Stephan Schulmeister
Erholung in den Industrieländern, kräftige
Wachstumsbeschleunigung in den anderen Ländergruppen
Mittelfristige Prognose der Weltwirtschaft
bis 2008
Die Prognose geht von folgenden Annahmen über
die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus: Der Wechselkurs des Euro
gegenüber dem Dollar sinkt bis 2008 auf 1,08 $, der Erdölpreis bleibt
annähernd stabil; die Geld- und Fiskalpolitik dürfte in den USA nach dem Jahr
der Präsidentschaftswahl weniger expansiv gestaltet werden als seit 2000. Unter
diesen Bedingungen sollte das Wirtschaftswachstum in den USA zwischen 2003 und
2008 2,9% pro Jahr ereichen. Das BIP der erweiterten EU wird etwas schwächer
zunehmen (+2,3%). Deutlich höher wird die Rate in den EU-Beitrittsländern
ausfallen, ihr Aufholprozess wird durch die Verbesserung der Erwartungen und
die Strukturanpassungen im Zuge des EU-Beitritts gefördert. Die deutsche
Wirtschaft wird innerhalb der EU weiterhin am schwächsten expandieren (+1,8%),
nicht zuletzt infolge der restriktiven Fiskalpolitik. In Japan dürfte das
mittelfristige Wachstumstempo 1,9% pro Jahr erreichen und damit merklich höher
sein als in den neunziger Jahren.
Begutachtung: Heinz Handler, Ewald Walterskirchen • Wissenschaftliche
Assistenz: Eva Sokoll • E-Mail-Adressen: Stephan.Schulmeister@wifo.ac.at, Eva.Sokoll@wifo.ac.at
INHALT
Prognose der Wirtschaftsentwicklung in den USA
Große Unsicherheit über die Wechselkursentwicklung
Wachstum in Deutschland weiterhin schwächer als im
Euro-Raum
Langsamer Aufholprozess der EU-Beitrittsländer
Beschleunigung des Welthandelswachstums
Höheres Wirtschaftswachstum in den
Entwicklungsländern und früheren Planwirtschaften
VERZEICHNIS
DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN
Übersicht 1: Entwicklung der
weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen
Übersicht 2: Entwicklung von Weltproduktion
und Welthandel
Abbildung 1: Dollarkurs und Welthandelspreise
Abbildung 2: Entwicklungstendenzen der
Weltwirtschaft
Die vorliegende Prognose bildet eine Grundlage für die
Modellprognose der österreichischen Wirtschaft bis 2008 in diesem Heft (Baumgartner - Kaniovski - Walterskirchen, 2004)[a]).
In den USA bleibt die Wirtschaftspolitik im Jahr 2004
stark expansiv. Die Notenbank hat wiederholt angekündigt, die Leitzinsen auf
dem außerordentlich niedrigen Niveau von 1% zu lassen. Dafür sind zumindest
drei Gründe maßgebend: Erstens ist der Konjunkturaufschwung noch nicht
selbsttragend (die Arbeitslosigkeit ist bisher kaum gesunken, auch die
Investitionsnachfrage der Unternehmen bleibt verhalten). Zweitens vermeidet die
Fed üblicherweise Zinserhöhungen im Jahr einer Präsidentenwahl (November 2004).
Drittens dürften sowohl die Regierung als auch die Notenbank an einem weiterhin
niedrigen Wechselkurs des Dollars und damit an einem negativen Zinsdifferential
gegenüber dem Euro interessiert sein.
Die Fiskalpolitik wird die Konjunktur in erster Linie
durch die 2003 beschlossene Steuersenkung stimulieren:
·
Die
mit 10% besteuerte unterste Steuerklasse wird um 2.000 $ Jahreseinkommen
verbreitert.
·
Die
Steuersätze der oberen Klassen werden um etwa 2 Prozentpunkte
herabgesetzt.
·
Der
Absetzbetrag für Kinder wird von 400 $ auf 1.000 $ erhöht.
·
Investitionen
werden durch großzügigere Abschreibungsregelungen gefördert (keine generelle
Steuerentlastung der Unternehmen, sondern Anreiz zu zusätzlichen
Investitionen).
·
Die
Steuersätze für Gewinne aus der Veräußerung von Aktien (capital gains) werden
um 5 Prozentpunkte gesenkt; Dividendenerträge unterliegen nicht mehr der
Einkommensteuer, sondern werden mit nur 5% besteuert. Beide Maßnahmen werden
die Aktienkurse stimulieren und damit indirekt auch den privaten Konsum (Schulmeister,
2004).
Ausgabenseitig wird die
Fiskalpolitik den Konjunkturaufschwung durch die anhaltend hohen
Militärausgaben sowie durch zusätzliche Sozialtransfers (prescription drug benefit
- Teilrefundierung der
Medikamentenkosten an Pensionisten) stärken.
Die Exporte der USA werden weiterhin durch den stark
unterbewerteten Dollarkurs stimuliert. Unter diesen Bedingungen setzt sich die
Konjunkturerholung in den USA fort: Die Prognose nimmt an, dass das BIP 2004 um
3,8% expandiert (Übersicht 2). Die Wachstumsbeschleunigung und ihre
wirtschaftspolitischen Bestimmungsfaktoren verschärfen allerdings die bestehenden
Ungleichgewichte in der Wirtschaft der USA:
·
Das
gesamtstaatliche Budgetdefizit weitet sich nach der jüngsten Prognose der OECD
im Jahr 2004 auf 5,1% des BIP aus.
·
Das
Leistungsbilanzdefizit steigt nach dieser Prognose 2004 auf
575,8 Mrd. $ oder 5,0% des BIP: Das Wachstum der Importe wird durch
die Konjunkturerholung stärker stimuliert als das Exportwachstum durch den
unterbewerteten Dollarkurs.
·
Die im
Vergleich mit dem schwachen Wirtschaftswachstum hohe asset price inflation auf
dem Immobilienmarkt erhöht die Gefahr eines Platzens dieser spekulativen Blase.
|
||||||||
Übersicht 1: Entwicklung der weltwirtschaftlichen
Rahmenbedingungen |
||||||||
|
Wechselkurse |
Zinssätze |
Erölpreis (OECD-Importpreis) |
Realzins für
internationale Schulden |
||||
|
|
|
Dollarzins |
Eurozins |
||||
|
|
|
Kurzfristig |
Langfristig |
Kurzfristig |
Langfristig |
||
|
Yen je $ |
$ je € bzw. ECU |
In % |
In $ |
In % |
|||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
1966/1973 |
340,7 |
. |
7,2 |
6,1 |
. |
. |
2,4 |
1,4 |
1974/1979 |
263,9 |
1,32 |
8,6 |
8,1 |
. |
. |
14,2 |
-7,5 |
1980/1985 |
235,0 |
0,99 |
12,3 |
12,1 |
. |
. |
31,6 |
11,3 |
1986/1991 |
189,1 |
1,07 |
9,9 |
10,2 |
. |
. |
24,7 |
7,7 |
1992/1997 |
120,2 |
1,22 |
5,8 |
7,1 |
. |
7,5 |
18,5 |
5,5 |
1998/2003 |
119,3 |
1,01 |
4,0 |
5,1 |
3,5 |
4,8 |
22,4 |
4,0 |
2003 |
116,0 |
1,13 |
1,1 |
4,1 |
2,3 |
4,1 |
29,0 |
-9,2 |
2004 |
110,0 |
1,16 |
1,3 |
5,0 |
2,0 |
4,0 |
27,0 |
-0,3 |
2005 |
113,0 |
1,14 |
3,0 |
5,0 |
3,0 |
4,5 |
27,0 |
2,1 |
2006 |
115,0 |
1,12 |
2,5 |
4,8 |
2,5 |
4,3 |
27,0 |
2,3 |
2007 |
118,0 |
1,10 |
3,0 |
5,0 |
2,5 |
4,3 |
28,0 |
1,7 |
2008 |
120,0 |
1,08 |
3,0 |
5,0 |
3,0 |
4,5 |
28,0 |
1,0 |
2004/2008 |
115,2 |
1,12 |
2,6 |
5,0 |
2,6 |
4,3 |
27,4 |
1,4 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Wechselkurse |
Welthandelspreise
|
||||||
|
MERM |
4 Reservewährungen
je $ |
$ je € |
Insgesamt |
Brennstoffe |
Nahrungsmittel |
Industrierohstoffe |
Industriewaren |
|
Durchschnittliche
jährliche Veränderung in % |
|||||||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
1966/1973 |
-2,1 |
-2,7 |
. |
+5,5 |
+6,3 |
+7,0 |
+5,3 |
+5,5 |
1974/1979 |
-1,1 |
-2,3 |
. |
+15,2 |
+32,3 |
+10,0 |
+12,1 |
+11,4 |
1980/1985 |
+5,7 |
+8,7 |
-9,3 |
+0,6 |
+7,0 |
-2,2 |
-1,7 |
-0,8 |
1986/1991 |
-6,8 |
-7,4 |
+8,5 |
+3,2 |
-9,7 |
+3,2 |
+1,8 |
+6,2 |
1992/1997 |
+1,0 |
+0,6 |
-1,5 |
+0,1 |
-0,4 |
+4,4 |
-0,7 |
-0,8 |
1998/2003 |
-0,1 |
-0,0 |
-0,1 |
-0,1 |
+5,2 |
-6,1 |
-1,9 |
-0,1 |
2003 |
|
-12,8 |
+19,4 |
+10,4 |
+11,5 |
+10,7 |
+14,2 |
+11,4 |
2004 |
|
-2,9 |
+2,8 |
+1,6 |
-5,0 |
+2,0 |
+3,0 |
+2,0 |
2005 |
|
+1,8 |
-1,7 |
+0,9 |
+0,1 |
-2,0 |
-2,9 |
+1,0 |
2006 |
|
+1,7 |
-1,8 |
+0,2 |
+0,1 |
-1,5 |
-1,9 |
+0,0 |
2007 |
|
+1,8 |
-1,8 |
+1,3 |
+2,1 |
-0,0 |
+0,0 |
+1,0 |
2008 |
|
+1,8 |
-1,8 |
+2,0 |
+3,1 |
+2,0 |
+1,1 |
+1,5 |
2004/2008 |
|
+0,8 |
-0,9 |
+1,2 |
+0,0 |
+0,1 |
-0,1 |
+1,1 |
Q: OECD, IMF, WIFO. |
||||||||
|
Die Prognose nimmt daher an, dass die Geld- und
Fiskalpolitik der USA nach dem Wahljahr 2004 einen leicht restriktiven Kurs
einschlägt. Die Leitzinsen dürften 2005 auf 3,0% angehoben werden, gleichzeitig
werden Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung die Konjunktur dämpfen. Unter diesen
Bedingungen sollte sich das Wirtschaftswachstum bis 2006 auf 2,3% abschwächen.
Die Prognose unterstellt, dass sich die Wirtschaft danach wieder erholt (2008
+3,0%). Das mittelfristige Wirtschaftswachstum wird demnach zwischen 2003 und
2008 2,9% pro Jahr betragen und damit gleich hoch sein wie zwischen 1997 und
2003 (Übersicht 2).
Kaum eine andere Variable ist für die Entwicklung der
Weltwirtschaft von so großer Bedeutung wie der Wechselkurs des Dollars,
insbesondere gegenüber dem Euro und dem Yen. Dies ist eine Folge der
Doppelrolle des Dollars als Ankerwährung der Weltwirtschaft und als nationale
Währung der USA.
Die Eigenschaft des Dollars als "key currency"
kommt darin zum Ausdruck, dass nahezu alle Rohstoffe in Dollar notieren und
internationale Finanzforderungen bzw. -verbindlichkeiten (insbesondere jene von
Entwicklungsländern) in Dollar gehalten werden. Deshalb verschiebt jede
ausgeprägte Veränderung des Dollarkurses ceteris paribus die
Einkommensverteilung in der Weltwirtschaft, einerseits zwischen
Nettoexporteuren und -importeuren von Rohstoffen und andererseits zwischen
Dollargläubigern und Dollarschuldnern (siehe dazu Schulmeister, 2000). So
verschlechtert etwa eine starke Abwertung des Dollars die Terms-of-Trade der
erdölproduzierenden Länder (zum Vorteil der Verbraucherländer). Darauf werden
die Erdölproduzenten mit dem Versuch reagieren, den Erdölpreis (in Dollar)
anzuheben (Abbildung 1 verdeutlicht die tendenziell gegenläufige
Entwicklung von Dollarkurs und Rohstoffpreisen). Gleichzeitig begünstigt ein
Rückgang von Wechselkurs und Zinssatz des Dollars internationale Schuldner
zulasten ihrer Gläubiger.
Die Eigenschaft des Dollars als nationale Währung der USA
impliziert, dass ausgeprägte Schwankungen seines Wechselkurses die Terms-of-Trade,
die Exportmarktanteile und die Leistungsbilanz der USA verändern. Deshalb wird
die Wirtschaftspolitik der USA an einer Abwertung bzw. Aufwertung des Dollars
interessiert sein, je nachdem ob hohe Arbeitslosigkeit wegen unzureichenden
Wirtschaftswachstums als Hauptproblem wahrgenommen wird oder zu hohe Inflation,
und dementsprechend wird sie die Kursentwicklung durch geldpolitische und
sonstige Maßnahmen beeinflussen (siehe dazu in diesem Heft Schulmeister, 2004).
Die starke Abwertung des Dollars seit dem Frühjahr 2002
verdeutlicht die Relevanz dieser Zusammenhänge:
·
Die
Niedrigzinspolitik der Notenbank der USA und ein "talking the dollar
down" durch Wirtschaftspolitiker in den USA haben den Abwertungsprozess
ausgelöst und verstärkt. Dadurch gewannen die USA Exportmarktanteile, in erster
Linie auf Kosten des Euro-Raums (Abbildung 7 in Schulmeister, 2004).
·
Das
Ausmaß von Leistungsbilanzdefizit und Auslandsverschuldung der USA drückt
strukturell den Dollarkurs. Die Doppelrolle des Dollars erlaubt es den USA als
einzigem Land, sich fast ausschließlich in eigener Währung zu verschulden.
·
Die
Abwertung des Dollars als key currency trug einerseits dazu bei, dass sich die
Finanzlage großer Schuldnerländer wie Brasilien in jüngster Zeit verbesserte,
und andererseits, dass der Erdölpreis trotz der Wirtschaftsflaute in den
Industrieländern auf relativ hohem Niveau verharrte.
Da der Wechselkurs des Dollars verschiedenste Interessen
berührt und der Dollar auch im Devisenhandel die key currency ist, ist die
Unsicherheit über seine mittelfristige Entwicklung besonders groß. Zwei
Zusammenhänge sind durch empirische Analysen gut abgesichert (Sarno - Taylor,
2002): Je weiter sich ein Wechselkurs von seinem fundamentalen Gleichgewicht
entfernt hat, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer Gegenbewegung, und
die Geschwindigkeit, mit der der Wechselkurs zum Fundamentalgleichgewicht
zurückkehrt, ist relativ gering.
Zieht man als Richtgröße für den Fundamentalkurs die
Kaufkraftparität auf Basis von Sachgütern heran und berücksichtigt man, dass
der Dollar nach diesem Maßstab Anfang 2004 um etwa 30% unterbewertet war
(gegenüber einem gewichteten Durchschnitt der wichtigsten anderen Währungen),
so ist die Annahme plausibel, dass er mittelfristig an Wert verlieren wird,
wenn auch sehr langsam (dafür spricht nicht zuletzt die Höhe des
Leistungsbilanzdefizits der USA). Gegenüber dem Yen sollte der Wechselkurs des
Dollars von 110,0 Yen (2004) auf 120,0 Yen (2008) steigen. Für den
Wechselkurs des Euro gegenüber dem Dollar unterstellt die Prognose einen
Rückgang auf 1,16 $ im Jahr 2004 und danach eine stetige, wenn auch
geringe Abwertung auf 1,08 $ im Jahr 2008 (Übersicht 1).
Die japanische Wirtschaft wuchs 2003 erstmals seit dem
Jahr 2000 deutlich (+2,3%). Allerdings sind jene Probleme, welche die
Stagnation seit Anfang der neunziger Jahre verursacht haben, noch nicht ganz
überwunden. Dies gilt insbesondere für den weiteren leichten Rückgang des
Preisniveaus und seine Konsequenzen: Unter - wenn auch nur leicht - deflationären Bedingungen kann das Realzinsniveau
nicht unter jenes der gesamtwirtschaftlichen Wachstumsrate gedrückt werden; die
Erwartung eines weiteren Preisrückgangs dämpft die Konsumnachfrage, und der
Abbau der notleidenden Kredite des Finanzsektors sowie die Konsolidierung der
Staatsfinanzen ist bei Deflation außerordentlich schwierig.
Aus diesen Gründen sowie wegen der neuerlichen Aufwertung
des Yen in den letzten Monaten gehen fast alle Prognosen (OECD, IWF, EU-Kommission)
von einer neuerlichen Wachstumsverlangsamung 2004 aus. Die vorliegende Prognose
nimmt eine Steigerung des BIP 2004 von 1,5% an, danach sollte sich die Zunahme
leicht beschleunigen und zwischen 2006 und 2008 2,0% pro Jahr betragen
(Übersicht 2). Die mittelfristige Expansionsrate liegt demnach zwischen
2003 und 2008 bei 1,9% und ist damit deutlich höher als zwischen 1997 und 2003
(+0,8%).
Die Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft sind
weiterhin ungünstig. Dafür sind insbesondere folgende Probleme bestimmend: Die
hohe Arbeitslosigkeit und die Kürzung von Sozialleistungen dämpfen Erwartungen
und Konsumbereitschaft der Haushalte, gleichzeitig bleibt die
Investitionsbereitschaft der Unternehmer verhalten, nicht zuletzt als Folge der
starken Euro-Aufwertung.
Im abgelaufenen Jahr sank die Zahl der unselbständig
Erwerbstätigen in Deutschland um 1,8%; dies war der stärkste Rückgang seit
1992, die Arbeitslosenquote stieg auf nahezu 9%. Diese Entwicklung verstärkte
den Pessimismus der privaten Haushalte. Dazu dürfte auch die Befürchtung
beitragen, einzelne Reformen des Arbeitsmarktes könnten die Lage weiter
verschlimmern. So wurde die Einkommensgrenze für die geringfügige Beschäftigung
mit 1. April 2003 von 325 € auf 400 € angehoben, um zusätzliche
Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitslose zu schaffen. Tatsächlich stieg die
Zahl dieser "Mini-Jobs" seither um etwa 1 Mio., doch entfielen
sie fast ausschließlich auf bereits Erwerbstätige (Zweit- oder Drittbeschäftigung),
da gleichzeitig die Sozialversicherungspflicht im Nebenerwerb abgeschafft wurde
- der Beschäftigungszugang
wurde dadurch für (Langzeit-)Arbeitslose noch schwieriger.
Die Förderung der geringfügigen Beschäftigung könnte
gemeinsam mit der kürzlich beschlossenen Lockerung des Kündigungsschutzes eine
zusätzliche Reduktion sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse
zur Folge haben (durch Substitution; DIW, 2004); dies würde die Ungleichheit der
Einkommensverteilung erhöhen, Kaufkraft und Konsumbereitschaft dämpfen und die
finanzielle Basis der Sozialversicherung schwächen.
Die im Dezember 2003 beschlossene Herabsetzung des
Arbeitslosengeldes für alle, die länger als 12 Monate (über 55-Jährige:
18 Monate) arbeitslos sind, auf das Niveau der Sozialhilfe (etwa
350 €) wird deren Kaufkraft drastisch reduzieren - dies betrifft etwa 1,5 Mio. Arbeitslose.
Einen ähnlichen Effekt dürften die ab 2004 wirksamen Leistungskürzungen und
Beitragserhöhungen der sozialen Kranken- und Pensionsversicherung haben.
Vor dem Hintergrund der pessimistischen
Wirtschaftserwartungen der Haushalte wird die für 2004 beschlossene
Steuersenkung (im nunmehr reduzierten Ausmaß von 0,4% des BIP) den privaten
Konsum nicht nennenswert ankurbeln (47% der Haushalte geben an, sie würden die
zusätzlichen Einnahmen durch die Steuersenkung "eher sparen").
Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen bleibt daher
von ihrer Einschätzung der deutschen Exportdynamik abhängig: Diese hat sich
zwar durch den Konjunkturaufschwung in den USA und die hohe Wirtschaftsdynamik
in Ostasien verbessert, die anhaltende Euro-Aufwertung dämpft jedoch die
Exporterwartungen wieder merklich.
Aus diesen Gründen dürfte sich die Wirtschaft in
Deutschland 2004/05 schwächer erholen und auch mittelfristig langsamer wachsen
als im Euro-Raum (Übersicht 2). Zum Konjunkturverlauf trifft die Prognose
folgende Annahme: Bis 2005 sollte sich das Wirtschaftswachstum in der
EU 15 auf 2,5% und in Deutschland auf 2,2% beschleunigen, in erste Linie
als Folge des Konjunkturaufschwungs in den USA 2003/04 sowie des anhaltend
hohen Wirtschaftswachstums in Ostasien. Danach dürfte sich die Expansion in der
EU 15 im Sog der Konjunkturabschwächung in den USA bis 2007 auf 2,0%
verlangsamen und 2008 wieder anziehen. Der Wachstumsrückstand Deutschlands wird
sich gegen Ende des Prognosezeitraums merklich verringern (Übersicht 2).
Unter diesen Bedingungen wird das mittelfristige
Wirtschaftswachstum zwischen 2003 und 2008 in der EU 15 2,2% pro Jahr
betragen (Euro-Raum +2,1%, Deutschland +1,8%). Damit ist es nur geringfügig
höher als zwischen 1997 und 2003 und weiterhin um fast 1 Prozentpunkt pro
Jahr niedriger als in den USA (Übersicht 2).
|
|||||||||||||
Übersicht 2: Entwicklung von Weltproduktion und Welthandel |
|||||||||||||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
1965/ |
1973/ |
1979/ |
1985/ |
1991/ |
1997/ |
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
2007 |
2008 |
2003/ |
|
Durchschnittliche jährliche Veränderung in % |
||||||||||||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Welt-BIP, real |
+5,9 |
+3,7 |
+2,5 |
+3,2 |
+3,2 |
+3,4 |
+3,3 |
+4,3 |
+4,1 |
+3,8 |
+3,7 |
+4,2 |
+4,0 |
Industrieländer |
+5,2 |
+2,8 |
+2,3 |
+3,1 |
+2,6 |
+2,4 |
+1,9 |
+2,7 |
+2,4 |
+2,3 |
+2,4 |
+2,6 |
+2,5 |
Erdölexporteure |
+9,0 |
+5,4 |
+0,9 |
+2,5 |
+3,2 |
+3,2 |
+3,1 |
+5,0 |
+4,0 |
+3,0 |
+3,5 |
+4,0 |
+3,9 |
Sonstige Entwicklungsländer |
+5,3 |
+5,1 |
+4,2 |
+5,3 |
+6,7 |
+4,6 |
+5,1 |
+5,7 |
+6,0 |
+5,5 |
+5,0 |
+6,0 |
+5,6 |
Oststaaten |
+7,1 |
+3,5 |
+2,0 |
+0,1 |
-5,3 |
+4,1 |
+4,9 |
+4,6 |
+4,7 |
+4,7 |
+4,6 |
+4,5 |
+4,6 |
MOEL 8 |
. |
. |
. |
. |
+3,5 |
+3,0 |
+2,9 |
+3,5 |
+4,0 |
+3,5 |
+3,0 |
+3,3 |
+3,5 |
Russland |
. |
. |
. |
. |
-7,2 |
+4,3 |
+6,0 |
+4,9 |
+5,0 |
+4,8 |
+4,6 |
+4,4 |
+4,7 |
USA |
+3,9 |
+3,0 |
+2,6 |
+2,6 |
+3,4 |
+2,9 |
+2,8 |
+3,8 |
+2,5 |
+2,3 |
+2,8 |
+3,0 |
+2,9 |
Japan |
+9,5 |
+3,5 |
+3,3 |
+4,5 |
+1,6 |
+0,8 |
+2,3 |
+1,5 |
+1,8 |
+2,0 |
+2,0 |
+2,0 |
+1,9 |
EU 25 |
. |
. |
. |
. |
. |
. |
+0,9 |
+2,1 |
+2,6 |
+2,3 |
+2,0 |
+2,3 |
+2,3 |
EU 15 |
+4,5 |
+2,4 |
+1,6 |
+2,8 |
+1,7 |
+2,1 |
+0,8 |
+2,0 |
+2,5 |
+2,3 |
+2,0 |
+2,3 |
+2,2 |
Euro-Raum |
+4,6 |
+2,5 |
+1,5 |
+2,8 |
+1,5 |
+2,0 |
+0,4 |
+1,8 |
+2,5 |
+2,1 |
+1,8 |
+2,1 |
+2,1 |
Deutschland |
+4,0 |
+2,4 |
+1,4 |
+2,9 |
+1,2 |
+1,3 |
+0,0 |
+1,3 |
+2,2 |
+1,9 |
+1,7 |
+2,0 |
+1,8 |
EU-Beitrittsländer |
. |
. |
. |
. |
. |
. |
+2,8 |
+3,5 |
+4,0 |
+3,5 |
+3,0 |
+3,3 |
+3,5 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Welthandel insgesamt, real |
+9,2 |
+3,3 |
+2,0 |
+6,6 |
+8,0 |
+4,9 |
+3,1 |
+6,4 |
+6,2 |
+5,6 |
+5,7 |
+6,5 |
+6,1 |
Brennstoffe |
+10,0 |
-0,6 |
-5,0 |
+8,7 |
+5,3 |
+4,7 |
+21,2 |
+2,9 |
+3,4 |
+3,3 |
+3,2 |
+3,7 |
+3,3 |
Nahrungsmittel |
+5,2 |
+3,5 |
+2,7 |
+6,7 |
+0,5 |
+10,0 |
+1,5 |
+5,4 |
+4,4 |
+3,8 |
+4,4 |
+5,2 |
+4,6 |
Industrierohstoffe |
+5,9 |
+1,0 |
+0,8 |
+5,1 |
+5,9 |
+3,0 |
-1,1 |
+4,6 |
+3,6 |
+2,5 |
+2,6 |
+4,2 |
+3,5 |
Industriewaren |
+10,3 |
+5,9 |
+4,6 |
+6,1 |
+9,8 |
+4,5 |
+0,1 |
+7,5 |
+7,2 |
+6,5 |
+6,6 |
+7,4 |
+7,0 |
Industrieländer |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
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|
Exporte |
+9,3 |
+3,9 |
+3,5 |
+6,8 |
+7,3 |
+4,1 |
+1,7 |
+5,4 |
+5,5 |
+4,9 |
+5,0 |
+5,8 |
+5,3 |
Importe |
+9,7 |
+2,6 |
+1,2 |
+8,3 |
+7,1 |
+4,9 |
+2,4 |
+6,0 |
+5,5 |
+5,0 |
+5,5 |
+6,0 |
+5,6 |
Erdölexporteure |
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Exporte |
+12,0 |
+1,1 |
-8,9 |
+7,9 |
+5,2 |
+1,9 |
+4,1 |
+10,4 |
+4,3 |
+4,1 |
+4,1 |
+4,6 |
+5,5 |
Importe |
+9,5 |
+14,3 |
+2,1 |
-1,1 |
+5,9 |
+5,4 |
+0,0 |
+9,0 |
+7,5 |
+6,0 |
+7,0 |
+8,0 |
+7,5 |
Sonstige Entwicklungsländer |
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|
Exporte |
+7,0 |
+4,9 |
+4,7 |
+10,5 |
+12,2 |
+7,7 |
+5,9 |
+7,4 |
+7,9 |
+7,3 |
+7,5 |
+8,3 |
+7,7 |
Importe |
+7,6 |
+4,6 |
+4,6 |
+8,0 |
+11,6 |
+4,9 |
+5,5 |
+7,0 |
+7,5 |
+7,0 |
+6,0 |
+7,5 |
+7,0 |
Oststaaten |
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Exporte |
+6,5 |
+1,9 |
+3,5 |
-8,4 |
+0,9 |
+4,4 |
+6,6 |
+9,7 |
+7,5 |
+7,1 |
+7,2 |
+8,0 |
+7,9 |
Importe |
+7,7 |
+1,6 |
+2,9 |
-12,8 |
+4,3 |
+3,3 |
+7,7 |
+9,0 |
+10,0 |
+9,0 |
+8,0 |
+10,0 |
+9,2 |
Q: OECD, IMF, WIFO. |
Seit Anfang der neunziger Jahre hat sich der
Aufholprozess der 8 ostmitteleuropäischen Länder (MOEL 8), die 2004 wie
Malta und Zypern der EU beitreten werden, verlangsamt: War die Wirtschaft
dieser Länder 1991/1997 noch um 1,8 Prozentpunkte rascher gewachsen als im
Durchschnitt der EU 15, so lag das Wachstumsdifferential 1997/2003 bei nur
mehr +0,9 Prozentpunkten (Übersicht 2). Die wichtigste Beschränkung
für einen mittelfristigen Wachstumsvorsprung der MOEL 8 besteht in ihren hohen
Leistungsbilanzdefiziten. Darin kommen zwei Probleme zum Ausdruck:
·
Wenn
die Wirtschaft einer Region rascher wächst als die einer anderen, kann der
Leistungsbilanzsaldo nur dann relativ zum BIP stabil gehalten werden, wenn die
rascher expandierende Volkswirtschaft gleichzeitig an Wettbewerbsfähigkeit
gewinnt und so die Steigerung ihrer Exporte stimuliert bzw. die ihrer Importe gedämpft
wird.
·
Dies
ist dann kaum erreichbar, wenn das Entwicklungsniveau beider Regionen sehr
unterschiedlich ist. Im Zuge der Marktöffnung und des damit verbundenen
Integrationsprozesses erfolgt nämlich der Aufholprozess im privaten Konsum
rascher als in den Investitionen und der Produktionstechnologie.
Das deshalb strukturell hohe Leistungsbilanzdefizit der
EU-Beitrittsländer verschlechterte sich zusätzlich durch die reale Aufwertung
ihrer Währungen seit Mitte der neunziger Jahre. Diese ist im Wesentlichen auf
hohe Kapitalzuflüsse zurückzuführen, welche nicht nur in Direktinvestitionen,
sondern auch in (kurzfristigen) Finanzanlagen bestehen (höheres Zinsniveau,
Kursschübe auf den besonders volatilen Aktienmärkten in Osteuropa).
Auf die starke Verschlechterung der Leistungsbilanz
(zumeist verbunden mit einem markanten Anstieg des Budgetdefizits) reagierten
die Beitrittsländer mit einer restriktiven Geld- und Fiskalpolitik, welche
wiederum das Wirtschaftswachstum dämpfte. Diese Problematik hätte durch eine wirtschaftspolitische
Stimulierung der Gesamtnachfrage und damit auch der Importnachfrage in der EU
gemildert werden können. Eine ähnliche Wirkung hätten umfassende
Finanzierungsprogramme zur Verbesserung der Produktions- und Exportbedingungen,
insbesondere der Infrastruktur in den Beitrittsländern gehabt. Die
Wirtschaftspolitik der EU verfolgte jedoch keine dieser Strategien, nicht
zuletzt wegen der Regelbindung der Geld- und Fiskalpolitik im Euro-Raum (eine
detaillierte Untersuchung der Lage in den ostmitteleuropäischen Ländern findet
sich in Pöschl,
2003).
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Abbildung 1: Dollarkurs und Welthandelspreise |
1986 = 100 |
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Q: OECD, WIFO. |
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Die Prognose nimmt an, dass sich das Wirtschaftswachstum
in den osteuropäischen EU-Beitrittsländern 2004 und 2005 auf 3,5% bzw. 4,0%
beschleunigt, gestützt durch eine Verbesserung der Erwartungen von Unternehmen
und Haushalten im Zuge des EU-Beitritts sowie durch den Konjunkturaufschwung in
der EU 15 (die realen Wechselkurse der Beitrittsländer bleiben annähernd
stabil). Danach dürfte das Wachstumstempo leicht sinken und im Durchschnitt der
Jahre 2003 bis 2008 3,5% pro Jahr betragen. Damit liegt das mittelfristige
Wachstum in den EU-Beitrittsländern um 1,3 Prozentpunkte über jenem in der
EU 15, das Wachstumsdifferential ist etwas höher als in der Periode
1997/2003 (dazu tragen insbesondere die Strukturverbesserungen in der Folge des
EU-Beitritts bei). Wegen des geringen Gewichts des BIP der Beitrittsländer (zu
Kaufkraftparitäten) wird das mittelfristige Wachstum in der erweiterten EU
zwischen 2003 und 2008 (+2,3% pro Jahr) nur geringfügig höher sein als in der
EU 15 (Übersicht 2).
Abbildung 2: Entwicklungstendenzen der Weltwirtschaft |
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Q: OECD, IMF, WIFO. |
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Abbildung 1 verdeutlicht die gegenläufige
Entwicklung des effektiven Dollarkurses und der Welthandelspreise auf
Dollarbasis. Auch 2003 war die starke Abwertung des Dollars der wichtigste
Grund, warum trotz schwachen Wirtschaftswachstums (insbesondere in den
Industrieländern) die Preise von Industriewaren um 11,4% und jene von
Rohstoffen um 10,9% stiegen. Unter der Annahme einer mittelfristigen Erholung
des Dollarkurses dürften die Rohstoffpreise bis 2008 annähernd konstant bleiben,
die Dollarpreise von Industriewaren dürften um nur 1,1% pro Jahr steigen. Dabei
wird angenommen, dass die OPEC weiterhin durch Steuerung der Erdölförderung
ihrer Mitgliedsländer und durch Kooperation mit den anderen Erdölproduzenten
den Erdölpreis bei annähernd 28 $ je Barrel stabilisieren kann.
Unter diesen Bedingungen verschlechtern sich die Terms-of-Trade
der erdölexportierenden Entwicklungsländer sowie der Oststaaten[b]) leicht, jene der sonstigen Entwicklungsländer
und der Industrieländer verbessern sich etwas. Bei anhaltend niedrigem Niveau
der nominellen Dollarzinsen dürfte der Realzins für internationale Dollarschulden
bis 2008 im Durchschnitt lediglich 1,4% betragen und damit deutlich niedriger
sein als in den achtziger und neunziger Jahren (Abbildung 2,
Übersicht 1). Dies erleichtert den Entwicklungsländern die Bedienung ihrer
Auslandsschulden und fördert so indirekt das Wachstum ihrer Importe.
Die Industrieländer weiten ihre realen Warenimporte bis
2008 etwas stärker aus als 1997/2003 (+5,6% gegenüber +4,9% pro Jahr).
Entsprechend dem angenommenen Konjunkturverlauf dürfte ihr Importwachstum 2005
und 2006 leicht sinken (auf +5,0%) und sich danach wieder auf +6,0%
beschleunigen (Übersicht 2). Ihre hohen Handelsbilanzüberschüsse
ermöglichen den Oststaaten und den Erdölexporteuren eine Ausweitung ihrer
Importe bis 2008 um durchschnittlich 9,2% bzw. 7,5%. Die sonstigen
Entwicklungsländer steigern - begünstigt durch die niedrige Realverzinsung
ihrer Auslandsschulden - die
Importnachfrage nur wenig schwächer (+7,0%). Unter diesen Bedingungen
beschleunigt sich das mittelfristige Wachstum des gesamten Welthandels von 4,9%
(1997/2003) auf 6,1% (2003/2008; Übersicht 2).
Die Exporte der Industrieländer dürften bis 2008 um 5,3%
pro Jahr expandieren, langsamer als der gesamte Welthandel (die Industrieländer
verlieren etwa im selben Ausmaß Marktanteile wie seit Anfang der neunziger
Jahre). Am deutlichsten steigern die früheren Planwirtschaften und die
sonstigen Entwicklungsländer ihre Exporte (+7,9% bzw. +7,7% pro Jahr;
Übersicht 2).
Dank der kräftigen Ausweitung der Importe (insbesondere
von Investitionsgütern) verstärkt sich das mittelfristige Wirtschaftswachstum
in den erdölexportierenden Ländern von 3,2% (1997/2003) auf 3,9% (2003/2008).
In den sonstigen Entwicklungsländern beschleunigt sich das Wachstum noch etwas
stärker (von 4,6% auf 5,6%), zusätzlich gefördert durch Marktanteilsgewinne im
Export (dazu tragen weiterhin auch Standortverlagerungen in diese Länder bei).
In den früheren Planwirtschaften (einschließlich
Russlands und der anderen Mitgliedsländern der Gemeinschaft Unabhängiger
Staaten) hängt die Dynamik im Wesentlichen von der Entwicklung in den EU-Beitrittsländern
(MOEL 8) und in Russland ab.
Seit Überwindung der Finanzkrise von 1998 expandiert die
russische Wirtschaft kräftig - zwischen 1998 und 2003 wuchs das BIP um 6,2% pro
Jahr. Dazu trug die beträchtliche Ausweitung der Importe von Konsum- und
Investitionsgütern bei, die mit den infolge der Erdölverteuerung noch stärker
wachsenden Exporterlösen finanziert wurde. Die Prognose nimmt an, dass die
russische Wirtschaft -
weiterhin durch hohe, aber nicht mehr steigende Erdölpreise begünstigt - zwischen 2003 und 2008 um 4,7% pro Jahr wächst
(+0,4 Prozentpunkte gegenüber 1997/2003). Dementsprechend erhöht sich das
mittelfristige Wachstumstempo in den Oststaaten insgesamt von +4,1% auf +4,6%
(Übersicht 2).
In den Industrieländern dürfte das Wirtschaftswachstum
aufgrund der Annahmen über den Konjunkturverlauf heuer auf 2,7% steigen, bis
2006 auf 2,3% sinken und danach wieder auf 2,6% im Jahr 2008 zunehmen. Die
mittelfristige Wachstumsrate wird demnach 2003/2008 mit +2,5% nur geringfügig
höher sein als 1997/2003 (Übersicht 2). Wegen der Wachstumsbeschleunigung
in den anderen Ländergruppen wird das BIP der gesamten Weltwirtschaft im
Prognosezeitraum um 4,0% pro Jahr expandieren - merklich rascher als zwischen 1997 und 2003
(+3,4%).
Baumgartner, J., Kaniovski, S., Walterskirchen, E., "Wirtschaft
schöpft ihr Potential mittelfristig zunehmend aus. Prognose der
österreichischen Wirtschaft bis 2008", WIFO-Monatsberichte, 2004, 77(2),
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Deutsches
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Global Economy Set to Recover in the Industrialised Countries and Accelerate in the Other Country Groups - Summary |
With interest rates kept low and taxes strongly reduced, monetary and fiscal policies in the USA are expected to remain on an expansive course in 2004. This will strengthen the economic upswing but will also accentuate the disequilibria in the US economy: in 2004, both the budget deficit and the current account deficit are envisaged to increase to at least 5 percent of GDP. For this reason, the USA will pursue a slightly restrictive course after the 2004 election year. Interest rates will probably be raised to 3.0 percent in 2005, and measures to consolidate the budget should dampen final demand, reducing the rate of growth to 2.3 percent by 2006, although the economy should then take an upturn again, and to 3.0 percent in 2008. In the medium run, the USA will thus manage an economic growth of 2.9 percent p.a. for the period of 2003-2008. The main predicaments confronting the Japanese economy - a declining price level, a huge amount of bad loans in the financial sector and growing unemployment - have improved noticeably in recent times. This forecast assumes that the trend will continue and permit an annual growth rate of 1.9 percent over the medium run. In Germany, the economic outlook continues to be unfavourable: high unemployment and cuts in social welfare benefits weaken consumer demand while business remains hesitant about investments, not least due to the strong euro. For these reasons, the German economy is expected to grow by just 1.3 percent and 2.2 percent, respectively, in 2004 and 2005, which means a slower recovery than in the EU 15 in general (+2.0 percent and +2.5 percent). In the wake of retarded growth in the USA, growth up to 2007 should decelerate to 2.0 percent in the EU 15 and to 1.7 percent in Germany, before rising again in 2008. Subject to these conditions, the EU 15 will enjoy medium-term growth between 2003 and 2008 of 2.2 percent annually (Euro zone +2.1 percent, Germany +1.8 percent), achieving a slightly higher rate than in 1997-2003, but still almost 1 percentage point lower than the USA. Among the EU accession countries in Eastern Europe, economic growth is set to expand to 3.5 percent and 4.0 percent in 2004 and 2005, before decelerating again, to achieve 3.5 percent p.a. as an average of 2003-2008. Vigorous expansion of imports (especially of capital goods) will enable oil-exporting countries to push up their medium-term economic growth from 3.2 percent (1997-2003) to 3.9 percent (2003-2008). The other developing countries will see even stronger growth (from 4.6 percent to 5.6 percent), further boosted by their gaining market shares in exports. The former centrally planned economies should find their growth rates climbing from 4.1 percent (1997-2003) to 4.6 percent (2003-2008), due not least to the sustained dynamic of the Russian economy. |
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[a]) Die Prognose der Weltwirtschaft entspricht für die Jahre 2004 und 2005 der WIFO-Konjunkturprognose vom Dezember 2003 (Marterbauer, 2004). Für die Periode 2006 bis 2008 wurden die mittelfristigen Prognosen von Oxford Economic Forecasting vom November 2003 sowie des National Institute of Economic Research vom Oktober 2003 (NIER, 2003) herangezogen.
[b]) Unter dem Begriff "Oststaaten" werden die früheren Planwirtschaften in Osteuropa zusammengefasst, einschließlich Russlands und der anderen Mitgliedsländer der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten.