Ewald Walterskirchen
Konjunktur erholt sich langsam
Die Unternehmensumfragen zeigen seit Monaten
eine mäßige, aber kontinuierliche Aufhellung der Erwartungen. Auch die aktuelle
Lage wird in der Sachgüterproduktion etwas und in der Bauwirtschaft wesentlich günstiger
eingeschätzt. Eine Wende auf dem Arbeitsmarkt steht aber noch aus.
Der Konjunkturbericht entsteht jeweils in Zusammenarbeit aller
Mitarbeiter des WIFO. • Abgeschlossen am 6. Februar 2004. • E-Mail-Adresse:
Ewald.Walterskirchen@wifo.ac.at
INHALT
Stagnation im Euro-Raum überwunden
Allmählich bessere Stimmung in der
Sachgüterproduktion
Tourismus hält der internationalen
Konjunkturflaute stand
Verbraucherpreise weiter relativ stabil
Zahl der aktiv Beschäftigten sinkt
VERZEICHNIS
DER ABBILDUNGEN
Abbildung 1: Internationale Konjunktur
Abbildung 2: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests
Abbildung 3: Wirtschaftspolitische Eckdaten
Der Konjunkturaufschwung in den USA strahlt auf Europa
aus. Im Euro-Raum stieg das reale Bruttoinlandsprodukt im III. Quartal
2003 gegenüber dem Vorquartal um 0,4%. Die Euro-Aufwertung bremste jedoch die
Konjunkturbelebung. Die Ausfuhr erholte sich im Herbst zu wenig, um einen
Aufschwung auszulösen. Der private Konsum wuchs im Euro-Raum langsam, und die Investitionen
sanken weiter. Die Erwartungen waren allerdings deutlich nach oben gerichtet.
In Österreich schätzten die Sachgütererzeuger in der WIFO-Unternehmensbefragung
vom Jänner die Konjunktur neuerlich günstiger ein. Exportaufträge und
Geschäftserwartungen weisen seit Mitte 2003 aufwärts, die
Produktionserwartungen wurden im Jänner allerdings nach einem kräftigen Anstieg
etwas zurückgenommen. Besonders stark verbesserte sich die Stimmung in der
Bauwirtschaft. Nachdem der Tiefbau schon 2002 dank öffentlicher Infrastrukturaufträge
in Schwung gekommen war, nahm im Laufe des Jahres 2003 auch die Wohnbautätigkeit
merklich zu.
Die heimischen Exporte erholen sich nur langsam, in den
Monaten Juli bis Oktober lagen sie nominell um 1,2% über dem Vorjahresniveau.
Die verbesserte Einschätzung der Exportaufträge deutet jedoch auf eine
zunehmende Dynamik zur Jahreswende hin. Die Ausfuhr nach Ost-Mittel- und
Südosteuropa floriert, jene in den Dollar-Raum wird dagegen durch den hohen
Euro-Kurs gedrückt.
Die Konsumenten bleiben zurückhaltend. Die realen
Einzelhandelsumsätze übertrafen das Vorjahresniveau in den ersten elf Monaten
2003 um nur 0,3%, das Verbrauchervertrauen ist in den letzten Monaten nicht
weiter gestiegen. Nur der Kfz-Handel meldet ein gutes Verkaufsergebnis: Die Pkw-Neuzulassungen
nahmen, durch neue Modelle angeregt, kräftig zu. Noch stärker erhöhten sich
dank der Investitionszuwachsprämie die Lkw-Neuzulassungen.
Die Preisentwicklung steht im Zeichen der
Konjunkturschwäche und des steigenden Euro-Kurses. Im Dezember lag die
Inflationsrate bei 1,2%. Die Güter des täglichen Bedarfs verteuerten sich
wesentlich stärker, doch dämpfte die Verbilligung elektronischer und optischer
Geräte den Preisauftrieb.
Die Wende auf dem Arbeitsmarkt tritt erfahrungsgemäß erst
etwa ein halbes Jahr nach der Konjunkturbelebung ein. Im Jänner sank die Zahl
der aktiv Beschäftigten gegenüber dem Vorjahr um 4.500, die Zahl der
Arbeitslosen nahm um 8.800 zu.
In den USA hat ein selbsttragender Konjunkturaufschwung
eingesetzt. Die Wirtschaft wuchs im III. Quartal um 2%, im
IV. Quartal um 1% gegenüber dem Vorquartal, die Investitionstätigkeit ist
angesprungen, und auch vom privaten und öffentlichen Konsum kamen wichtige
Konjunkturimpulse.
Abbildung 1: Internationale Konjunktur |
Saisonbereinigt, 1991 = 100 |
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Der Einkaufsmanagerindex des ISM
ist seit dem Frühjahr steil aufwärts gerichtet, er erreichte einen langjährigen
Höchststand. Das deutet auf eine ungebrochene Fortsetzung des Aufschwungs hin.
Die Aufwärtsentwicklung der Aktienkurse spiegelt ebenfalls die positiven Erwartungen
für die kommenden Monate wider.
Auch Japans Wirtschaft hat an Schwung gewonnen, sie wuchs
2003 unerwartet rasch. Vor allem die Exporte und die Unternehmensinvestitionen
zogen an. Die Börse in Tokio reagierte auf die erstmals seit langem
erfreulichen Wirtschaftsdaten mit hohen Kursgewinnen. Noch wesentlich günstiger
als in Japan entwickelte sich die Wirtschaft in China, Indien und den "Tigerstaaten".
Asien -
insbesondere China - hat
damit stark an Attraktivität für internationale Investoren gewonnen.
Die lebhafte Konjunktur in den USA und der anhaltende
Auftrieb der Aktienkurse haben auch in Europa die Stimmung der Unternehmen
deutlich verbessert. Bisher ist in Europa jedoch nur eine Erholung der
Wirtschaft mit hochgesteckten Erwartungen zu beobachten.
Nach einer Stagnation im II. Quartal stieg das BIP
im Euro-Raum im III. Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,4%. Die
ausgeprägte Schwäche der europäischen Wirtschaft zeigt sich vor allem im
Vergleich mit den USA (+2%), wo die Wirtschaftspolitik massive expansive
Impulse setzte.
Der hohe Euro-Kurs schwächte die internationale
Wettbewerbsfähigkeit des Euro-Raums, dennoch war der Export die expansivste
Nachfragekomponente. Die Investitionen gingen in der EU weiter zurück. Ein
selbsttragender Konjunkturaufschwung ist demnach noch nicht zu verzeichnen.
Auch der private Konsum wurde nur mäßig ausgeweitet.
Für das 1. Halbjahr 2004 lässt der Euroframe-Indikator
im Euro-Raum im Vorjahresvergleich ein Wirtschaftswachstum von etwa 1½%
erwarten. Dabei dämpft der Kursanstieg des Euro die Expansion um rund
½ Prozentpunkt.
In Deutschland zeigt der Ifo-Geschäftsklimaindex schon
seit einigen Monaten eine deutliche Verbesserung der Stimmung in der Wirtschaft
an. Diese betrifft nicht nur die Erwartungen, sondern auch die aktuelle Lage.
Die Überwindung des Stimmungstiefs dürfte insbesondere mit der Ausweitung der
Exportaufträge zusammenhängen. Erfahrungsgemäß profitiert Deutschland relativ
rasch von einem Aufschwung in den USA.
Die österreichischen Sachgütererzeuger beurteilten die
Auftragslage und die Geschäftserwartungen im I. Quartal etwas optimistischer
als im Vorquartal. Die Einschätzung der künftigen Produktionsentwicklung fiel
dagegen etwas ungünstiger aus. |
Das reale Bruttoinlandsprodukt stieg im III. Quartal
saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal um 0,3%, ein Konjunkturaufschwung war
im Herbst allerdings noch nicht zu verzeichnen. Nach der vorläufigen
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung übertraf die Sachgüterproduktion das
Vorjahresniveau - nach
einem Rückgang im 1. Halbjahr - im III. Quartal um 1,3%.
Die Konjunktureinschätzung durch die österreichischen
Sachgüterproduzenten hat sich im Jänner weiter leicht verbessert, die
Aufwärtstendenz der letzten Monate hielt somit an. Andererseits sind die
Unternehmen eher vorsichtig: Die Aufhellung erfolgt nur schrittweise, überzogene
Produktionserwartungen wurden im Jänner zurückgenommen.
In der Bauwirtschaft hat sich die Stimmung heuer markant
verbessert. Das gilt besonders für den Tiefbau, der durch das Vorziehen von
Straßenbau- und Bahnprojekten Impulse erhielt. Auch der Wohnbau erholte sich
aber von seinem mehrjährigen Tief, vor allem dank Belebung im Mehrgeschossbau.
Im August (aktuellste Daten) wurden im Tiefbau, im Wohnungsbau und im
Baunebengewerbe zweistellige Zuwachsraten gegenüber dem Vorjahr verzeichnet.
Die wesentlich optimistischere Stimmung der Bauunternehmen im WIFO-Konjunkturtest
deutet darauf hin, dass die rege Baukonjunktur 2004 anhalten wird.
Der Einzelhandel entwickelte sich hingegen 2003 nur
durchschnittlich (real etwa +½%). Die privaten Haushalte disponierten ihre
Ausgaben angesichts der Konjunkturflaute vorsichtig. Die Pkw-Neuzulassungen
stiegen aber, angeregt durch neue Modelle, 2003 um fast 7½%. Infolge der
Investitionszuwachsprämie wurden die Lkw-Neuzulassungen noch stärker gesteigert.
Die Investitionen in Maschinen blieben dagegen - gemessen an den Importen - flau.
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Abbildung 2: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests |
Salden aus positiven und negativen Meldungen in % der befragten
Unternehmen, saisonbereinigt |
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Die Exporte beleben sich im Sog der internationalen
Konjunkturerholung nur sehr zögerlich. In den ersten zehn Monaten 2003 übertraf
die Ausfuhr das Vorjahresniveau nominell um ½%, in den Monaten Juli bis Oktober
um 1,2%. Die günstigere Einschätzung der Exportaufträge durch die Unternehmen
lässt darauf schließen, dass die Exporte zur Jahreswende deutlicher anzogen als
im Herbst.
Die Auswirkungen des hohen Euro-Kurses spiegeln sich in
der Länderstruktur der Ausfuhr: In die USA und die am Dollar orientierten
Entwicklungsländer wurde in den ersten 10 Monaten 2003 weniger exportiert
als im Vorjahr. Die Lieferungen nach Südosteuropa und in die frühere UdSSR
wurden dagegen kräftig gesteigert.
Im November und Dezember 2003 setzte die
Tourismuswirtschaft nach vorläufigen Berechnungen mit 2,44 Mrd. € um
3% mehr um als im Vorjahr. Im Jahr 2003 nahmen die Tourismusumsätze damit
nominell um 3½% bis 4% zu (real rund +1½% bis +2%).
Trotz der internationalen Konjunkturschwäche und der Euro-Stärke
behauptet sich der österreichische Tourismus gut und erzielt sogar leichte
Marktanteilsgewinne. Für die laufende Wintersaison 2003/04 wird ein
Umsatzzuwachs von etwa 4% erwartet.
Die Nachfrage von Gästen aus Italien, Frankreich,
Großbritannien und der Schweiz wuchs von November bis Dezember 2003 kräftig.
Die Nächtigungen von Belgiern stagnierten, während weniger Gäste aus
Deutschland, den Niederlanden und den USA verzeichnet wurden.
Abbildung 3: Wirtschaftspolitische Eckdaten |
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1) Unselbständig Beschäftigte ohne Bezug von
Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld, ohne Präsenzdienst. |
Der Anstieg des Verbraucherpreisindex betrug im Dezember
1,2% gegenüber dem Vorjahr. Damit zählte Österreich nach wie vor zu den
preisstabilsten Ländern im Euro-Raum. Nahrungsmittel und Restaurantbesuche
waren spürbar teurer als ein Jahr zuvor, billiger wurden vor allem Computer,
Digitalkameras und Telefongespräche. Der hohe Euro-Kurs dämpfte überdies die
Preise von Importgütern aus dem Dollar-Raum.
In einer Sondererhebung stellte Statistik Austria fest,
dass sich die Güter des täglichen Bedarfs in den letzten Jahren doppelt so
stark verteuerten wie der gesamte Warenkorb. Das bietet eine Erklärung für die
weit verbreitete Vorstellung, dass sich die Einführung des Euro negativ auf die
Preisstabilität ausgewirkt hat. Viele Einmalkäufe, wie Computer und Kameras,
wurden allerdings massiv billiger.
Die Tariflöhne lagen um 2,2% über dem Niveau des
Vorjahres, die Effektivverdienste pro Kopf kaum weniger. Die niedrige Inflation
hatte 2003 eine Steigerung der Bruttorealeinkommen je Arbeitnehmer um etwa 1%
zur Folge.
Die Wende auf dem Arbeitsmarkt lässt noch auf sich warten: Die Zahl der
aktiv Beschäftigten sank im Jänner gegenüber dem Vorjahr um 4.500, die
Arbeitslosigkeit stieg um 8.800 Personen.
Die Arbeitsmarktlage hat sich im Jänner weiter
verschlechtert. Es wäre auch verfrüht, von der gerade einsetzenden
Konjunkturerholung schon eine Wende auf dem Arbeitsmarkt zu erwarten - gewöhnlich hinkt der Arbeitsmarkt dem Aufschwung
der Wirtschaft um mindestens ein halbes Jahr nach, weil zunächst
Produktivitätsreserven und Überstundenpotentiale genutzt werden können, ehe
zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden.
Im Jänner sank die Zahl der aktiv Beschäftigten gegenüber
dem Vorjahr um 4.500, im Dezember war sie noch um 7.300 gestiegen. Auch die
Zahl der offenen Stellen war deutlich rückläufig. Die Arbeitslosigkeit nahm im
Jänner weiter zu: Mit 312.400 waren um 8.800 (2,9%) mehr Arbeitslose vorgemerkt
als im Vorjahr.