WIFO

Wolfgang Pollan, Thomas Leoni

Die Einkommensunterschiede nach Wirtschaftsbranchen in Österreich

 

Ein Vergleich zwischen Mikrozensus und Leistungs- und Strukturerhebung

 

Die statistische Basis für die Untersuchung der persönlichen Einkommensverteilung in Österreich ist schwach. Daten aus der Industriestatistik liefern andere Ergebnisse als jene aus dem Mikrozensus, dessen Erhebungsmängel seit langem bekannt sind. Die Leistungs- und Strukturerhebung, die seit einigen Jahren durchgeführt wird, erlaubt nun einen direkten Vergleich mit den Einkommensangaben aus dem Mikrozensus.

 

Begutachtung: Alois Guger • Wissenschaftliche Assistenz: Annamaria Rammel • E-Mail-Adresse: Wolfgang.Pollan@wifo.ac.at

Eine gerechte Einkommensverteilung als wirtschaftspolitisches Ziel

 

INHALT

Eine gerechte Einkommensverteilung als wirtschaftspolitisches Ziel

Die Einkommensfrage im Mikrozensus

Vergleich der Einkommensunterschiede laut Mikrozensus und laut Leistungs- und Strukturerhebung

Große Einkommensunterschiede

Zusammenfassung

Literaturhinweise

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

Übersicht 1: Vergleich zwischen Mikrozensus und Leistungs- und Strukturerhebung. 6

Übersicht 2: Streuung der Einkommen. 6

Abbildung 1: Brutto-Netto-Vergleich für die Jahre 1997 und 1999. 5

Abbildung 2: Vergleich zwischen Mikrozensus und Leistungs- und Strukturerhebung. 7

Abbildung 3: Abweichungen des Mikrozensus von der Leistungs- und Strukturerhebung. 8

 

 

In den sechziger Jahren wurde mit dem "magischen Fünfeck" der Wirtschaftspolitik ein Begriff geprägt, der die gerechte Einkommensverteilung - zusammen mit der Preisstabilität, der Vollbeschäftigung, dem außenwirtschaftlichen Gleichgewicht und einem stetigen Wachstum - als wirtschaftspolitisches Ziel festlegte (Teichmann, 1993). Allerdings trat in den folgenden Jahrzehnten dieses Thema gegenüber anderen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen in den Hintergrund. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass die Entwicklung der Einkommensverteilung in den Industrieländern in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg den Erwartungen der Wirtschaftstheorie entsprach: Demnach war anfangs ein gewisses Maß an Ungleichheit notwendig, um Investitionen und Wachstum zu fördern. Zugleich festigte sich in der Theorie - anhand der "Kuznets-Kurve" (Kuznets, 1955) - die Anschauung, dass Wirtschaftswachstum nach einer Zunahme der Ungleichheit auf langer Sicht eine gerechtere Einkommensverteilung mit sich bringe. Diese Sichtweise wurde jedoch im letzten Jahrzehnt auf theoretischer sowie empirischer Ebene hinterfragt; in der aktuellen Literatur werden Einkommensdisparitäten und deren Einfluss auf die Volkswirtschaft wieder thematisiert[a]). Zum einen wird darauf hingewiesen, dass sich in vielen Industrieländern die ökonomischen Ungleichheiten in den letzten 20 Jahren verschärft haben. Zum anderen werden theoretische Ansätze ausgearbeitet, die auf negative Folgen der Einkommensdisparitäten für das Wirtschaftswachstum schließen lassen.

Eine gerechte oder faire Einkommensverteilung ist freilich auch ein Wert an sich. In der OECD nehmen die "korporatistischen" Länder eine Sonderstellung ein; zu ihnen gehören - je nach Abgrenzung - neben den nordischen Ländern Österreich, die Niederlande, Deutschland und Irland. In diesen Ländern sorgt, so die gängige Meinung in der Literatur (OECD, 1997, Iversen, 1999, Wallerstein, 1999) die Bündelung der Lohnverhandlungen in den gewerkschaftlichen Dachorganisationen bzw. ein hohes Maß an Koordination zwischen jenen Gruppen, die Lohnverhandlungen führen, für geringe Lohnunterschiede sowie für Zurückhaltung in den Lohnforderungen (und damit in weiterer Folge für niedrige Inflation und Arbeitslosigkeit). Eine Reihe von Studien stellen eine eindeutig negative Beziehung zwischen dem Grad der Zentralisierung bzw. Koordination der Lohnverhandlungen und dem Ausmaß der Lohndisparitäten fest (OECD, 1997, Freeman, 1998, Blau - Kahn, 1999).

Österreich passt allerdings nicht in dieses Bild (Rowthorn, 1992, OECD, 1997, Iversen, 1999): Laut Lohn- und Gehaltsdaten für die Industrie sind die Lohnunterschiede in Österreich nahezu gleich groß wie in jenen Ländern, die hohe Lohndisparitäten aufweisen (USA, Kanada und Japan; Walterskirchen, 1991, Guger, 1991, Pollan, 2000). Andere Studien jedoch, die auf dem Mikrozensus basieren, weisen für Österreich geringe Einkommensdisparitäten aus (Barth - Zweimüller, 1992).

Ein großes Problem empirischer Studien zur Frage der Einkommensunterschiede liegt in der Erhebung von zuverlässigen Daten und in deren internationaler Vergleichbarkeit. Der vorliegende Bericht leistet einen Beitrag zur Ermittlung der Lohnunterschiede in Österreich.

Die Einkommensfrage im Mikrozensus

Zwischen 1981 und 1999 wurde im Rahmen des Mikrozensus im Abstand von etwa zwei Jahren die "Einkommensfrage" zur Erhebung der Personen- und Haushaltseinkommen der unselbständig Beschäftigten gestellt. Die dabei ermittelten Daten haben wegen der gleichzeitigen Verfügbarkeit von Angaben über die wöchentliche Arbeitszeit sowie über eine Vielzahl von sozialstatistischen Indikatoren aus dem Grund- und Sonderprogramm des Mikrozensus besondere Bedeutung. Darüber hinaus bilden sie eine einzigartige Quelle zur Ermittlung der Haushaltseinkommen und dienen als Grundlage für eine Reihe von Untersuchungen.

Dem Vorteil der Breite der Fragestellungen stehen jedoch Bedenken bezüglich der Qualität der Einkommensangaben im Mikrozensus gegenüber. In der Fachliteratur wird schon seit langem auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die mit Einkommenserhebungen durch (freiwillige) Umfragen verbunden sind. So weist Zweimüller (1992) auf erhebliche Verzerrungen durch das Fehlen von Werten im Mikrozensus 1983 hin, da Auskunftsverweigerungen ungleichmäßig über die Gesamtbevölkerung verteilt sind. Im Mikrozensus 1989 liegen zwar für rund 70% der unselbständig Beschäftigten Einkommensangaben vor, die Einkommensfrage wurde aber nur von rund der Hälfte der Bestverdiener beantwortet (Wolf - Wolf, 1991); in der Folge schlagen sich bestehende Einkommensdisparitäten in den Daten abgeschwächt nieder. Auch das Österreichische Statistische Zentralamt (heute Statistik Austria) wies in einem Bericht zum Mikrozensus 1993 darauf hin, dass in jeder Berufsschicht eher Personen mit hohem Einkommen kein Einkommen angeben. "Die insgesamt bestehenden Ungleichheiten der Einkommenssituation werden daher unterschätzt" (Kronsteiner - Wolf, 1994, S. 995). Darüber hinaus könnten jene, die ihr Einkommen angeben, tendenziell besonders hohe bzw. niedrige Werte nach unten bzw. nach oben korrigieren.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass bestimmte Einkommensbestandteile (z. B. Prämien, Belohnungen, Überstundenentgelte usw.) im Mikrozensus nicht erfasst bzw. untererfasst werden; im Allgemeinen hat dies Unterschätzungen zur Folge. In einem Vergleich mit den Daten des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger für das Jahr 1993 stellte das Zentralamt eine Unterschätzung der Einkommen im Mikrozensus je nach Beschäftigungsgruppe um zwischen 1,1% und 14,1% fest[b]).

Ab 1999 berechnete das Statistische Zentralamt nur die Haushaltseinkommen (und nicht die Personeneinkommen) aus den Mikrozensusdaten; anschließend wurde die Einkommensfrage aus dem Sonderprogramm gestrichen[c]). Auch wenn damit die Rolle des Mikrozensus für die Bestimmung der Einkommen in Österreich zeitlich abgegrenzt ist, scheint es heute immer noch angebracht, sich mit dieser Datenquelle auseinanderzusetzen. Der Mikrozensus wurde nämlich in viele sekundäre Datensätze aufgenommen, die als Quelle für die - im letzten Jahrzehnt immer häufigeren - internationalen Vergleiche von Einkommensdisparitäten dienen. Auf diesem Weg bilden die Einkommensdaten des Mikrozensus die Basis, auf der Österreich mit anderen Ländern verglichen wird bzw. auf der die österreichische Einkommensverteilung in internationalen Studien erfasst wird. So berufen sich z. B. die Luxembourg Income Study Database, die World Income Inequality Database der UNO sowie die World Development Indicators der Weltbank[d]) auf den Mikrozensus. Dasselbe gilt für Studien zur Einkommensverteilung, etwa Barth - Zweimüller (1994), Martins - Pereira (2000), Förster - Pearson (2002) und Milanovic (2002).

Atkinson - Brandolini (2001) weisen nachdrücklich auf die Mängel hin, die bei der Zusammenstellung bzw. Verwendung dieser sekundären Datensätze entstehen. Einerseits dokumentieren viele sekundäre Datensätze ihre Quellen nicht hinreichend und sind deshalb nicht vollständig nachvollziehbar. Andererseits haben viele Benutzer die Tendenz, die Daten mechanisch anzuwenden und sich nicht eingehend mit den nationalen Eigenheiten der Erhebungen auseinanderzusetzen.

Vergleich der Einkommensunterschiede laut Mikrozensus und laut Leistungs- und Strukturerhebung

Angesichts der genannten Problemstellung sowie der wirtschafts- und sozialpolitischen Relevanz von Einkommensfragen sollen in der Folge die Qualitätsmängel des Mikrozensus bezüglich der Einkommenserhebung herausgearbeitet werden. Für eine kritische Analyse bietet sich ein Vergleich mit den Daten der Leistungs- und Strukturerhebung an, die seit 1997 erstellt werden. Insbesondere wird die Gültigkeit der Mikrozensusdaten anhand von Lohn- und Gehaltsunterschieden zwischen Wirtschaftsbranchen in Österreich hinterfragt. Zu diesem Zweck werden der Mikrozensus und die Leistungs- und Strukturerhebung für die Jahre 1997 und 1999 gegenübergestellt. Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Daten[e]) beschränkt sich diese Gegenüberstellung auf den produzierenden Sektor einschließlich des Bauwesens. Die Löhne und Gehälter von Arbeitern und Angestellten werden dabei nach ÖNACE-Abteilungen aufgeteilt und ihr Durchschnittswert auf eine vergleichbare Basis gebracht.

Der Mikrozensus und die Leistungs- und Strukturerhebung unterscheiden sich hinsichtlich der Einkommensdaten in wesentlichen Punkten. Letztere enthält die Bruttolöhne und -gehälter auf Jahresbasis, während im Mikrozensus die monatlichen Nettoeinkommen ausgewiesen werden. Die Daten im Mikrozensus beziehen sich auf die einzelnen Erwerbstätigen und werden mit Angaben zu den geleisteten Arbeitsstunden integriert.

In der Leistungs- und Strukturerhebung werden die Zahl der Beschäftigten und die Zahl der Vollzeiteinheiten der einzelnen Wirtschaftsbranchen ausgewiesen; es fehlen aber Hinweise zur Arbeitszeit und zur Basis der Ermittlung von Vollzeiteinheiten. Überdies werden alle Daten, die weniger als vier Unternehmen betreffen, aufgrund der gesetzlichen Geheimhaltungsbestimmungen unterdrückt. Dies betrifft für den produzierenden Bereich auf der zweistelligen ÖNACE-Ebene vier Wirtschaftsbereiche[f]).

Im Mikrozensus hingegen liegen nicht zu jedem ÖNACE-Zweisteller qualitativ hochwertige Daten vor; so wurden z. B. für das Jahr 1997 in den Abschnitten 10 (Kohlenbergbau und Torfgewinnung) und 37 (Rückgewinnung, Recycling) nur jeweils sechs Fälle erfasst.

Ein direkter Vergleich der zwei Datensätze ist demnach nur nach einigen Anpassungen sinnvoll. Aus dem Mikrozensus-Datensatz wurden zuerst jene Personen ausgeschlossen, die nicht erwerbstätig waren oder keinen Wirtschaftszweig angaben. Die verbleibenden Einkommensdaten wurden anhand der Variablen "normale Arbeitszeit"[g]) auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden standardisiert[h]). Zur Schaffung einer Vergleichsbasis wurde allgemein von einer Auszahlung der angeführten Beträge 14-mal jährlich ausgegangen. Da der Mikrozensus nach der Zahl der Monatsgehälter differenziert, wurden die angeführten Monatsbeträge auf ein Vierzehntel des Jahreseinkommens normiert[i]) und anschließend dessen Durchschnitt berechnet. Die durchschnittlichen Bruttojahreseinkommen laut Leistungs- und Strukturerhebung, die sich aus der Division der Bruttolöhne und -gehälter durch die Vollzeiteinheiten ergeben, wurden auf 14 Monatseinkommen aufgeteilt. Schließlich mussten die Bruttobeträge laut Leistungs- und Strukturerhebung auf Nettowerte umgerechnet werden (siehe Kasten "Die Umrechnung von Bruttoentgelten auf Nettoentgelte").

 

Die Umrechnung von Bruttoentgelten auf Nettoentgelte

Die für die Umrechnung erforderlichen Faktoren wurden der Konjunkturstatistik 1997 und 1999 entnommen, welche Brutto- und Nettosummen für Löhne und Gehälter anführt. Aus der Gegenüberstellung der Brutto- und Nettolöhne nach Wirtschaftsbranchen wurden dazu mit einer linearen Regressionsanalyse eine Konstante und ein Koeffizient ermittelt.

Die Bruttoentgelte umfassen Lohn- und Gehaltssummen einschließlich Sonderzahlungen, Abfertigungen, Lehrlingsentschädigungen und Heimarbeiterentgelt. Die Nettoentgelte errechnen sich aus den Bruttoentgelten, vermindert um die Lohnsteuer und den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung sowie alle Pflichtbeiträge. Die Nettolöhne enthalten darüber hinaus die Nettoentschädigungen der gewerblichen Lehrlinge sowie die Nettoheimarbeiterentgelte.

Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse nach ÖNACE-Zweistellern. Als Ausreißer fällt die Klasse 23 auf (Kokerei, Mineralölverarbeitung; zwei Bruttowerte von rund 75.000 S bzw. 85.000 S). Da dieser Wirtschaftsabschnitt in der Leistungs- und Strukturerhebung den gesetzlichen Geheimhaltungsbestimmungen unterliegt, wurde er wie die Klassen 11, 13 und 16 aus der Regressionsanalyse ausgeschlossen.

Abbildung 1 veranschaulicht das hohe Maß an Linearität der Korrelation zwischen durchschnittlichen Bruttolöhnen und -gehältern und Nettolöhnen und -gehältern aus der Konjunkturstatistik für die Jahre 1997 und 19991). Dieses lineare Verhältnis ergibt sich aus der Verwendung von Durchschnittswerten, die die Progressivität des Abgabensystems kaum sichtbar macht.

               

1)  Die angeführten Summen der Löhne und Gehälter wurden zur Ermittlung dieser Daten durch die Zahl der bezahlten Arbeitsstunden dividiert und dann auf Monatsbeträge umgerechnet.

Große Einkommensunterschiede

Die so berechneten durchschnittlichen Nettolöhne und -gehälter für die einzelnen ÖNACE-Zweisteller sind in Übersicht 1 zusammengefasst. Demnach unterscheidet sich die Lohnhöhe nach Wirtschaftszweigen laut Mikrozensus erheblich von jener laut Leistungs- und Strukturerhebung. Die Lohndisparitäten sind im Mikrozensus merklich kleiner als jene, die aus der Leistungs- und Strukturerhebung abgeleitet werden können, wie die geringere Varianz (Übersicht 2) der durchschnittlichen Löhne und Gehälter zeigt.

In den Abbildungen 1 und 2 wurden die ÖNACE-Zweisteller absteigend nach den Einkommen laut Leistungs- und Strukturerhebung geordnet. Die zwei Datenreihen korrelieren demnach nur wenig.

Abbildung 1: Brutto-Netto-Vergleich für die Jahre 1997 und 1999

Q: Konjunkturstatistik.

 

Eine genauere Untersuchung (Abbildung 3) ergibt in einigen Wirtschaftsabschnitten besonders große Abweichungen zwischen Mikrozensus und Leistungs- und Strukturerhebung. Die größten Differenzen zeigen sich in den Branchen 10 (Kohlenbergbau), 30 (Herstellung von Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten), 32 (Rundfunk-, Fernseh- und Nachrichtentechnik), 35 (sonstiger Fahrzeugbau) und 40 (Energieversorgung). Wie erwähnt können die erheblichen Abweichungen in einigen ÖNACE-Abschnitten durch die sehr geringe Zahl der im Mikrozensus erfassten Fälle erklärt werden. So stehen für den Abschnitt 10 im Jahr 1997 nur 6, im Jahr 1999 sogar nur 4 relevante Fälle zur Verfügung[j]). Im Jahr 1997 sind zwei der sechs Personen als Reinigungspersonal tätig; ihr relativ niedriges Einkommen drückt naturgemäß den Durchschnitt. Relativ wenige Fälle enthält auch die Branche 30 (Herstellung von Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten): 38 Beobachtungen für 1997 und 59 Fälle für 1999.

Übersicht 1: Vergleich zwischen Mikrozensus und Leistungs- und Strukturerhebung

Nach ÖNACE-Abteilungen

 

 

 

 

 

 

1997

1999

 

Mikrozensus

Leistungs- und Strukturerhebung

Mikrozensus

Leistungs- und Strukturerhebung

 

Durchschnittliche Monatsentlohnung in S

 

 

 

 

 

10 Kohlenbergbau, Torfgewinnung

13.907

22.829

17.133

24.760

11 Erdöl- und Erdgasbergbau

21.275

.

24.643

.

13 Erzbergbau

18.478

.

23.190

.

14 Gewinnung von Steinen und Erden

20.230

20.954

17.954

20.937

15 Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken

15.959

17.227

16.176

16.070

16 Tabakverarbeitung

19.592

.

21.958

.

17 Herstellung von Textilien und Textilwaren (ohne Bekleidung)

15.301

17.277

15.084

16.547

18 Herstellung von Bekleidung

10.901

14.017

12.973

13.333

19 Ledererzeugung und -verarbeitung

13.837

14.547

13.087

13.257

20 Be- und Verarbeitung von Holz

15.077

16.168

14.864

15.330

21 Herstellung und Verarbeitung von Papier und Pappe

17.397

22.484

18.499

22.550

22 Verlagswesen, Druckerei

17.486

22.879

19.944

23.119

23 Kokerei, Mineralölverarbeitung

26.237

.

22.614

.

24 Herstellung von Chemikalien

20.417

24.322

19.411

24.612

25 Herstellung von Gummi und Kunststoffwaren

16.457

18.985

16.814

18.202

26 Herstellung und Bearbeitung von Glas

16.687

21.479

17.097

21.214

27 Metallerzeugung und -bearbeitung

18.360

16.196

18.206

22.808

28 Herstellung von Metallerzeugnissen

16.881

18.587

17.653

18.080

29 Maschinenbau

17.416

20.780

17.810

20.678

30 Herstellung von Büromaschinen und EDV-Geräten

19.292

17.154

22.882

15.651

31 Herstellung von Geräten der Elektrizitätserzeugung

16.552

20.387

20.111

19.804

32 Rundfunk-, Fernseh- und Nachrichtentechnik

19.368

27.690

21.723

27.145

33 Medizin-, Mess- und Regelungstechnik, Optik

18.092

18.710

21.037

19.395

34 Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen

17.366

21.040

18.999

20.841

35 Sonstiger Fahrzeugbau

15.422

24.071

17.203

24.693

36 Herstellung von Möbeln, Schmuck u. a.

13.676

15.397

14.584

14.132

37 Rückgewinnung (Recycling)

15.317

17.576

18.387

16.311

40 Energieversorgung

22.531

26.842

21.276

27.805

41 Wasserversorgung

20.236

20.202

20.370

21.393

45 Bauwesen

15.775

19.498

16.159

18.526

Q: Statistik Austria, Mikrozensus und Leistungs- und Strukturerhebung.

 

 

 

Übersicht 2: Streuung der Einkommen

 

 

 

 

 

 

 

 

1997

1999

 

Mikrozensus

Leistungs- und Strukturerhebung

Mikrozensus

Leistungs- und Strukturerhebung

 

 

Brutto

Netto

 

Brutto

Netto

 

In S

 

 

 

 

 

 

 

Standardabweichung

2.534

5.788

3.568

2.566

6.089

4.112

Q: WIFO-Berechnungen.

 

Hinsichtlich der markanten Abweichungen zwischen Mikrozensus und Leistungs- und Strukturerhebung in anderen Wirtschaftsbranchen lassen sich nur Vermutungen treffen. In der Kategorie 35 etwa fallen der hohe Anteil der Lehrlinge (insgesamt 7,5%) sowie die sehr geringe Zahl der Akademiker auf (1,4%), die wahrscheinlich das Durchschnittseinkommen in der Branche verzerren.

Nur in den Abschnitten 27 (Metallerzeugung und -bearbeitung), 30 (Herstellung von Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten), 33 (Medizin-, Mess- und Regelungstechnik) und 37 (Rückgewinnung) sind die Einkommen laut Mikrozensus in einem der zwei untersuchten Jahre höher als laut Leistungs- und Strukturerhebung. Die Werte des Abschnittes 30 im Jahr 1999 können wohl, insbesondere angesichts der geringen Datenmenge, als Ausreißer gewertet werden.

Abbildung 2: Vergleich zwischen Mikrozensus und Leistungs- und Strukturerhebung

Zur Bezeichnung der ÖNACE-Abteilungen siehe Übersicht 1.

 

Zusammenfassung

Eine gerechte Einkommensverteilung ist ein wichtiges wirtschaftspolitisches Ziel; die Frage, wieweit dieses Ziel etwa im internationalen Vergleich erreicht wird, bildet daher für sich genommen, aber auch in Hinblick auf die Erreichung anderer Ziele ein wichtiges Forschungsthema. Wie in vielen anderen Ländern war auch in Österreich die statistische Basis für Untersuchungen zur Einkommensverteilung schwach. Unterschiedliche Statistiken lieferten unterschiedliche Ergebnisse.

Eine Grundlage für die Erfassung der Einkommensverteilung war der Mikrozensus, dessen Erhebungsmängel seit langem bekannt sind. Die Leistungs- und Strukturerhebung, die seit einigen Jahren durchgeführt wird, erlaubt eine Evaluierung der Qualität der im Mikrozensus erfassten persönlichen Einkommen im produzierenden Sektor.

Abbildung 3: Abweichungen des Mikrozensus von der Leistungs- und Strukturerhebung

Zur Bezeichnung der ÖNACE-Abteilungen siehe Übersicht 1.

 

Demnach unterschätzt der Mikrozensus die effektiven durchschnittlichen Monatsentgelte in fast allen Wirtschaftsabteilungen des produzierenden Sektors im Vergleich mit der Leistungs- und Strukturerhebung. Weitaus bedeutender als diese Unterschätzung ist aber der Befund, dass der Mikrozensus die Einkommensdisparitäten zwischen den Wirtschaftsbranchen erheblich unterzeichnet. Somit weisen internationale Einkommensvergleiche, die sich auf die Daten des Mikrozensus stützen, für Österreich ein zu geringes Maß an Einkommensungleichheit aus. Dies gilt insbesondere dann, wenn Nettoeinkommen (laut Mikrozensus) für Österreich mit Bruttoeinkommen für andere Länder verglichen werden. Unbeantwortet - und für weitere Forschung offen - bleibt hingegen die Frage nach der Ursache dieser branchenspezifischen Lohndifferentiale.

Literaturhinweise

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Barth, E., Zweimüller, J., "Labour Market Institutions and the Industry Wage Distribution. Evidence from Austria, Norway and the U.S.", Empirica, 1992, 19(2), S. 181-201.

Barth, E., Zweimüller, J., "Bargaining Structure, Wage Determination, and Wage Dispersion in 6 OECD Countries", Kyklos, 1994, 47(1), S. 81-93.

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Förster, M., Pearson, M., "Income Distribution and Poverty in the OECD Area: Trends and Driving Forces", OECD Economic Studies, 2002, 34(1), S. 7-39.

Freeman, R., "War of the Models: Which Labour Market Institutions for the 21st Century?", Labour Economics, 1998, 5, S. 1-24.

Guger, A., "Arbeitskostensituation nach Branchen deutlich differenziert", WIFO-Monatsberichte, 1991, 64(10), S. 571-576.

Iversen, T., Contested Economic Institutions, Cambridge University Press, Cambridge, 1999.

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Kucera, D., "The Effects of Wealth and Gender Inequality on Economic Growth: A Survey for Research Empirical Studies", International Institute for Labour Studies Geneva, Discussion Paper, 2002, (136).

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Martins, P. S., Pereira, P. T., "Does Education Reduce Wage Inequality? Quantile Regressions Evidence from Fifteen European Countries", IZA Discussion Paper, 2000, (120).

Mazanek, R., "Leistungs- und Strukturerhebung 1999 im Produzierenden Sektor", Statistische Nachrichten, 2001, (9), S. 662-675.

Mazanek, R., Velechovsky, G., "Leistungs- und Strukturerhebung 1997 im Produzierenden Sektor", Statistische Nachrichten, 1999, (11), S. 994-1006.

Milanovic, B., "True World Income Distribution, 1988 and 1993: First Calculation Based on Household Surveys Alone", Economic Journal, 2002, 112, S. 51-92.

OECD, "Economic Performance and the Structure of Collective Bargaining", Employment Outlook, OECD, Paris, 1997.

Pollan, W., Einige Aspekte der Lohnbildung in Österreich. Lohnunterschiede und die Zentralisierung der Lohnverhandlungen, WIFO, Wien, 2000.

Rowthorn, R. E., "Centralisation, Employment and Wage Dispersion", Economic Journal, 1992, 102, S. 506-523.

Teichmann, U., Wirtschaftspolitik. Eine Einführung in die demokratische und die instrumentelle Wirtschaftspolitik, 4. Auflage, Vahlen, München, 1993.

Wallerstein, M., "Wage-Setting Institutions and Pay Inequality in Advanced Industrial Societies", American Journal of Political Science, 1999, 43(3), S. 649-680.

Walterskirchen, E., Unemployment and Labour Market Flexibility: Austria, International Labour Organization, Genf, 1991.

Wolf, I., Wolf, W., Wieviel weniger . . .? Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männer in Österreich, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Wien, 1991.

Zweimüller, J., "Survey Non-Response and Biases in Wage Regressions", Economic Letters, 1992, 39, S. 105-109.

 

Wage Disparities by Economic Sectors in Austria - Summary

A just income distribution is an important goal of economic policy. Thus the question to what extent this goal has been achieved in comparison to other countries is an important subject of economic research, but, as in many other countries, the statistical basis for an analysis of the personal income distribution has been weak. Different data bases yield different results.

Several studies of the income distribution in Austria are based on the micro-census (sample survey) of Statistics Austria, whose deficiencies have been known for some time. The Survey of Structural Business by Statistics Austria now offers a standard for evaluating the quality of the income data contained in the micro-census.

This comparison reveals that the micro-census underestimates wages and salaries in almost all branches of the production sector. But even more important is the finding that the micro-census severely underestimates the extent of wage disparity across sectors. As a result, international comparisons that rely on data from the Austrian micro-census assign Austria a degree of income inequality that is too low.

 

 

 



[a])  Einen Literaturübersicht bieten Kucera (2002) und Leoni - Pollan (2003).

[b])  Kronsteiner - Wolf (1994), S. 999, Tabelle 1425.

[c])  Zur Darstellung der Personeneinkommen wird auf den Einkommensbericht verwiesen, den der Rechnungshof anhand der Daten von Statistik Austria zusammenstellt und dem Nationalrat vorlegt. Dort werden die administrativ erfassten Einkommensdaten mit spezifischen Indikatoren (z. B. Voll- und Teilzeitarbeit) aus dem Mikrozensus verknüpft. Allerdings werden die Einkommen erst seit 1998 in der Gliederung nach zweistelligen ÖNACE-Wirtschaftsklassen ausgewiesen.

[d])  Die World Development Indicators stützen sich auf die Einkommensdaten der Luxembourg Income Study Database. Die Weltbank stellte 1996 mit dem Deininger/Squire Data Set Measuring Income Inequality einen neuen Datensatz zusammen, der als Basis für viele Studien - und nicht zuletzt für die World Income Inequality Database der UNO - dient. Deiniger und Squire unterscheiden zwischen einem "High-Quality"- und einem "Low-Quality"-Datensatz. Die österreichischen Daten, die sich auf den Mikrozensus beziehen, gehören nicht zu den High-Quality-Daten, weil sie keine Angaben für die Selbständigen enthalten.

[e])  Für den Vergleich der zwei Datensätze ist es unumgänglich, die Summe der Löhne und Gehälter in der Leistungs- und Strukturerhebung auf die - auf Vollzeitarbeit standardisierte - Zahl der Beschäftigten zu verteilen. Die Information zu den "Vollzeiteinheiten" nach Branchen steht aber nur für den produzierenden Bereich zur Verfügung (Mazanek - Velechovsky, 1999, Mazanek, 2001).

[f])  Abschnitte 11 (Erdöl- und Erdgasbergbau), 13 (Erzbergbau), 16 (Tabakverarbeitung) und 23 (Mineralölverarbeitung).

[g])  Die angegebenen durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen werden mit dem Faktor 40, dividiert durch die normale Arbeitszeit, auf eine 40-Stunden-Woche normiert (Kronsteiner - Wolf, 1994, S. 996). Eine Standardisierung anhand der Variablen "echte Arbeitszeit" ergab erhebliche Verzerrungen und bildet daher nicht Grundlage des Vergleichs.

[h])  Dabei wurde das verfügbare Nettoeinkommen mit dem Faktor 40, dividiert durch die normale Arbeitszeit, multipliziert.

[i])  Mit Ausnahme der Fälle, die "15" oder "16 oder mehr" Monatsbezüge angaben, wurde von einer 14-maligen Auszahlung des angeführten Einkommens ausgegangen. Dies basiert auf der Annahme, dass auch Erwerbstätige, die wegen Arbeitslosigkeit oder anderer Gründe nicht während des ganzen Jahres beschäftigt waren, ein Sechstel ihres Lohnes bzw. Gehaltes als Sonderzahlung erhielten.

[j])  Der hier verwendete ungewichtete Datensatz umfasst insgesamt etwa 7.500 Fälle. Die Berechnung der durchschnittlichen Entlohnung basiert auf dem gewichteten Datensatz (ungefähr 1 Mio. Fälle), der jedoch die Verzerrungen der Ausgangsdaten widerspiegelt.