WIFO

 

Wirtschaftschronik

 

IV. Quartal 2010

 

 

Abgeschlossen am 31. Dezember 2010 • E-Mail-Adresse: Angelina.Keil@wifo.ac.at

 

INHALT

Ausland

Österreich

 

 

Ausland

Die Verstimmung zwischen den USA, Europa und China über den niedrig gehaltenen Kurs der chinesischen Währung und die hohe Liquidität des Dollars verschärft sich. Um eine weitere Eskalation zu verhindern, wird der Währungsfonds beauftragt, diese Ungleichgewichte zu untersuchen. Die Schwellenländer China, Indien und Brasilien zählen nach der Revision der Quoten des Internationalen Währungsfonds zu den 10 stärksten Mitgliedsländern im IWF. Der "Euro-Schutzschirm", der aus Anlass der Banken- und Finanzkrise Irlands aufgebaut wurde, wird ab 2013 durch den European Stability Mechanism (ESM), einen permanenten Krisenmechanismus, ersetzt. Dazu ist eine begrenzte Änderung des Lissabon-Vertrages erforderlich. Mit Absichtserklärungen, aber ohne konkrete Umsetzungsmaßnahmen endet die Weltklimakonferenz in Cancun.

 

Internationaler Währungsfonds

8.-10. Oktober:  Der Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, appelliert auf der Jahrestagung des IWF und der Weltbank, die Währungsfragen zwischen Europa, den USA und China zu entschärfen und sie nicht in einen Handelskrieg münden zu lassen. Amerika unterstellt China, durch den niedrigen Wechselkurs des Renminbi die Exportindustrie zu fördern. China macht die Industrieländer für die Turbulenzen auf den Devisenmärkten verantwortlich. In einem "Spillover Report" soll der IWF die Auswirkungen der Wirtschaftspolitik der USA, Großbritanniens, der EU und Chinas sowie den Einfluss der Geldpolitik der USA auf die Schwellenländer untersuchen. China, Indien und Brasilien fordern eine Stimmrechtsverschiebung im Exekutivdirektorium des IWF.

Russland: Flexibilisierung Wechselkurs

13. Oktober:  Die russische Zentralbank erweitert den Schwankungskorridor des Rubelkurses gegenüber dem Währungskorb (Dollar 55%, Euro 45%) auf 4 Rubel. Die Bandbreite der Schwankungsmöglichkeit ohne Eingriff der Zentralbank ist nun mit 32,90 bis 36,90 Rubel festgelegt. Die Notenbank kündigt weitere Flexibilisierungsschritte an, um die bisher auf das Währungsziel ausgerichtete Geldpolitik auf ein "Inflation targeting" zu orientieren.

China: Leitzinssatz

21. Oktober:  Die chinesische Notenbank erhöht erstmals seit 2007 den Leitzinssatz für Einlagen, um dem Inflationsdruck und möglichen Überhitzungserscheinungen entgegenzuwirken, und zwar für eine Laufzeit von 6 Monaten um 22 Basispunkte auf 2,2%, für eine Laufzeit von 1 Jahr um 25 Basispunkte auf 2,5% und für die Laufzeit von 2 Jahren um 46 Basispunkte auf 3,25%.

Griechenland: Immigration

25. Oktober:  Die griechische Regierung bittet die Europäische Kommission um Hilfe bei der Bewältigung des Immigrationsstromes aus der Türkei. Die Grenzüberwachung soll von Ländern des Schengen-Raumes durch die "Rapid Border Intervention Teams" (RABIT) unterstützt werden.

Russland: Exportverbot Getreide

26. Oktober:  Die russische Regierung verlängert das Exportverbot für Getreide bis Juli 2011. Diese Maßnahme wurde im Sommer 2010 aufgrund der außergewöhnlichen Dürre ergriffen, um die inländische Versorgung mit Getreide sicherzustellen.

Europäischer Rat: "Wirtschaftspolitische Steuerung"

28.-29. Oktober:  Der Europäische Rat billigt den Bericht der Arbeitsgruppe "Wirtschaftspolitische Steuerung"[a]). Das darin vorgeschlagene Umsetzungskonzept basiert auf fünf Säulen:

·          Finanzdisziplin, insbesondere durch eine Verstärkung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes,

·          Ausweitung der Überwachung der Wirtschaftspolitik auf makroökonomische Ungleichgewichte und die Wettbewerbsfähigkeit,

·          Vertiefung und Ausweitung der Koordination,

·          ein solider Rahmen für die Krisenbewältigung,

·          stärkere Institutionen sowie effizientere und auf Regeln beruhende Beschlussfassung.

Ziel ist eine wirksamere wirtschaftspolitische Steuerung in der EU und im Euro-Währungsgebiet.

Australien: Leitzinssatz

4. November:  Die Australische Notenbank erhöht den Leitzinssatz "cash rate" um 25 Basispunkte auf 4,75%. Die Entscheidung wird mit der guten Wirtschaftslage, dem lebhaften Außenhandel und sich abzeichnenden Kapazitätsengpässen begründet.

Die indische Zentralbank erhöht den Leitzinssatz um 25 Basispunkte auf 6,25%. Dies ist die sechste Erhöhung des Zinssatzes in diesem Jahr, um der Inflation entgegenzuwirken.

IWF: Revision der Quoten

5. November:  Die 187 Mitgliedsländer des Exekutivkomitees des Internationalen Währungsfonds (IWF) beschließen eine Revision der Quoten. Die Sonderziehungsrechte (Special Drawing Rights, SDR) werden von derzeit 238,4 Mrd. SDR auf 476,8 Mrd. SDR verdoppelt. Durch die Neuverteilung erhöhen sich die Quoten der Schwellenländer um 6%. China wird dadurch anstelle von Deutschland das drittstärkste Mitgliedsland und zählt mit USA, Japan, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Brasilien, Russland und Indien zu den 10 größten Anteilseignern.

EU: Griechenland-Hilfe

6. November:  Die Finanzminister der EU-Länder beschließen, die Zahlung der für Dezember fälligen Kredittranche für Griechenland von 9 Mrd. € auf Jänner zu verschieben. Griechenland überschreitet 2010 mit 9,3% des BIP das vereinbarte Ziel für das Haushaltsdefizit von 7,8% des BIP.

G 20

11.-12. November:  Die Vertreter der G-20-Länder bestätigen bei ihrem Treffen in Seoul die Quotenreform des Internationalen Währungsfonds. Sie einigen sich auf das neue Regelwerk der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) "Basel III", das erweiterte Eigenkapitalvorgaben für Banken vorschreibt. Die Forderung des Finanzministers der USA nach einer Obergrenze für den positiven oder negativen Leistungsbilanzsaldo eines Landes von 4% des BIP wird abgelehnt. Kritisiert werden Chinas Politik des niedrigen Wechselkurses sowie die Erzeugung von hoher Liquidität durch die Notenbank der USA. Der IWF wird beauftragt, Indikatoren und Richtlinien zu entwerfen, um Ungleichgewichte auf einem "tragbaren" Niveau zu halten. Protektionismus kann das Wachstum gefährden, daher soll ein Abschluss der Dauha-Verhandlungsrunde eingeleitet werden.

APEC

14. November:  Die Regierungsvertreter der im asiatisch-pazifischen Wirtschaftsforum (APEC) zusammengeschlossenen Länder vereinbaren, bis 2020 eine Freihandelszone zu errichten.

General Motors: Aktie

18. November:  Die Aktie des Autoherstellers General Motors wird wieder an der New Yorker Börse gehandelt. Nach dem Konkurs von General Motors war der Handel der Aktie seit Juni 2009 eingestellt.

Irland: EFSF

21. November:  Irland beantragt nach langem Zögern Hilfe aus der European Financial Stability Facility (EFSF). Die Probleme der irischen Banken übersteigen die Möglichkeiten des irischen Staates.

EU: Irlandhilfe

28. November:  Das Finanzhilfsprogramm für Irland im Gesamtausmaß von 85 Mrd. € wird von den Finanzministern der EU-Länder und dem IWF beschlossen. Es umfasst externe Hilfe im Ausmaß von 67,5 Mrd. € und einen Eigenbeitrag Irlands von 17,5 Mrd. €. Der IWF stellt 22,5 Mrd. € bereit, die EU über den European Financial Stability Mechanism (EFSM) 22,5 Mrd. € und über die European Financial Stability Facility (EFSF) 17,7 Mrd. €, Großbritannien 3,8 Mrd. €, Schweden 0,6 Mrd. € und Dänemark 0,4 Mrd. €. Die Darlehen der europäischen Institutionen werden eine Laufzeit von 7,5 Jahren haben und zu 5,8% verzinst sein. Für die Sanierung des Staatshaushaltes stehen 50 Mrd. € zur Verfügung, für den Bankensektor 35 Mrd. €.

Cancun: Weltklimakonferenz

29. November-10. Dezember:  In Cancun findet die Weltklimakonferenz statt. In ihrem Schlussdokument anerkennen die Delegierten der 194 Teilnehmerländer die Gefahren des Klimawandels und bekennen sich dazu, die Erderwärmung auf 2° Celsius über dem Niveau vor der Industrialisierung zu begrenzen. Ziel ist, die Treibhausgasemissionen bis 2050 substantiell zu verringern. Konkrete Maßnahmen sollen auf der nächsten Konferenz Ende 2011 beschlossen werden. Die Maßnahmen zur Einschränkung der Emissionen sollen bis 2015 revidiert werden, mit dem möglichen Ziel eine Begrenzung der Erderwärmung um nur 1,5° Celsius beschließen zu können. Die Entwicklungsländer soll ein neu zu errichtender "Green Climate Fund" ab 2020 bei der Umsetzung von Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung unterstützen. Er soll jährlich mit 100 Mrd. $ aus öffentlichen und privaten Quellen dotiert werden. Eine neue Institution, das "Cancun Adaptation Framework", soll den Entwicklungsländern helfen, die Auswirkungen der Folgen des Klimawandels zu bewältigen. Um in den Entwicklungsländern die Abholzung zu bremsen und die Aufforstung zu fördern, wird ein neuer Mechanismus REDD+ geschaffen; Beschlüsse über seine Finanzierung stehen aber noch aus. Ebenso fehlt eine Entscheidung über eine zweite Verpflichtungsperiode nach Auslaufen des Kyoto-Vertrages im Jahr 2012. Es gilt das bisherige Ziel, die CO2-Emissionen bis 2020 um 25% bis 40% unter den Stand von 1990 zu senken. Eine freiwillige Verpflichtung der nicht unterzeichnenden Länder Japan, Kanada und Russland wird von der UNO anerkannt. Die Länder werden ihre Anstrengungen jährlich dokumentieren.

EU, IWF: Griechenland-Hilfe

30. November:  EU und IWF gewähren Griechenland längere Fristen (bis 2021 statt 2015) für die Rückzahlung der Notkredite, um die Konditionen an die des Irland-Hilfspakets anzupassen. Griechenland erhält somit einen zusätzlichen Tilgungsaufschub von 4 Jahren und einen Rückzahlungszeitraum von 7½ Jahren. Im Gegenzug wird der Zinssatz von 5,5% auf 5,8% erhöht. Die formelle Entscheidung treffen die Finanzminister der EU-Länder am 6. und 7. Dezember.

Europäische Zentralbank

10. Dezember:  Die Europäische Zentralbank zeigt in der "Financial Stability Review" vom Dezember 2010[b]) die Gefahren des Zusammenspiels zwischen hoher öffentlicher Verschuldung und der Verwundbarkeit des europäischen Bankensystems auf. Die Rückkoppelung zwischen Wirtschaftswachstum, Bankenrefinanzierung und Staatsfinanzen bedeutet ein hohes Risiko für die Stabilität. Wie die Krise in Griechenland und Irland zeigt, ist es irrelevant, welcher der drei Faktoren letztlich die Instabilität im Euro-Raum verursacht. Das energische Agieren der Regierungen und Notenbanken, die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte sowie das weitere Aufzeigen der Risikopositionen der Banken erhöhen die Widerstandsfähigkeit im Euro-Raum. Im europäischen Bankensystem refinanzieren sich ein Großteil der Institute über "normale Kanäle", ein kleiner Teil der Banken beansprucht einen hohen Anteil der Liquidität der EZB und ist zur Refinanzierung in hohem Ausmaß von der Bereitstellung dieser Mittel abhängig.

Europäischer Rat: Steinkohlebergbau

10. Dezember:  Der Europäische Rat beschließt, die Erlaubnis für Subventionen an den Steinkohlebergbau um vier Jahre bis 2018 zu verlängern, um die Stilllegung von Bergwerken zu erleichtern. Die Beihilfen müssen degressiv gestaltet werden. Deutschland hat an der Fristverlängerung großes Interesse, um den Ausstieg aus dem Steinkohleabbau sozial verträglicher zu gestalten.

Nobelpreis für Ökonomie

10. Dezember:  Der Nobelpreis für Ökonomie ergeht an die drei Ökonomen Peter A. Diamond, Dale T. Mortensen und Christopher A. Pissarides für ihre Beiträge zum Verständnis von Märkten mit Matching-Problemen. Ihr gemeinsam entwickeltes Modell (DMP-Modell) bildet die Zusammenhänge zwischen Arbeitslosigkeit, Lohnbildung und Stellenangebot auf dem Arbeitsmarkt ab.

Russland, Weißrussland, Kasachstan: gemeinsamer Wirtschaftsraum

12. Dezember:  Russland, Weißrussland und Kasachstan werden ab 2012 einen gemeinsamen Wirtschaftsraum basierend auf der bereits geltenden Zollunion bilden. Vereinbart werden die Abstimmung bilateraler wirtschaftspolitischer Belange sowie der Währungspolitik und die Schaffung von Bedingungen für den freien Kapitalverkehr zwischen den Finanzmärkten.

EZB

16. Dezember:  Die Europäische Notenbank wird ihr Grundkapital mit Wirkung vom 29. Dezember 2010 von 5,76 Mrd. € auf 10,8 Mrd. € nahezu verdoppeln.

Europäischer Rat: Änderung des Lissabon-Vertrages

16.-17. Dezember:  Der Europäische Rat einigt sich auf eine begrenzte Änderung des Lissabon-Vertrages, die die Einrichtung eines ständigen Krisenmechanismus zur Wahrung der Finanzmarktstabilität des Euro-Währungsgebietes umfasst.

Die EU-Länder, deren Währung der Euro ist, werden den European Stability Mechanism (ESM) errichten. Der finanzielle Beistand dieses Mechanismus für Länder mit öffentlichen Finanzierungsproblemen ist an strenge Bedingungen geknüpft und wird die für Irland eingesetzten Instrumente des Euro-Schutzschirmes[c]) European Financial Stability Facility (EFSF) und European Financial Stability Mechanism (EFSM)[d]) ab 2013 ablösen. Zudem wird eine Mithaftung der Privatwirtschaft bei Zahlungsunfähigkeit von Ländern beschlossen. Um das Geld der Steuerpflichtigen zu schützen, soll ein deutliches Signal an die privaten Gläubiger ergehen, dass ihre Forderungen erst nach denen des öffentlichen Sektors bedient werden. Der ESM, dessen Umfang noch nicht festgelegt ist, wird den neuen Rahmen der verstärkten wirtschaftspolitischen Steuerung ergänzen, dessen Ziel eine wirksame und strenge Überwachung der Wirtschaftspolitik ist und dessen Schwerpunkt auf der Vorbeugung liegt, sodass sich die Wahrscheinlichkeit einer künftigen Krise erheblich verringert.

Irland: Kreditwürdigkeit

17. Dezember:  Die Rating-Agentur Moody's senkt die Bewertung der Kreditwürdigkeit Irlands um 5 Stufen von Aa2 auf Baa1.

Österreich

Das Bundesfinanzgesetz 2011 kann mit Jahresbeginn in Kraft treten. Die Vorlage des Budgetentwurfes wurde von Oktober auf Dezember verschoben, obwohl laut Bundesverfassungsgesetz das Bundesfinanzgesetz für das folgende Finanzjahr spätestens zehn Wochen vor Beginn dieses Finanzjahres vorzulegen ist. Ein neues Zuwanderungssystem, die "Rot-Weiß-Rot-Karte", wird vorgestellt. Die Ergebnisse des PISA-Tests 2009 zeigen Schwächen der Lesekompetenz der österreichischen Schüler und Schülerinnen.

PISA 2009

7. Dezember:  Die Ergebnisse des Programme for International Student Assessment PISA 2009 werden veröffentlicht. In diesem Programm wird die Grundkompetenz von Schülerinnen und Schülern aus 65 Ländern in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften getestet. In Österreich stellte sich eine repräsentative Stichprobe von 6.590 zufällig ausgewählten Schülerinnen und Schülern des Jahrgangs 1993 aus rund 280 Schulen aller Schultypen dem von der OECD standardisierten Test, der 2009 der Lesekompetenz gewidmet war:

·          Österreich liegt mit 470 Punkten um 23 Punkte unter dem OECD-Durchschnitt, das ist Rang 31 unter 34 OECD-Ländern.

·          28% der Jugendlichen sind Lese-Risikoschülerinnen und -Risikoschüler.

·          Der Abstand zwischen Einheimischen und Migrantinnen bzw. Migranten ist wesentlich höher als in PISA 2000.

"Rot-Weiß-Rot-Karte"

9. Dezember:  Sozial- und Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer, Innenministerin Maria Fekter und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner stellen ein neues Zuwanderungssystem, die "Rot-Weiß-Rot-Karte" vor. Künftig sollen höherqualifizierte Arbeitskräfte zuwandern und auf dem österreichischen Arbeitsmarkt die Lücke an Hochqualifizierten, Schlüsselkräften und Arbeitskräften in Mangelberufen füllen. Der Zugang wird über ein Punktesystem geregelt, das Qualifikation, Berufserfahrung, Alter, Sprachkenntnisse und Mindestentlohnung beurteilt. Auch ausländischen Absolventinnen und Absolventen an österreichischen Universitäten und Fachhochschulen wird so eine Option auf Beschäftigung eröffnet. Zwei Formen der Rot-Weiß-Rot-Karte sind vorgesehen: Die Rot-Weiß-Rot-Karte, die zur Niederlassung und zur Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber berechtigt, und die Rot-Weiß-Rot-Karte plus, die zur Niederlassung und zum unbeschränkten Arbeitsmarktzugang berechtigt. Mangelberufe werden jährlich von einem sozialpartnerschaftlichen Gremium festgelegt. Als Voraussetzung dürfen pro gemeldete Stelle höchstens 1,5 Arbeitslose vorgemerkt sein. Besonders Hochqualifizierte erhalten ein auf sechs Monate befristetes Visum zur Arbeitssuche. Ein Gesetzesentwurf liegt vor.

Bundesfinanzgesetz 2011

21. Dezember:  Das Bundesfinanzgesetz 2011 wird vom Nationalrat beschlossen und tritt am 1. Jänner 2011 in Kraft[e]). Für 2011 werden die Einnahmen mit 62,54 Mrd. € veranschlagt, um 8,6% höher als im Voranschlag 2010. Die Ausgaben des Bundes werden mit 70,2 Mrd. € um 0,9% geringer ausfallen als 2010. Das administrative Defizit des Bundes beträgt 7,62 Mrd. € (2,6% des BIP). Das Maastricht-Defizit des Bundes wird 2011 7,74 Mrd. € (2,6% des BIP), das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit 3,2% des BIP betragen. Es wird somit niedriger sein als im Vorjahr (4,7% des BIP). Die Verschuldungsquote steigt von 70,2% des BIP auf 71,3% des BIP.

Die ausgabenseitigen Konsolidierungsmaßnahmen haben 2011 ein Volumen von 1,41 Mrd. €. Bis 2014 werden folgende Konsolidierungsschwerpunkte gesetzt:

·          Kürzungen von Subventionen,

·          Senkung von Verwaltungskosten,

·          mäßige Gehaltsanpassung im öffentlichen Dienst 2011,

·          Personalbestandsmaßnahmen,

·          Änderungen bei Projektvorhaben,

·          mäßige Pensionserhöhung 2011,

·          Änderungen in der gesetzlichen Pensionsversicherung,

·          Änderungen im Bereich des Pflegegeldes,

·          Änderungen familienpolitischer Leistungen.

2011 wird laut Budgetbegleitgesetz mit zusätzlichen Einnahmen von 1,219 Mrd. € gerechnet. Dazu sollen vor allem steuerliche Maßnahmen wie die Einführung einer Stabilitätsabgabe von Finanzmarktinstitutionen (500 Mio. €) und einer Flugticketabgabe (60 Mio. €) sowie zusätzliche Einnahmen aus der Einkommensteuer (10 Mio. €), der Körperschaftsteuer (Anhebung des Zwischensteuersatzes für Stiftungen von 12% auf 25%; 50 Mio. €), der Umsatzsteuer (82 Mio. €), der Normverbrauchsabgabe (25 Mio. €), der Tabaksteuer (100 Mio. €) und der Mineralölsteuer (417 Mio. €) beitragen. Die Einnahmen aus dem Betrugsbekämpfungspaket werden mit 100 Mio. € angesetzt. Dem Mehraufkommen aus den anderen steuerlichen Änderungen von 55 Mio. € stehen Mindereinnahmen von insgesamt 180 Mio. € gegenüber (Abschaffung der Kreditvertragsgebühr, Entlastung der Speditionen).

Zugleich werden die Bereiche Bildung und Umwelt forciert. Den Schulen (Ausbau der Ganztagesbetreuung) und Universitäten werden 2011 jeweils zusätzlich 80 Mio. € zur Verfügung stehen. Maßnahmen für die thermische Sanierung und die Forschungsförderung werden jeweils mit zusätzlich 100 Mio. € angesetzt. Weitere 40 Mio. € werden dem Kassenstrukturfonds zukommen.

 



[a])  http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/de/ec/117429.pdf.

[b])  http://www.ecb.int/pub/pdf/other/financialstabilityreview201012en.pdf?db63d31b1fbf0fb402df2e3643fbeed0.

[c])  Keil, A., "Wirtschaftschronik, II. Quartal 2010", WIFO-Monatsberichte, 2010, 84(7), S. 583-588, http://www.wifo.ac.at/wwa/jsp/index.jsp?fid=23923&id=40115&typeid=8&display_mode=2.

[d])  Die European Financial Stability Facility (EFSF) und der European Financial Stability Mechanism (EFSM) nehmen auf dem Kapitalmarkt Geld auf, um es an Euro-Länder mit öffentlichen Finanzierungsproblemen weiterzugeben. Für diese Anleihen garantieren alle EU-Länder bis zu einem Volumen von 440 Mrd. € im Fall der EFSF bzw. 60 Mrd. € im Fall des EFSM.

[e])  Siehe dazu Schratzenstaller, M., "Bundesvoranschlag 2011 setzt erste Konsolidierungsschritte", WIFO-Monatsberichte, 2011, 84(1), S. 63-84, http://www.wifo.ac.at/wwa/jsp/index.jsp?fid=23923&id=41151&typeid=8&display_mode=2.