WIFO

 

Österreichs Export- und Industriekonjunktur weiterhin in Schwung

 

International hält die Konjunkturerholung an, wenngleich sich das Wachstum zuletzt in Asien und den USA abgeschwächt hat. Österreichs Exportsektor und die Industrie profitieren besonders von der starken Konjunktur in Deutschland. Während Bauwirtschaft und Tourismus nur langsam aus der Krise finden, liefert der Handel positive Impulse. Auch der Arbeitsmarkt belebt sich weiter, insbesondere in den industrienahen Bereichen.

 

Der Konjunkturbericht entsteht jeweils in Zusammenarbeit aller Mitarbeiter des WIFO. • Wissenschaftliche Assistenz: Christine Kaufmann, Martha Steiner • Abgeschlossen am 4. November 2010. • E-Mail-Adresse: Sandra.Bilek-Steindl@wifo.ac.at

 

INHALT

Weltwirtschaftswachstum verliert an Dynamik

Widersprüchliche Signale aus den USA

Solider, aber ungleichmäßiger Aufschwung in der EU

Aufschwung der Export- und Industriekonjunktur hält in Österreich an

Baukonjunktur weiterhin träge

Tourismus erholt sich nur langsam

Nachfrage im Handel weiterhin stabil, leichte Inflationsbeschleunigung

Arbeitslosigkeit im Oktober erneut gesunken

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

Übersicht 1: WIFO-Schnellschätzung zur vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. 3

Abbildung 1: Internationale Konjunktur 6

Abbildung 2: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests. 10

Abbildung 3: Wirtschaftspolitische Eckdaten. 12

 

 

Trotz der Konjunkturerholung schwächte sich das Weltwirtschaftswachstum zuletzt ab. Insbesondere in Asien verlor die Expansion von Außenhandel und Industrieproduktion an Schwung. Während sich das Exportwachstum nominell gegenüber dem Vorjahr in Japan seit März 2010 verlangsamt, blieb es in China auch im III. Quartal noch stark.

Die Wirtschaft der USA expandierte im III. Quartal mit +0,5% gegenüber dem Vorquartal erneut nur mäßig. Bereits im II. Quartal 2010 fiel die Rate geringer aus, nachdem sich die Wirtschaft rasch aus der Krise erholt hatte. Während von der Konsum- und Investitionsnachfrage Wachstumsimpulse kamen, drückte die Entwicklung des Außenhandels die Dynamik. Für die kommenden Monate liefern Vorlaufindikatoren widersprüchliche Signale. Der Arbeitsmarkt reagiert bislang nur sehr langsam auf die Belebung der Wirtschaft.

In der EU hält die Erholung an, verläuft jedoch in den einzelnen Ländern weiterhin ungleichmäßig. Besonders stark ist die Konjunktur in Deutschland. Nach dem dynamischen II. Quartal deuten Vorlaufindikatoren auf eine anhaltende Belebung im III. Quartal hin. Die exportgestützte Industrieproduktion trägt weiterhin das Wachstum.

Dank des positiven internationalen Umfeldes bleibt auch die österreichische Industrie- und Exportkonjunktur in Schwung. Die jüngsten Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests deuten auf eine anhaltende Expansion in der Sachgütererzeugung hin. Der Anteil der Unternehmen, die zuletzt ihre Produktion steigern konnten, ist anhaltend hoch, nimmt allerdings seit einigen Monaten nicht weiter zu. Zuletzt war zudem die Zahl der Unternehmen, die neue Arbeitsplätze schufen, wieder höher als jene, die Personal abbauen mussten.

Im Gegensatz dazu hält die Schwäche in der Bauwirtschaft und insbesondere im Tiefbau an. Auch der Tourismus erholt sich nur allmählich von der Krise. Die Gäste sparen an den Nebenausgaben und bleiben weniger lang; teils sinken die Zimmerpreise. Dies drückt die Umsätze.

Besser entwickelt sich der Handel: Die Pkw-Neuzulassungen stiegen in den letzten Monaten deutlich, der Großhandel profitiert von der Export- und Industriekonjunktur.

Die Inflationsrate stieg im September auf 1,9% (nach 1,7% im August). Der Preisauftrieb ist wesentlich durch die Verteuerung von Mineralölprodukten bestimmt. Ohne Energie betrug die Inflationsrate im September 1,5%.

Mit der Konjunktur belebt sich auch der Arbeitsmarkt weiter. Im Vorjahresvergleich stieg im Oktober die Zahl der Beschäftigten (insbesondere in der Industrie), jene der gemeldeten Arbeitslosen sank neuerlich. Erstmals seit mehr als zwei Jahren verringerte sich auch die Zahl der Personen in Schulungen des AMS, welche nicht in der Arbeitslosenstatistik aufscheinen.

 

Übersicht 1: WIFO-Schnellschätzung zur vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

 

2009

2010

 

II. Quartal

III. Quartal

IV. Quartal

I. Quartal

II. Quartal

III. Quartal

 

Saison- und arbeitstagsbereinigt, Veränderung gegen das Vorquartal in %, real

Verwendung des Bruttoinlandsproduktes

 

 

 

 

 

Konsumausgaben

 

 

 

 

 

 

Private Haushalte1)

+0,4

+0,3

+0,2

+0,2

+0,2

+0,2

Staat

+0,3

+1,3

0,7

0,2

0,1

+0,1

Bruttoinvestitionen

4,1

0,6

0,7

+0,4

+0,7

+0,9

Bruttoanlageinvestitionen

2,3

0,2

1,1

1,8

0,6

+0,6

Exporte

3,3

+1,9

+2,5

+2,0

+5,2

+3,4

Importe

2,8

+0,8

+1,0

+2,2

+3,3

+2,6

Bruttoinlandsprodukt

0,8

+0,6

+0,4

+0,0

+1,2

+0,9

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt nach Wirtschaftsbereichen

 

 

 

 

 

Land- und Forstwirtschaft

1,9

+0,4

+1,1

+0,1

0,7

0,9

Produzierender Bereich2)

2,7

+1,6

+1,5

+1,2

+4,1

+2,3

Sachgütererzeugung

2,5

+2,1

+0,9

+0,6

+5,1

+3,8

Bauwesen

1,2

1,2

1,4

1,3

0,9

0,3

Handel, Gastgewerbe und Verkehr

0,5

0,0

+0,1

0,0

0,1

0,2

Vermögens- und Unternehmensdienstleistungen3)

0,1

+0,4

+0,8

+0,8

+0,8

+0,7

Sonstige Dienstleistungen4)

0,1

+0,3

+0,5

+0,5

+0,5

+0,4

Gütersteuern

+0,2

+0,8

+0,5

0,3

0,1

+0,4

Gütersubventionen

+0,4

+0,8

+1,1

+1,4

+1,1

+0,9

 

 

 

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt, real

5,7

3,6

0,9

+0,1

+2,4

+2,4

Q: WIFO. 1) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck. 2) Bergbau, Sachgütererzeugung, Energie- und Wasserversorgung. 3) Kreditinstitute und Versicherungen, Grundstücks- und Wohnungswesen. 4) Öffentliche Verwaltung, Landesverteidigung, Sozialversicherung, private Dienstleistungen.

 

 

Weltwirtschaftswachstum verliert an Dynamik

Die Weltwirtschaft erholt sich weiter, wenngleich zuletzt eine Verlangsamung zu beobachten war: Die Wachstumsraten von Welthandel und Industrieproduktion schwächten sich ab.

Die Erholung der Weltwirtschaft hält an, allerdings verliert sie an Tempo[a]). Im II. Quartal expandierte der Welthandel laut Centraal Planbureau (CPB) um 3,3% (nach +5,2% im I. Quartal und +6,1% im IV. Quartal 2009). Vorläufige Werte für Juli und August deuten auf eine weitere Wachstumsverlangsamung hin, vor allem in Asien.

In Japan schwächte sich das Exportwachstum nominell gegenüber dem Vorjahr im September bereits das siebente Mal in Folge ab. Vor allem die Aufwertung des Yen drückt die Expansion. Bei einer wenig dynamischen Binnennachfrage dürfte das BIP auch im III. Quartal nur verhalten zunehmen (II. Quartal +0,4% gegenüber dem Vorquartal). Die chinesische Wirtschaft expandierte hingegen im III. Quartal weiterhin kräftig. Zugleich beschleunigte sich die Inflation erneut.

Aufgrund der hohen Rohstoffnachfrage aus Asien zogen die Preise von Rohöl und anderen Rohstoffen nach der Baisse des Vorjahres wieder an, wenngleich sich auch hier die Dynamik in den letzten Monaten verringerte. Rohöl der Sorte Brent kostete im Oktober durchschnittlich 82,7 $ je Barrel. Der HWWI-Index der Weltmarktrohstoffpreise, der Nahrungs- und Genussmittel sowie Energie- und Industrierohstoffe umfasst, stieg im Durchschnitt des III. Quartals auf Dollarbasis gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahres um 18,3%. Neben Angebot und Nachfrage beeinflusst auch Spekulation die Entwicklung auf den Rohstoffmärkten.

 

Abbildung 1: Internationale Konjunktur

Saisonbereinigt, 2000 = 100, gleitende Dreimonatsdurchschnitte

Q: Europäische Kommission, Deutsche Bundesbank, ISM (Institute for Supply ManagementTM), ifo (Institut für Wirtschaftsforschung), OECD. 1) Produzierender Bereich.

 

Widersprüchliche Signale aus den USA

Während die kräftige Investitionsnachfrage der Unternehmen und die Ausweitung der Konsumausgaben der privaten Haushalte die Wirtschaft der USA im III. Quartal stützten, dämpfte die Außenhandelsentwicklung das Wachstum. Vorlaufindikatoren liefern widersprüchliche Signale für die kommenden Monate.

Nach der raschen Erholung aus der Krise verlangsamte sich das Wachstum in den USA im II. Quartal 2010. Im III. Quartal expandierte die Wirtschaft gegenüber dem Vorquartal um 0,5% (II. Quartal +0,4%, I. Quartal +0,9%). Den größten Wachstumsbeitrag lieferten die Ausgaben der privaten Haushalte. Sie stiegen mit +0,6% stärker als in den vergangenen Quartalen, aber schwächer als in den Jahren vor der Krise. Während sich die Einkommen mäßig entwickelten, sank die Sparquote im III. Quartal von 5,9% auf 5,5%. Die Stabilisierung der Sparquote könnte auf eine Festigung des Konsumentenvertrauens hinweisen. Zugleich weiteten die Unternehmen ihre Investitionen aus. Neben den Ausrüstungsinvestitionen wurden im III. Quartal erstmals in diesem Aufschwung auch die gewerblichen Bauinvestitionen gesteigert.

Dämpfend wirkte die ungünstige Entwicklung des Außenhandels. Bei starker Ausweitung der Importe verlor der Export im III. Quartal an Schwung. Darin spiegelt sich auch die jüngste Verlangsamung des Weltwirtschaftswachstums.

Nach einem stetigen Anstieg im Jahresverlauf stagnierte die Industrieproduktion im September gegenüber dem Vormonat. Auch die Kapazitätsauslastung war im September leicht rückläufig. Mit 74,7% übertraf sie zwar das Vorjahresniveau um 4,2 Prozentpunkte, blieb jedoch um 5,9 Prozentpunkte unter dem langjährigen Durchschnitt.

Widersprüchliche Signale liefern Vorlaufindikatoren zur künftigen Wirtschaftsentwicklung: Während der Consumer Confidence Index des Conference Board nach einem Rückgang im September im Oktober wieder anzog, waren die Umfrageergebnisse des Thomson Reuters/University of Michigan Survey of Consumers erneut rückläufig. Der ISM-Einkaufsmanagerindex stieg nach dem sinkenden Trend der vergangenen fünf Monate im Oktober wieder.

Ein nachhaltiger Aufschwung wird in den USA erst in Gang kommen, wenn sich der Arbeitsmarkt belebt. Er reagierte bisher nur sehr langsam auf die Erholung der Wirtschaft. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote lag im September bei 9,6%, um nur 0,5 Prozentpunkte unter dem Höchststand von Oktober 2009.

Solider, aber ungleichmäßiger Aufschwung in der EU

Die Wirtschaft erholt sich in den einzelnen EU-Ländern weiterhin ungleichmäßig. In Deutschland ist die exportgetragene Industriekonjunktur in Schwung, die Abschwächung des hohen Weltwirtschaftswachstums spiegelt sich aber in den jüngsten Exportdaten.

Im Euro-Raum sowie in der gesamten EU expandiert die Industrieproduktion weiterhin. Im August stiegen im Euro-Raum sowohl die Produktion als auch der Index der Auftragseingänge. Vorlaufindikatoren wie der Economic Sentiment Indicator der Europäischen Kommission lassen im III. Quartal ein anhaltendes Wachstum erwarten; allerdings ist die Entwicklung in den südlichen EU-Ländern wesentlich weniger günstig. So verschlechterte sich zuletzt der Vertrauensindikator in Spanien erneut.

In Deutschland bleibt die Konjunktur stark. Nach dem dynamischen Wachstum im II. Quartal (+2,2% gegenüber dem Vorquartal) dürfte sich die Expansion im III. Quartal nur wenig verlangsamen. Der ifo-Geschäftsklimaindex stieg im Oktober das fünfte Mal in Folge. Getragen wird der Boom weiterhin durch die Exportindustrie, die dank ihrer Wettbewerbsvorteile vom weltweiten Aufschwung profitiert. Im August übertraf der Export das Vorjahresniveau um ein Viertel (+26,8%), im Vormonatsvergleich der saisonbereinigten Werte für Juli und August wird aber ein Nachlassen der Aufwärtstendenz sichtbar.

Auch der umfangreiche Einsatz von Kurzarbeit dürfte in Deutschland für den Industrieaufschwung eine Rolle spielen: Da die Unternehmen einen Großteil ihrer Belegschaft während der Krise hielten, können sie die Produktion im aktuellen Aufschwung rasch an den internationalen Nachfrageanstieg anpassen.

Im Gegensatz zur Industrie- und Exportkonjunktur steigen die Ausgaben der privaten Haushalte weiterhin nur mäßig. Die saisonbereinigten Einzelhandelsumsätze sanken im August und September im Vormonatsvergleich.

Überraschend kräftig wuchs die Wirtschaft im III. Quartal in Großbritannien (+0,8% nach +1,2% im II. Quartal). Sowohl die Industrieproduktion als auch die gute Auftragslage in der Bauwirtschaft und im Dienstleistungsbereich stützten die Entwicklung. Die Inflation beschleunigte sich im September auf 3,1%.

In den meisten EU-Ländern ist der konjunkturbestimmte Teil der Inflation (HVPI) unverändert gering. Die Teuerung zog im Euro-Raum insgesamt leicht an (von 1,6% im August auf 1,8% im September), mit unterschiedlichen Tendenzen in den einzelnen Ländern: Während die Preise in Irland sanken (1%) und in Lettland nahezu stagnierten (+0,3%), war der Preisauftrieb in Griechenland beeinflusst durch die Anhebung indirekter Steuern zuletzt hoch (+5,7%).

Aufschwung der Export- und Industriekonjunktur hält in Österreich an

Nach dem dynamischen II. Quartal deuten die Ergebnisse des aktuellen WIFO-Konjunkturtests auf eine weitere Expansion in der Sachgütererzeugung im III. Quartal hin.

Mit der Verbesserung der internationalen Konjunktur gewinnt der österreichische Außenhandel an Kraft. Kumuliert von Jänner bis Juli wurden die Exporte laut Außenhandelsstatistik gegenüber der Vorjahresperiode nominell um 13,6% ausgeweitet, mit besonders hohen Raten im Mai und Juni. Während die Ausfuhr nach Deutschland von Jänner bis Juli kumuliert um 16,1% zunahm, wurde nach Italien, Österreichs zweitwichtigstem Handelspartner, um nur 8,9% mehr exportiert als im Vorjahr. Die Importe stiegen zwischen Jänner und Juli kumuliert um 12,5%.

Die Außenhandelsdynamik spiegelt sich in der Industriekonjunktur. Die Produktion entwickelte sich in der Sachgütererzeugung in den vergangenen Monaten gut. Nach der starken Expansion im II. Quartal dürfte die Wertschöpfung auch im III. Quartal zugenommen haben, wie der WIFO-Konjunkturtest zeigt. Der Anteil der Unternehmen, die zuletzt ihre Produktion gesteigert haben, ist hoch, wenngleich seit einigen Monaten nicht mehr gestiegen. Auch die Kapazitätsauslastung verbesserte sich zuletzt nur noch wenig und entspricht mit 81,8% etwa dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Die Konjunkturdynamik dürfte sich somit nicht weiter verstärken.

 

Abbildung 2: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests

Salden aus positiven und negativen Meldungen in % der befragten Unternehmen, saisonbereinigt

Q: Europäische Kommission, WIFO-Konjunkturtest. Ab Mai 2010 wegen Umstellung auf NACE-2-Gliederung eingeschränkt vergleichbar.

 

Die Produktionserwartungen und die Einschätzung der Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten sind optimistisch, aber auch hier ist kaum eine Aufwärtstendenz zu verzeichnen. Aufgrund der positiven Erwartungen ist die Zahl der Unternehmen, die neue Arbeitsplätze schaffen wollen, wieder größer als die der Unternehmen, die Personal abbauen müssen.

Baukonjunktur weiterhin träge

Im Gegensatz zur Sachgütererzeugung ist die Konjunktur in der Bauwirtschaft anhaltend schwach. Im Vorjahresvergleich sinkt die Wertschöpfung bereits seit dem III. Quartal 2008. Die Bauproduktion nahm gemäß dem aktuellen WIFO-Konjunkturtest zuletzt neuerlich kaum zu, die Auftragslage wird eher ungünstig eingeschätzt. In den letzten eineinhalb Jahren sank der Anteil der Bauunternehmen mit schlechter Geschäftslage zwar, er ist aber immer noch größer als jener der Unternehmen, die eine gute Geschäftslage melden. Besonders träge ist die Konjunktur im Tiefbau, während die Einschätzung der Auftragslage im Hochbau etwa dem langjährigen Durchschnitt entspricht. Gemäß Statistik Austria sanken die Auftragsbestände im Juli gegenüber dem Vorjahr im Tiefbau um 12,8%, im Hochbau um nur 1,4%. Auch die Baubewilligungen sind im Hochbau nach wie vor rückläufig.

Tourismus erholt sich nur langsam

Trotz eines Anstiegs der Nächtigungszahlen stagnierten die Tourismusumsätze nach bisher verfügbaren Daten in der Sommersaison.

Gemäß vorläufigen Berechnungen stagnierten die Tourismusumsätze in der Sommersaison auf dem niedrigen Niveau des Vorjahres. Der Reiseverkehr erholt sich demnach wie erwartet nur langsam aus der Krise. Die Gäste sparen an den Nebenausgaben und bleiben weniger lang; teils sinken die Zimmerpreise. Dies drückt die Umsätze.

Die Zahl der Nächtigungen von in- und ausländischen Gästen nahm von Mai bis September gegenüber dem Vorjahr um jeweils etwa 1% zu. Die Gesamtergebnisse wurden durch die günstige Entwicklung im Städtetourismus gestützt (Innsbruck, Salzburg und Wien zusammen +11,3%); im übrigen Österreich sanken die Übernachtungen geringfügig (0,3%).

Unter den für Österreich wichtigen ausländischen Herkunftsmärkten stieg in den Monaten Mai bis August 2010 besonders die Zahl der Übernachtungen von Gästen aus Russland (+35,7%), Schweden (+20,1%), den USA (+19,6%), Polen (+14,6%) und Großbritannien (+11,3%). Die Nächtigungen aus Rumänien (+4,5%), Dänemark (+4,0%), Ungarn (+3,1%), Frankreich (+3,1%), der Schweiz (+2,8%) und Tschechien (+2,4%) entwickelten sich ebenfalls überdurchschnittlich. Hingegen waren auf den bedeutenden Herkunftsmärkten Italien (0,9%), Niederlande (1,4%), Belgien (1,8%) und Deutschland (1,9%) Einbußen zu verzeichnen. In Wien erzielte die Tourismuswirtschaft von Mai bis September 2010 neuerlich kräftige Zuwächse, und auch in Salzburg und im Burgenland expandierten die Umsätze.

Nachfrage im Handel weiterhin stabil, leichte Inflationsbeschleunigung

Der Anstieg der Inflationsrate ist wesentlich durch die Verteuerung von Mineralölprodukten bestimmt. Das Verbrauchervertrauen verbessert sich kontinuierlich.

Laut VGR entwickelte sich der Einzelhandel im 1. Halbjahr 2010 stabil. Die Pkw-Neuzulassungen nahmen in den letzten Monaten kräftig zu: Im Oktober wurden gemäß vorläufiger Zahlen um 7,8% mehr Pkw zugelassen als ein Jahr zuvor, im August betrug der Anstieg sogar 10,1%. Allerdings nahmen die Tageszulassungen von Jänner bis September um 50,7% zu. Der Großhandel profitiert von der Export- und Industriekonjunktur.

Das Konsumentenvertrauen verbesserte sich in den vergangenen Monaten kontinuierlich. Auch hinsichtlich der allgemeinen Wirtschaftslage waren die Konsumenten zuletzt optimistischer.

Die Inflationsrate lag im September bei 1,9% (August 1,7%, Juli 1,9%). Der Anstieg des harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) entsprach mit 1,8% dem Durchschnitt des Euro-Raumes. Insgesamt wurde der Preisauftrieb wesentlich durch die Verteuerung von Mineralölprodukten bestimmt.

Abbildung 3: Wirtschaftspolitische Eckdaten

Q: Arbeitsmarktservice Österreich, Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, OeNB, Statistik Austria, WIFO-Berechnungen. 1) Unselbständig Beschäftigte ohne Bezug von Karenz- oder Kinderbetreuungsgeld, ohne Präsenzdienst, ohne Schulungsteilnahmen von Arbeitslosen mit Beihilfen zur Deckung des Lebensunterhalts.

 

Die Inflationsrate ohne Energie betrug in Österreich im September 1,5% (August 1,3%). Treibstoffe waren um 11% teurer als ein Jahr zuvor. Auch die Preise von Haushaltsenergie stiegen erneut deutlich, wenngleich der Heizölverteuerung (+22%) weiterhin ein Rückgang der Gaspreise (4%) gegenüberstand. Der Gaspreis folgt der Rohölpreisentwicklung mit einer Verzögerung von etwa einem Jahr. Gedämpft wurde die Preisentwicklung zudem durch die Verbilligung von Mobiltelefongesprächen (25,1%) und Flugtickets (13,9%).

Der Großhandelspreisindex, welcher im Allgemeinen volatiler ist als der VPI, erhöhte sich im September mit +7,1% stärker als in den Monaten zuvor (August +5,6%, Juli +5,0%).

Bei einem durchschnittlichen Anstieg der Verbraucherpreise um 1,8% übertrafen die Tariflöhne der Beschäftigten das Vorjahresniveau im III. Quartal um 1,4%.

Arbeitslosigkeit im Oktober erneut gesunken

Im Vorjahresvergleich sinkt die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen, jene der Beschäftigten steigt weiter. Das gilt vor allem für die Beschäftigten in der Industrie.

Der Arbeitsmarkt erholt sich weiter, die Zahl der unselbständig Beschäftigten stieg im Oktober gegenüber dem Vorjahr um 59.600 (+1,8%). Dem Konjunkturbild folgend wurden vor allem in der Sachgütererzeugung neue Arbeitsplätze geschaffen, insbesondere für Leiharbeitskräfte. Im Vormonatsvergleich erhöhte sich die Zahl der unselbständig Beschäftigten erneut leicht (+0,2% gegenüber September).

Die Zahl der offenen Stellen stieg auch im Oktober sowohl gegenüber dem Vorjahr als auch gegenüber dem Vormonat.

Im Oktober waren 226.100 Personen arbeitslos gemeldet, um 7,9% (19.400) weniger als ein Jahr zuvor und um 0,6% weniger als im September. Zugleich befanden sich erstmals weniger Arbeitslose in Schulungen des AMS als im Vorjahr (sie scheinen nicht in der Arbeitslosenstatistik auf; 1.970 gegenüber Oktober 2009).

Spiegelbildlich zum überdurchschnittlichen Anstieg der Beschäftigung sank in der Industrie aufgrund der Konjunkturbelebung die Arbeitslosigkeit besonders deutlich.

Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote lag nach österreichischer Berechnungsmethode auch im Oktober wieder bei 6,7%. Nach der EU-Berechnungsmethode betrug sie im September 4,5%.

 

Methodische Hinweise und Kurzglossar

Periodenvergleiche

Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Wachstumsüberhang

Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten Zahlen) des vorangegangenen Jahres  auf die Veränderungsrate des Folgejahres . Er ist definiert als die Jahresveränderungsrate des Jahres , wenn das BIP im Jahr  auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres  (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.

Reale und nominelle Größen

Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich

Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI

Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone (siehe auch http://www. statistik.at/).

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest

Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit (http://www.itkt.at/). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote

Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote

Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenz- und Zivildiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

 

 

Export and Industrial Activity in Austria Remains Lively Summary

The global economic recovery continues, although the pace of growth has recently moderated in Asia and the USA. Austria's export sector and industry are benefiting to a particular extent from the strong performance in Germany. While construction and tourism are only slowly finding a way out of the crisis, trade is providing a positive stimulus. The labour market is also strengthening further, especially in industry-related sectors.

Notwithstanding the economic recovery, global economic growth has weakened of lately. Notably Asia has seen the expansion of foreign trade and industrial production loses momentum. While year-on-year nominal export growth has been decelerating in Japan since March 2010, it still remained strong in China also in the third quarter.

The US economy once more expanded only moderately in the third quarter, growing by +0.5 percent compared with the previous quarter. After the economy had recovered quickly from the crisis, the rate of growth had declined already in the second quarter of 2010. While consumer and investment demand stimulated growth, the development of foreign trade exerted a dampening effect. Leading indicators are providing contradictory signals for the months to come. The job market has so far reacted only very slowly to the pick-up in economic activity.

The recovery continues in the EU, although the recovery process remains uneven across countries. Economic activity is particularly lively in Germany. After the dynamic second quarter, leading indicators point to an ongoing revival in the third quarter. Industrial production, which is supported by exports, continues to drive growth.

Owing to the positive global environment, Austria's industrial and export activity also remains lively. The most recent results of the WIFO business cycle survey point to continued expansion in the manufacturing sector. The share of companies that have recently been able to increase production remains high, though it has not risen further for a few months now. Moreover, the number of companies creating new jobs recently again exceeded that of companies forced to reduce staff.

Activity in the construction sector, notably in civil engineering, by contrast, remains weak. Tourism, too, is also only beginning to recover from the crisis. Guests are spending less on extras and are staying for shorter periods of time; some room prices are falling. This is depressing sales.

The trade sector has been faring better: new car registrations have risen markedly in recent months, and the wholesale trade has been benefiting from lively export and industrial activity.

The inflation rate rose to 1.9 percent in September (after 1.7 percent in August), with price pressures largely due to price rises for mineral oil products. The inflation rate excluding energy was 1.5 percent in September.

The pick-up in activity is also reflected in a further strengthening of the labour market. Compared with a year earlier, the number of people employed rose in October (notably in industry), whereas that of persons registered as unemployed fell further. For the first time in more than two years the number of persons enrolled in AMS (Public Employment Service) training programmes, which are not included in the unemployment statistics, also declined.

 

 

 



[a])  Siehe dazu auch Ederer, St., Marterbauer, M., Schulmeister, St., "Verhaltene Konjunktur in den Industrieländern: Staatsverschuldung und Arbeitslosigkeit bleiben hoch", WIFO-Monatsberichte, 2010, 83(11).