WIFO

 

Aufschwung verstärkt sich, Risiken nehmen zu

 

Prognose für 2011 und 2012

 

Der Aufschwung hält in Österreich an. Dank des kräftigen Wachstums der Weltwirtschaft nimmt die Ausfuhr rasch zu. Der Exportaufschwung greift mittlerweile auch auf die Investitionen über: Die Ausrüstungsinvestitionen wachsen im Prognosezeitraum merklich. Die kurzfristigen Konjunkturindikatoren lassen eine Fortsetzung dieser Entwicklung im 1. Halbjahr 2011 erwarten. Danach wird sich die Expansion parallel zur Weltwirtschaft etwas abschwächen; die Verteuerung von Rohstoffen und Energie und die restriktivere Ausrichtung der Wirtschaftspolitik in den Industrie- und Schwellenländern dämpfen das Wachstum. Im weiteren Verlauf dürfte es sich jedoch wieder beschleunigen. Für Österreich erwartet das WIFO 2011 ein Wirtschaftswachstum von 2,5% und 2012 von 2,0%. Das größte Risiko für die Konjunktur liegt derzeit im Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise, der sich erheblich auf die Weltwirtschaft auswirken könnte.

 

Die Konjunkturprognose entsteht jeweils in Zusammenarbeit aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des WIFO. • Wissenschaftliche Assistenz: Nora Popp, Roswitha Übl • Abgeschlossen am 30. März 2011. • E-Mail-Adresse: Stefan.Ederer@wifo.ac.at

 

INHALT

Kräftige Weltkonjunktur mit wachsenden Risiken

Wachstum hält in den USA an

Verhaltene Konjunkturerholung in der EU

Internationale Risiken nehmen zu

Aufschwung setzt sich in Österreich fort

Exporte steigen weiter kräftig

Starke Industriekonjunktur erhöht Investitionsbereitschaft

Bauwirtschaft stagniert weiter

Konsum und Einkommen weiter schwach

Gute Konjunktur verbessert Arbeitsmarktlage

Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise erhöht Inflation

Gute Konjunktur und Budgetkonsolidierung verringern Budgetdefizit, neue Verbuchungsvorschrift verschlechtert Saldo

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

Übersicht 1: Hauptergebnisse der Prognose. 4

Übersicht 2: Annahmen über die internationale Konjunktur 6

Übersicht 3: Entwicklung der Bruttowertschöpfung. 11

Übersicht 4: Entwicklung der Nachfrage. 12

Übersicht 5: Produktivität 13

Übersicht 6: Konsum, Einkommen und Preise. 15

Übersicht 7: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit 16

Übersicht 8: Arbeitsmarkt 17

Übersicht 9: Wirtschaftspolitische Bestimmungsfaktoren. 19

Abbildung 1: Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung und der Wirtschaftspolitik. 8

 

 

Das Wachstum der Weltwirtschaft beschleunigte sich Ende 2010 merklich. Nach einer Stagnationsphase expandierte der Welthandel wieder kräftig. Insbesondere die asiatischen Schwellenländer erhöhten ihre Importe markant und sind damit weiterhin der wichtigste Antrieb für die Expansion der Weltwirtschaft. Zwar versucht China wie auch andere Schwellenländer, durch Politikmaßnahmen eine Überhitzung der Konjunktur zu vermeiden. Zudem könnte sich der Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise dämpfend auf die Konjunktur auswirken. Die Wirtschaft der asiatischen Schwellenländer wird sich aber weiter dynamisch entwickeln und erheblich zum Wachstum der Weltwirtschaft beitragen. Insbesondere die Volkswirtschaften Lateinamerikas profitieren dagegen vom Anziehen der Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise und wachsen ebenfalls kräftig. Der beträchtliche Kapitalzufluss trieb dort allerdings zuletzt die Wechselkurse nach oben; dies dämpfte die Ausfuhr und erhöht das Risiko für Instabilitäten auf den Finanzmärkten. Insgesamt dürfte die Weltwirtschaft im 1. Halbjahr 2011 weiter stark expandieren. Danach zeichnet sich wegen des Anstiegs der Rohstoff- und Energiepreise sowie der generell restriktiveren Ausrichtung der Wirtschaftspolitik in vielen Ländern eine leichte Verlangsamung ab. 2012 wird sich die Expansion der Weltwirtschaft jedoch wieder beschleunigen.

In den USA expandiert die Wirtschaft unerwartet stark. Die Nachfrage wird vom Export, den Investitionen und den Ausgaben für dauerhafte Konsumgüter angetrieben. Die anhaltende Schwäche des Dollarkurses und die nach wie vor expansive Geld- und Fiskalpolitik unterstützen die Konjunktur. Schwachstellen bleiben die Situation auf dem Immobilienmarkt sowie die hohe private und öffentliche Verschuldung; die Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt liefert hingegen positive Impulse.

Im Euro-Raum dürfte die Wirtschaft auch im Prognosezeitraum nur mäßig expandieren. Die Spaltung in kräftig wachsende Volkswirtschaften und von Krise und Stagnation betroffene Länder vertieft sich weiter. Deutschland und eng mit der deutschen Wirtschaft verflochtene Volkswirtschaften werden anhaltend am internationalen Konjunkturaufschwung teilhaben. Irland und einige südeuropäische Länder hingegen verharren in der Rezession. Dies dämpft die Aussichten für die EU insgesamt.

In Österreich setzt sich der Aufschwung fort. Das lebhafte Wachstum in Deutschland brachte 2010 eine deutliche Ausweitung der Exporte mit sich. Die österreichische Industrie profitierte somit indirekt von der starken Expansion der Wirtschaft in den Schwellenländern. Allerdings deutet die Zunahme der Ausrüstungsinvestitionen in den vergangenen drei Quartalen auf einen Übergang des Exportaufschwungs auf die Investitionen hin. Diese Entwicklung sollte anhalten, die Konjunkturindikatoren lassen im 1. Halbjahr 2011 ein kräftiges Wachstum erwarten. In der zweiten Jahreshälfte wird sich diese Expansion parallel zur internationalen Konjunktur etwas verlangsamen. Für 2011 rechnet das WIFO mit einem Wirtschaftswachstum von +2,5%, für 2012 von +2,0%.

 

Übersicht 1: Hauptergebnisse der Prognose

 

 

 

 

 

 

 

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Bruttoinlandsprodukt

 

 

 

 

 

 

Real

+3,7

+2,2

3,9

+2,0

+2,5

+2,0

Nominell

+5,9

+4,1

3,1

+3,5

+4,5

+4,1

Sachgütererzeugung1), real

+8,5

+3,5

14,0

+6,6

+7,0

+5,5

Handel, real

+2,0

+0,9

1,4

+2,8

+1,3

+1,1

Private Konsumausgaben, real

+0,7

+0,5

+1,3

+1,0

+1,1

+1,1

Bruttoanlageinvestitionen, real

+3,9

+4,1

8,8

1,3

+2,6

+2,7

Ausrüstungen

+6,6

+7,5

14,5

+1,8

+5,5

+4,5

Bauten

+1,6

+1,6

6,0

3,4

±0,0

+1,0

Warenexporte2)

 

 

 

 

 

 

Real

+9,0

+0,3

18,7

+12,7

+8,8

+8,0

Nominell

+10,5

+2,5

20,2

+16,5

+11,0

+9,1

Warenimporte2)

 

 

 

 

 

 

Real

+7,6

+0,2

15,1

+10,9

+7,0

+6,7

Nominell

+9,6

+4,7

18,4

+16,3

+10,0

+8,3

Leistungsbilanzsaldo           Mrd. €

+9,62

+13,76

+7,98

+9,01

+11,12

+13,22

                in % des BIP

+3,5

+4,9

+2,9

+3,2

+3,7

+4,3

Sekundärmarktrendite3)      in %

4,3

4,4

3,9

3,2

3,6

3,8

Verbraucherpreise

+2,2

+3,2

+0,5

+1,9

+2,8

+2,4

Arbeitslosenquote

 

 

 

 

 

 

In % der Erwerbspersonen (Eurostat)4)

4,4

3,8

4,8

4,4

4,1

4,0

In % der unselbständigen Erwerbspersonen5)

6,2

5,9

7,2

6,9

6,4

6,3

Unselbständig aktiv Beschäftigte6)

+2,1

+1,7

1,5

+0,8

+1,6

+0,9

Finanzierungssaldo des Staates
(laut Maastricht-Definition)  in % des BIP

0,4

0,5

3,5

4,1

2,9

2,6

Einschließlich Finanzierungs-
beteiligung des Bundes7)              in % des BIP

.

.

.

.

3,4

3,0

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Nettoproduktionswert, einschließlich Bergbau. 2) Laut Statistik Austria. 3) Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren (Benchmark). 4) Labour Force Survey. 5) Arbeitslose laut Arbeitsmarktservice. 6) Ohne Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, ohne Präsenzdiener; Bruch 2007/08 wegen Umstellung in der Beschäftigtenstatistik. 7) Unter Berücksichtigung der (voraussichtlichen) Neuregelung der Verbuchung der Finanzierungsbeteiligung des Bundes an den Infrastrukturinvestitionen der ÖBB.

 

Wegen der Rohstoff- und Energieverteuerung beschleunigt sich die Inflation (VPI) 2011 erheblich auf +2,8%; etwa 0,4 Prozentpunkte davon sind auf die Anhebung indirekter Steuern im Zuge der Budgetkonsolidierung zurückzuführen. 2012 fallen diese Effekte wieder weitgehend weg; die Lohnsteigerung dürfte dann allerdings etwas höher ausfallen als 2011. Die Inflationsrate wird daher im Jahr 2012 2,4% betragen.

Die Konsumausgaben der privaten Haushalte nehmen im Prognosezeitraum wegen der schwachen Einkommensentwicklung nur mäßig zu. Aufgrund der höheren Inflation werden die Reallöhne pro Kopf 2011 sogar sinken; erst 2012 dürften sie wieder etwas steigen. Auf dem Arbeitsmarkt schlägt sich die Konjunkturerholung allerdings merklich nieder: Die Beschäftigung dürfte auch im Prognosezeitraum deutlich ausgeweitet werden, sodass die Zahl der Arbeitslosen zurückgeht. Sie bleibt jedoch über ihrem Vorkrisenniveau. Nach nationaler Berechnungsmethode wird die Arbeitslosenquote bis 2012 auf 6,3% der unselbständigen Erwerbspersonen sinken, laut Eurostat-Definition auf 4,0% der Erwerbspersonen.

Die gute Konjunktur und die Konsolidierungsmaßnahmen verbessern den Finanzierungssaldo der öffentlichen Haushalte. Die zu erwartende Einrechnung von Finanzierungszuschüssen des Bundes zu Infrastrukturausgaben der ÖBB erhöht jedoch das Defizit. Nimmt man diese Entscheidung über die Berechnungsmethode vorweg, dann dürfte der Finanzierungssaldo der öffentlichen Haushalte 2011 3,4% des BIP und 2012 3% betragen.

Die größten Risiken für die Konjunktur gehen derzeit vom Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise, von der Krise in Japan und der anhaltend labilen Lage im Finanz- und Bankensystem aus. Die vorliegende Prognose unterstellt, dass die Rohölpreise und die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel im Jahresverlauf wieder sinken. Eine weitere Rohstoffpreishausse, ausgelöst durch eine Verschärfung der Krise im arabischen Raum, könnte die Expansion der Weltwirtschaft erheblich bremsen. Auch die Folgen der Japan-Krise sind derzeit noch nicht abschätzbar. Wenn sich der jüngste Anstieg der Zinssätze auf Staatsanleihen im Euro-Raum fortsetzt und auf weitere Länder ausweitet, könnte das die Situation der öffentlichen Haushalte in diesen Ländern verschärfen und die Regierungen zu weiteren Sparmaßnahmen zwingen, die die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Euro-Raum zusätzlich dämpfen. Dies könnte auch das Finanz- und Bankensystem beeinträchtigen und die Stabilität der Währungsunion gefährden.

Kräftige Weltkonjunktur mit wachsenden Risiken

Die Weltwirtschaft wächst kräftig, getragen von der robusten Konjunktur der asiatischen Schwellenländer. In den USA expandiert die Nachfrage stetig; dazu trägt auch die anhaltend expansive Wirtschaftspolitik bei. Hingegen bleibt die Erholung in der EU insgesamt sehr verhalten. Die wichtigsten Risiken für die Weltkonjunktur bestehen im Anziehen der Energie- und Rohstoffpreise, in der Krise in Japan, der anhaltend labilen Lage im Finanz- und Bankensystem sowie in zusätzlich dämpfenden Effekten durch die restriktivere Ausrichtung der Fiskalpolitik in den Industrieländern.

Die Weltkonjunktur zog Ende 2010 kräftig an. Im IV. Quartal wuchs der Welthandel laut Centraal Planbureau (CPB) gegenüber dem Vorquartal saisonbereinigt real um 2,3%. Nach einer kontinuierlichen Verlangsamung im Jahresverlauf 2010 und einer annähernden Stagnation im III. Quartal belebte er sich damit wieder merklich. Die Importnachfrage der asiatischen Schwellenländer stieg beträchtlich und war damit weiterhin der wichtigste Antrieb für die Expansion der Weltwirtschaft. Die Einfuhr der Industrieländer nahm hingegen nur mäßig zu.

In China erhöhte sich das BIP im Jahr 2010 real um gut 10%. Dazu trug in erheblichem Ausmaß die hohe Dynamik der Investitionsnachfrage bei. Die Überhitzungserscheinungen auf den Immobilien- und Aktienmärkten flauten etwas ab, hingegen beschleunigte sich der Preisauftrieb auf Konsumentenebene; die Inflationsrate betrug zuletzt knapp 5%. Die chinesische Geldpolitik reagierte auf diese Entwicklung mit der schrittweisen Anhebung der Zins- und Mindestreservesätze. Dies wird zu einer leichten Abschwächung des gesamtwirtschaftlichen Wachstums auf 9½% im Jahr 2011 und 9% im Jahr 2012 beitragen.

 

Übersicht 2: Annahmen über die internationale Konjunktur

 

 

 

 

 

 

 

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Bruttoinlandsprodukt, real

 

 

 

 

 

 

Welt

+5,3

+2,8

0,6

+5,0

+4,2

+4,4

USA

+1,9

±0,0

2,6

+2,8

+2,9

+3,0

Japan

+2,4

1,2

6,3

+3,9

+1,0

+2,0

EU 27

+3,0

+0,5

4,2

+1,8

+1,7

+1,7

Euro-Raum (16 Länder)1)

+2,9

+0,4

4,1

+1,7

+1,5

+1,5

Deutschland

+2,7

+1,0

4,7

+3,6

+2,7

+1,8

Neue EU-Länder2)

+6,0

+4,1

2,9

+2,3

+2,8

+3,8

China

+14,2

+9,6

+9,2

+10,3

+9,5

+9,0

Welthandel, real

+7,4

+2,5

13,0

+15,1

+8,0

+8,5

Marktwachstum Österreichs3)

+7,1

+3,3

13,0

+12,6

+8,5

+7,8

 

 

 

 

 

 

 

Weltmarkt-Rohstoffpreise4)

+2,6

+21,7

30,4

+36,4

+23

+5

Ohne Rohöl

+8,1

+9,5

23,6

+38,4

+18

+9

Erdölpreis             Brent, $ je Barrel

72,5

97,0

61,5

79,5

100

100

Wechselkurs5)      $ je Euro

1,371

1,471

1,393

1,327

1,35

1,30

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien, Zypern. 2) Bulgarien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechien, Ungarn. 3) Veränderungsrate der realen Importe der Partnerländer gewichtet mit österreichischen Exportanteilen. 4) HWWI-Index, auf Euro-Basis. 5) Monatsdurchschnitte.

 

Auch in Indien und den ostasiatischen Schwellenländern wird die Konjunktur dynamisch bleiben. Als dämpfend könnte sich in dieser Region vor allem der Anstieg der Nahrungsmittelpreise erweisen, der großen Einfluss auf die Konsumnachfrage hat. Viele lateinamerikanische Schwellenländer profitieren hingegen als Rohstoffproduzenten vom Anziehen der Notierungen auf den Weltmärkten. Dies spricht zusammen mit der robusten Konsumnachfrage für eine Fortsetzung des kräftigen Wirtschaftswachstums. Der lebhafte Kapitalzufluss treibt allerdings die Wechselkurse nach oben, besonders in Brasilien. Dies bremst die Dynamik der Ausfuhr und macht die Wirtschaft anfällig für Instabilitäten der internationalen Finanzmärkte. In Russland zieht der Anstieg der Rohölpreise eine Ausweitung der Investitionen und der Konsumnachfrage der privaten Haushalte ebenso nach sich wie eine beträchtliche Erhöhung der Staatseinnahmen.

Die japanische Wirtschaft expandiert mäßig. Das Wachstum wurde bislang vor allem vom Export getragen, während die Schwäche der Inlandsnachfrage anhält. Nach dem schweren Erdbeben, der dadurch ausgelösten Flutwelle und dem Reaktorunfall in Fukushima sind vorübergehende Produktionsausfälle zu erwarten, die das Wirtschaftswachstum vor allem im 1. Halbjahr 2011 drücken. Das Ausmaß der Dämpfung kann derzeit allerdings noch nicht abgeschätzt werden. Der anschließende Wiederaufbau wirkt expansiv. Vor diesem Hintergrund könnte das BIP im Jahr 2011 real um 1% und 2012 um 2% zunehmen.

Wachstum hält in den USA an

In den USA stieg das BIP im IV. Quartal 2010 gegenüber dem Vorquartal real um 0,8%. Die Wirtschaft wuchs damit das zweite Quartal in Folge relativ stark. Die Industrieproduktion expandiert stetig, sie profitiert sowohl vom Export als auch von der Nachfrage der privaten Haushalte nach dauerhaften Konsumgütern. Die wichtigste Schwachstelle der Konjunktur bleibt der Immobiliensektor. Nach drei Jahren rückläufiger Entwicklung sinken die Hauspreise zwar nicht weiter, der private Wohnbau und der Wirtschaftsbau beleben sich etwas, eine merkliche Erholung zeichnet sich aber nicht ab. Dies belastet nicht nur die Bauwirtschaft, sondern durch anhaltende Kreditausfälle auch die Banken.

Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte wird auch von der langsamen Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt gestützt: Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote war im Februar mit 8,9% der Erwerbspersonen um mehr als 1 Prozentpunkt niedriger als zum Höchststand im Oktober 2009, allerdings noch um mehr als 4 Prozentpunkte höher als vor der Rezession. Eine wichtige Konjunkturstütze ist die anhaltend expansive Geld- und Fiskalpolitik. Die Zinssätze bleiben niedrig, die Budgetpolitik schwenkt vorerst nicht auf einen Konsolidierungskurs ein. Somit dürfte das BIP in den Jahren 2011 (real +2,9%) und 2012 (+3,0%) ähnlich rasch expandieren wie 2010.

Verhaltene Konjunkturerholung in der EU

Die Konjunktur verläuft in der EU zweigeteilt. In einer Gruppe von stark exportorientierten Ländern, darunter Deutschland, die Niederlande, Österreich, die skandinavischen Länder, Tschechien und die Slowakei, die über einen großen und wettbewerbsfähigen produzierenden Sektor verfügen, nahm die Wirtschaftsleistung bereits 2010 kräftig zu. Hingegen konnte in Irland und einigen südeuropäischen Ländern die Rezession nicht überwunden werden, vielfach verschärfte sie sich sogar noch. Diese Divergenz weitet sich nun aus. Die Wirtschaft des Euro-Raumes wächst daher insgesamt nur mäßig.

Die Zweiteilung des Konjunkturverlaufs innerhalb des Euro-Raumes ist das Ergebnis einer sehr unterschiedlichen Nachfrageentwicklung vor und nach der Krise. In Deutschland und anderen exportorientierten Volkswirtschaften war seit dem Eintritt in die Wirtschafts- und Währungsunion der Außenhandel der Konjunkturmotor; die nominellen Lohnstückkosten und die Verbraucherpreise stiegen verhalten, und die preisliche Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den anderen Ländern des Euro-Raumes verbesserte sich merklich. Der schwache Anstieg der verfügbaren Einkommen und die relativ hohen Realzinssätze dämpften jedoch die Inlandsnachfrage. In Irland und Südeuropa hingegen erhöhten sich die Lohnstückkosten und die Verbraucherpreise zwischen 1999 und 2007 kräftig, sodass die Realzinssätze niedrig waren und die Inlandsnachfrage lebhaft zunahm. Besonders in Irland und Spanien wurde der Bausektor deutlich ausgeweitet, und eine Immobilienpreisblase entstand; gleichzeitig verschlechterte sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit kontinuierlich. Nach dem Platzen der Immobilienpreisblasen und dem Ausbruch der Finanzmarktkrise dämpfte die hohe (private und öffentliche) Verschuldung in Irland und Südeuropa die Konsum- und Investitionsnachfrage. Wegen der eingeschränkten Wettbewerbsfähigkeit und der jahrelangen Vernachlässigung der Exportindustrie konnte die Wirtschaft am internationalen Konjunkturaufschwung nur abgeschwächt teilhaben.

 

Abbildung 1: Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung und der Wirtschaftspolitik

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Ohne Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, ohne Präsenzdiener, ohne in der Beschäftigungsstatistik erfasste Arbeitslose in Schulung; Bruch 2007/08 wegen Umstellung in der Beschäftigtenstatistik. 2) Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren (Benchmark).

 

In den exportorientierten Ländern brach in der Krise vor allem die Ausfuhr ein. Dort setzte jedoch bereits in der zweiten Jahreshälfte 2009 eine Erholung ein, die so dynamisch war, dass das BIP in manchen Ländern Ende 2010 das Niveau vor der Krise wieder erreichte. Die Binnennachfrage blieb dort während der Rezession relativ stabil, trug jedoch auch nur wenig zur Konjunkturerholung bei.

Im Euro-Raum kommt der Aufschwung nach der tiefen Rezession nur langsam voran. Die Wirtschaft wächst 2011 und 2012 real jeweils um nur 1½%. Die Zweiteilung der Konjunktur dürfte auch im Prognosezeitraum fortbestehen: Die exportorientierte Ländergruppe profitiert weiterhin von der starken Nachfrage aus den asiatischen Schwellenländern und vom regen Welthandel, während die südeuropäischen Länder und Irland unverändert unter den unmittelbaren Krisenfolgen und den dämpfenden Effekten der Konsolidierungspolitik leiden und nicht aus der Rezession finden.

In der EU wird das BIP in den Jahren 2011 und 2012 real jeweils um nur etwa 1¾% wachsen. Während die Wirtschaft in den skandinavischen und osteuropäischen EU-Ländern, die noch nicht an der Währungsunion teilnehmen, überdurchschnittlich expandiert, bleibt der Anstieg in Großbritannien aufgrund des geplanten Sparkurses der öffentlichen Hand verhalten. Insgesamt kommen die Auftriebskräfte in der EU vor allem vom Welthandel und der Expansion in den asiatischen Schwellenländern. Die Erholung bleibt damit zu schwach, um Arbeitslosigkeit und Budgetdefizite von ihrem krisenbedingten Niveau deutlich zu senken.

Internationale Risiken nehmen zu

Die Risiken für den Aufschwung der Weltwirtschaft sind zahlreich. In den letzten Monaten verteuerten sich die Rohstoffe empfindlich. Die Weltmarktnotierung von Rohöl stieg Anfang März, vor allem wegen der Unruhen im arabischen Raum, auf über 115 $ je Barrel Brent. Noch stärker erhöhten sich zuletzt aufgrund der anhaltend kräftigen weltweiten Nachfrage und mehrerer Missernten die Preise von Nahrungsmitteln, vor allem Getreide. Auch die Preise metallischer Rohstoffe ziehen erheblich an. Die Verteuerung der Rohstoffe schlägt in den Industrie- und den Schwellenländern bereits auf die Verbraucherpreise durch. Dies zieht auch eine Schwächung der Konsumnachfrage und eine Dämpfung des Wirtschaftswachstums nach sich. Eine weitere Rohstoffpreishausse würde diesen Effekt verstärken.

Latente Risiken gehen nach wie vor vom Finanz- und Bankensystem aus. Sie werden in Europa von der Staatsschuldenkrise, in den USA von der labilen Lage der Immobilienmärkte genährt. Akuter sind die Risiken, die sich aus dem beginnenden Kurswechsel der bisher sehr expansiven Wirtschaftspolitik in den Industrieländern ergeben. Vor allem in der EU setzt die Budgetpolitik in einigen Ländern bereits 2011 Konsolidierungsmaßnahmen, die merklich dämpfende Effekte nach sich ziehen.

Aufschwung setzt sich in Österreich fort

Der exportgetriebene Aufschwung hat in Österreich mittlerweile auf die Investitionen übergegriffen und kann damit selbsttragend werden. Die Konsum- und Einkommensentwicklung bleibt jedoch schwach. 2011 dürfte die Wirtschaft um 2,5% und 2012 um 2,0% wachsen.

In Österreich expandierte die Wirtschaft 2010 kräftig. Nach +1,1% im III. Quartal stieg das BIP im IV. Quartal gegenüber der Vorperiode neuerlich um 0,8%. Das Wachstum wurde bislang in erster Linie von den Exporten getragen; seit nunmehr drei Quartalen werden jedoch auch die Ausrüstungsinvestitionen kräftig ausgeweitet. Der Exportaufschwung hat damit, wie es in einer Expansionsphase in Österreich üblich ist, auf die Investitionen übergegriffen und kann damit selbsttragend werden.

Die kurzfristigen Konjunkturindikatoren deuten auf eine neuerliche starke Expansion der österreichischen Wirtschaft im 1. Halbjahr hin. Exporte, Ausrüstungsinvestitionen und Sachgütererzeugung werden weiterhin kräftig wachsen. Ab der Jahresmitte dürfte sich der Aufschwung jedoch etwas verlangsamen, denn das Nachlassen der weltweiten Expansion, der Anstieg der Erdölpreise und die Schwäche der Konjunktur im Euro-Raum belasten die Erholung. Im Laufe des Jahres 2012 dürfte sich das Wachstum wieder leicht beschleunigen.

Die Konsumausgaben der privaten Haushalte und die Wertschöpfung des Handels wachsen nur mäßig. Insbesondere aufgrund des Anziehens der Inflation bleibt die reale Einkommensentwicklung äußerst schwach. Die Bauwirtschaft kann sich im Prognosezeitraum nicht aus der Krise lösen. 2011 dürfte die österreichische Wirtschaft um 2,5% wachsen; für 2012 rechnet das WIFO mit einer Expansion von 2,0% gegenüber dem Vorjahr.

Mit dem guten Konjunkturverlauf steigt auch die Beschäftigung. Die Arbeitslosenquote dürfte merklich zurückgehen, bleibt jedoch über ihrem Vorkrisenniveau. Auch der Finanzierungssaldo der öffentlichen Haushalte verbessert sich; allerdings erhöht die zu erwartende Einrechnung der Finanzierungszuschüsse des Bundes zu Infrastrukturinvestitionen der ÖBB das Defizit.

Der Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise schlägt auf die Verbraucherpreise durch, die Inflation zieht im Prognosezeitraum beträchtlich an. 2011 steigt die Jahresinflationsrate, gemessen am VPI, auf 2,8%, 2012 fällt sie mit 2,4% etwas niedriger aus.

 

Übersicht 3: Entwicklung der Bruttowertschöpfung

Zu Herstellungspreisen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2009

2010

2011

                2012

2009

2010

2011

2012

 

Mrd. € (Referenzjahr 2005)

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Real (berechnet auf Basis von Vorjahrespreisen)

 

 

 

 

 

 

Land- und Forstwirtschaft

3,94

3,94

3,94

3,94

4,3

+0,1

±0,0

±0,0

Sachgütererzeugung und Bergbau1)

45,85

48,90

52,32

55,20

14,0

+6,6

+7,0

+5,5

Energie- und Wasserversorgung

5,28

5,23

5,36

5,46

+5,8

1,0

+2,5

+2,0

Bauwesen

15,04

14,08

14,08

14,22

5,4

6,4

±0,0

+1,0

Handel2)

29,34

30,16

30,55

30,89

1,4

+2,8

+1,3

+1,1

Beherbergungs- und Gaststättenwesen

10,69

10,50

10,52

10,71

2,5

1,9

+0,2

+1,8

Verkehr und Nachrichtenübermittlung

14,07

14,17

14,53

14,74

9,1

+0,7

+2,5

+1,5

Kreditinstitute und Versicherungen

15,05

16,44

17,26

17,95

+5,8

+9,2

+5,0

+4,0

Grundstücks- und Wohnungswesen3)

43,92

44,86

45,98

46,53

2,5

+2,1

+2,5

+1,2

Öffentliche Verwaltung4)

13,39

13,58

13,58

13,58

+0,2

+1,4

±0,0

±0,0

Sonstige Dienstleistungen

35,37

35,96

36,32

36,68

0,5

+1,7

+1,0

+1,0

Wertschöpfung der Wirtschaftsbereiche5)

232,20

237,43

243,68

248,88

4,3

+2,3

+2,6

+2,1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt

257,07

262,11

268,71

274,11

3,9

+2,0

+2,5

+2,0

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Einschließlich Gewinnung von Steinen und Erden. 2) Einschließlich Reparatur von Kfz und Gebrauchsgütern. 3) Einschließlich Vermietung beweglicher Sachen und Erbringung von unternehmensbezogenen Dienstleistungen. 4) Einschließlich Landesverteidigung und Sozialversicherung. 5) Vor Abzug der Gütersubventionen und vor Zurechnung der Gütersteuern.

 

Exporte steigen weiter kräftig

Die rasche Expansion der Weltwirtschaft bringt eine anhaltend starke Zunahme der Ausfuhr mit sich. Unterstützt wird die Exportdynamik durch die guten Wachstumsaussichten in Deutschland und Ostmitteleuropa und durch die Entwicklung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit.

2010 war das Wirtschaftswachstum vorwiegend exportgetrieben. Die österreichischen Güterexporte stiegen gegenüber dem Vorjahr real um 12,6%, getragen überwiegend von der Nachfrage aus Deutschland und von außerhalb der EU. Österreichische Unternehmen profitierten damit in erster Linie indirekt von der raschen Expansion in den Schwellenländern, indem sie die exportorientierte deutsche Industrie belieferten. In der zweiten Jahreshälfte entwickelte sich auch die Ausfuhr in die Schweiz, nach Russland und in die USA günstig. Die starke Dynamik der Exporte schwächte sich im IV. Quartal allerdings ab, der Zuwachs betrug real saisonbereinigt nur mehr 1% gegenüber dem Vorquartal. Dies spiegelt in erster Linie das mäßige Wirtschaftswachstum im IV. Quartal in Deutschland wider.

Die Ausfuhr wird dank guter Wachstumsperspektiven wichtiger Exportmärkte, insbesondere in Deutschland und in Ostmitteleuropa, auch im Prognosezeitraum deutlich zunehmen. Die Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests vom März belegen die günstigen Aussichten für die Außenwirtschaft: Die Beurteilung der Auftragsbestände aus dem Ausland ist sehr positiv. Entsprechend dem Verlauf der internationalen Konjunktur wird die Exportnachfrage im 2. Halbjahr 2011 etwas abflachen. In Ostmitteleuropa sollten die Märkte 2012 allerdings wieder stärker wachsen und damit eine wichtigere Rolle für den österreichischen Export spielen als 2011. Die gute preisliche Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Anbieter wird geringfügige Marktanteilsgewinne ermöglichen. 2011 dürften die Warenexporte real um 8,8%, 2012 um 8,0% steigen.

Die gute Konjunktur bewirkt auch eine deutliche Ausweitung der Importe. Insbesondere das Anziehen der Exporte und Ausrüstungsinvestitionen dürfte im Prognosezeitraum dazu beitragen. Auch bedeutet der Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise eine nominelle Zunahme der Importe. Dieser Effekt kehrt sich jedoch im Laufe des Jahres 2011 um, die Prognose unterstellt einen geringfügigen Rückgang der Rohölpreise bis zum Jahresende. Zugleich wird angenommen, dass der Wechselkurs des Euro gegenüber dem Dollar sinkt. Die schwache Konsumnachfrage, insbesondere nach dauerhaften Konsumgütern, dämpft die Importentwicklung. Der Überschuss in der Handelsbilanz wird sich daher im Prognosezeitraum ausweiten.

 

Übersicht 4: Entwicklung der Nachfrage

Zu Herstellungspreisen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2009

2010

2011

2012

2009

2010

2011

2012

 

Mrd. € (Referenzjahr 2005)

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Real (berechnet auf Basis von Vorjahrespreisen)

 

 

 

 

 

 

Konsumausgaben insgesamt

189,03

189,17

191,20

193,25

+1,1

+0,1

+1,1

+1,1

Private Haushalte1)

139,62

140,99

142,53

144,10

+1,3

+1,0

+1,1

+1,1

Staat

49,41

48,23

48,72

49,20

+0,4

2,4

+1,0

+1,0

Bruttoinvestitionen

53,40

55,42

57,53

59,08

12,7

+3,8

+3,8

+2,7

Bruttoanlageinvestitionen

53,05

52,38

53,75

55,20

8,8

1,3

+2,6

+2,7

Ausrüstungen

20,94

21,33

22,50

23,52

14,5

+1,8

+5,5

+4,5

Bauten

27,22

26,30

26,30

26,56

6,0

3,4

±0,0

+1,0

Inländische Verwendung

242,58

244,43

248,37

251,99

2,2

+0,8

+1,6

+1,5

Exporte

130,86

145,05

155,76

165,91

16,1

+10,8

+7,4

+6,5

Reiseverkehr

12,16

12,46

12,46

12,71

3,3

+2,5

±0,0

+2,0

Minus Importe

116,86

127,65

135,48

143,64

14,4

+9,2

+6,1

+6,0

Reiseverkehr

5,13

5,07

5,07

5,17

+4,3

1,1

±0,0

+2,0

Bruttoinlandsprodukt

257,07

262,11

268,71

274,11

3,9

+2,0

+2,5

+2,0

Nominell

274,32

284,00

296,87

309,19

3,1

+3,5

+4,5

+4,1

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.

Starke Industriekonjunktur erhöht Investitionsbereitschaft

Die Sachgütererzeugung profitiert erheblich von der starken Exportdynamik. Die gute Industriekonjunktur steigert die Investitionsbereitschaft der Unternehmen, eine deutliche Ausweitung der Ausrüstungsinvestitionen ist die Folge.

Vom Konjunkturaufschwung profitierte bislang vor allem die Sachgütererzeugung. 2010 nahm die Wertschöpfung in diesem Bereich gegenüber dem Vorjahr um 6,7% zu. Die Sachgütererzeugung war allerdings auch von der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise am meisten betroffen gewesen.

Die Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests von März deuten auf ein Anhalten der raschen Expansion hin, die Beurteilung der Auftragslage verbesserte sich kontinuierlich. Auch die Erwartungen hinsichtlich Produktion und künftiger Geschäftslage sind äußerst positiv. Seit Mitte 2010 stieg die Beschäftigtenzahl in der Sachgütererzeugung kräftig. Die Produktion der Sachgütererzeugung wird auch im Prognosezeitraum deutlich ausgeweitet. Der Sektor wird zwar von der Verlangsamung der Exportkonjunktur in der zweiten Jahreshälfte betroffen sein, die Wertschöpfung dürfte jedoch 2011 um 7,0% zunehmen. Für 2012 rechnet das WIFO mit einer Steigerung von 5,5%.

 

Übersicht 5: Produktivität

 

 

 

 

 

 

 

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Gesamtwirtschaft

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt, real

+3,7

+2,2

3,9

+2,0

+2,5

+2,0

Erwerbstätige1)

+1,7

+2,2

0,8

+0,8

+1,4

+0,7

Produktivität (BIP je Erwerbstätigen)

+2,0

0,0

3,1

+1,1

+1,1

+1,3

 

 

 

 

 

 

 

Sachgütererzeugung

 

 

 

 

 

 

Produktion2)

+8,7

+3,5

14,3

+6,7

+7,0

+5,5

Beschäftigte3)

+2,6

+1,7

5,3

1,3

+1,2

±0,0

Stundenproduktivität4)

+6,3

+2,3

6,1

+5,1

+4,7

+5,2

Geleistete Arbeitszeit je Beschäftigten5)

0,3

0,5

3,6

+2,8

+1,0

+0,3

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Unselbständige (Beschäftigungsverhältnisse) und Selbständige laut Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung. 2) Nettoproduktionswert, real. 3) Laut Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. Bruch 2007/08 wegen Umstellung der Wirtschaftsklassifikation auf ÖNACE 2008, 2008: WIFO-Schätzung. 4) Produktion je geleistete Beschäftigtenstunde. 5) Laut Konjunkturerhebung von Statistik Austria.

 

Aufgrund der guten Industriekonjunktur erhöht sich auch die Investitionsbereitschaft der Unternehmen wieder. Die Ausrüstungsinvestitionen wachsen seit nunmehr drei Quartalen. Insgesamt nahmen sie 2010 jedoch gegenüber dem Vorjahr um nur 1,8% zu und lagen damit noch um fast 9% unter dem Vorkrisenniveau. Das Übergreifen der Exportkonjunktur auf die Investitionen deutet darauf hin, dass sich der Aufschwung stabilisiert und selbsttragend wird. Dieses Muster entspricht dem üblichen Konjunkturverlauf in einer Erholungsphase in Österreich. Angesichts der guten Auftragslage und der hohen Kapazitätsauslastung wird sich die Bereitschaft der Unternehmen zu Erweiterungsinvestitionen verbessern. Das WIFO rechnet mit einer Steigerung der Ausrüstungsinvestitionen im Jahr 2011 um 5,5% und 2012 um 4,5%.

Bauwirtschaft stagniert weiter

Die Bauwirtschaft wird auch im Prognosezeitraum nur mäßig wachsen. Während im Hochbau positive Aussichten überwiegen, bleibt die Tiefbaukonjunktur schwach.

Die Bauwirtschaft wird nach einem Rückgang von 6,4% im Jahr 2010 auch 2011 nicht wachsen. Dies ergibt sich einerseits aus dem negativen Überhang aus dem Vorjahr und andererseits aus einer schwachen Tiefbaukonjunktur. Die Kürzung des Investitionsrahmenplanes des Bundes (bzw. die Verschiebung von Projekten) hat bereits 2011 und insbesondere ab 2012 stärker negative Effekte als bisher angenommen. Zwar wirken noch einige Maßnahmen aus den Konjunkturpaketen im Tiefbau nach, sie beschränken sich jedoch auf einzelne Subsparten (Eisenbahn). Auch von anderen Ebenen der öffentlichen Hand sind kaum Impulse für den Tiefbau (insbesondere den Straßenbau) zu erwarten. Die Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests und die aktuelle Auftragslage zeigen keine Hinweise auf Verbesserung.

Im Hochbau verbesserten sich die Auftragseingänge hingegen kontinuierlich. Die Prognose der Baubewilligungen wurde deshalb zuletzt nach oben revidiert. Eine neue Förderoffensive stellt für die thermische Sanierung bis 2014 jährlich 70 Mio. € für private Haushalte und 30 Mio. € für gewerbliche Gebäude zur Verfügung. Im Wohnbau sollte so der Ausfall von Wohnbaufördermitteln 2011 mehr als kompensiert werden. Der Hochbau wird daher im Prognosezeitraum deutlich besser abschneiden als der Tiefbau. Eine Stabilisierung des Wirtschaftswachstums ab 2012 dürfte die Bauwirtschaft positiv beeinflussen, unterstützt von einer günstigen Entwicklung von Arbeitsmarkt, Einkommen, Absatzmöglichkeiten und Finanzierungsbedingungen. Für 2012 rechnet das WIFO mit einer Zunahme der Wertschöpfung der Bauwirtschaft von 1%.

Konsum und Einkommen weiter schwach

Die Konsumausgaben der privaten Haushalte nehmen weiter nur mäßig zu. Ihre Steigerung wird durch die schwache Einkommensentwicklung gebremst.

Die Konsumausgaben der privaten Haushalte stabilisierten die Konjunktur in der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise. Der von Exporten und Investitionen getragene Aufschwung griff jedoch bisher nicht auf den privaten Konsum über. 2010 nahmen die Konsumausgaben um nur 1% zu. Diese Tendenz wird auch im Prognosezeitraum anhalten, 2011 und 2012 dürfte der private Konsum um jeweils gut 1% wachsen. Insbesondere die Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern wird sich weiter schwach entwickeln, in erster Linie wegen des Echoeffekts auf die umfangreichen Vorziehkäufe von Kfz im Jahr 2009 aufgrund der Verschrottungsprämie. Erst ab 2012 dürften die Ausgaben für dauerhafte Konsumgüter wieder etwas stärker zunehmen. Die Wertschöpfung des Handels bleibt aufgrund der geringen Konsumsteigerung ebenfalls gedrückt. Das WIFO rechnet mit einer Zunahme von etwas mehr als 1% in beiden Jahren.

Hintergrund dieser Situation ist die gedämpfte Zunahme der verfügbaren Realeinkommen im Prognosezeitraum. Die Bruttolöhne pro Kopf dürften 2011 zwar kräftiger steigen als im Vorjahr (+2,5%); aufgrund der deutlich höheren Inflation werden die Reallöhne 2011 allerdings neuerlich sinken. Die Lohnabschlüsse fielen im Herbst 2010 insbesondere im öffentlichen Dienst angesichts der damals niedrigen Inflationsrate mäßig aus. In der Bauwirtschaft wurde eine Anpassung der Löhne an die Preisentwicklung vereinbart, die aufgrund der deutlich höheren Preissteigerungen in den letzten Monaten etwas kräftigere Lohnzuwächse zur Folge haben dürfte. In den noch ausstehenden Verhandlungsrunden im Frühjahr wird die Inflationsbeschleunigung ebenfalls berücksichtigt werden. Zusätzlich gedämpft wird das Lohnwachstum durch den anhaltenden Trend zur Beschäftigung in Teilzeit und im Niedriglohnbereich, der eine weiterhin negative Lohndrift bewirkt; die Effektivlöhne steigen weniger stark als die Tariflöhne.

Die Prognose geht davon aus, dass die Abschlüsse angesichts der kräftigen Beschäftigungszuwächse und des damit einhergehenden Rückgangs der Arbeitslosigkeit sowie der Inflationsbeschleunigung in den Herbstlohnrunden höher ausfallen. 2012 dürften die Löhne und Gehälter pro Kopf daher nominell mit knapp +3% noch stärker wachsen; daher ergeben sich wieder leichte Reallohngewinne. Die privaten Haushalte dürften die insgesamt schwache Einkommensentwicklung im Prognosezeitraum durch einen geringfügigen Rückgang der Sparquote teilweise ausgleichen.

 

Übersicht 6: Konsum, Einkommen und Preise

 

 

 

 

 

 

 

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %, real

 

 

 

 

 

 

 

Private Konsumausgaben1)

+0,7

+0,5

+1,3

+1,0

+1,1

+1,1

Dauerhafte Konsumgüter

+2,6

+1,7

+5,2

1,0

+0,5

+1,0

Nichtdauerhafte Konsumgüter und Dienstleistungen

+0,5

+0,3

+1,0

+1,2

+1,2

+1,1

Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte

+2,3

+0,9

0,0

+0,0

+0,9

+0,9

 

 

 

 

 

 

 

 

In % des verfügbaren Einkommens

 

 

 

 

 

 

 

Sparquote der privaten Haushalte2)

11,6

11,8

11,1

10,0

9,9

9,7

Sparquote der privaten Haushalte3)

11,2

11,6

10,4

9,6

9,4

9,2

 

 

 

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Direktkredite an inländische Nichtbanken (Jahresendstände)

+3,6

+7,4

1,3

+2,9

+5,0

+4,8

 

 

 

 

 

 

 

 

In %

Inflationsrate

 

 

 

 

 

 

National

2,2

3,2

0,5

1,9

2,8

2,4

Harmonisiert

2,2

3,2

0,4

1,7

2,9

2,4

"Kerninflation"4)

1,9

2,4

1,5

1,2

2,2

2,2

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Private Haushalte einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck. – 2) Einschließlich Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche. 3) Ohne Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche 4) Ohne Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel (Fleisch, Fisch, Obst, Gemüse).

 

 

 

Übersicht 7: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

 

Löhne und Gehälter pro Kopf1)

 

 

 

 

 

 

Nominell, brutto

+3,1

+2,9

+1,5

+1,6

+2,5

+2,9

Real2)

 

 

 

 

 

 

Brutto

+0,9

0,3

+1,0

0,3

0,3

+0,5

Netto

+0,9

0,9

+2,7

0,6

0,6

+0,2

 

 

 

 

 

 

 

 Lohnstückkosten

 

 

 

 

 

 

Gesamtwirtschaft

+0,9

+2,7

+4,8

+0,4

+1,4

+1,6

Sachgütererzeugung

2,3

+1,1

+13,5

5,4

2,7

2,3

 

 

 

 

 

 

Effektiver Wechselkursindex Industriewaren

 

 

 

 

 

Nominell

+1,2

+1,1

+0,7

2,6

0,4

0,6

Real

+0,8

+0,6

+0,4

2,7

0,2

0,4

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Je Beschäftigungsverhältnis (laut VGR). 2) Deflationiert mit dem VPI.

 

Gute Konjunktur verbessert Arbeitsmarktlage

Die gute Konjunktur bringt eine deutliche Ausweitung der Beschäftigung mit sich. Dadurch sinkt die Arbeitslosenquote wieder merklich, bleibt jedoch über ihrem Vorkrisenwert.

Die gute Konjunktur verbessert die Lage auf dem Arbeitsmarkt merklich. Im Februar war die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten um 74.000 höher, die Zahl der Arbeitslosen um 21.000 niedriger als ein Jahr zuvor. Insbesondere im Jänner und Februar verlief die Entwicklung sehr günstig, die Beschäftigung stieg in allen Bereichen.

Die Fortsetzung des Aufschwungs lässt eine weitere Zunahme der Arbeitskräftenachfrage erwarten. Die leichte Dämpfung der Konjunktur im Jahresverlauf wird zwar auch den Beschäftigungsaufbau etwas verlangsamen; für 2011 und 2012 rechnet das WIFO mit einem Anstieg um 1,6% bzw. 0,9%. Zugleich sinkt die Arbeitslosenquote auf 6,4% (2011) und 6,3% (2012) der unselbständigen Erwerbspersonen bzw. 4,1% und 4,0% laut Eurostat-Definition. Die Zahl der Arbeitslosen übersteigt den Tiefstwert von 2008 damit aber noch um 17.500 bzw. einschließlich Schulungsteilnahmen um 30.000.

Auch das Arbeitskräfteangebot wächst deutlich. Die erwartete Einschränkung der öffentlichen Ausgaben für die aktive Arbeitsmarktpolitik, die Verlagerung der Bevölkerungsstruktur hin zu Altersgruppen mit hoher Erwerbsbeteiligung (45- bis 55-Jährige) und die Einführung der Mindestsicherung werden sich in einem Anstieg des Arbeitskräfteangebotes niederschlagen. Ein Unsicherheitsfaktor ist weiter die Öffnung des Arbeitsmarktes für Arbeitskräfte aus den neuen EU-Ländern. Diese wurde unter Berücksichtigung der zeitlichen Verteilung der Migrationsströme sowie von potentiellen Austausch- und Verdrängungseffekten in die Prognose einbezogen.

 

Übersicht 8: Arbeitsmarkt

 

 

 

 

 

 

 

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

 

Veränderung gegen das Vorjahr in 1.000

Nachfrage nach Arbeitskräften

 

 

 

 

 

 

Aktiv Erwerbstätige1)

+64,7

+66,0

44,0

+31,3

+58,0

+34,0

Unselbständig aktiv Beschäftigte1)2)

+65,5

+55,6

48,5

+25,5

+52,0

+29,0

Veränderung gegen das Vorjahr    in %

+2,1

+1,7

1,5

+0,8

+1,6

+0,9

Inländische Arbeitskräfte

+43,6

+31,1

43,0

+5,8

+21,0

+11,0

Ausländische Arbeitskräfte

+21,9

+24,5

5,5

+19,7

+31,0

+18,0

Selbständige3)

0,8

+10,4

+4,5

+5,8

+6,0

+5,0

 

 

 

 

 

 

 

Angebot an Arbeitskräften

 

 

 

 

 

 

Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter

 

 

 

 

 

 

15- bis 64-Jährige

+15,5

+27,7

+17,3

+25,7

+30,1

+16,9

15- bis 59-Jährige

+17,1

+17,6

+11,1

+12,0

+15,5

+16,7

Erwerbspersonen4)

+47,8

+56,0

+4,0

+21,8

+42,0

+29,0

 

 

 

 

 

 

 

Überschuss an Arbeitskräften

 

 

 

 

 

 

Vorgemerkte Arbeitslose5)

16,9

10,0

+48,1

9,5

16,0

5,0

Stand in 1.000

222,2

212,3

260,3

250,8

234,8

229,8

Arbeitslose in Kursmaßnahmen         in 1.000

52,7

50,5

64,1

73,2

65,2

63,2

Arbeitslosenquote

 

 

 

 

 

 

In % der Erwerbspersonen6)

4,4

3,8

4,8

4,4

4,1

4,0

In % der Erwerbspersonen5)

5,6

5,3

6,5

6,2

5,8

5,6

In % der unselbständigen Erwerbspersonen5)

6,2

5,9

7,2

6,9

6,4

6,3

Beschäftigungsquote

 

 

 

 

 

 

Aktiv Erwerbstätige1)7)

64,9

65,7

64,7

65,0

65,7

66,1

Erwerbstätige6)7)

71,4

72,1

71,6

71,7

72,2

71,4

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Ohne Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, ohne Präsenzdiener; Bruch 2007/08 wegen Umstellung in der Beschäftigtenstatistik . 2) Laut Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. 3) Laut WIFO, einschließlich freier Berufe und Mithelfender. 4) Aktiv Erwerbstätige plus Arbeitslose. 5) Arbeitslose laut Arbeitsmarktservice. 6) Laut Eurostat (Labour Force Survey). 7) In % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15- bis 64-Jährige).

 

Die unerwartet gute Auftragslage schlug sich 2010 in der Sachgütererzeugung in einer beträchtlichen Ausweitung der geleisteten Arbeitszeit pro Kopf nieder. Mittlerweile wächst dank der lebhaften Konjunktur auch die Beschäftigung, sodass die geleistete Arbeitszeit weniger rasch steigt. Die Stundenproduktivität dürfte damit in der Sachgütererzeugung weiter stark zunehmen, die Lohnstückkosten gehen daher zurück.

Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise erhöht Inflation

Der Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise und die Anhebung von indirekten Steuern haben eine Beschleunigung der Inflation zur Folge. Diese Effekte verringern sich 2012.

Die Rohstoff- und Energiepreise stiegen in den vergangenen Monaten kräftig. Hatte der Rohölpreis der Sorte Brent zwischen Ende 2009 und November 2010 noch zwischen 75 $ und 85 $ geschwankt, so betrug er im März 2011 als Folge der politischen Ereignisse in Nordafrika und im mittleren Osten bereits über 115 $ je Barrel. Die Weltmarktnotierungen von agrarischen Rohstoffen zogen ebenfalls deutlich an. Hier spielen das anhaltende Wachstum der weltweiten Nachfrage und die Verringerung des Angebotes durch mehrere wetterbedingte Ertragsausfälle (Russland, Australien, Nordchina) und politische Unruhen (Elfenbeinküste) zusammen. Aufgrund der guten Weltkonjunktur verteuerten sich metallische und andere Industrierohstoffe ebenfalls markant.

Die Preissteigerungen im Bereich von Rohstoffen und Energie schlagen auf die Verbraucherebene durch und erhöhten die Inflationsrate in Österreich im Februar auf 3%. Ein Drittel dieses Preisanstiegs war auf die Verteuerung von Mineralölprodukten (Treibstoffe und Heizöl) zurückzuführen. Etwa 0,7 Prozentpunkte trugen die Lebensmittelpreise einschließlich Alkohol und Tabak bei (Februar +4,3% gegenüber dem Vorjahr). In den letzten zwei Jahren war der Preisauftrieb in Österreich und im Euro-Raum sehr ähnlich verlaufen. Seit Anfang 2011 zeigt sich in Österreich jedoch eine beträchtliche Abweichung, im Februar betrug die Inflationsdifferenz zum Euro-Raum bereits +0,7 Prozentpunkte. Noch deutlicher fiel der Unterschied in der Kerninflation (ohne unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie) aus: Sie war in Österreich um 1 Prozentpunkt höher als im Durchschnitt des Euro-Raumes und ging auf einen überdurchschnittlichen Preisauftrieb im Bereich der nichtenergetischen industriellen Güter und Dienstleistungen zurück. Da diese beiden Produktgruppen eine sehr viel stärkere Inflationspersistenz als andere Produktgruppen aufweisen, dürfte dieses Inflationsdifferential im Jahresverlauf bestehen bleiben.

Im Rahmen der Konsolidierungsmaßnahmen der öffentlichen Haushalte wurden einige indirekte Steuern angehoben (Mineralölsteuer und Tabaksteuer ab 1. Jänner 2011, Normverbrauchsabgabe ab 1. März 2011) bzw. neu eingeführt (Flugticketabgabe ab 1. April 2011); sie tragen 2011 insgesamt etwa 0,4 Prozentpunkte zum Anstieg der Verbraucherpreise bei. Die Erhöhung der Mineralöl- und Tabaksteuer erklärt aber nur knapp die Hälfte des Inflationsdifferentials zum Durchschnitt des Euro-Raumes.

Die vorliegende Prognose unterstellt, dass die Rohöl- und Nahrungsmittelpreise im Jahresverlauf 2011 wieder nachgeben und sich dann entsprechend ihrem langfristigen Trend weiter mäßig erhöhen. Unter diesen Bedingungen dürften die Verbraucherpreise 2011 um 2,8% steigen. Die Anhebung der indirekten Steuern hat 2012 auf die Inflationsrate nur mehr wenig Einfluss. Ebenso sollte die Verteuerung von Nahrungsmitteln und Energie schwächer wirken. Die Lohnsteigerungen dürften jedoch etwas höher ausfallen; die Inflationsrate wird 2012 auf 2,4% zurückgehen.

Gute Konjunktur und Budgetkonsolidierung verringern Budgetdefizit, neue Verbuchungsvorschrift verschlechtert Saldo

Die günstige Konjunktur erleichtert die Budgetkonsolidierung, das Defizit wird im Prognosezeitraum merklich sinken. Allerdings wird es durch die zu erwartende Einrechnung der Finanzierungszuschüsse des Bundes zu Infrastrukturmaßnahmen der ÖBB künftig erhöht.

Die Konsolidierung der Staatsfinanzen profitiert von der günstigen Konjunktur, die Steuereinnahmen werden im Prognosezeitraum stärker wachsen als bisher angenommen. Für 2011 und 2012 wurden zudem Konsolidierungsmaßnahmen im Ausmaß von 2,6 Mrd. € bzw. 3,79 Mrd. € beschlossen. Unter der Voraussetzung, dass sie tatsächlich umgesetzt werden und dass die Länder und Gemeinden das im neuen Stabilitätspakt vom März 2011 vereinbarte Defizit von 0,75% (2011) bzw. 0,6% (2012) des BIP nicht überschreiten, dürfte sich das Defizit (nach bisherigem Stand der Diskussion) 2011 auf 2,9% und 2012 auf 2,6% des BIP verringern.

 

Übersicht 9: Wirtschaftspolitische Bestimmungsfaktoren

 

 

 

 

 

 

 

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

 

In % des BIP

Budgetpolitik

 

 

 

 

 

 

Finanzierungssaldo des Staates

 

 

 

 

 

 

Finanzierungsbeteiligung des Staates (laut Maastricht-Definition)

0,4

0,5

3,5

4,1

2,9

2,6

Einschließlich Finanzierungs-
beteiligung des Bundes1)

.

.

.

.

3,4

3,0

Primärsaldo des Staates laut VGR

+2,3

+2,1

0,8

1,4

0,3

+0,1

Laut VGR1)

.

.

.

.

0,8

0,4

 

 

 

 

 

 

 

 

In %

 

 

 

 

 

 

 

Geldpolitik

 

 

 

 

 

 

Dreimonatszinssatz

4,3

4,6

1,2

0,8

1,3

2,3

Sekundärmarktrendite2)

4,3

4,4

3,9

3,2

3,6

3,8

 

 

 

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

 

Effektiver Wechselkursindex

 

 

 

 

 

 

Nominell

+1,1

+1,2

+0,9

2,5

0,4

0,6

Real

+0,7

+0,6

+0,4

2,7

0,2

0,4

Q: WIFO-Konjunkturprognose. 1) Unter Berücksichtigung der (voraussichtlichen) Neuregelung der Verbuchung der Finanzierungsbeteiligung des Bundes an den Infrastrukturinvestitionen der ÖBB. 2) Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren (Benchmark).

 

Aufgrund einer Entscheidung von Eurostat werden die seit 2007 vereinbarten Finanzierungszuschüsse des Bundes zu Infrastrukturinvestitionen der ÖBB künftig wahrscheinlich in voller Höhe in den Maastricht-Finanzierungssaldo einzurechnen sein; eine Entscheidung steht hier aber noch aus. Einschließlich dieser erwarteten Änderung könnte sich das Defizit auf 3,4% (2011) und 3,0% des BIP (2012) erhöhen.

 

Methodische Hinweise und Kurzglossar

Periodenvergleiche

Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Reale und nominelle Größen

Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich

Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI

Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone (siehe auch http://www.statistik.at/).

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest

Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit (http://www.itkt.at/). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote

Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote

Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenz- und Zivildiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

 

Upswing with Stronger Momentum, but Subject to Higher Risks

Economic Outlook for 2011 and 2012 Summary

The cyclical upswing in Austria continues. Driven by the swift expansion of global activity, exports are posting strong gains. Meanwhile, the momentum is being transmitted to private investment which is set to rise substantially over the forecast period. Short-term indicators suggest that the positive trend will persist in the first half of 2011 before moderating somewhat in parallel with developments abroad, under the impact of rising commodity and energy prices and a more restrictive policy stance in both the industrialised and the emerging economies. Further ahead, demand and output growth is set to regain momentum. For Austria, WIFO expects GDP to increase by 2.5 percent in 2011 and 2.0 percent in 2012. The major risk for the upswing currently derives from the drift in commodity and energy prices which may have a substantial impact on the world economy.

Growth of the world economy accelerated markedly towards the end of 2010. After a period of stagnation, world trade posted substantial gains. Notably the emerging economies in Asia raised their imports significantly, thereby providing the major impetus for the expansion of demand and output worldwide. Although policy in China and other developing countries tries to avoid cyclical overheating and while rising commodity and energy prices may dampen economic activity, the developing Asian economies will continue to provide important incentives for growth of the world economy. Economies in Latin America, for their part, benefit notably from higher prices for food and other raw materials and should also enjoy lively growth. However, strong capital inflows have recently driven up their exchange rates, weighing on exports and adding to risks of financial market turbulence. Overall, world economic growth should stay robust in the first half of 2011. Thereafter, the pace should moderate somewhat under the impact of rising commodity and energy prices and a more restrictive policy stance in many countries. In 2012, global demand and output growth is set to regain momentum.

In the USA, growth is surprisingly strong. Overall demand is driven by exports, investment and expenditure on durable consumer goods. The persistent weakness of the dollar and the sustained expansionary stance of monetary and fiscal policy are supportive to domestic activity. Weak spots are the real estate market and high indebtedness of both the private and the public sector, whereas the improvement on the labour market should provide positive incentives.

The euro area economy is expected to expand only at a moderate pace up to the forecast horizon. Also, the gap between countries enjoying buoyant growth and those caught in crisis and stagnation will become still wider. Germany and countries with close links to the German economy will continue to benefit from the international upturn. Ireland and several countries in southern Europe will, however, remain in recession, which dampens the prospects for the EU overall.

The Austrian economy will continue its cyclical upswing. Lively activity in Germany gave strong impetus to Austrian exports in 2010. In this way, Austrian manufacturing industry benefited indirectly from the booming emerging market economies. At the same time, the pick-up of investment in machinery and equipment over the last three quarters indicates that the stimulus from exports is being transmitted to domestic capital formation. This trend is likely to persist, as cyclical indicators suggest strong economic growth for the first half of 2011. In the latter part of the year, the expansion should lose some momentum, in parallel to the international cyclical profile. For the whole year 2011, WIFO expects GDP growth at 2.5 percent, followed by an annual average 2 percent in 2012.

 

Due to the rise in raw material and energy prices, consumer price inflation will accelerate markedly to an annual average rate of 2.8 percent in 2011, of which 0.4 percentage points are accounted for by higher indirect taxes decided in the context of fiscal consolidation. These effects will largely fade out in 2011, whereas wage increases may turn out somewhat higher than in 2011. Overall inflation in 2012 is projected at an average 2.4 percent.

Private consumption will follow only a moderate upward trend over the forecast period, given the limited income gains. Higher inflation will even make for a decline in real per-capita earnings in 2011, turning around only in 2012. On the labour market, however, the cyclical recovery will be clearly visible, with strong advances in employment and declining unemployment, even if the jobless rate will stay above its pre-crisis level: according to national definitions, 6.3 percent of the dependent labour force will be looking for a job by 2012; in the Eurostat definition, 4.0 percent of the total labour force will be out of work.

Lively economic activity and the measures of fiscal consolidation will improve the general government balance. Yet, the statistical inclusion of federal government subsidies to the Austrian Railways (ÖBB) for infrastructure investment into current expenditure will increase the official government deficit. Anticipating the decision on this change in accounting, the general government deficit is projected at 3.4 percent of GDP in 2011 and at a ratio of 3 percent in 2012.

The highest cyclical risks are currently considered to derive from the increase in commodity and energy prices, from the disaster in Japan and from the persistent vulnerability of the international financial system. The present forecast assumes that oil prices and world market quotations for food items will move to a downward path in the course of this year. Further hikes in prices for raw materials, possibly triggered by a deepening crisis in the Arab world, may weigh heavily on the international business cycle upturn. Likewise, the consequences of the natural disaster and the destruction of the nuclear power plants in Japan cannot be fully assessed as yet. Should the latest increase in interest rates for government bonds in the euro area continue and spread to other countries, the situation of government finances in these countries may become more critical and compel the authorities to take further consolidation measures. This could not only dampen further aggregate demand in the euro area, but also add to the fragility of the financial system and potentially jeopardise the stability of Monetary Union.

               

The English version of the WIFO Economic Outlook will be published in "Austrian Economic Quarterly". 1  The growth carry-over denotes the impact of the growth profile within a given year on the annual growth rate of the following year. In 2010, the strong GDP growth in the second and third quarter yields a substantial contribution for 2011. The projected annual growth rate of 2.2 percent can thus be attained even with moderate quarter-on-quarter gains. For 2012, on the other hand, the smaller carry-over from 2011 dampens the annual growth rate despite the projected acceleration in the quarterly rates.