geschäftslageentwicklung in sechs Monaten überwogen aber im August zum zweiten Mal in Folge die pessimistischen Erwartungen gegenüber den optimistischen. Vor allem für die Hersteller von Investitionsgütern und langlebigen Konsumgütern trübten sich die Aussichten ein. Nur im Kfz-Sektor überwiegen noch die positiven Erwartungen.

 

Abbildung 2: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests

Salden aus positiven und negativen Meldungen in % der befragten Unternehmen, saisonbereinigt

Q: Europäische Kommission, WIFO-Konjunkturtest.

 

 

 

Abbildung 3: Wirtschaftspolitische Eckdaten

Q: Arbeitsmarktservice Österreich, Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, OeNB, Statistik Austria, WIFO-Berechnungen. 1) Ohne Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, ohne Präsenzdiener, ohne in der Beschäftigungsstatistik erfasste Arbeitslose in Schulung.

 

Auch im Bauwesen verschlechterte sich die Einschätzung der Auftragslage in letzter Zeit etwas und lag wieder unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Für die kommenden Monate ist weiterhin mit einer gedämpften Baukonjunktur zu rechnen. Auch gehen die Unternehmen nur noch in geringem Umfang von einem Anstieg der Baupreise aus. Die Erholung der Unternehmensdienstleistungen hält bei mäßiger Dynamik an, die Einschätzung der Auftragsbestände übertraf im Juli neuerlich den langjährigen Durchschnitt. Die Meldungen im WIFO-Konjunkturtest lassen aber für die kommenden Monate auch hier eine Verlangsamung des Aufschwungs erwarten.

Stagnation im Tourismus

Die Tourismuswirtschaft setzte in den Monaten Mai bis Juli preisbereinigt geringfügig weniger um als im Vorjahr.

Im Durchschnitt der Monate Mai bis Juli 2011 verzeichneten die Tourismusbetriebe gemäß vorläufigen Berechnungen einen Anstieg der Umsätze gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres auf 5,04 Mrd. € (+2,9%). Der Zuwachs war allerdings ausschließlich preisbedingt: Real nach Ausschaltung der Preissteigerungen von 3,3% nahmen die Umsätze um 0,4% ab. Die Zahl der Übernachtungen erhöhte sich in dieser Periode um 1,7%. Der reale Aufwand je Nächtigung ein Qualitätsindikator sank demnach um 2,1%.

In der ersten Hälfte der Sommersaison 2011 übertraf die Nächtigungsnachfrage der Reisenden aus dem Ausland das Vorjahresniveau um 2,2%, die Übernachtungen der inländischen Reisenden stiegen geringfügig um 0,6%.

Unter den für Österreich bedeutenden ausländischen Herkunftsländern entwickelte sich in diesem Zeitraum besonders die Zahl der Übernachtungen von Gästen aus Russland (+33,6%), Polen (+20,8%) und Tschechien (+16,5%) sehr günstig. Auch die Nachfrage aus Italien (+2,5%) und Deutschland (+1,2%) war etwas größer als im Vorjahr, während die Nächtigungen von Reisenden aus Belgien (+0,5%), den Niederlanden (0,3%) und Frankreich (0,4%) annähernd stagnierten. Die Nachfrage von Reisenden aus Dänemark (11,6%) und Großbritannien (11,4%) ging hingegen deutlich zurück.

Die Tourismusumsätze entwickelten sich in allen Regionen annähernd gleich. Niederösterreich verzeichnete die höchsten Zuwächse, in Vorarlberg, Kärnten und Tirol lagen die nominellen Steigerungsraten unter dem Österreich-Durchschnitt.

Leichte Abschwächung auf dem Arbeitsmarkt

Die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten stagnierte saisonbereinigt im Juli und August. Der Rückgang des Stellenangebotes deutet auf eine Abschwächung der Arbeitsmarktdynamik hin.

Die ersten Schätzungen für August 2011 zeigen eine Abschwächung der Beschäftigungsdynamik: Die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten lag zwar um 1,6% über dem Vorjahreswert. Der Vorjahresvergleich zeigt aber Wendepunkte der Konjunktur im Allgemeinen mit einer gewissen Verzögerung gegenüber saisonbereinigten Zahlen an. Saisonbereinigt blieb die aktive Beschäftigung im Juli und August nach vorläufigen Schätzungen gegenüber dem Vormonat unverändert und unterbrach damit den stetigen Aufwärtstrend seit September 2009.

Auch die Entwicklung von Stellenangebot und Arbeitslosenzahl deutet auf ein Nachlassen der Arbeitsmarktdynamik hin. Das Stellenangebot war zuletzt rückläufig: Saisonbereinigt sank es im Juli (2,8%) und August (4,8%) gegenüber dem Vormonat. Im August lag es damit um 6,7% unter dem Vorjahreswert. Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen nimmt saisonbereinigt seit April wieder geringfügig zu, auch weil die Zahl der AMS-Schulungen sinkt. Im August war die Arbeitslosigkeit um 0,4% höher als im Vorjahr. Der Vorjahresvergleich ist allerdings dadurch verzerrt, dass seit September 2010 arbeitsfähige Personen, die Mindestsicherung beziehen, als arbeitslos eingestuft werden. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote nach österreichischer Berechnungsmethode stieg im August geringfügig auf 6,8%.

Inflationsrate nach wie vor deutlich über dem Durchschnitt des Euro-Raumes

Der Preisauftrieb zog laut HVPI im Juli geringfügig auf 3,8% an. Die harmonisierte Kerninflationsrate (ohne Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel) lag im Juli in Österreich mit 3,1% um 1,6 Prozentpunkte über dem Durchschnitt des Euro-Raumes.

Im Juli 2011 betrug der Anstieg der Verbraucherpreise in Österreich gemäß dem nationalen VPI 3,5%. Der überwiegende Teil des Preisauftriebs ist auf die Teuerung in den Ausgabenkategorien Mineralölprodukte (+5,5%) und Nahrungsmittel (einschließlich alkoholfreier Getränke, +4,4%) zurückzuführen. Auf diese beiden Teilaggregate entfielen 1,3 Prozentpunkte des gesamten Preisauftriebs bei einem Anteil am Warenkorb von lediglich 17%.

Die harmonisierte Inflationsrate (HVPI) war mit 3,8% um 1,3 Prozentpunkte höher als im Durchschnitt des Euro-Raumes (2,5%). Während die Kerninflation (ohne Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel) seit April 2010 im Euro-Raum von 0,8% auf 1,5% anzog, erhöhte sie sich in Österreich wesentlich stärker von 1,0% auf 3,1%. Im Juli weitete sich diese Differenz gegenüber dem Euro-Raum neuerlich aus (auf +1,6 Prozentpunkte). Diese Abweichung lässt sich in erster Linie auf die weit überdurchschnittliche Verteuerung von Dienstleistungen zurückführen (Österreich +3,7%, Euro-Raum +2,0%), die 0,9 Prozentpunkte zum Inflationsdifferential beitrug. 0,4 Prozentpunkte des Inflationsdifferentials gingen auf den Bereich Bekleidung und Schuhe zurück (Österreich +3,6%, Euro-Raum 2,6%).

 

Methodische Hinweise und Kurzglossar

Periodenvergleiche

Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Reale und nominelle Größen

Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich

Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI

Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone (siehe auch http://www.statistik.at/).

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest

Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit (http://www.itkt.at/). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote

Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote

Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenz- und Zivildiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

 

 

Global Economy is Slowing Summary

Global economic activity has been slowing in recent months. Economic growth in the USA and in Europe was subdued in the second quarter, and activity in Asia was also less buoyant. Against this background, concerns about the high levels of sovereign debt of some industrialised countries increased; this sparked financial market tensions.

The global economy has continued to lose momentum recently. In the USA, quarter-on-quarter economic growth remained subdued at 0.2 percent in the second quarter (first quarter +0.1 percent). This, in turn, delays the solution of structural problems: the unemployment rate stood unchanged at 9.1 percent in August, only 0.5 percentage point below the year-earlier level. Expectations concerning the development of economic activity in the USA in the second half of the year are muted also because of the high levels of private household debt and increased uncertainty surrounding the outlook for the country's finances.

The euro area economy likewise expanded at a quarter-on-quarter rate of only 0.2 percent in the second quarter (first quarter +0.8 percent). All the large economies virtually stagnated. The most recent survey evidence points to only sluggish growth also here in the second half of the year. After declining for several months, production expectations in industry deteriorated further in August. Consumer confidence has also weakened considerably recently, following the turmoil in the financial markets and increasing concerns regarding the state of government finance in some countries.

For the first time since the 2008-09 financial market crisis, Asia's emerging economies also saw economic activity weaken markedly: in the second quarter, quarter-on-quarter industrial production growth slowed to a mere 0.7 percent (first quarter +4.0 percent), while imports fell by 2.5 percent (first quarter +5.2 percent). However, this development is strongly influenced by the economic consequences of the environmental disasters in Japan; it remains to be seen whether or not a recovery will occur in the third quarter.

The more unfavourable economic outlook, the controversial debate about the government debt ceiling in the USA, and the debt crisis in the euro area created high uncertainty in financial markets in August. Following a severe decline the Dow Jones Index fell by around 10 percent from the peak in July, the DAX by around 25 percent stock prices stabilised for the time being towards the end of the month.

The brisk growth rate of the Austrian economy in the second quarter (+1.0 percent in real terms quarter-on-quarter) clearly stands out against the majority of countries in the euro area. The WIFO Business Cycle Survey indicates, however, that Austria's economy will very likely not be able to elude the cooling of global economic activity in the third quarter. While manufacturers have recently continued to give a positive assessment of current order books, leading indicators (production expectations, business situation in six months' time) have been declining markedly for several months now and in August were close to their long-time averages. Civil engineering activity remains weak. Tourism sales from May to July were slightly below the year-earlier level.

In July and August 2011, active employment stagnated on a seasonally adjusted month-on-month basis. The seasonally adjusted unemployment rate according to the Austrian method of calculation rose marginally to 6.8 percent in August. Vacancies have declined in recent months, while the number of unemployed persons has again risen slightly.

As economic activity slows down, the upward pressure on prices in commodity markets is easing. Still, the annual rate of inflation in the industrialised countries continues to be determined by the commodity price boom. In the euro area, inflation as measured by the harmonised index of consumer prices (HICP) reached 2.5 percent in July 2011. Inflation excluding energy and unprocessed food (core inflation) fell to 1.5 percent in July (June 1.8 percent). In Austria, HICP inflation stood at 3.8 percent in July (3.5 percent, as measured by the national CPI). HICP core inflation was 3.1 percent, exceeding the euro area average by 1.6 percentage points.