WIFO

 

Der Agrarhaushalt der EU und ausgewählte Folgen einer Kürzung

 

Langfristig hat die Landwirtschaft im Haushalt der EU an Bedeutung verloren, während andere Aufgaben höheres Gewicht erhielten. Im aktuellen Finanzrahmen der EU für die Periode 2007/2013 wurden insgesamt Ausgaben von 975 Mrd. € (Verpflichtungsmittel zu laufenden Preisen) bewilligt. Sie sind überwiegend für die Position "Nachhaltiges Wachstum" veranschlagt (438 Mrd. €) und sind zum Großteil für die Kohäsionspolitik vorgesehen (347 Mrd. €). Die agrarpolitischen Ausgaben sind unter der Rubrik "Bewahrung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen" ausgewiesen (416 Mrd. €). Davon sind 330 Mrd. € für marktbezogene Maßnahmen und Direktzahlungen vorgesehen. Die Ausgaben werden aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) dotiert, die jeweils besondere Merkmale aufweisen und den Schwerpunkt (teils) auf unterschiedliche agrarpolitische Ziele setzen.

 

Begutachtung: Erwin Schmid (Universität für Bodenkultur Wien) • Wissenschaftliche Assistenz: Dietmar Weinberger • E-Mail-Adressen: Franz.Sinabell@wifo.ac.at, Dietmar.Weinberger@wifo.ac.at

 

INHALT

Ein kurzer historischer Abriss

Agenda 2000, Luxemburger Beschlüsse und Health-Check-Reform

Der Lissabon-Vertrag

Fakten zum Agrarhaushalt der EU

Der EU-Agrarhaushalt in der Vergangenheit

Direktzahlungen

Programm der ländlichen Entwicklung

Agrarförderungen im aktuellen Finanzrahmen

Nettozahlungspositionen und fiktive Agrarnettopositionen

Subventionen und Faktoreinkommen in der Landwirtschaft

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Literaturhinweise

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

Übersicht 1: Anteil der Agrarsubventionen am Bruttonationaleinkommen. 7

Übersicht 2: Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe und Direktzahlungen. 9

Übersicht 3: Mittelaufteilung des Programms der ländlichen Entwicklung. 11

Übersicht 4: Obergrenzen der Direktzahlungen und der vorgesehenen Mittel im Programm der ländlichen Entwicklung  13

Übersicht 5: Nettoposition der EU-Länder bezüglich der Agrarzahlungen und insgesamt 15

Übersicht 6: Faktoreinkommen und Subventionen gemäß Landwirtschaftlicher Gesamtrechnung. 17

Abbildung 1: Entwicklung der Ausgaben der Gemeinsamen Agrarpolitik. 6

Abbildung 2: Entwicklung der EU-Ausgabenstrukturen. 8

 

 

In dem von der Europäischen Kommission initiierten Konsultationsprozess zum neuen Finanzrahmen der EU (http://ec.europa.eu/budget/reform/issues/read_de.htm) setzen sich zahlreiche Vorschläge ausführlich mit der Rolle und auch der Dotation einer künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik auseinander. Das Meinungsspektrum ist dabei sehr breit und reicht von einer Verringerung der Agrarausgaben bis zu einer Ausdehnung.

Der vorliegende Beitrag untersucht die Agrarausgaben der EU in einem längerfristigen Kontext und zeigt die Verteilung der Mittel zwischen den Mitgliedsländern. Aus dem Vergleich der Ist-Situation und der Entwicklung kann darauf geschlossen werden, wie die Landwirtschaft der einzelnen Mitgliedsländer von einer allfälligen Kürzung des EU-Agrarhaushalts betroffen sein könnte. Anhand der Relation zwischen den Subventionen für die Landwirtschaft und der Wertschöpfung der Landwirtschaft kann in einer komparativ-statischen Sicht die Bedeutung der öffentlichen Transfers für den Agrarsektor quantifiziert werden. Österreich profitiert derzeit in erheblichem Ausmaß von den Rückflüssen aus dem Titel der Agrarförderung. Angesichts der Unterschiede dieser Relation zwischen den einzelnen EU-Ländern sind in den Verhandlungen über den neuen Finanzrahmen abweichende Positionen zu Tempo und Ausmaß der weiteren GAP-Reformen zu erwarten.

Ein kurzer historischer Abriss

Der Vertrag von Rom aus dem Jahr 1958 enthält bereits die allgemeinen Ziele einer gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Ihre Grundsätze wurden anlässlich der Konferenz von Stresa im Juli 1958 festgelegt. 1960 verabschiedeten die sechs Gründungsmitgliedsländer die Grundsätze der "Gemeinsamen Marktorganisationen", die 1962 in Kraft traten:

·          Der Güterverkehr soll im Binnenmarkt (Prinzip der "Einheit des Marktes") nicht gehemmt werden.

·          Der Vermarktung der Agrarprodukte des Gemeinsamen Marktes wird der Vorrang gegeben, indem Außenhandelsschranken und administrative Preise eingerichtet werden ("Gemeinschaftspräferenz"); den Mitgliedsländern wurde die Möglichkeit entzogen, den eigenen Agrarsektor zu bevorzugen, dazu wurde u. a. ein eigenes Wechselkurssystem entwickelt, um Währungsschwankungen auszugleichen.

·          Agrarpolitische Instrumente (Preisstützung, Mengensteuerung über Lagerhaltung, später Exportstützungen) werden aus dem gemeinsamen Haushalt ("finanzielle Solidarität") finanziert.

Im Jahr 1962 wurden mit der Senkung der Zollsätze auf gewerbliche Güter um 50% gegenüber 1957 die ersten Schritte zur Schaffung der Zollunion gesetzt, die 1968 vollendet wurde. In den folgenden zwei Jahrzehnten entwickelte die Agrarpolitik ein ausdifferenziertes System von Markteingriffen, das mit den Jahren strukturbedingte Überschüsse an wichtigen Agrarprodukten und hohen finanziellen Aufwand für Lagerhaltung und Exportstützungen zur Folge hatte.

1988 einigte sich der Europäische Rat auf ein Paket von Reformmaßnahmen, darunter die "Leitlinie für die Agrarausgaben" zur Begrenzung des Anteils der GAP-Ausgaben am Gesamthaushalt. Um dieses Ziel zu erreichen und um die Uruguay-Runde zum Abschluss zu bringen, wurden 1992 im Zuge der Mac-Sharry-Reform Direktzahlungen an Agrarbetriebe zum finanziell wichtigsten Instrument. Damit sollte der Agrarhaushalt von Preisschwankungen auf den Gütermärkten abgekoppelt werden. In der Folge wurden die administrativ festgelegten Agrarpreise gesenkt und dadurch das Angebot und somit der Bedarf an Exportsubventionen verringert.

Agenda 2000, Luxemburger Beschlüsse und Health-Check-Reform

Die Agenda-2000-Reform beschleunigte diese Umorientierung. Mit der Etablierung der "zweiten Säule", des Programms der ländlichen Entwicklung, im Jahr 2000 soll die Lösung inhärenter Zielkonflikte (Einkommensziel der landwirtschaftlichen Bevölkerung, Ziel niedriger Verbraucherpreise) besser möglich sein als mit den Mitteln der Marktordnungen allein. Mit diesem Programm wird die Bereitstellung von Umweltgütern abgegolten und die Offenhaltung der agrarischen Kulturlandschaft auf benachteiligten Standorten finanziert. Auch die Modernisierung von Unternehmen, Maßnahmen zur Diversifizierung und Innovationen werden gefördert. Das Programm der ländlichen Entwicklung überwindet den engen Fokus auf den Agrarsektor und wendet sich an die gesamte Bevölkerung des ländlichen Raums. Je nach finanziellem Status der Empfängerregion müssen 50% oder 25% der Mittel aus nationalen Fonds kofinanziert werden, während die Maßnahmen im Rahmen der "ersten Säule" vollständig aus dem EU-Haushalt bestritten werden.

2003 wurde beschlossen, die 1992 eingeführten Direktzahlungen abzuschaffen, da ihre Auszahlung nach wie vor an die Produktion von Agrargütern gekoppelt war. Stattdessen wurden ab 2005 pauschale Zahlungsansprüche (häufig Betriebsprämie genannt) eingeführt, die nicht mehr an die Produktion, sondern an die Aufrechterhaltung eines guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands gebunden sind (Cross Compliance).

Durch die Reform von 2003 wurden Verzerrungen der Allokation durch die Agrarpolitik im Binnenmarkt weiter verringert, und es wurden Rahmenbedingungen geschaffen, unter denen weitere Liberalisierungsschritte im Agraraußenhandel leichter zu bewältigen sein werden. Aktuelle Reformen einzelner Marktordnungen (z. B. Zucker, Milch) folgen diesem Muster: Senkung von Preisen und Lieferrechten, im Gegenzug Einführung bzw. Ausdehnung von Direktzahlungen an die betroffenen Produzenten.

2008 wurde die Reform von 2003 überprüft (Health-Check-Reform). Gemäß den Beschlüssen vom 20. November 2008 (Europäische Kommission, 2008) zieht sich die Gemeinsame Agrarpolitik weiter aus dem Marktgeschehen zurück: Die Intervention für Schweinefleisch wird abgeschafft, die Intervention für Butter und Magermilchpulver ist weiterhin zu einem festen Preis möglich, jedoch ist die Menge limitiert. Die Intervention für Weizen bleibt bestehen (zum Preis von 101,31 € je Tonne), wird aber auf 3 Mio. t pro Saison beschränkt. Die Gersten- und Sorghumintervention wird auf Null gesetzt.

Die Verpflichtung zur Flächenstilllegung als Voraussetzung für Direktzahlungen wurde beseitigt, zudem wurden weitere Schritte zur Entkoppelung gesetzt (Trockenfutter, Flachs und Hanf, Kartoffelstärke) und die Prämie für Energiepflanzen abgeschafft. Einige gekoppelte Direktzahlungen (wie die in Österreich gewährte Mutterkuhprämie) bleiben auf Druck der Mitgliedsländer erhalten.

Im Zuge der Reform wurde festgehalten, dass das Milchquotensystem im Jahr 2015 endet. Bis dahin werden die nationalen Quoten jährlich um 1% angehoben (in Italien bereits 2009 um 5%). Milcherzeuger dürfen zusätzliche Hilfen erhalten, um auch nach der Abschaffung des Quotensystems wettbewerbsfähig zu bleiben.

Nach der Reform von 2003 wurden durch die "Modulation" Direktzahlungen über 5.000 € pro Jahr um 5% gekürzt. Dieser Satz wird schrittweise angehoben, sodass die Kürzung im Jahr 2012 insgesamt 10% beträgt.

Bereits vor der Health-Check-Reform konnten Mitgliedsländer Direktzahlungen einbehalten und für Umweltschutzmaßnahmen oder Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität und der Vermarktung bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse einsetzen. Diese Bestimmungen (Artikel-69-Maßnahme) wurden gelockert, die Mitgliedsländer können nicht ausgezahlte Direktzahlungen der ersten Säule zur Dotation der zweiten Säule verwenden.

Der Lissabon-Vertrag

Der Lissabon-Vertrag ändert die seit Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft starke Verankerung der Agrarpolitik als gemeinsame Politik nicht. Angelegenheiten der Landwirtschaft zählen zu den Hauptbereichen der gemeinsamen Zuständigkeit von Union und Mitgliedsländern (Art. 4).

Die Agrarpolitik wird von der Union festgelegt und durchgeführt (Art. 38), die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik (Art. 39) sind unverändert: Steigerung der Produktivität, Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts der landwirtschaftlichen Bevölkerung, Marktstabilisierung, Versorgungssicherheit und Sicherung angemessener Preise für die Konsumenten. Obwohl die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht verändert wurden, kann sie grundsätzlich auf neue Herausforderungen (z. B. Klimawandel) reagieren. Große Bedeutung hat hier das "vereinfachte Änderungsverfahren" (Art. 48), mit dem der Vertrag angepasst werden kann.

Die unmittelbar wichtigste Anpassung der agrarpolitischen Rahmenbedingungen durch den Lissabon-Vertrag betrifft die Art der Entscheidungsfindung: Kam dem Europäischen Parlament bisher in den meisten für die Landwirtschaft wichtigen Fragestellungen nur eine beratende Funktion zu, so ist es nun gleichberechtigter Entscheidungspartner mit dem Europäischen Rat.

Fakten zum Agrarhaushalt der EU

Der EU-Agrarhaushalt in der Vergangenheit

Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Ausgaben der Gemeinsamen Agrarpolitik der letzten drei Jahrzehnte. Die nationalen Ausgaben für den Agrarsektor spielen demnach eine untergeordnete Rolle, sind aber nicht zu vernachlässigen. In den 1980er-Jahren nahmen die GAP-Ausgaben kräftig zu. Im Gefolge der Mac-Sharry-Reform verringerten sich ab dem Jahr 1993 die Exportsubventionen, und die Direktzahlungen erhöhten sich wegen der Senkung administrativ beeinflusster Agrarpreise merklich. Die Position "flankierende Maßnahmen" bildete den Ausgangspunkt des ab dem Jahr 2000 breit angelegten Programms der ländlichen Entwicklung, mit dem die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik verankert wurde. Die im Jahr 2003 initiierte Entkopplung hatte schließlich zur Folge, dass mittlerweile der Großteil der Zahlungen an die Landwirtschaft weitgehend ohne Produktionsanreiz ist.

Bis Anfang der 1990er-Jahre stiegen die Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik kontinuierlich (Abbildungen 1, 2). In Relation zum Bruttonationaleinkommen (BNE) der EU-Länder erreichten sie im Jahr 1985 mit rund 0,61% ihren Höchstwert, seither ist diese Quote rückläufig. Der Anteil der GAP-Ausgaben am EU-Haushalt lag in den 1970er-Jahren durchwegs über 70%, seit 1996 bleibt er unter 50%.

Wenngleich die im "Sapir-Report" (Sapir et al., 2003) geforderte Umorientierung im EU-Haushalt im aktuellen Finanzrahmen bei Weitem nicht zum Ausdruck kommt, wird doch eine veränderte Gewichtung deutlich, vor allem wenn man bedenkt, dass durch die jüngsten Erweiterungsrunden die Zahl der Erwerbstätigen im Agrarsektor zu Vollzeitäquivalenten von 6,4 Mio. im Jahr 1999 auf derzeit über 10 Mio. gestiegen ist. Während der Budgetanteil der Agrarausgaben im Finanzrahmen 2007/2013 rückläufig ist, nimmt jener der "Wettbewerbsausgaben" leicht zu. Bei einem Budget, das auf rund 1% des EU-BNE begrenzt ist, wird damit wenngleich sehr vorsichtig auch im EU-Haushalt wachstums- und beschäftigungspolitischen Anliegen größere Priorität gegeben.

 

Abbildung 1: Entwicklung der Ausgaben der Gemeinsamen Agrarpolitik

Zu laufenden Preisen

Q: European Commission, Agriculture and Rural Development, Financing the Common Agricultural Policy, Financial Reports, verschiedene Jahrgänge, http://ec.europa.eu/agriculture/fin/finrep_en.htm; Europäische Kommission, GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Statistische und wirtschaftliche Informationen über die Landwirtschaft, verschiedene Jahrgänge; Europäische Kommission, GD Finanzplanung und Haushalt, Der EU-Haushalt, Finanzberichte, verschiedene Jahrgänge, http://ec.europa.eu/budget/documents/publications_de.htm; Europäische Kommission, GD Finanzplanung und Haushalt, Haushalt Online, http://eur-lex.europa.eu/budget/www/index-de.htm.

 

Die nationalen Ausgaben für den Agrarsektor (in Abbildung 2 nicht enthalten) und die Agrarausgaben der EU betragen in Summe etwa 0,6% des BNE (Übersicht 1). In den neuen EU-Ländern ist der Anteil höher als in den Ländern der EU 15, vor allem weil der Agrarsektor in letzteren insgesamt ein geringeres Gewicht an der Wirtschaftsleistung hat.

 

Übersicht 1: Anteil der Agrarsubventionen am Bruttonationaleinkommen

 

 

2004

2005

2006

Anteile in %

EU 15

Förderungen aus dem EU-Haushalt

0,46

0,46

0,44

Nationale Förderungen

0,12

0,13

0,12

Insgesamt

0,58

0,59

0,56

10 neue EU-Länder

Förderungen aus dem EU-Haushalt

0,46

0,83

0,86

Nationale Förderungen

0,35

0,35

0,35

Insgesamt

0,81

1,18

1,21

EU 25

Förderungen aus dem EU-Haushalt

0,46

0,48

0,47

Nationale Förderungen

0,13

0,15

0,14

Insgesamt

0,59

0,63

0,61

Q: Vásáry Elekes Halmai (2008).

 

Direktzahlungen

Die Direktzahlungen der EU und hier vor allem die entkoppelten Direktzahlungen sind derzeit die wichtigste Ausgabenposition des EU-Agrarbudgets. Auf die Direktzahlungen entfallen fast 70% der Agrarausgaben; für das Programm der ländlichen Entwicklung wird also ein relativ kleiner Teil des Gesamtbudgets aufgewandt.

 

Abbildung 2: Entwicklung der EU-Ausgabenstrukturen

Q: Europäische Kommission, GD Finanzplanung und Haushalt, Der EU-Haushalt, Finanzberichte, verschiedene Jahrgänge, http://ec.europa. eu/budget/documents/publications_de.htm; Europäische Kommission, GD Finanzplanung und Haushalt, Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2009, Übersicht in Zahlen; Europäische Kommission, GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Statistische und wirtschaftliche Informationen über die Landwirtschaft, verschiedene Jahrgänge.

 

Der Umfang der Direktzahlungen und die Verteilung zwischen den EU-Ländern spiegeln die historischen Zusammenhänge wider, von denen sie sich ableiten. Zur Bemessung der Direktzahlungen wurden gemäß den Luxemburger Beschlüssen die Jahre 2000/2002 als Referenzperiode herangezogen. Die Gegenüberstellung von Strukturkennzahlen und der Verteilung der Direktzahlungen in Übersicht 2 bezieht sich auf das Jahr 2008, für das derzeit die aktuellsten Zahlen vorliegen. Allerdings war 2008 in einigen EU-Ländern noch der Übergang von gekoppelten zu entkoppelten Direktzahlungen im Gang, und in den neuen EU-Ländern hatten die Direktzahlungen noch nicht die endgültige Höhe erreicht.

Der Umfang der entkoppelten Direktzahlungen ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. In den neuen EU-Ländern sind die Flächenzahlungen durchwegs entkoppelt, da die Prämien unabhängig von der Produktion gewährt werden (sofern bestimmte Mindestauflagen erfüllt sind). In Deutschland und Großbritannien sind nahezu alle Direktzahlungen entkoppelt. 2008 waren in Frankreich fast alle Direktzahlungen weiterhin an die Produktion verschiedener Kulturpflanzen oder Wiederkäuer gekoppelt. Österreich nimmt eine Mittelstellung ein, vor allem Prämien für Mutterkühe sind weiterhin an die Produktion gekoppelt.

Am Beispiel Italiens und Polens ist der Unterschied zwischen langjährigen und neuen EU-Mitgliedsländern gut zu erkennen: In beiden Ländern erhalten etwa 1,4 Mio. Betriebe Direktzahlungen. Während in Italien im Jahr 2008 3,5 Mrd. € an Direktzahlungen gewährt wurden, betrug diese Summe in Polen nur knapp über 1,2 Mrd. €, obwohl die durchschnittlichen Zahlungen je Betrieb in Italien nicht besonders hoch sind in Dänemark, Irland und Deutschland sind sie doppelt so hoch und höher.

Programm der ländlichen Entwicklung

Im Gegensatz zu den Direktzahlungen werden die Mittel des Programms der ländlichen Entwicklung nicht direkt an die Betriebe ausgezahlt, sondern über Programme an Projektteilnehmer vergeben. Typische Projekte sind etwa die Förderung der biologischen Wirtschaftsweise im Rahmen des Agrarumweltprogrammes, lokale Initiativen zur Dorferneuerung oder Maßnahmen zum Hochwasserschutz, die von Verbänden gesetzt werden.

 

Übersicht 2: Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe und Direktzahlungen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Betriebe

Direktzahlungen insgesamt

Entkoppelte Direktzahlungen 2008

 

2007

2000

2005

2008

 

 

Empfänger

Volumen

Empfänger

Volumen

Empfänger

Volumen

Empfänger

Volumen

 

In 1.000

In 1.000

Mio. €

In 1.000

Mio. €

In 1.000

Mio. €

In 1.000

Mio. €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU 27

13.700

.

.

.

.

8.123

37.581

7.913

31.419

EU 15

5.662

5.274

24.115

4.903

31.024

4.826

34.326

4.617

28.187

12 neue EU-Länder

8.038

.

.

.

.

3.297

3.255

3.296

3.232

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Belgien

48

45

250

43

451

46

560

39

454

Bulgarien

493

 

 

 

 

79

166

79

166

Tschechien

39

 

 

19

213

22

380

22

379

Dänemark

45

62

658

52

886

59

973

58

918

Deutschland

370

362

3.615

331

4.961

356

5.493

355

5.346

Estland

23

 

 

19

21

18

41

18

41

Griechenland

860

814

1.749

836

1.460

872

2.406

851

1.894

Spanien

1.044

887

3.445

904

4.476

901

4.921

804

3.276

Frankreich

527

598

5.822

435

7.515

395

8.081

370

5.696

Irland

128

166

771

128

1.209

126

1.276

125

1.251

Italien

1.679

1.582

2.838

1.419

3.692

1.346

3.822

1.330

3.207

Zypern

40

 

 

34

8

39

19

39

19

Lettland

108

 

 

68

25

77

62

77

61

Litauen

230

 

 

238

82

195

158

195

154

Luxemburg

2

2

16

2

28

2

35

2

34

Ungarn

626

 

 

203

316

191

543

191

541

Malta

11

 

 

5

0

5

2

5

2

Niederlande

77

63

167

97

542

66

794

60

661

Österreich

165

138

427

132

650

125

709

124

599

Polen

2.391

 

 

1.386

704

1.436

1.248

1.436

1.244

Portugal

275

252

380

234

532

203

570

172

343

Rumänien

3.931

 

 

 

 

1.160

423

1.160

422

Slowenien

75

 

 

57

25

61

56

60

49

Slowakei

69

 

 

12

83

15

156

15

154

Finnland

68

72

265

68

482

66

543

66

489

Schweden

73

64

504

59

662

81

718

80

662

Großbritannien

300

166

3.205

163

3.478

183

3.425

181

3.357

Q: European Commission (2003, 2007A, 2010A); Europäische Kommission, Budget online, http://eur-lex.europa.eu/budget/www/index-en.htm; Eurostat, NewCronos-Datenbank, Daten über die Agrarstruktur 2007 (abgerufen im April 2010). Empfänger von Direktzahlungen sind nicht zwingend Betriebe im Sinne der Agrarstrukturerhebung. Entkoppelte Direktzahlungen: einheitliche Betriebsprämie (Budgetansatz 05 03 01 01), einheitliche Flächenzahlungen (Budgetansatz 05 03 01 02) und zusätzliche Unterstützungsbeträge (Budgetansatz 05 03 03).

 

Ein zweiter wesentlicher Unterschied zu den Direktzahlungen ist, dass EU-Mittel komplementär aus nationalen und subnationalen Budgets ergänzt werden. Jene Regionen, in denen die teilnehmenden Betriebe angesiedelt sind, müssen subsidiär Beiträge aufbringen. Die Betriebe müssen sich um die Teilnahme bewerben und stehen in der Regel im Wettbewerb zu anderen Förderwerbern.

Die einzelnen Programme orientieren sich an einem einheitlichen Rahmenplan, sie sind aber sehr heterogen. Da neben landwirtschaftlichen Betrieben auch Einzelpersonen oder Gemeinschaften und andere Unternehmen zu den Empfängern zählen und in einzelnen Programmen lediglich der Mehraufwand bestimmter Maßnahmen abgegolten wird (z. B. der Verlust an Grünfutter durch späteres Mähen, um Brutvögel nicht zu stören), haben Zahlungen in diesem Programm nicht den Transfercharakter wie Direktzahlungen.

Das Volumen der Förderungen aus diesem Titel ist deutlich geringer als die Direktzahlungen (Übersicht 2). Zudem verteilen sich die Mittel anders auf die Mitgliedsländer Österreich etwa erhält aus dem Programm der ländlichen Entwicklung mehr Mittel als aus Direktzahlungen (Übersicht 3).

Agrarförderungen im aktuellen Finanzrahmen

Trotz der langfristigen Planung der EU-Ausgaben für die Landwirtschaft ist die künftige Verteilung der Mittel auf die einzelnen Mitgliedsländer schwierig zu prognostizieren. Eine einfache Fortschreibung der Budgetanteile einzelner Länder auf der Basis von Beobachtungen zu Beginn der Periode des Finanzrahmens würde zu falschen Schlussfolgerungen führen, da die Direktzahlungen für die neuen EU-Länder schrittweise steigen und die voranschreitende Entkopplung der Förderungen von der Produktion (z. B. Stärkekartoffeln) weitere Verlagerungen bewirkt. Anhaltspunkte über die zu erwartende Verteilung der Agrarsubventionen zwischen den Mitgliedsländern liefert die Gegenüberstellung der Obergrenzen für Direktzahlungen, wie sie im Zuge der Haushaltsdisziplin festgehalten wurden (VO (EG) 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003; Übersicht 4).

 

Übersicht 3: Mittelaufteilung des Programms der ländlichen Entwicklung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Programmperiode 2000/20061)

Programmperiode 2007/2013 (EAFRD)

 

 

 

 

2007/2013

2007/08

 

Zahlungen

Absorption

Budget

Budget

Zahlungen

Absorption

 

Kumuliert

Durchschnitt p. a.

 

 

 

 

 

 

Mio. €

Mio. €

In % des Budgets

Mio. €

Mio. €

Mio. €

In % des Budgets

 

 

 

 

 

 

 

 

EU 27

54.425

7.775

85

91.009

24.149

11.133

46

EU 15

47.132

6.733

88

53.918

14.644

8.663

59

12 neue EU-Länder

7.293

1.042

67

37.091

9.504

2.470

26

 

 

 

 

 

 

 

 

Belgien

360

51

92

419

128

100

78

Bulgarien

212

30

48

2.609

581

82

14

Tschechien

569

81

71

2.816

789

323

41

Dänemark

340

49

98

445

129

89

69

Deutschland

8.498

1.214

93

8.130

2.372

1.435

60

Estland

196

28

76

715

191

48

25

Griechenland

2.460

351

65

3.707

925

438

47

Spanien

8.165

1.166

87

7.214

1.564

668

43

Frankreich

6.090

870

95

6.442

1.873

1.592

85

Irland

2.563

366

97

2.340

729

735

101

Italien

6.712

959

82

8.292

2.278

630

28

Zypern

42

6

56

163

52

16

31

Lettland

374

53

73

1.041

301

71

24

Litauen

502

72

68

1.743

510

95

19

Luxemburg

91

13

96

90

28

23

81

Ungarn

802

115

75

3.806

1.108

307

28

Malta

20

3

65

77

24

0

0

Niederlande

488

70

92

487

143

47

33

Österreich

3.337

477

99

3.912

1.223

970

79

Polen

3.321

474

70

13.230

3.923

1.062

27

Portugal

2.846

407

77

3.929

1.123

441

39

Rumänien

533

76

46

8.023

1.147

110

10

Slowenien

272

39

82

900

289

143

49

Slowakei

451

64

69

1.969

590

214

36

Finnland

2.404

343

97

2.087

651

450

69

Schweden

1.260

180

96

1.826

569

410

72

Großbritannien

1.519

217

89

4.599

909

636

70

Q: European Commission (2007B, Table 4.2.1.1.3, http://ec.europa.eu/agriculture/agrista/rurdev2007/index_en.htm), (2010B, Table 4.1.2.1., http://ec.europa.eu/agriculture/agrista/rurdev2009/index_en.htm). 1) Summe der Mittel für die ländliche Entwicklung aus dem EAGFL (Garantie und Ausrichtung), SAPARD und Temporary Rural Development Instrument (TRDI).

 

Nettozahlungspositionen und fiktive Agrarnettopositionen

Vor allem aus politökonomischer Perspektive nimmt in der Diskussion über das EU-Budget die Nettosaldenposition der Mitgliedsländer eine zentrale Stellung ein. Der Saldo der Einzahlungen in den Haushalt und der Auszahlungen aus dem EU-Haushalt ist insbesondere eine wichtige Zielgröße der nationalen Regierungen.

Freilich ist die Nettosaldenposition ein sehr ungenauer Indikator für die ökonomischen Vor- und Nachteile eines Landes in Bezug auf den EU-Haushalt. Das gilt auf der Ausgabenseite insbesondere für jene Aktivitäten der EU, in denen öffentliche Güter mit einer europaweiten Nutzenstreuung bereitgestellt werden. Theoretisch kann der Nutzen, der der Bevölkerung der Mitgliedsländer aus den EU-Aktivitäten zufließt, nicht als einfacher Zahlungsrückfluss aus dem Budget dargestellt werden. Je mehr die EU sich also auf Aktivitäten mit supranationalem Mehrwert konzentriert für die sie aus Sicht der ökonomischen Föderalismustheorie zuständig sein sollte (z. B. Pelkmans, 2006, Pitlik, 2006) , desto weniger ist es zu rechtfertigen, den Saldo der Zahlungsflüsse in und aus dem EU-Budget als Maßstab für den Nettonutzen der Bevölkerung eines Landes anzusehen (z. B. European Commission, 1998, Heinemann, 2005).

Ähnlich problematisch ist es, auf der Ausgabenseite die Verwaltungsausgaben der EU einzelnen Ländern zuzurechnen oder die positiven externen Effekte von Mittelzuflüssen an ein Land für benachbarte Mitgliedsländer zu ermitteln. Die formale Zahlungsinzidenz der Ausgaben kann somit von der tatsächlichen ökonomischen Inzidenz erheblich abweichen. Im Agrarbudget gilt dies etwa für den Bereich der Exporterstattungen, die formal in voller Höhe jenem Mitgliedsland zufließen, aus dem das Produkt aus dem EU-Raum exportiert wird; materiell profitieren aufgrund der Marktbeziehungen aber oft die landwirtschaftlichen Produzenten in anderen Mitgliedsländern.

 

Übersicht 4: Obergrenzen der Direktzahlungen und der vorgesehenen Mittel im Programm der ländlichen Entwicklung

 

 

 

 

 

 

 

 

Direktzahlungen

Programm der ländlichen Entwicklung

 

2007

2013

2007/2013
kumuliert

2007

2013

2007/2013
kumuliert

 

Mio. €

Mio. €

 

 

 

 

 

 

 

Belgien

593

612

4.262

64

78

487

Bulgarien

200

569

2.527

244

396

2.642

Tschechien

378

902

4.503

397

424

2.858

Dänemark

1.021

1.030

7.201

63

106

578

Deutschland

5.696

5.774

40.307

1.185

1.430

9.080

Estland

40

101

494

96

113

724

Griechenland

2.171

2.178

15.618

461

672

3.906

Spanien

4.650

4.840

33.681

287

1.284

8.053

Frankreich

8.283

8.416

58.735

931

1.279

7.584

Irland

1.338

1.341

9.383

374

352

2.495

Italien

3.814

4.185

28.867

1.142

1.441

8.986

Zypern

18

50

248

27

21

165

Lettland

61

146

725

153

151

1.054

Litauen

155

377

1.868

261

254

1.766

Luxemburg

37

37

259

14

13

95

Ungarn

540

1.314

6.521

571

585

3.860

Malta

2

5

26

12

11

78

Niederlande

834

853

5.946

71

103

593

Österreich

737

745

5.205

628

533

4.026

Polen

1.264

3.017

15.079

1.990

1.851

13.399

Portugal

571

608

4.222

561

590

4.059

Rumänien

442

1.245

5.512

0

1.356

8.124

Slowenien

59

144

713

150

113

916

Slowakei

161

386

1.929

303

320

1.997

Finnland

564

566

3.958

335

289

2.155

Schweden

755

763

5.331

292

276

1.953

Großbritannien

3.961

3.976

27.827

264

749

4.612

 

 

 

 

 

 

 

Insgesamt

38.345

44.180

290.948

10.874

14.789

96.244

Q: Europäische Kommission, http://ec.europa.eu/budget/library/documents/multiannual_framework/2007_2013/tab_rural_devt_2007-2013.xls, abgerufen am 3. Mai 2010, konsolidierte Fassung der VO (EG) 1782/2003 des Rates (2003R1782 DE 01.01.2009 013.001 1.

 

Auf der Finanzierungsseite des EU-Budgets stellt sich für eine Berechnung von Nettosalden das Problem, wie Zölle und Abschöpfungen als traditionelle Eigenmittel der EU zu behandeln sind. Da die Mitgliedsländer keine eigene Zollhoheit haben, die Einnahmen aus Zöllen (nach Abzug der Pauschale von 25% für nationalen Verwaltungsaufwand) vollständig dem EU-Budget zufließen und die regionale Verteilung der Einnahmen aus dieser Quelle "zufällig" vom Ort des Imports in das EU-Gebiet abhängt, erscheint eine Zurechnung der Abführungen traditioneller Eigenmittel auf die Mitgliedsländer wenig sinnvoll[a]).

Der Finanzierungsanteil zur Berechnung der fiktiven Agrarnettozahlungsposition wird anhand der traditionellen Eigenmittel aus Zöllen und Abschöpfungen ermittelt. Der verbleibende Eigenmittelanteil wird in Relation zu den Gesamtagrarausgaben gesetzt, um den Finanzierungsanteil jedes Mitgliedslandes an den Agrarausgaben zu bestimmen. Die Auswirkungen des Rabatts für Großbritannien und anderer Sonderregelungen für die EU-Finanzierung fließen somit anteilsmäßig in die Berechnungen ein. Aus der Differenz zwischen den zugerechneten Agrarausgaben aus dem EU-Haushalt und dem errechneten Finanzierungsanteil am Agrarbudget ergibt sich die fiktive finanzielle Agrarnettozahlungsposition (Übersicht 5).

Rechnerisch verzeichnete demnach Griechenland 2008 mit 2,25 Mrd. € netto den größten Überschuss vor Spanien (2,1 Mrd. €), Frankreich, Irland und Polen (jeweils rund 0,9 Mrd. €). Für Deutschland ergibt sich mit 3,7 Mrd. € die ungünstigste Agrarnettozahlungsposition vor Italien (2,0 Mrd. €), den Niederlanden (1,6 Mrd. €) und Belgien (0,76 Mrd. €). Großbritannien verzeichnete 2008 eine Agrarnettozahlungsposition von 0,4 Mrd. €; im Jahr 2000 waren es noch 1,9 Mrd. € gewesen. Österreich zählt mit +130 Mio. € 2008 und +342 Mio. € in der Periode 2000 bis 2006 zu den Ländern mit positivem fiktiven Agrarnettozahlungssaldo.

 

Übersicht 5: Nettoposition der EU-Länder bezüglich der Agrarzahlungen und insgesamt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fiktive Agrarnettozahlungsposition

Nettozahlungsposition1)

 

2000

2005

2008

Ø 2000/2006

Ø 2007/08

2000

2008

 

Mio. €

Mio. €

€ je JAE2)

Mio. €

€ je JAE2)

Mio. €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Belgien

246

433

756

398

5.493

714

10.907

323

721

Bulgarien

+0

+0

+269

+0

+0

+70

+149

 

+670

Tschechien

+0

43

+2

32

203

+78

+570

 

+1.178

Dänemark

+547

+284

+101

+283

+4.096

+62

+1.074

+240

543

Deutschland

4.582

3.205

3.711

3.809

6.159

3.672

6.681

8.232

8.774

Estland

+0

+30

+25

+5

+97

+30

+928

 

+227

Griechenland

+1.968

+1.861

+2.253

+1.943

+3.261

+2.136

+3.724

+4.381

+6.280

Spanien

+2.407

+1.752

+2.102

+2.223

+2.128

+1.928

+1.984

+5.264

+2.813

Frankreich

+1.843

+1.343

+924

+1.493

+1.534

+1.167

+1.318

677

3.843

Irland

+1.194

+1.117

+916

+1.139

+7.269

+945

+6.340

+1.720

+566

Italien

255

1.290

2.028

1.074

817

1.603

1.336

+1.231

4.101

Zypern

+0

20

24

10

438

18

712

 

18

Lettland

+0

+57

+86

+17

+122

+79

+776

 

+407

Litauen

+0

+169

+102

+51

+306

+226

+1.461

 

+843

Luxemburg

69

73

84

78

19.284

94

25.055

55

22

Ungarn

+0

+249

+221

+73

+124

+372

+830

 

+1.112

Malta

+0

12

15

5

1.242

17

3.997

 

+30

Niederlande

645

1.225

1.580

1.008

4.899

1.452

7.831

1.544

2.678

Österreich

+3

+145

+131

+58

+342

+59

+375

436

356

Polen

+0

+394

+894

+137

+59

+1.305

+568

 

+4.442

Portugal

+56

+104

+594

+137

+296

+546

+1.488

+2.128

+2.695

Rumänien

+0

+0

+483

+0

+0

17

8

 

+1.581

Slowenien

+0

35

34

7

71

6

69

 

+114

Slowakei

+0

+45

+91

+9

+73

+113

+1.248

 

+726

Finnland

+115

+149

6

+111

+1.070

+59

+655

+276

319

Schweden

451

330

559

410

5.432

437

6.513

1.059

1.463

Großbritannien

1.886

1.033

395

848

2.742

1.145

4.048

2.914

844

Q: Europäische Kommission (2009), http://ec.europa.eu/budget/library/publications/fin_reports/fin_report_08_data.xls; WIFO-Berechnungen. "Operative Haushaltssalden": Differenz zwischen den aufgeteilten operativen EU-Ausgaben (ausgenommen Verwaltung) und den Eigenmittelzahlungen (ausgenommen traditionelle Eigenmittel). Diese Zahlungen werden angepasst, sodass ihre Summe mit der Summe der gesamten zugeordneten Ausgaben (wie bei der Berechnung des Ausgleichs für den Rabatt an Großbritannien auf Beiträge zum EU-Haushalt) übereinstimmt; die Summe der operativen Haushaltssalden ist Null. Der positive operative Haushaltssaldo Großbritanniens im Jahr 2001 ist auf den gleichzeitigen Anstieg des Ausgleichs für mehrere Jahre zurückzuführen, die jedoch alle 2001 verbucht wurden. 1) Operativer Haushaltssaldo. 2) JAE . . . Jahresarbeitseinheit, Erwerbstätige zu Vollzeitäquivalenten in der Landwirtschaft.

 

In Relation zum BNE war 2008 Griechenland mit zugerechneten EU-Agrarausgaben von knapp unter 1,5% des BNE der größte Leistungsempfänger vor Bulgarien (1,2%), Irland (1,1%) sowie Portugal, Lettland, Litauen und Rumänien (0,8%). Österreich lag mit 0,44% auf Rang 17, nach Frankreich (0,50%), aber deutlich vor Deutschland (0,26%), Großbritannien (0,20%) und den Niederlanden (0,16%).

Die hier vorgestellten Ergebnisse beziehen sich lediglich auf die Zahlungsströme zwischen der EU und den Mitgliedsländern. Diese gewähren dem eigenen Agrarsektor zusätzlich zu den EU-Agrarausgaben nationale Mittel: teils im Zuge der Kofinanzierung, teils aus Programmen, die in nationaler Kompetenz umgesetzt werden. Die entsprechenden Förderungen müssen der Europäischen Kommission notifiziert werden. In einzelnen Ländern erreichen die rein nationalen Zahlungen ein beträchtliches Volumen (Übersicht 1). Eine denkbare Ausweitung der Kofinanzierungserfordernisse müsste zulasten der Mitgliedsländer gehen, es sei denn, die Beiträge, die an die EU abgeführt werden, verringern sich in zumindest demselben Umfang.

Subventionen und Faktoreinkommen in der Landwirtschaft

Die Landwirtschaftliche Gesamtrechnung (LGR) ist ein Satellitenkonto der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, in dem die Produktionsstruktur des Agrarsektors der EU-Länder sehr umfassend dargestellt wird. Dank der detaillierten Ermittlung von Wertschöpfung und Faktoreinkommen können die Subventionen an die Landwirtschaft in Relation zum Einkommen gesetzt werden. Die LGR unterscheidet zwei Aggregate von Subventionen: Gütersubventionen (darunter gekoppelte Direktzahlungen) und andere Subventionen (darunter entkoppelte Direktzahlungen, Förderungen für Betriebe in benachteiligten Gebieten und Teilnehmer am Agrarumweltprogramm).

 

 

Übersicht 6: Faktoreinkommen und Subventionen gemäß Landwirtschaftlicher Gesamtrechnung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Faktoreinkommen

Subventionen
(Gütersubventionen und andere Subventionen)

Subventionen in % des Faktoreinkommenens

 

 

 

 

Insgesamt

Direktzahlungen

 

 

 

 

Ø 2004/2006

Ø 2007/2009

Ø 2004/2006

Ø 2007/2009

Ø 2004/2006

Ø 2007/20091)

Ø 2004/2006

Ø 2007/2009

 

 

Mio. €

In %

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU 27

130.999

134.838

49.590

53.342

 

37.468

37,9

39,6

 

EU 25

123.964

127.804

48.942

52.193

32.526

37.172

39,5

40,8

 

EU 15

112.706

113.270

44.048

45.028

31.451

34.682

39,1

39,8

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Belgien

2.070

1.956

560

606

447

558

27,0

31,0

 

Bulgarien

1.479

1.742

70

412

 

84

4,7

23,6

 

Tschechien

1.151

1.421

633

1.067

156

356

55,0

75,1

 

Dänemark

1.899

1.295

989

1.018

898

980

52,1

78,6

 

Deutschland

12.070

13.347

6.168

6.496

4.890

5.517

51,1

48,7

 

Estland

232

278

93

136

16

38

40,0

48,9

 

Griechenland

7.392

7.673

2.457

3.061

1.878

2.449

68,4

74,4

 

Spanien

23.787

24.623

6.612

7.078

4.546

4.916

33,2

39,9

 

Frankreich

21.614

22.140

9.714

9.853

7.547

8.111

27,8

28,7

 

Irland

2.796

2.620

1.914

1.950

1.173

1.281

44,9

44,5

 

Italien

18.813

16.198

4.444

4.088

3.790

3.837

23,6

25,2

 

Zypern

340

309

42

39

7

18

12,3

12,8

 

Lettland

350

390

193

256

21

57

55,1

65,6

 

Litauen

449

632

229

302

61

147

51,0

47,8

 

Luxemburg

97

91

61

65

28

35

63,1

71,6

 

Ungarn

2.072

2.308

1.002

1.193

230

510

48,4

51,7

 

Malta

61

62

18

19

0

1

29,4

31,3

 

Niederlande

5.769

5.574

895

852

539

801

15,5

15,3

 

Österreich

2.387

2.585

1.743

1.651

640

712

73,0

63,9

 

Polen

5.766

8.119

2.214

3.426

503

1.167

38,4

42,2

 

Portugal

2.375

2.078

959

942

527

569

40,4

45,3

 

Rumänien

5.557

5.292

578

737

 

212

10,4

13,9

 

Slowenien

415

414

231

266

18

50

55,7

64,1

 

Slowakei

424

600

240

461

62

146

56,5

76,8

 

Finnland

1.850

1.809

2.094

2.140

476

548

113,2

118,3

 

Schweden

1.414

1.571

1.029

1.018

651

725

72,8

64,8

 

Großbritannien

8.374

9.711

4.409

4.210

3.421

3.644

52,7

43,4

 

Q: Eurostat, NewCronos-Datenbank, Landwirtschaftliche Gesamtrechnung, Stand Jänner 2010 (abgerufen am 4. Juni 2010). Europäische Kommission, GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Finanzberichte über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, http://ec.europa.eu/agriculture/fin/finrep_en.htm. 1) Aufteilung der Gesamtsumme 2009 nach den durchschnittlichen Anteilen der Vorjahre.

 

 

 

In der EU entsprachen die Subventionen im Durchschnitt der letzten drei Jahre 40% des Faktoreinkommens (Übersicht 6). Der Anteil ist jedoch in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. In Finnland etwa waren die Subventionen um 18% höher als das Faktoreinkommen. In Irland machten sie etwa drei Viertel des Einkommens aus, in Österreich fast zwei Drittel. Am geringsten war der Anteil in Zypern, den Niederlanden und Rumänien. In einzelnen neuen EU-Mitgliedsländern wie etwa Bulgarien nahm der Anteil der Subventionen am Faktoreinkommen mit dem EU-Beitritt deutlich zu.

Wenn der EU-Agrarhaushalt gekürzt wird und ein solcher Ausfall aus nationalen Mitteln ausgeglichen wird, bedeutet dies für einzelne nationale Haushalte eine beträchtliche Herausforderung (Übersicht 6). Sollte eine allfällige Kürzung der EU-Subventionen nicht durch die öffentlichen Haushalte der Mitgliedsländer ausgeglichen werden, dann ist eine unmittelbare Folge die Verringerung des Faktoreinkommens in der Landwirtschaft und längerfristig eine Beschleunigung des Strukturwandels, wenn bessere Alternativen den Ausstieg aus der Landwirtschaft lohnend erscheinen lassen.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Seit 1992 ist die Gemeinsame Agrarpolitik einer kontinuierlichen Abfolge von Reformen unterworfen. All diese Reformschritte sind konsistent, auch wenn über Ausmaß und Tempo geteilte Auffassung herrscht. Durch die Anpassungen wurden die Eingriffe der Agrarpolitik in die Märkte systematisch zurückgenommen, und die Preisgestaltung ist nicht mehr politischem Willen, sondern weitgehend Angebot und Nachfrage unterworfen. Auf den meisten Märkten sanken in der Folge die Agrarpreise. Diese Vorteile wurden allerdings nicht immer an die Konsumenten weitergegeben. Die Zustimmung des Agrarsektors zu den einzelnen Reformschritten wurde durch (teilweise) Kompensation der entgangenen Vorteile gewonnen, und zwar in Form von Direktzahlungen, die aus dem EU-Haushalt finanziert werden.

Trotz der massiven Ausweitung der Budgetbelastung durch diesen Übergang von der Marktpreisstützung zur Einkommensstützung und trotz der Erweiterung der EU um Länder mit hohem Agraranteil konnte der Anteil der Landwirtschaft an den Gesamtausgaben der EU gedrosselt werden. Mittlerweile werden für die Kohäsionspolitik mehr Mittel aufgewandt als für die Landwirtschaft.

Eine Folge der strategischen Systemumstellung der Gemeinsamen Agrarpolitik ist eine erhöhte Transparenz über die Begünstigung bestimmter Gruppen bzw. Länder. Auch wenn der Vergleich der Finanzmittel nicht alle Vorteile politischen Handelns für die Landwirtschaft widerspiegelt, lassen sich dennoch aus dem Mittelfluss wichtige Anhaltspunkte über die Rolle der Agrarpolitik als Kanal für (Netto-)Zahlungen der EU ableiten.

Gemessen am Einkommen im Agrarsektor sind neben Österreich auch Schweden, Lettland, die Slowakei, Slowenien, Luxemburg, Dänemark, Irland und vor allem Finnland überproportional von Transfers der EU abhängig. Ohne Transfers aus dem GAP-Haushalt würde das Einkommen im Agrarsektor deutlich sinken, es sei denn, die entgangenen Zahlungen würden durch nationale Mittel ausgeglichen. Bessere Marktbedingungen, etwa aufgrund höherer Outputpreise oder geringerer Inputpreise könnten ebenfalls einen Ausgleich für eine allfällige Kürzung der Agrarstützungen durch die EU bieten.

Österreich zählt neben Dänemark zu jenen Ländern, deren Nettozahlungsposition durch die Rückflüsse im Rahmen der Agrarpolitik verbessert wird. In Österreich ermöglicht vor allem das Programm der ländlichen Entwicklung einen gemessen an der Größe des Agrarsektors überproportionalen Anteil an den EU-Subventionen. Eine allfällige Kürzung der EU-Agrarsubventionen würde bei gegebenen Beitragszahlungen die Nettozahlungsposition verschlechtern, wenn nicht zusätzliche Quellen erschlossen werden können. Im Rahmen des derzeitigen Instrumentenmix kämen dafür allenfalls Forschungsförderungen in Frage, da für Österreich als EU-Land mit einem der höchsten Pro-Kopf-Einkommen keine weiteren Mittel aus dem Kohäsionsfonds zu erwarten sind.

Literaturhinweise

Europäische Kommission, Landwirtschaft: GAP-Gesundheitscheck hilft Landwirten, neue Herausforderungen zu bewältigen, Europa Press Releases RAPID, IP/08/1749, 2008.

Europäische Kommission, Generaldirektion Finanzplanung und Haushalt, Der EU-Haushalt 2008 Finanzbericht, Luxemburg, 2009, http://ec.europa.eu/budget/library/publications/fin_reports/fin_report_08 _data.xls.

European Commission, Financing the European Union. Commission Report of the Own Resources System, COM(1998) 560 final, Brüssel, 1998.

European Commission, Directorate-General for Agriculture and Rural Development, Agriculture in the European Union Statistical and Economic Information. The 2002 Agricultural Year, Brüssel, 2003, Table 3.6.1.10, http://ec.europa.eu/agriculture/agrista/2002/table_en/36110.pdf.

European Commission (2007A), Directorate-General for Agriculture and Rural Development, Indicative Figures on the Distribution of Direct Aid to Farmers, by Size-class of Aid, Financial Year 2005, Brüssel, 2007, http://ec.europa.eu/agriculture/funding/directaid/distribution_en.htm (abgerufen im März 2010).

European Commission (2007B), Directorate-General for Agriculture and Rural Development, Rural Development in the European Union Statistical and Economic Information Report 2007, Table 4.2.1.1.3, Brüssel, 2007, http://ec.europa.eu/agriculture/agrista/rurdev2007/index_en.htm.

European Commission (2010A), Directorate-General for Agriculture and Rural Development, Indicative figures on the Distribution of Direct Aid to Farmers, by Size-class of aid, Financial Year 2008, Brüssel, 2010, http://ec.europa.eu/agriculture/funding/directaid/distribution_en.htm (abgerufen im März 2010).

European Commission (2010B), Directorate-General for Agriculture and Rural Development, Rural Development in the European Union Statistical and Economic Information Report 2009, Table 4.1.2.1, Brüssel, 2010, http://ec.europa.eu/agriculture/agrista/rurdev2009/index_en.htm.

European Commission, Directorate-General for Financial Programming and Budget, Budget online, http://eur-lex.europa.eu/budget/www/index-en.htm.

Eurostat, Agricultural Database, Structure of Agricultural Holdings, Data Year 2007, http://epp.eurostat.ec. europa.eu/portal/page/portal/agriculture/data/database (abgerufen im April 2010).

Heinemann, F., EU-Finanzplanung 2007-2013. Haushaltsoptionen, Verteilungswirkungen und europäischer Mehrwert, Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh, 2005.

Pelkmans, J., "Testing for Subsidiarity", Bruges European Economic Policy Briefings, 2006, (13).

Pitlik, H., "Ausgabenprioritäten im EU-Budget 2007-2013: Die Perspektive des Fiskalföderalismus", WIFO-Monatsberichte, 2006, 77(12), S. 911-924, http://www.wifo.ac.at/wwa/jsp/index.jsp?fid=23923&id=27904&typeid =8&display_mode=2.

Sapir, A., Aghion, Ph., Bertola, G., Hellwig, M., Pisani-Ferry, J., Rosati, D., Viñals, J., Wallace, H., An Agenda for a Growing Europe. Making the EU Economic System Deliver, Brüssel, 2003.

Sinabell, F., Schmid, E., Hofreither, M. F., "Exploring the Distribution of Direct Payments of the Common Agricultural Policy", WIFO Working Papers, (330), http://www.wifo.ac.at/wwa/jsp/index.jsp?fid=23923&id=33500 &typeid=8&display_mode=2.

Vásáry, V., Elekes, A., Halmai, P., Common Financing for Agricultural Policy Budgetary Questions, Vortrag anlässlich des 109th EAAE Seminar "The CAP After the Fischler Reform: National Implementations, Impact Assessment and the Agenda for Future Reforms", Viterbo, 20.-21. November 2008.

 

The EU's Agricultural Budget and Selected Consequences of Cuts Summary

Agricultural expenditures had been a major item of the EU budget over decades. Yet, consequent to extensive reforms that began in 1992, farming's share of the budget has been shrinking substantially. Expenditures for structural policies and competition have reached levels in excess of the agricultural budget. Nevertheless, transfers from the EU budget still represent a big chunk of the factor income for the agricultural sectors in all EU countries. Reductions in farm payments as proposed in the consultation process preceding the debate on the new financial framework of the EU would lead to a severe decline in farm incomes. This would accelerate structural change unless better market conditions were to compensate income losses from lower subsidies. Countries such as Austria or France would find their net payer position deteriorating because farm payments make up a large share of the return flows from the EU budget.

 

 

 



[a])  Weitere Probleme werden diskutiert in European Commission (1998).