Wirtschaftschronik
IV. Quartal 2008
Abgeschlossen am 31. Dezember 2008. • E-Mail-Adresse:
Angelina.Keil@wifo.ac.at
INHALT
VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN
Übersicht 1: Bundesregierung der XXIV.
Gesetzgebungsperiode
Zur Rettung der Banken und Finanzmärkte setzen
Kooperationen auf nationaler und institutioneller Ebene ein. Die EU-Länder stellen
Rettungspakete für den Finanzsektor im Ausmaß von 1 Bio. € vor. Mit einem Fünf-Punkte
Programm schaffen die G 7 Rahmenbedingungen zur Stabilisierung der Finanzmärkte.
Der Europäische Rat verabschiedet ein Konjunkturprogramm im Ausmaß von 200 Mrd.
€ (1,5% des BIP); davon werden 170 Mrd. € von den Mitgliedsländern aufgebracht.
Die Zinspolitik der USA schöpft ihre Möglichkeiten mit einer Senkung der Federal
Funds Rate auf 0% bis 0,25% voll aus. Island und Ungarn erhalten vom IWF Kredite,
um die Folgen der Finanzkrise bewältigen zu können. |
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3. Oktober: Das Repräsentantenhaus der USA billigt die vom Senat veränderte Version des "Emergency Economic Stability Act 2008"[a]), durch das 700 Mrd. $ zur Verfügung gestellt werden, um dem Finanzsektor illiquide Aktiva abzukaufen. Der Senat fügt dem Steuererleichterungen im Ausmaß von 150 Mrd. $ hinzu.
EU: Finanzkrise
6. Oktober: Anlässlich eines Treffens in
Paris beschließen die Regierungschefs von Frankreich, Deutschland, Großbritannien
und Italien sowie die Präsidenten von Europäischer Kommission und EZB, wegen der
Finanzkrise eine flexiblere Auslegung des Stabilitätspaktes zuzulassen. Dies betrifft
vor allem die Regeln für den Finanzierungssaldo und die Neuverschuldung des Staates.
Um die europäischen Banken gegenüber anderen internationalen Finanzinstituten nicht
zu benachteiligen, müssen die Wettbewerbsbestimmungen flexibler gehandhabt werden.
Um die Stabilität und Liquidität des Banken- und Finanzsektors zu sichern, soll
individuell und kollektiv auf EU- und internationaler Ebene auf die Finanzkrise
reagiert werden. Die Europäische Investitionsbank (EIB) wird 30 Mrd. € zur Unterstützung
von kleineren und mittelgroßen Unternehmen bereitstellen.
EU: Spareinlagen
8. Oktober: Zum Schutz der privaten Spareinlagen
beschließen die Finanzminister der EU-Länder, die Mindestsicherungssumme für Spareinlagen
von 20.000 € auf 50.000 € anzuheben.
Island stellt die Bank Kaupthing unter staatliche
Zwangsverwaltung. Nach der Verstaatlichung der Landsbanki und der Bank Glitnir stehen
nun die drei größten Finanzinstitute des Landes unter staatlicher Kontrolle.
Großbritannien: Leitzinssatz
Die Bank of England senkt ihren Leitzinssatz
(Bank Rate) um 50 Basispunkte auf 4,5% herab.
Koordinierte Zinssatzsenkung
9. Oktober: In einer koordinierten Aktion
zur Begrenzung der Konjunkturrisken senken die Fed, die EZB sowie die Notenbanken
von Kanada, Großbritannien, Schweden und der Schweiz die Leitzinssätze um 50 Basispunkte.
In den USA beträgt die Federal Funds Rate nun 1,5%, Der Mindestbietungssatz der
EZB für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte liegt bei 3,75%. Die Spitzenrefinanzierungsfazilität
wird auf 4,75% und die Einlagefazilität auf 2,75% gesenkt. In Schweden liegt der
Reprosatz nun bei 4,25%.
Aktienmärkte
10. Oktober: Auf den Aktienmärkten ziehen
Panikverkäufe weltweit erhebliche Verluste nach sich. Die Aktienindizes schließen
mit einem Rückgang um bis zu 10%.
Bankenkrise: 15 Euro-Länder
12. Oktober: Um der Bankenkrise entgegenzuwirken, fordern die 15 Euro-Länder ein koordiniertes Vorgehen der Länder, Zentralbanken und Aufsichtsbehörden um
· den Finanzinstituten Liquidität zu angemessenen Bedingungen zu verschaffen,
· die Refinanzierung der Banken zu erleichtern,
· zusätzliche Kapitalressourcen bereitzustellen,
· die Finanzierung der Wirtschaft zu sichern,
· eine effiziente Rekapitalisierung der angeschlagenen Banken zu ermöglichen,
· die Rechnungslegungsvorschriften angesichts der außergewöhnlichen Marktumstände ausreichend flexibel anzuwenden und
· die Kooperationsstrukturen zwischen den EU-Ländern auszuweiten.
Von der Kommission fordern die Länder ein rasches
Handeln und Flexibilität bei Entscheidungen über staatliche Beihilfen.
G 7: Fünf-Punkte-Aktionsplan
13. Oktober: Die G-7-Länder Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und USA verabschieden einen Fünf-Punkte-Aktionsplan zur Bewältigung der Krise auf den Finanzmärkten:
· Um wichtige Finanzinstitute zu unterstützen und zu retten, sollen entschieden alle Finanzinstrumente eingesetzt werden.
· Alle wichtigen Maßnahmen sollen gesetzt werden, um den Finanzinstituten Zugang zu Liquidität zu ermöglichen.
· Private und öffentliche Quellen zur Aufnahme von Eigenkapital für Finanzinstitute sollen zugänglich gemacht werden, um das Vertrauen wiederherzustellen und Kredite an Haushalte und Unternehmen zu ermöglichen.
· Das Vertrauen der Einleger soll durch die Sicherstellung der Einlagen über Einlagenversicherungen und Garantieprogramme wiederhergestellt werden.
·
Der Markt für hypothekengesicherte
und andere mit Vermögenswerten unterlegte Wertpapiere muss wieder aktiviert werden.
Dies soll durch transparente Bewertung der Aktiva und die Anwendung von verbesserten
Buchführungsstandards bewirkt werden.
Europäische Kommission: Bankenpakete
Um unverhältnismäßige Wettbewerbsverzerrungen
zu vermeiden und dem EU-Beihilfenrecht zu entsprechen, veröffentlicht die Europäische
Kommission Leitlinien für die Umsetzung der nationalen Pakete zur Rettung der Finanzmärkte.
Solche Regelungen müssen demnach diskriminierungsfrei sein, d. h. nicht aufgrund
der Nationalität angewandt werden, um den Binnenmarkt nicht zu stören. Die staatlichen
Zusagen müssen zeitlich befristet, in ihrem Umfang klar definiert und begrenzt sein.
Der Privatsektor leistet über ein adäquates Entgelt für die Unterstützungen einen
angemessenen Beitrag. Verhaltensregeln sollen einen Missbrauch durch den Begünstigten
ausschließen (z. B. Expansion). Im Anschluss an die Unterstützungsmaßnahmen sind
Strukturanpassungen vorzunehmen, etwa die Umstrukturierung einzelner Finanzinstitute,
die staatliche Hilfe in Anspruch genommen haben.
Die Kommission wird binnen 24 Stunden über die
Genehmigungsanträge entscheiden.
EU: Bankenpakete
14. Oktober: Die EU-Länder stellen Rettungspakete
für den Finanzsektor im Ausmaß von insgesamt 1 Bio. € vor. Deutschland beschließt
ein Bankenrettungspaket im Ausmaß von 500 Mrd. €; davon stehen 400 Mrd. € als Bürgschaften
zur Verfügung und 80 Mrd. € zum Ankauf von Anteilen angeschlagener Banken, 20 Mrd.
€ werden für Ausfälle von Bürgschaften veranschlagt. Frankreich ist bereit, Garantien
für die Refinanzierung von Banken über 340 Mrd. € zu übernehmen, 40 Mrd. € stehen
für die Rekapitalisierung des Bankensektors zur Verfügung. Die britische Regierung
kündigt die Teilverstaatlichung von Banken im Ausmaß von 63 Mrd. € an. Mit 46 Mrd.
€ wird der Staat Großaktionär der Royal Bank of Scottland (RBS), von Lloyds TSB
und HBOS.
Europäischer Rat: Aktionsplan
15.-16. Oktober: Anlässlich seines Herbstreffens bestätigt der Europäische Rat den Aktionsplan gegen die Finanzkrise vom 12. Oktober.
Finanzkrise
19. Oktober: Wegen der internationalen Finanzkrise
trifft der Präsident der USA, Bush, in Camp David mit dem Ratspräsidenten der EU,
Sarkozy, und dem Präsidenten der Europäischen Kommission, Barroso, zusammen.
Deutschland: Bankenkrise
20. Oktober: In Deutschland wird ergänzend
zum Gesetz zur Stabilisierung der Finanzmärkte, das am 18. Oktober in Kraft getreten
ist, eine Verordnung verabschiedet, die die Jahresverdienste im Management jener
Banken, die Hilfsmaßnahmen in Anspruch nehmen, auf höchstens 500.000 € begrenzt.
USA: Zinssatzsenkung
29. Oktober: Die Notenbank der USA senkt die
Federal Funds Rate um 0,5 Prozentpunkte auf 1%.
Deutschland: Commerzbank
3. November: Die deutsche Commerzbank beantragt
eine Unterstützung von 8,2 Mrd. € aus dem Finanzmarktrettungspaket.
USA: Präsidentenwahl
4. November: Der demokratische Kandidat Barack
Obama wird zum Präsidenten der USA gewählt.
Deutschland: Konjunkturpaket I
5. November: Die deutsche Regierung beschließt
ein Konjunkturprogramm, das in den Jahren 2009 und 2010 ein Nachfragevolumen von
50 Mrd. € auslösen soll. Für diesen Zeitraum stellen Bund und Länder 32 Mrd. € zur
Verfügung. Unterstützt werden sollen vor allem die Bauindustrie und die Autoindustrie.
Bei der Neuanschaffung eines Autos bis Mitte 2009 entfällt die Kraftfahrzeugsteuer;
für emissionsarme Kraftfahrzeuge gilt hier eine Frist bis Ende 2010. Investitionen
in bewegliche Güter können 2009 und 2010 degressiv abgeschrieben werden. Das Gebäudesanierungsprogramm
der Kreditanstalt für den Wiederaufbau (KfW) wird aufgestockt. Zur Förderung der
mittelständischen Wirtschaft erhält die KfW zusätzlich 15 Mrd. €.
Die Steuerbegünstigung des Aufwands privater Haushalte für Handwerksleistungen zur Modernisierung wird auf 20% von höchstens 6.000 € verdoppelt.
Ungarn: Hilfspaket
6. November: IWF, EU und Weltbank beschließen
ein Paket zur Finanzierung des ungarischen Haushalts- und Leistungsbilanzdefizits
im Umfang von 25 Mrd. $. Der IWF sagt dabei eine Unterstützung von 15,7 Mrd. $ zu,
die EU 6,5 Mrd. € und die Weltbank 1,3 Mrd. $. Die finanzielle Hilfe der internationalen
Institutionen soll den Mangel an Nachfrage nach ungarischen Staatsanleihen ausgleichen.
Großbritannien: Zinssatzsenkung
Die Bank of England senkt den Leitzinssatz um 1,5 Prozentpunkte. Die Bank Rate steht nun bei 3%.
EZB: Zinssatzsenkung
12. November: Die EZB senkt den Mindestbietungssatz
für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte um 50 Basispunkte von 3,75% auf 3,25%, die
Einlagefazilität von 3,25 auf 2,75% und die Spitzenrefinanzierungsfazilität von
4,25% auf 3,75%.
USA: Autoindustrie
19. November: Das Management von General Motors,
Ford und Chrysler bittet vor den Kongressausschüssen um sofortige staatliche Hilfe,
um das Überleben der Unternehmen zu sichern.
USA: Citigroup
24. November: Die Regierung der USA beschließt
ein Rettungspaket für die Citigroup im Umfang von 20 Mrd. $. Die Bank hat bereits
im Oktober 25 Mrd. $ aus dem Troubled Assets Relief Program erhalten. Neben der
Citigroup bezogen bisher die Bank of America mit 15 Mrd. $ und Merrill Lynch mit
10 Mrd. $ die größten Unterstützungen aus dem Rettungsprogramm.
Großbritannien: Zinssatzsenkung
4. Dezember: Die Bank of England senkt ihren
Leitzinssatz um 100 Basispunkte auf 2%. Seit Jahresbeginn verringerte sie den Zinssatz
in 5 Schritten um insgesamt 3,5 Prozentpunkte, allein im letzten Quartal erfolgten
3 Zinssenkungsschritte im Ausmaß von 3 Prozentpunkten. Die schwedische Notenbank
senkt ihren Leitzinssatz um 1,75 Prozentpunkte auf 2%.
Nobelpreis für Ökonomie
8. Dezember: Paul Krugman erhält den Nobelpreis
für Ökonomie für seine "Analyse der Handelsmuster und Ansiedelung wirtschaftlicher
Tätigkeiten".
Schweiz: UBS
9. Dezember: Der Schweizer Nationalrat genehmigt
einen Kredit im Umfang von 6 Mrd. sfr zur Rekapitalisierung der UBS.
EZB: Zinssatzsenkung
10. Dezember: Die EZB senkt die Leitzinssätze
um 75 Basispunkte. Der Mindestbietungssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte
liegt bei 2,5%, der Satz der Spitzenrefinanzierungsfazilität bei 3% und der Satz
der Einlagefazilität bei 2%.
Europäischer Rat: Konjunkturprogramm
12. Dezember: Anlässlich der Tagung des Europäischen Rates setzen die Mitgliedsländer den Umfang des Konjunkturprogramms mit 1,5% des BIP (200 Mrd. €) fest. Der Anteil der nationalen Maßnahmen soll 170 Mrd. € betragen. Über den EU-Haushalt werden 2009 15 Mrd. € für Investitionen in Energie- und Breitbandinfrastruktur sowie Arbeitsmarktpolitik bereitgestellt. Die Europäische Investitionsbank wird das Volumen an zinsgünstigen Krediten 2009/10 um jeweils 15 Mrd. € ausweiten. Im Sinne des Stabilitätspaketes sind die EU-Länder aufgerufen, mittelfristig zu ihrem Haushaltsziel zurückzukehren.
Die Mitgliedsländer wären bereit, künftig pro Land nur einen Kommissar bzw. eine Kommissarin zu stellen. Dies gilt als Zugeständnis an Irland, um dort eine zweite Volksabstimmung über den Lissabon-Vertrag zu erreichen.
Klimaschutz
Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder
bestätigen die Klimaschutzziele "20-20-20" des im Jänner 2008 verabschiedeten
Klimaschutzpakets der Kommission[b]).
Die Emissionszertifikate für Industriebranchen, deren Abwanderung in Drittstaaten
gedroht hätte, werden nun – entgegen dem ursprünglichen Vorschlag – ohne Versteigerungsverfahren
zugeteilt. Für weitere Branchen sollen bis 2013 20% der Zertifikate und bis 2020
70% der Zertifikate versteigert werden. Die Elektrizitätswirtschaft muss ab 2013
100% der Zertifikate ersteigern. Für Länder mit geringem Volkseinkommen und hoher
Abhängigkeit von fossilen Energieträgern gelten dabei Ausnahmen, sie müssen 2013
30% der CO2-Zertifikate und 2020 100% ersteigern. Das Europäische Parlament
billigt das Klima- und Energieprogramm am 17. Dezember.
Wallstreet: Madoff
An der Wallstreet wird ein Betrugsfall um den
Fondsmanager Madoff bekannt. Der Verlust wird auf 50 Mrd. $ geschätzt.
USA: Zinssatzsenkung
16. Dezember: Die Notenbank der USA senkt zum
dritten Mal in diesem Quartal den kurzfristigen Leitzinssatz. Die Federal Funds
Rate wird von 1% auf eine Spanne von 0% bis 0,25%, der Diskontsatz von 1,25% auf
0,5% herabgesetzt.
OPEC: Erdölfördermenge
17. Dezember: Die OPEC beschließt, die Erdölfördermengen
mit Jahresbeginn 2009 um 2,2 Mio. Barrel auf 25,1 Mio. Barrel pro Tag zu reduzieren.
USA: Autoindustrie
19. Dezember: In den USA sagt Präsident Bush
GM und Chrysler Überbrückungskredite mit einer Laufzeit bis Ende März im Ausmaß
von 17,4 Mrd. $ zu. Falls die Unternehmen nicht eine überlebensfähige Struktur nachweisen
können, müssen die Kredite zurückgezahlt werden.
Um den Auswirkungen der globalen Finanzmarktkrise
entgegenzuwirken, beschließt die österreichische Bundesregierung ein Paket zur
Sicherung und Stabilisierung des Finanzmarktes im Ausmaß von 100 Mrd. €. Dieses
Maßnahmenpaket soll die Bonität und Liquidität des Finanzplatzes sicherstellen.
Die Steuerreform, die Konjunkturpakete I und II sowie das Familienpaket werden
in den Jahren 2009 und 2010 mit 5,7 Mrd. € (2% des BIP) konjunkturwirksam. |
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Wiener Börse
10. Oktober: Wegen der Panikverkäufe auf den
internationalen Aktienmärkten wird der Aktienhandel an der Wiener Börse erstmals
für mehrere Stunden ausgesetzt.
Bankenpaket
20. Oktober: Der Nationalrat beschließt in einer Sondersitzung das Interbankenmarktstärkungsgesetz (IBSG) und das Finanzmarktstabilitätsgesetz (FinStaG) sowie Änderung des ÖIAG-Gesetzes 2000, des Bankwesengesetzes, des Börsegesetzes, des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes sowie des Bundesfinanzgesetzes 2008 (BGBl. I Nr. 136/2008). Dieses Maßnahmenpaket im Gesamtumfang von 100 Mrd. € soll eine Belebung des Interbankenmarktes, eine Stärkung und Stabilisierung einzelner Institute, die Förderung des Vertrauens in die Finanzmärkte (Einlagensicherung) und die Stärkung der Aufsicht bewirken.
Um die Funktionsfähigkeit des Geldmarktes wieder
herzustellen, stellt der Bund einen Haftungsrahmen im Ausmaß von 75 Mrd. € zur Verfügung.
Die Österreichische Clearing
Bank AG (OeCAG) wird als eine Spezialbank im Eigentum der österreichischen
Kreditinstitute geschaffen. Sie soll die Liquidität des Interbankenmarktes erhöhen
und zur Refinanzierung an Banken und Versicherungen verleihen. Der Bund übernimmt
die Haftung für ihr Geschäft im Ausmaß von 4 Mrd. €. Um weitere Liquidität zu beschaffen,
kann das Institut auch mit Bundeshaftung abgesicherte Wertpapiere begeben. Der Bund
übernimmt weiters Haftungen für Wertpapiere von Kreditinstituten. Zur Stärkung der
Eigenkapitalausstattung einzelner Kreditinstitute und Versicherungen stehen 15 Mrd.
€ bereit. Diese können als Haftungsübernahmen für ausfallgefährdete Kredite und
Veranlagungen, als Bereitstellung von Eigenkapital, insbesondere Partizipationskapital,
aber auch durch den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an Instituten durch den Bund
verwendet werden. Gesunde Banken müssen eine marktorientierte Verzinsung von 9,3%
an den Bund ausschütten, die auf 8% gesenkt werden kann, wenn die Rückzahlung des
Nennwertes zu 110% erfolgt. Die Dividenden für Altaktionäre sind mit 17,5% des ausschüttungsfähigen
Gewinns begrenzt. Nicht gesunde Banken erstatten bei Beteiligung des Staates eine
Verzinsung von 10%, wobei eine Dividendenausschüttung an alle anderen Altaktionäre
verboten ist. Bis 31. Dezember 2009 garantiert der Staat für Einlagen von natürlichen
Personen unbegrenzt und für Einlagen von kleinen und mittleren Unternehmen bis höchstens
50.000 €. Für diese Maßnahmen sind 10 Mrd. € vorgesehen. Die Änderung des Börsegesetzes
ermöglicht der Finanzmarktaufsicht, Leerverkäufe ("short sellings") zu
untersagen und Verstöße gegen dieses Verbot zu sanktionieren.
Constantia Bank
17. Oktober: Ein Bankenkonsortium aus UniCredit
Bank Austria, Erste Group Bank, Raiffeisen Zentralbank, Volksbanken und BAWAG wird
neuer Eigentümer der Constantia Bank. Die beteiligten Banken stellen 400 Mio. €
an Liquidität zur Verfügung.
Konjunkturpaket I
28. Oktober: Der Nationalrat beschließt das
Konjunkturbelebungsgesetz 2008 (BGBl. I Nr. 137/2008), das ein Volumen von 1 Mrd.
€ für die Wirtschaft mobilisieren soll. Von den vorgesehenen Maßnahmen werden in
den Jahren 2009 bis 2012 jeweils 440 Mio. € budgetwirksam. Die Maßnahmen dienen
schwerpunktmäßig der Förderung von mittelständischen Unternehmen und dem Ausbau
der Infrastruktur. Dazu wird die Haftung für die ÖBB 2009 um 100 Mio. € und 2010
um 200 Mio. € ausgeweitet. Bis 2013 werden diese Mittel auf 700 Mio. € anwachsen.
Die Asfinag erhält 2009 und 2010 jeweils zusätzlich 50 Mio. € und bis 2013 weitere
100 Mio. €
Ein Mittelstandsfonds wird bei der Austria Wirtschaftsservice
Gesellschaft (aws) eingerichtet und für 2009 und 2010 jeweils mit 40 Mio. € dotiert.
Die aws soll Beteiligungen von Klein- und Mittelunternehmen von 300.000 € bis 1
Mio. € übernehmen und dafür für bis zu 10 Jahre Mitsprache- und Gewinnbeteiligungsrechte
wahrnehmen können. Weiters übernimmt der Staat Haftungen von 400 Mio. € für die
Kredite der aws. 2009 und 2010 werden zusätzliche ERP-Kredite (200 Mio. €) und Kredite
der EIB (150 Mio. €) zur Verfügung gestellt.
Die Internationalisierungsoffensive wird jährlich
mit 25 Mio. € dotiert.
Um die Vergabe von Bausparkrediten zu erleichtern,
wird der Höchstbetrag geförderter Bausparprämien von 1.000 € auf 1.200 € pro Jahr
angehoben. Dafür sind jährlich 20 Mio. € veranschlagt.
Kommunalkredit
3. November:
Der Bund wird
zu 99,8% Mehrheitseigentümer der Kommunalkredit. Dem Gemeindebund verbleiben 0,22%
der Anteile.
Regierungsprogramm
23. November: SPÖ und ÖVP einigen sich auf das Regierungsprogramm für die 24. Gesetzgebungsperiode[c]). Von 2008 bis 2013 sieht das Abkommen folgende wirtschaftspolitischen Maßnahmen vor:
·
Mit 1. Jänner 2009 wird eine Steuerreform
im Ausmaß von 2,2 Mrd. € wirksam. Die Grenze für steuerfreie Einkommen wird von
10.000 € auf 11.000 € pro Jahr angehoben. Der Eingangssteuersatz wird von derzeit
38,33% auf 36,5% und der mittlere Steuersatz von 43,6% auf 43,2% herabgesetzt. Der
Spitzensteuersatz wird ab einem Einkommen von 60.000 € pro Jahr wirksam (bisher
ab 50.000 €). Zur Entlastung der Selbständigen ist eine Anhebung der Freibeträge
vorgesehen.
·
Im Rahmen eines Entlastungspakets
von insgesamt 500 Mio. € für Familien mit Kindern wird für jedes Kind ein Kinderfreibetrag
von 220 € eingeführt. Der Kinderabsetzbetrag wird von 610 € auf 700 € erhöht. Künftig
besteht die Möglichkeit, Betreuungskosten von 2.300 € pro Kind und Jahr bis zum
10. Lebensjahr eines Kindes von der Steuer abzusetzen. Eine 13. Familienbeihilfe
wird ausgezahlt. Der Besuch des Kindergartens ist im letzten Jahr vor der Schulpflicht
kostenlos und verpflichtend.
·
Das Konjunkturpaket II für die Jahre
2009 und 2010 sieht für 2009 Mittel von 545 Mio. € vor, 2010 sollen 555 Mio. € budgetwirksam
werden. Insgesamt wird über beide Jahre ein Volumen von 2 Mrd. € zur Konjunkturbelebung
eingesetzt.
·
Die Mineralölsteuerrückvergütung
für landwirtschaftliche Betriebe soll erhöht werden. Der Aufwand für diese Maßnahme
soll von derzeit 48,7 Mio. € auf 70 Mio. € erhöht werden.
·
Im Zuge der Liberalisierung des
Postmarktes bis 2011 wird 2009 ein neues Postmarktgesetz erarbeitet werden, das
den fairen Wettbewerb und eine flächendeckende Versorgung sicherstellt. Die Sozialpartner
sind aufgefordert, einen Branchenkollektivvertrag zu erarbeiten.
Bundesregierung
2. Dezember: Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll wird angelobt (Übersicht 1).
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Übersicht 1: Bundesregierung der XXIV.
Gesetzgebungsperiode |
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Bundesministerinnen und Bundesminister |
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Finanzen |
Josef
Pröll (ÖVP) |
Europäische
und internationale Angelegenheiten |
Michael
Spindelegger (ÖVP) |
Gesundheit,
Familie und Jugend |
Alois
Stöger (SPÖ) |
Inneres |
Maria
Fekter (ÖVP) |
Justiz |
Claudia
Bandion-Ortner (ÖVP) |
Land-
und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft |
Nikolaus
Berlakovich (ÖVP) |
Landesverteidigung |
Norbert
Darabos (SPÖ) |
Soziales
und Konsumentenschutz |
Rudolf
Hundstorfer (SPÖ) |
Unterricht,
Kunst und Kultur |
Claudia
Schmied (SPÖ) |
Verkehr,
Innovation und Technologie |
Doris
Bures (SPÖ) |
Wirtschaft
und Arbeit |
Reinhold
Mitterlehner (ÖVP) |
Wissenschaft
und Forschung |
Johannes
Hahn (ÖVP) |
Frauenangelegenheiten
und Öffentlicher Dienst |
Gabriele
Heinisch-Hosek (SPÖ) |
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Staatssekretärin und Staatssekretäre |
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Bundeskanzleramt |
Josef
Ostermayer (SPÖ) |
Wirtschaft
und Arbeit |
Christine
Marek (ÖVP) |
Finanzen |
Reinhold
Lopatka (ÖVP) |
Finanzen |
Andreas
Schieder (SPÖ) |
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Bankenpaket
10. Dezember: Das Maßnahmenpaket zur Sicherung
und Stabilisierung des österreichischen Finanzmarktes, das am 20. Oktober im Nationalrat
beschlossen wurde, wird von der Europäischen Kommission genehmigt.
AUA: Verkauf
5. Dezember: Die Lufthansa AG kauft die Anteile
der ÖIAG an der Austrian Airlines (41,56%) zum Preis von 366.268,70 € mit einem
Besserungsschein. Aus diesem Besserungsschein zahlt die Lufthansa bis zu 162 Mio.
€ in Abhängigkeit von der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung der Austrian Airlines
und der Outperformance der Lufthansa-Aktie. Der Vollzug der Verträge hängt davon
ab, ob die Europäische Kommission die kartellrechtliche Freigabe und die beihilfenrechtliche
Genehmigung des Restrukturierungsbeitrags der Republik Österreich von 500 Mio. €
erteilt. Für die Aktien im Streubesitz (215 Mio. €) werden voraussichtlich 4,44
€ pro Aktie geboten.
Postbedienstete: Warnstreik
10. Dezember: Mit einem Warnstreik wollen die
Postbediensteten auf den befürchteten Abbau von 9.000 Stellen und die Schließung
von 1.000 Postämtern aufmerksam machen.
Konjunkturpaket II
23. Dezember: Der Ministerrat beschließt das
Konjunkturpaket II. Dieses umfasst für die Jahre 2009 und 2010 ein Investitionsvolumen
von 2 Mrd. €.
Den größten Anteil (2009 355 Mio. €, 2010 520
Mio. €) werden Infrastrukturprojekte ausmachen, etwa die thermischen Sanierung öffentlicher
Gebäude, vorgezogene Instandhaltungsarbeiten, Neubauten, Generalsanierung von Gebäuden
der Bundesimmobiliengesellschaft. Diese Mittel werden aber nur zu einem geringen
Teil (rund 20 Mio. € pro Jahr) budgetwirksam.
Mit der Einführung der degressiven Abschreibung
auf bewegliche Güter, die 2009 oder 2010 angeschafft werden, soll den Unternehmen
ein Anreiz gegeben werden, Investitionen vorzuziehen. Diese Maßnahme bildet mit
Kosten von 230 Mio. € im Jahr 2009 und 340 Mio. € im Jahr 2010 einen weiteren Schwerpunkt
der Konjunkturpakete.
Für die thermische Sanierung von Altbauten stehen
im Jahr 2009 100 Mio. € zur Verfügung, die je zur Hälfte für den privaten Wohnbau
und für Unternehmen verwendet werden sollen. In den Jahren 2009 und 2010 werden
jeweils 75 Mio. € für eine regionale Beschäftigungsoffensive bereitgestellt. 40
Mio. € umfasst dabei die Förderung von Unternehmensprojekten, diese Summe soll von
den Ländern verdoppelt werden. 35 Mio. € werden dem AMS an zusätzlichen Mitteln
für Qualifizierungsmaßnahmen zukommen. 2009 und 2010 sind 33 Mio. € pro Jahr an
zusätzlichen Mitteln für wirtschaftsnahe Forschung (FGG) und 17 Mio. € für die Erneuerung
von naturwissenschaftlich-technischen Geräten vorgesehen. Der Aufwand für das kostenlose
Kindergartenjahr wird in den beiden Jahren jeweils mit 70 Mio. € veranschlagt, wobei
die Finanzierungsbeiträge der Länder noch verhandelt werden müssen.
Ab 1. Jänner 2009 können Spenden für mildtätige
Zwecke und Entwicklungszusammenarbeit bis zu einer Höhe von 10% des Einkommens von
der Steuer abgesetzt werden.
Hypo Group Alpe Adria
24. Dezember: Die Hypo Group Alpe Adria erhält 900 Mio. € an Partizipationskapital aus dem Bankenhilfspaket.
[a]) Keil,
A., "Wirtschaftschronik. III. Quartal 2008", WIFO-Monatsberichte,
2008, 81(10), S. 759, http://www.wifo.
ac.at/wwa/jsp/index.jsp?fid=23923&id=33981&typeid=8&display_mode=2.
[b]) Keil,
A., "Wirtschaftschronik. I. Quartal 2008", WIFO-Monatsberichte,
2008, 81(4), S. 249, http://www.wifo.ac.
at/wwa/jsp/index.jsp?fid=23923&id=31962&typeid=8&display_mode=2.
[c]) Regierungsprogramm
für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, Wien, 2008, S. 267, http://www.wifo.ac.at/
bibliothek/archiv/E0080.pdf.