WIFO

Markus Marterbauer

Konjunkturaufschwung nicht in Sicht

 

Prognose für 2003 und 2004

 

Die Wirtschaft wird im Jahr 2003 um nur 0,7% wachsen. Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen eines akzentuierten Mangels an gesamtwirtschaftlicher Nachfrage im Euro-Raum und einer markanten Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro ist ein Konjunkturaufschwung auch im Jahr 2004 wenig wahrscheinlich. Das BIP-Wachstum könnte dann in Österreich bei 1,2% liegen. Damit würde die Wirtschaftskrise in ihr viertes Jahr treten.

 

Die Konjunkturprognose entsteht jeweils in Zusammenarbeit aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des WIFO. • Abgeschlossen am 25. Juni 2003. E-Mail-Adresse: Markus.Marterbauer@wifo.ac.at

 

INHALT

Anhaltender Nachfragemangel im Euro-Raum

Impulse von der Weltwirtschaft bleiben schwach

EU-Wirtschaftspolitik gefordert

Kein Konjunkturaufschwung absehbar

Exportwirtschaft vor schwierigen Herausforderungen

Ausgeprägte Investitionszurückhaltung der Unternehmen

Industrieproduktion stagniert

Erholung in der Bauwirtschaft gewinnt an Breite

Zurückhaltende Konsumausgaben, Gefahr eines Anstiegs der Sparquote

Stabile Preise

Arbeitslosigkeit steigt weiter

Staatshaushalt von schwacher Konjunktur geprägt

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

Übersicht 1: Hauptergebnisse der Prognose. 3

Übersicht 2: Annahmen über die internationale Konjunktur 5

Übersicht 3: Entwicklung der Bruttowertschöpfung. 7

Übersicht 4: Entwicklung der Nachfrage. 8

Übersicht 5: Produktivität 10

Übersicht 6: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit 11

Übersicht 7: Konsum, Einkommen und Preise. 12

Übersicht 8: Arbeitsmarkt 13

Übersicht 9: Wirtschaftspolitische Bestimmungsfaktoren. 14

Abbildung 1: Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung und der Wirtschaftspolitik. 4

 

 

Die österreichische Wirtschaft wuchs im I. Quartal 2003 gegenüber dem Vorjahr um nur 0,5%. Die Steigerung der Inlandsnachfrage blieb verhalten, der Warenexport stagnierte, und die Ausrüstungsinvestitionen lagen unter dem Wert des Vorjahres. Derzeit gibt es keine Anzeichen für eine Konjunkturerholung. Das Wirtschaftswachstum wird im Jahr 2003 deshalb nur 0,7% betragen.

Die Aussichten für 2004 sind weiterhin sehr vage. Ein Konjunkturaufschwung müsste vom Export und den Investitionen ausgehen. Dafür sind die Rahmenbedingungen ungünstig: Im Euro-Raum herrscht verbreitet Mangel an gesamtwirtschaftlicher Nachfrage. Die Konsumenten halten Ausgaben für dauerhafte Konsumgüter zurück, die Unternehmen schieben Investitionsprojekte wegen unzureichender Absatzerwartungen auf. Wirtschaftspolitische Impulse wären für eine Belebung der Nachfrage notwendig, sind aber nicht in Sicht. Dazu kommt die markante Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro, die Verluste an Weltmarktanteilen für die europäischen Exporteure, eine Abschwächung von Nachfrageimpulsen aus den USA und einen Verlust an Attraktivität als Investitionsstandort nach sich zieht. Grundlage der WIFO-Prognose bildet die Annahme eines Wechselkurses von 1,13 $ je € für das Jahr 2003 und 1,16 $ je € für 2004.

Die Nachfrage nach österreichischen Exportgütern ist sowohl im EU-Binnenmarkt als auch - wegen zahlreicher Rückschläge im Aufholprozess - in Ost-Mitteleuropa schwach. Hingegen erzielen die österreichischen Unternehmen bemerkenswerte Erfolge in Südosteuropa. Der Anstieg des real-effektiven Wechselkurses (2003 +3%) dämpft die Wettbewerbsfähigkeit und kann durch den Rückgang der Lohnstückkosten in der Sachgütererzeugung kurzfristig nicht kompensiert werden, Marktanteilsverluste drohen. Das Wachstum der Warenexporte schwächt sich markant ab, es beträgt heuer real nur noch 2,5%. 2004 wird es kaum höher ausfallen (+3¼%). Auch der Reiseverkehr leidet unter der Verunsicherung der europäischen Konsumenten: Nach zwei guten Jahren muss heuer mit realen Exporteinbußen gerechnet werden (-1%).

Der Investitionsattentismus der heimischen Unternehmen hält an. Die Investitionsquote sinkt markant (von 24% des BIP im Jahr 2000 auf 21½% 2003). Dies ist vor allem auf den Einbruch der Ausrüstungsinvestitionen zurückzuführen - sie sind 2001 und 2002 kumuliert nominell um 13% gesunken. Angesichts unterausgelasteter Kapazitäten und zurückhaltender Absatzerwartungen kann auch für 2003 und 2004 kein Investitionsaufschwung erwartet werden. Dieser bildet aber die Voraussetzung für eine Beschleunigung des Wirtschaftswachstums und eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt.

Die Sachgüterproduktion dürfte wegen fehlender Nachfrage auch heuer nicht zunehmen. Der kräftige Abbau von Industriearbeitsplätzen setzt sich fort. Hingegen zeichnet sich in der Bauwirtschaft eine vorsichtige Erholung ab: Das Produktionswachstum liegt mit +1½% (2003) und +1¾% (2004) erstmals seit 1996 über jenem der Gesamtwirtschaft. Seit dem Sommer des Vorjahres hat sich der Tiefbau dank verstärkter Investitionen in die Straßen- und Schieneninfrastruktur belebt. Der WIFO-Konjunkturtest lässt nun auch auf eine bevorstehende Aufwärtsentwicklung im Hochbau, vor allem im Wohnungsneubau schließen.

 

Übersicht 1: Hauptergebnisse der Prognose

 

 

 

 

 

 

 

 

1999

2000

2001

2002

2003

2004

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Bruttoinlandsprodukt

 

 

 

 

 

 

Real

+2,7

+3,5

+0,7

+1,0

+0,7

+1,2

Nominell

+3,4

+5,0

+2,3

+2,2

+2,3

+2,7

Sachgütererzeugung1), real

+3,0

+6,5

+1,3

+0,3

+0,3

+1,8

Private Konsumausgaben, real

+2,3

+3,3

+1,5

+0,9

+1,3

+1,6

Bruttoanlageinvestitionen, real

+2,1

+5,9

-2,2

-4,6

+0,8

+1,8

Ausrüstungen2)

+4,9

+11,8

-2,9

-9,4

±0,0

+2,0

Bauten

+0,0

+1,2

-1,5

-0,5

+1,4

+1,7

Warenexporte3)

 

 

 

 

 

 

Real

+7,7

+13,1

+7,5

+4,3

+2,5

+3,3

Nominell

+7,0

+15,6

+6,5

+4,1

+2,0

+2,8

Warenimporte3)

 

 

 

 

 

 

Real

+6,9

+10,9

+5,7

-1,6

+1,7

+3,5

Nominell

+6,7

+14,7

+5,0

-2,2

+0,9

+2,7

Leistungsbilanzsaldo             Mrd. €

-6,33

-5,36

-3,94

+1,57

+0,80

+0,45

                in % des BIP

-3,2

-2,6

-1,9

+0,7

+0,4

+0,2

Sekundärmarktrendite4)         in %

4,7

5,6

5,1

5,0

3,9

4,0

Verbraucherpreise

+0,6

+2,3

+2,7

+1,8

+1,3

+1,3

Arbeitslosenquote

 

 

 

 

 

 

In % der Erwerbspersonen5)

4,0

3,7

3,6

4,3

4,3

4,4

In % der unselbständigen Erwerbspersonen6)

6,7

5,8

6,1

6,9

7,0

7,1

Unselbständig aktiv Beschäftigte7)

+1,2

+1,0

+0,4

-0,5

+0,1

+0,3

Finanzierungssaldo des Staates
(laut Maastricht-Definition)     in % des BIP

-2,3

-1,5

+0,3

-0,6

-1,1

-1,2

1) Nettoproduktionswert, einschließlich Bergbau. - 2) Einschließlich sonstiger Anlagen. - 3) Laut Statistik Austria. - 4) Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren (Benchmark). - 5) Laut Eurostat. - 6) Laut Arbeitsmarktservice. - 7) Unselbständig Beschäftigte ohne Bezug von Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld, ohne Präsenzdienst.

 

Das Wachstum der verfügbaren Realeinkommen festigt sich etwas gegenüber 2001 und 2002. Neben geringerem Preisauftrieb trägt dazu heuer auch eine Ausweitung der Transfers (Kinderbetreuungsgeld, Pensionen) bei. Für eine merkliche Erhöhung der Konsumausgaben bleibt die Einkommensteigerung aber zu schwach. Die Ausgaben der privaten Haushalte für dauerhafte Konsumgüter und Reisen könnten auch durch einen Anstieg der Sparquote gedämpft werden. Dieser bildet ein erhebliches Risiko für die Konjunktur. Die WIFO-Prognose unterstellt eine leichte Zunahme des Sparanteils am verfügbaren Einkommen von 7,5% (2002) auf 8% (2004) und rechnet mit einer Ausweitung der realen Konsumausgaben um 1,3% (2003) bzw. 1,6% (2004). Damit bleibt das Konsumwachstum deutlich hinter dem langjährigen Durchschnitt (+2¼%) zurück.

Der hohe Außenwert des Euro dämpft den Preisauftrieb. Die Inflationsrate wird heuer und im nächsten Jahr jeweils nur 1,3% betragen. Die Preise von Energie, Industriewaren und Nahrungsmitteln tragen dazu bei, hingegen erhöhen sich die Wohnungsmieten beträchtlich (+5%).

Das anhaltend schwache Wirtschaftswachstum und eine weiterhin starke Ausweitung des Arbeitskräfteangebotes haben eine Fortsetzung des Anstiegs der Zahl der Arbeitslosen auf heuer 239.000 und 244.000 im Jahr 2004 zur Folge. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 7,1% der unselbständigen Erwerbspersonen laut traditioneller österreichischer Berechnungsmethode bzw. 4,4% der Erwerbspersonen laut Eurostat. Die steigende Zahl der Teilnehmer an Schulungen und am Altersteilzeit-Programm hebt die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten heuer leicht über das Vorjahresniveau (+2.000). Auch im kommenden Jahr ist der Anstieg der als beschäftigt gezählten Personen (+10.000) nicht auf eine Konjunkturerholung, sondern auf institutionelle Veränderungen zurückzuführen. Die Beschäftigungsquote liegt in Österreich laut Labour-Force-Konzept von Eurostat bei 68% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und damit nur wenig unter dem für das Jahr 2010 angestrebten EU-Ziel. Laut traditioneller österreichischer Berechnungsmethode (Lebensunterhaltskonzept) beträgt sie allerdings lediglich 62%, weil nur jene Erwerbstätigen erfasst werden, die Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze beziehen.

 

Abbildung 1: Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung und der Wirtschaftspolitik

1) Ohne Bezug von Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld, ohne Präsenzdienst. - 2) In der Sachgütererzeugung, gegenüber den Handelspartnern, in einheitlicher Währung. - 3) Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren (Benchmark).

 

Die Steuereinnahmen entwickelten sich in der ersten Jahreshälfte günstig. Auf der Ausgabenseite wird der Staatshaushalt allerdings u. a. durch den starken Anstieg der Mittel für Familienförderung belastet. Der Finanzierungssaldo des Staates laut Maastricht-Kriterien dürfte heuer bei -1,1% des BIP liegen. Die Revision der Konjunkturprognose wirkt sich kaum aus, weil sie vor allem von der Abschwächung im Export ausgeht. Im kommenden Jahr dürften die Konjunktureffekte in den öffentlichen Haushalten spürbarer werden; deshalb erwartet das WIFO einen Finanzierungssaldo von -1,2% des BIP.

Anhaltender Nachfragemangel im Euro-Raum

Im Euro-Raum prägen schwache Unternehmensinvestitionen und zurückhaltende Konsumausgaben die Konjunktur. Die Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro dämpft die Expansion der Exporte. Das BIP wird heuer um nur ¾% wachsen. Derzeit gibt es keine Anzeichen für einen Konjunkturaufschwung. Das Wachstum könnte mit 1¼% auch im kommenden Jahr sehr gering ausfallen. Aktive Impulse der Wirtschaftspolitik fehlen.

Europas Wirtschaft löst sich nicht aus der Stagnation, jeglicher Impuls für einen Konjunkturaufschwung fehlt. Die Produktion wuchs im I. Quartal 2003 im Vorjahresvergleich um 0,8% und war somit saisonbereinigt nicht höher als im IV. Quartal 2002. Die Quartalsprognosen der Europäischen Kommission und der Eurogrowth-Indikator lassen für das II. und III. Quartal nur eine Rate zwischen +½% und +¾% gegenüber dem Vorjahr erwarten. Das Wachstum wird im Euro-Raum auch im Durchschnitt des Jahres 2003 bei nur ¾% liegen. Die seit mehr als zwei Jahren anhaltende Wirtschaftskrise hat einen merklichen Anstieg von Arbeitslosigkeit und Budgetdefiziten zur Folge: Die Arbeitslosenquote erreichte im April saisonbereinigt bereits 8,8% und war damit um ¾ Prozentpunkte höher als 2001. Die konjunkturbedingt schwache Entwicklung des Steuer- und Beitragsaufkommens und die steigenden Aufwendungen für Arbeitslosigkeit schlagen sich in wachsenden Haushaltsdefiziten nieder.

 

Übersicht 2: Annahmen über die internationale Konjunktur

 

 

 

 

 

 

 

 

1999

2000

2001

2002

2003

2004

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Bruttoinlandsprodukt, real

 

 

 

 

 

 

OECD insgesamt

+3,2

+3,8

+0,8

+1,8

+1,4

+1,8

USA

+4,1

+3,8

+0,3

+2,4

+2,3

+3,0

Japan

+0,1

+2,8

+0,4

+0,3

+0,8

+0,8

EU

+2,8

+3,5

+1,5

+0,9

+0,8

+1,2

Euro-Raum

+2,8

+3,5

+1,4

+0,8

+0,7

+1,2

Deutschland

+2,0

+2,9

+0,6

+0,2

±0,0

+0,8

Ost-Mitteleuropa1)

+3,3

+4,0

+2,1

+2,1

+2,5

+2,8

Asien (ohne Japan)

+6,7

+6,8

+4,9

+6,0

+4,5

+4,5

Welthandel, real

+6,0

+12,7

+0,0

+2,5

+3,3

+4,5

OECD-Exporte

+5,7

+12,0

-0,5

+2,7

+3,0

+4,0

Intra-OECD-Handel

+7,8

+11,4

-0,9

±0,0

+2,3

+3,5

Marktwachstum2) Österreichs

+7,4

+13,1

+2,9

+2,0

+2,5

+3,8

Weltmarkt-Rohstoffpreise3)

 

 

 

 

 

 

Insgesamt

+12,0

+32,0

-11,0

+1,0

+6,0

-11,0

Ohne Rohöl

-8,0

+1,0

-7,0

±0,0

+3,0

-3,0

Erdölpreis4)            $ je Barrel

17,3

28,0

23,6

24,1

26,0

22,0

Wechselkurs          $ je Euro

1,067

0,924

0,896

0,945

1,13

1,16

1) Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn. - 2) Veränderungsrate der realen Importe der Partnerländer gewichtet mit österreichischen Exportanteilen. - 3) HWWA-Index, Dollarbasis, 1990 = 100. - 4) Durchschnittlicher Importpreis der OECD (cif).

 

Die Wirtschaftskrise im Euro-Raum ist primär eine Folge des Fehlens von Binnennachfrage: Hatte diese im Durchschnitt der achtziger und neunziger Jahre um 2¼% pro Jahr expandiert, so wuchs sie im Jahr 2001 um nur 1% und 2002 um 0,3%. Die Unternehmen schränkten ihre Investitionen in den letzten zwei Jahren markant ein. Die niedrige Kapazitätsauslastung (80,8% im II. Quartal 2003) und die ungünstigen Absatzerwartungen geben keinen Anlass für eine Ausweitung des Kapitalstocks. Die privaten Haushalte sind in ihren Konsumausgaben sehr zurückhaltend. Darin mag die Sorge um den Arbeitsplatz und die weitere Entwicklung der sozialen Sicherungssysteme ebenso zum Ausdruck kommen wie das seit vielen Jahren merkliche Zurückbleiben der Lohnsteigerungen gegenüber dem Produktivitätswachstum. Von Seiten der öffentlichen Nachfrage gibt es keine zusätzlichen Impulse. Zwar steigen die Budgetdefizite der öffentlichen Haushalte (Euro-Raum 2003 etwa 2½% des BIP), dies ist aber nur das (passive) Ergebnis der schlechten Konjunktur. Eine aktive Konjunkturstimulierung ist im Euro-Raum nicht zu beobachten. In manchen Ländern (Deutschland, Portugal) agiert die Budgetpolitik sogar deutlich prozyklisch: Sie kürzt die Staatsausgaben für Investitionen und Transfers oder erhöht Steuern. Dies verschärft den Nachfragemangel. Außerhalb der Währungsunion haben Schweden und Großbritannien ihre öffentlichen Investitionen merklich gesteigert.

Die Investitions- und Konsumschwäche wird nun durch eine Dämpfung des Exports infolge der Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro verstärkt. Der Wechselkurs hatte im Jänner 2003 noch 1,06 $ je € betragen, im Mai erreichte er 1,16 $. Diese rasche und markante Abwertung des Dollars beeinträchtigt die Konjunktur in Europa deshalb so entscheidend, weil bislang die einzig nennenswerten Impulse aus dem Ausland kamen. Die Aufwertung des Euro bremst das Wirtschaftswachstum in Europa in mehrfacher Hinsicht:

·          Sie verringert die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Exporteure auf den Weltmärkten, Europa verliert Marktanteile.

·          Impulse des etwas stärkeren Nachfragewachstums in den USA werden nur eingeschränkt auf Europa übertragen.

·          Die Unternehmensgewinne geraten unter Druck; damit werden die Investitionen gedämpft.

·          Europa könnte als Standort für internationale Investitionen an Attraktivität verlieren.

Die ungünstige Wechselkursentwicklung wird mit einer Verzögerung von zwei bis drei Quartalen in der Produktion spürbar. Der Eurogrowth-Indikator gibt die Wachstumsdämpfung im 1. Halbjahr 2003 um ¼ Prozentpunkt und im III. Quartal bereits um ½ Prozentpunkt wieder.

Deutschlands Wirtschaft befindet sich zum zweiten Mal seit 2001 in einer Rezession. Dies ist das Ergebnis des Ausfalls an Inlandsnachfrage.

Von der Höherbewertung des Euro ist die Exportwirtschaft Deutschlands besonders betroffen. Deutschland gehört zu den erfolgreichsten Exportnationen und profitiert von hohem technologischen Niveau. Nur die Erfolge im Export bewahrten die Wirtschaft in den letzten zwei Jahren vor einem Rückgang des BIP. Das Wachstum der Ausfuhr verlangsamte sich allerdings in den letzten Monaten merklich. Damit kommen die Probleme in drei wichtigen Bereichen der Binnennachfrage besonders zum Tragen: Die Bauinvestitionen schrumpfen weiter deutlich; die Ausgaben der privaten Haushalte gingen im Vorjahr real zurück, wobei der Anstieg der Sparquote in der Wirtschaftskrise besonders beunruhigend erscheint; die öffentlichen Investitionen wurden gedrosselt, vor allem auf Ebene der mit erheblichen Finanzproblemen belasteten Gemeinden. Aufgrund der Schwäche der Binnennachfrage, die durch die Exportdämpfung verstärkt wird, befindet sich die deutsche Wirtschaft derzeit in einer Rezession. Im Jahresdurchschnitt dürfte das BIP auf dem Niveau des Vorjahres verharren.

Impulse von der Weltwirtschaft bleiben schwach

Die europäische Wirtschaftspolitik vertraute in den letzten zwei Jahren darauf, dass sich ein Konjunkturaufschwung aufgrund von Impulsen aus dem Ausland von selbst einstellen würde. Diese Strategie erwies sich als nicht erfolgreich, die europäische Wirtschaft befindet sich im dritten Jahr einer Stagnation. Starke Konjunkturimpulse aus dem Ausland sind derzeit wenig wahrscheinlich: Zum einen schottet die Höherbewertung des Euro den Binnenmarkt von Impulsen der Weltwirtschaft ab, zum anderen erweisen sich aber auch die Expansionskräfte der Weltwirtschaft als fragil.

Die Konjunkturimpulse aus den USA bleiben schwach. Die Wirtschaft expandiert in den USA 2003 und 2004 um 2% bis 3%. Nachfrageimpulse für Europa werden durch die Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro gedämpft.

In den USA ist trotz stark expansiver Impulse der Geld- und Fiskalpolitik noch immer kein selbsttragender Aufschwung in Gang gekommen. Die Wirtschaft wächst heuer um 2¼%, eine deutliche Wachstumsbeschleunigung ist nicht festzustellen. Die Stimmung der Konsumenten hat sich seit dem Ende des Irak-Krieges etwas gefestigt, die Konsumnachfrage verstärkt sich aber nicht merklich. Die ungünstige Entwicklung des Arbeitsmarktes - die Arbeitslosenquote erreichte im Mai saisonbereinigt 6% - und der Pro-Kopf-Einkommen spielt dafür eine wesentliche Rolle. Die Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern zeigt Schwächen. Angesichts günstiger Finanzierungskonditionen wurden 2001 und 2002 viele Pkw angeschafft, dieser Boom läuft nun aus. Die Investitionen der Unternehmen in Ausrüstungsgüter und Software hatten sich im 2. Halbjahr 2002 noch markant erholt, zu Jahresbeginn 2003 folgte allerdings ein unerwarteter Rückschlag - die schwache Kapazitätsauslastung und die niedrigen Gewinne veranlassen die Unternehmen zu Zurückhaltung. Ein besonderes Risiko für die Konjunktur bildet die Überbewertung der Immobilienmärkte: Die Häuser- und Wohnungspreise stiegen in den letzten Jahren drastisch. Ein Abflachen der Preisentwicklung schränkt die weitere Verschuldungsmöglichkeit privater Haushalte ein. Ein Platzen dieser spekulativen Blase könnte sogar erhebliche Finanzierungsprobleme auslösen.

Allerdings gibt es auch einige positive Signale: Die Aktienmärkte haben ihren Tiefstand überwunden und zeigen seit April eine starke Auftriebstendenz. Hält diese an, so kann davon eine Belebung von Konsum und Investitionen ausgehen. Allerdings scheinen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse bereits wieder sehr hoch, und Rückschläge sind nicht auszuschließen. Vor allem aufgrund des Kursanstiegs auf den Aktienmärkten verbesserten sich die gesamtwirtschaftlichen Frühindikatoren im Mai deutlich. Auftragseingänge und Industrieproduktion haben sich stabilisiert.

Mit Ausnahme Japans bleibt Asien ein Wachstumspol der Weltwirtschaft. Das BIP der Region expandiert mit fast +5% pro Jahr deutlich rascher als das der großen Industrienationen. Vor allem die chinesische Wirtschaft zeigt sich seit Jahren gegenüber den Krisenphänomenen der Weltwirtschaft resistent. Die strenge Kapitalverkehrsregulierung trug dazu positiv bei. Aber auch Südkorea, Taiwan und die anderen "Tigerstaaten" erholen sich aus der Finanz- und Wirtschaftskrise von 1998/99. Das Auftreten der Lungenkrankheit SARS hat allerdings kurzfristig einen Einbruch der Tourismusdienstleistungen zur Folge, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben.

EU-Wirtschaftspolitik gefordert

Die Aufwertung des Euro macht es unmöglich, einen Konjunkturaufschwung in der EU allein von Impulsen der Weltwirtschaft zu erhoffen. Die europäische Wirtschaftspolitik ist gefordert, das Wirtschaftswachstum anzuregen und die Nachfrage zu stimulieren. Die geldpolitischen Rahmenbedingungen sind relativ günstig: Die EZB hat ihren Hauptrefinanzierungssatz jüngst um ½ Prozentpunkt reduziert. Die Neudefinition des Inflationsziels ("nahe 2%") eröffnet in Kombination mit dem merklichen, großteils wechselkursbedingten Rückgang des Preisauftriebs für die nächsten Monate weitere Spielräume. Allerdings sind die Möglichkeiten der Geldpolitik, die Ausgaben der Unternehmen und Haushalte zu stimulieren, in einer Konjunktursituation, die von deutlich destabilisierten Erwartungen geprägt ist, begrenzt. Für die Unternehmen bilden pessimistische Absatzerwartungen das wesentliche Investitionshemmnis. Die privaten Haushalte verschieben angesichts ungünstiger Beschäftigungs- und Einkommenserwartungen Ausgaben für dauerhafte Konsumgüter.

In dieser Situation bedarf es fiskalischer Impulse, die unmittelbar die Nachfrage beeinflussen. Öffentlichen Investitionen ist der Vorzug gegenüber Steuersenkungen zu geben, die direkt nur verfügbare Einkommen und Gewinne, nicht aber die Ausgaben für Konsum und Investitionen erhöhen. Die Absicht der Europäischen Kommission, in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank eine Initiative zur Erhöhung der öffentlichen Investitionen in die Wege zu leiten, ist zu begrüßen. Eine Ausweitung der öffentlichen Investitionen, die in den letzten Jahren auf ein langfristig zu niedriges Niveau gesunken sind, könnte unmittelbar die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anregen und darüber hinaus die Erwartungen von Unternehmen und Haushalten positiv beeinflussen. Eine Verbesserung der europäischen Verkehrsinfrastruktur ist - vor allem in Zusammenhang mit der bevorstehenden Erweiterung der EU - ohne Zweifel ein richtiger Ansatzpunkt dafür.

Darüber hinaus sollten die Ziele, die die EU in Lissabon formuliert hat, eine Leitlinie für ein zukunftsweisendes Investitionsprogramm bilden: Im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien besteht in Europa erheblicher Aufholbedarf. Die Bildungs- und Qualifizierungssysteme müssen verbessert werden, Forschung und Entwicklung sollten besondere Schwerpunkte bilden. Sowohl die ungünstigen Konjunkturaussichten als auch die Lissabon-Ziele verlangen nach einer aktiven Wirtschaftspolitik, die rasche Nachfrageimpulse mit Weichenstellungen für langfristiges Wirtschaftswachstum verbindet.

Kein Konjunkturaufschwung absehbar

Heuer wird Österreichs Wirtschaft um nur 0,7% expandieren. Auch für 2004 zeichnet sich kein Konjunkturaufschwung ab. Das Wachstum könnte dann bei 1,2% liegen. Es würde somit im vierten Jahr in Folge bei nur etwa 1% verharren.

In Österreich hält die Wachstumsschwäche der Jahre 2001 und 2002 (BIP +0,7% bzw. +1%) auch heuer an. Bezüglich der Entwicklung im kommenden Jahr sind die Unsicherheiten sehr groß, derzeit deutet wenig auf eine Konjunkturbelebung hin. In den vergangenen zwei Jahren kam vom Außenhandel ein deutlich positiver Wachstumsbeitrag, ohne diesen wäre die heimische Wirtschaft geschrumpft. Die Konjunkturimpulse aus dem Ausland verringern sich nun. Dies ist vor allem ein Ergebnis der Nachfrageschwäche bei den wichtigsten Handelspartnern, aber auch der direkten und indirekten Auswirkungen der Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro.

Die vorliegende WIFO-Prognose bedeutet, dass im Jahr 2004 das Wirtschaftswachstum zum vierten Mal in Folge bei nur etwa 1% liegt. Dies weicht markant vom Muster eines "normalen" Konjunkturzyklus ab und impliziert Wohlfahrtsverluste, die jenen der drei Rezessionen der letzten Jahrzehnte entsprechen. Eine Rezession dauerte in Österreich in der Vergangenheit zwischen einem halben und einem Jahr und ging dann in einen meist kräftigen Aufschwung über. Der Konjunkturaufschwung beginnt in Österreich typischerweise im Exportsektor, weitet sich dann auf die Ausrüstungsinvestitionen aus und erfasst erst mit einiger Verzögerung die anderen Komponenten der Binnennachfrage.

 

Übersicht 3: Entwicklung der Bruttowertschöpfung

Zu Herstellungspreisen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2001

2002

2003

2004

2001

2002

2003

2004

 

Mrd. €

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Real (zu Preisen von 1995)

 

 

 

 

 

 

 

 

Land- und Forstwirtschaft

4,62

4,55

4,55

4,55

-0,7

-1,5

±0,0

±0,0

Sachgütererzeugung und Bergbau1)

40,61

40,71

40,83

41,57

+1,3

+0,3

+0,3

+1,8

Energie- und Wasserversorgung

5,41

5,92

5,95

6,00

+1,7

+9,3

+0,5

+1,0

Bauwesen

13,36

13,42

13,60

13,84

-4,8

+0,4

+1,4

+1,7

Handel2)

24,41

24,79

25,21

25,72

-0,3

+1,6

+1,7

+2,0

Beherbergungs- und Gaststättenwesen

7,42

7,57

7,57

7,61

+5,9

+2,1

±0,0

+0,5

Verkehr und Nachrichtenübermittlung

13,98

14,04

14,11

14,18

-0,9

+0,5

+0,5

+0,5

Kreditinstitute und Versicherungen

13,53

12,91

12,72

12,84

-0,5

-4,6

-1,5

+1,0

Grundstücks- und Wohnungswesen3)

28,87

29,36

29,80

30,24

+4,3

+1,7

+1,5

+1,5

Öffentliche Verwaltung4)

11,70

11,66

11,61

11,55

-0,2

-0,3

-0,5

-0,5

Sonstige Dienstleistungen

24,79

25,03

25,15

25,35

+0,2

+0,9

+0,5

+0,8

Wertschöpfung der Wirtschaftsbereiche5)

188,69

189,96

191,10

193,46

+0,7

+0,7

+0,6

+1,2

Bruttoinlandsprodukt

198,67

200,76

202,25

204,78

+0,7

+1,0

+0,7

+1,2

1) Einschließlich Gewinnung von Steinen und Erden. - 2) Einschließlich Reparatur von Kfz und Gebrauchsgütern. - 3) Einschließlich Vermietung beweglicher Sachen und Erbringung von unternehmensbezogenen Dienstleistungen. - 4) Einschließlich Landesverteidigung und Sozialversicherung. - 5) Vor Abzug der unterstellten Bankgebühr und der Gütersubventionen und vor Zurechnung der Gütersteuern.

 

Ein solches positives Szenario ist 2004 nicht ganz ausgeschlossen: Ausgehend von einer weiteren Erholung der Aktienkurse könnte sich das Wirtschaftswachstum in den USA merklich beschleunigen. Dies könnte den Dollar auf den Devisenmärkten stärken und so Europa zu einem attraktiveren Investitionsstandort machen. Eine Belebung der europäischen Exporte und Investitionen könnte zusammen mit einer expansiven Wirtschaftspolitik der schleppenden Binnennachfrage die dringend benötigten Impulse verleihen. Dieses Szenario erscheint aus heutiger Sicht allerdings wenig wahrscheinlich.

Realistischer ist ein Szenario, in dem eine verhaltene Erholung der Nachfrage in den USA nicht ausreichend auf Export und Investitionen in Europa übertragen wird. Der dabei unterstellte durchschnittliche Dollar-Euro-Kurs von 1,13 (2003) bzw. 1,16 (2004) erweist sich als entscheidende Konjunkturbremse. Das wichtigste Konjunkturproblem Europas bleibt aber die anhaltende Schwäche der Binnennachfrage.

Auch in Österreich ist die Inlandsnachfrage nicht imstande, selbständig eine Konjunkturerholung einzuleiten. Das Wachstum des privaten Konsums verharrt bei etwa 1½% pro Jahr. Zwar zeigt sich eine leichte Erholung der Bauinvestitionen, die Entwicklung der Binnennachfrage bleibt aber insgesamt merklich unter dem langjährigen Durchschnitt. In der vorliegenden Konjunkturprognose dürften deshalb für das Jahr 2004 die Risken nach unten überwiegen.

Exportwirtschaft vor schwierigen Herausforderungen

Die Zurückhaltung der Nachfrage in West- und Osteuropa sowie die effektive Aufwertung belasten die Warenausfuhr, Marktanteilsverluste drohen. Die Schwäche importintensiver Nachfrageaggregate und der Rückgang der Importpreise haben einen geringen Überschuss in der Handels- und der Leistungsbilanz zur Folge.

Vom Export kamen im vergangenen Jahr die wichtigsten Impulse für das Wirtschaftswachstum: Die Warenausfuhr war real um 4¼% höher als 2001. Die österreichischen Unternehmen steigerten die Ausfuhr nach Südost- und Osteuropa sowie Asien beträchtlich und gewannen teils kräftig Marktanteile. Die Nachfrage aus Kroatien, Serbien, Rumänien und Bulgarien blieb auch zu Jahresbeginn rege. Österreichs Exporteure erlangen in diesen Nischen eine starke Marktstellung.

Hingegen zeigten sich die Lieferungen in die ostmitteleuropäischen Länder schwächer. Der wirtschaftliche Aufholprozess entfaltet in den EU-Beitrittsländern nur verhaltene Dynamik und erfährt immer wieder Rückschläge. In Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn wuchs die Wirtschaft in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt um nur ¾ Prozentpunkte rascher als im Euro-Raum. Die effektive Aufwertung gegenüber dem Euro bremste in einigen Beitrittsländern die Expansion. Leistungsbilanzdefizite weisen darauf hin, dass der Aufholprozess erheblich vom Kapitalzufluss aus Westeuropa abhängt.

Die österreichischen Exporteure stehen vor schwierigen Zeiten. Die Ausfuhr in den Binnenmarkt der EU blieb zu Jahresbeginn unter dem Vorjahresniveau - ein Ergebnis der schlechten Entwicklung der Nachfrage wichtiger Handelspartner. Die Aufwertung des Euro trifft wohl insbesondere die deutsche Exportindustrie, zu der österreichische Betriebe enge Zulieferbeziehungen unterhalten. Sie belastet damit die heimischen Betriebe vor allem indirekt: Österreichs Export wird zu 83% in Euro abgewickelt und nur zu 14% in Dollar. Der real-effektive Wechselkurs dürfte heuer um 3% über dem Niveau des Vorjahres liegen. Diese Aufwertung entspricht jener des Jahres 1995, als die italienische Lira und einige andere Währungen gegenüber der DM deutlich an Wert verloren.

 

Übersicht 4: Entwicklung der Nachfrage

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2001

2002

2003

2004

2001

2002

2003

2004

 

Mrd. €

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Real (zu Preisen von 1995)

 

 

 

 

 

 

 

 

Konsumausgaben insgesamt

148,90

149,52

150,99

152,82

+1,0

+0,4

+1,0

+1,2

Private Haushalte1)

111,88

112,83

114,30

116,13

+1,5

+0,9

+1,3

+1,6

Staat

37,02

36,69

36,69

36,69

-0,5

-0,9

±0,0

±0,0

Bruttoinvestitionen

46,02

43,43

43,52

44,23

-4,0

-5,6

+0,2

+1,6

Bruttoanlageinvestitionen

45,97

43,86

44,20

45,01

-2,2

-4,6

+0,8

+1,8

Ausrüstungen2)

21,21

19,22

19,22

19,61

-2,9

-9,4

±0,0

+2,0

Bauten

24,76

24,63

24,98

25,40

-1,5

-0,5

+1,4

+1,7

Vorratsveränderung3)

0,05

-0,43

-0,68

-0,78

 

 

 

 

Statistische Differenz

0,48

0,32

0,00

0,00

 

 

 

 

Inländische Verwendung

195,40

193,27

194,51

197,05

-0,1

-1,1

+0,6

+1,3

Exporte

107,04

109,94

111,54

114,37

+7,4

+2,7

+1,5

+2,5

Reiseverkehr

10,40

10,66

10,56

10,56

+5,4

+2,6

-1,0

±0,0

Minus Importe

103,76

102,45

103,80

106,65

+5,9

-1,3

+1,3

+2,7

Reiseverkehr

8,35

7,89

7,81

7,81

+5,1

-5,6

-1,0

±0,0

Bruttoinlandsprodukt

198,67

200,76

202,25

204,78

+0,7

+1,0

+0,7

+1,2

Nominell

211,86

216,60

221,50

227,42

+2,3

+2,2

+2,3

+2,7

1) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck. - 2) Einschließlich immaterieller Anlagen, sonstiger Ausrüstungen, Nutztiere und Nutzpflanzungen. - 3) Einschließlich Nettozugang an Wertsachen.

 

Aufgrund der effektiven Aufwertung steigen heuer die relativen Lohnstückkosten erstmals seit 1995 gegenüber den Handelspartnern (+1½%). In der Folge werden die heimischen Exporteure heuer ihre Marktanteile nur halten können und im kommenden Jahr leichte Einbußen erleiden. Das in Relation zu den Handelspartnern starke Produktivitätswachstum in der Exportindustrie (Stundenproduktivität 2003 +3%) kann den Wechselkurseffekt nur längerfristig kompensieren.

Die Nachfrageschwäche bei den Handelspartnern und die effektive Aufwertung drücken die Exportsteigerung: Die Warenausfuhr dürfte heuer real um nur noch 2½% höher ausfallen als im Vorjahr. Für das kommende Jahr wird eine Rate von +3¼% erwartet. Aufgrund des verhaltenen Anstiegs der Produzentenpreise und des scharfen Wettbewerbs dürften die Exportpreise in beiden Jahren leicht zurückgehen (jeweils -½%).

Die Warenimporte sanken im vergangenen Jahr real um 1,6%. Dies spiegelt die Schwäche der Binnennachfrage wider, insbesondere den Einbruch der Ausrüstungsinvestitionen. Heuer dürfte die Einfuhr um nur 1¾% steigen, weil die importintensiven Nachfrageaggregate - die Warenexporte, die Ausrüstungsinvestitionen und die Ausgaben für dauerhafte Konsumgüter - kaum wachsen. Gleichzeitig sinken die Importpreise aufgrund der Aufwertung des Euro merklich. Die Terms-of-Trade verbessern sich etwas.

Der Saldo der Handelsbilanz war im Vorjahr zum ersten Mal seit Jahrzehnten ausgeglichen - eine Folge des Mangels an Inlandsnachfrage. Heuer und 2004 dürfte die Handelsbilanz einen geringfügigen Überschuss aufweisen. Die Importnachfrage bleibt schwach, und der Rückgang der Importpreise verbessert die Bilanz. Auch die Leistungsbilanz dürfte ihren leicht positiven Saldo beibehalten. Der Überschuss in der Reiseverkehrsbilanz stabilisiert sich bei etwa 2 Mrd. €. Die Österreicher disponieren ihre Ausgaben im Ausland zurückhaltend. Die Sommersaison 2002 und die vergangene Wintersaison verliefen im österreichischen Tourismus sehr günstig. Nun verschlechtern sich die Aussichten: Zwar profitieren die österreichischen Anbieter von der Zurückhaltung vor allem deutscher Urlauber im Bereich der Fernreisen, allerdings dürften die Ausgaben der deutschen Gäste aufgrund der Einkommenseinbußen generell gedämpft ausfallen. Im kommenden Jahr zeichnet sich keine Erholung im Tourismus ab.

Ausgeprägte Investitionszurückhaltung der Unternehmen

Der Einbruch der Ausrüstungsinvestitionen trug 2001 und 2002 wesentlich zur Konjunkturflaute bei. Angesichts unterausgelasteter Kapazitäten und zurückhaltender Absatzerwartungen kann auch für 2003 und 2004 kein Investitionsaufschwung prognostiziert werden. Dieser bildet aber die Voraussetzung für eine Belebung des Wirtschaftswachstums und eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt.

Der Einbruch der Investitionen in Maschinen, Fahrzeuge und Elektrogeräte beeinflusste die Konjunktur in den vergangenen zwei Jahren wesentlich. Die Ausrüstungsinvestitionen gingen zwischen 2000 und 2002 kumuliert nominell um 13% zurück. Im 1. Halbjahr 2003 hielt der Investitionsattentismus der heimischen Unternehmen an, die Ausrüstungsinvestitionen waren im I. Quartal laut vorläufigen Ergebnissen der WIFO-Quartalsrechnung real um etwa 1% niedriger als im Vorjahr. Laut WIFO-Investitionstest vom Juni planen die Unternehmen der Sachgütererzeugung im Jahresdurchschnitt neuerlich eine Kürzung ihrer Investitionsausgaben (nominell -1,1%). Angesichts der schlechten Auslastung der Kapazitäten und der großen Unsicherheiten über den weiteren Konjunkturverlauf wird die Umsetzung von Investitionsprojekten weiter aufgeschoben. Einzig in der Kfz-Industrie werden in größerem Umfang neue Kapazitäten geschaffen. Im IV. Quartal sind aufgrund des Auslaufens der Investitionszuwachsprämie von 10% mit Anfang 2004 Vorzieheffekte zu erwarten. Trotzdem dürften die Ausrüstungsinvestitionen heuer den niedrigen Wert des Vorjahres nicht übersteigen.

Für 2004 wird kein dynamischer Investitionsaufschwung erwartet. Ersatzinvestitionen könnten an Bedeutung gewinnen, für Erweiterungsinvestitionen besteht angesichts der ungünstigen Wirtschaftslage und der freien Kapazitäten allerdings kaum Notwendigkeit. Das niedrige Zinsniveau setzt zwar - sofern die Leitzinsänderungen an die Kreditkunden weitergegeben werden - positive Signale, mit einer Belebung der Investitionstätigkeit kann aber nur bei einer markanten Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und einem Stimmungsumschwung in den Unternehmen gerechnet werden.

Auffallend ist der beträchtliche Rückgang der Investitionsquote in den letzten Jahren: Die gesamten Bruttoanlageinvestitionen betrugen im Jahr 2000 noch 24% des BIP, heuer machen sie nur noch 21½% aus. Darin kommt der erhebliche Vertrauensverlust der Unternehmen in die weitere Wirtschaftsentwicklung zum Ausdruck. Investitionen sind die Schlüsselgröße der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ohne eine Belebung der Investitionstätigkeit kann weder eine Rückkehr zu angemessenen Raten des Wirtschaftswachstums noch eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt erwartet werden.

Industrieproduktion stagniert

Im WIFO-Konjunkturtest für die österreichische Sachgütererzeugung hat sich die Beurteilung der Produktionsentwicklung und der Geschäftslage durch die Unternehmen seit Ende 2002 verschlechtert. Die Abschwächung der Nachfrage aus dem Ausland trifft vor allem die Hersteller von Vorprodukten. Aktuelle Produktionswerte liegen seit Jahresende 2002 nicht mehr vor, weil die entsprechende Erhebung von Statistik Austria erst mit sehr großer Verzögerung durchgeführt werden kann. Dies erschwert die Einschätzung der Konjunktur erheblich. Nach den Ergebnissen des WIFO-Konjunkturtests dürfte die Wertschöpfung im I. Quartal auf dem Niveau des Vorjahres gelegen sein.

 

Übersicht 5: Produktivität

 

 

 

 

 

 

 

 

1999

2000

2001

2002

2003

2004

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Gesamtwirtschaft

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt, real

+2,7

+3,5

+0,7

+1,0

+0,7

+1,2

Erwerbstätige1)

+1,4

+0,8

+0,7

-0,4

+0,2

+0,3

Vollzeitäquivalent

+1,3

+0,9

+0,5

-0,6

-0,2

+0,2

Produktivität (BIP je Erwerbstätigen)

+1,3

+2,8

+0,0

+1,5

+0,6

+0,9

Vollzeitäquivalent

+1,5

+2,6

+0,2

+1,7

+0,9

+1,0

 

 

 

 

 

 

 

Sachgütererzeugung

 

 

 

 

 

 

Produktion2)

+3,1

+6,5

+1,2

+0,2

+0,3

+1,8

Beschäftigte3)

-0,7

+0,0

+0,2

-2,5

-2,2

-1,0

Stundenproduktivität4)

+4,5

+6,6

+1,4

+3,5

+3,0

+3,1

Geleistete Arbeitszeit je Beschäftigten5)

-0,6

-0,1

-0,4

-0,7

-0,4

-0,3

1) Unselbständige (Beschäftigungsverhältnisse) und Selbständige laut Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung. - 2) Nettoproduktionswert, real. - 3) Laut Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. - 4) Produktion je geleistete Beschäftigtenstunde. - 5) Laut Konjunkturerhebung von Statistik Austria.

 

Für 2003 kann keine Erholung der Konjunktur in der Sachgütererzeugung angenommen werden. Die Unternehmen leiden unter Nachfragemangel und reagieren mit einem erheblichen Abbau von Beschäftigten. Die Produktion dürfte wie 2002 auch heuer nicht zunehmen. Erst sobald sich die Auftragslage aus dem Ausland bessert, kann mit Produktionszuwächsen gerechnet werden.

Erholung in der Bauwirtschaft gewinnt an Breite

Nach einer Verbesserung im Tiefbau dürfte nun auch eine leichte Erholung im Hochbau bevorstehen.

Der Rückgang der Bauinvestitionen trug in den vergangenen zwei Jahren zur Wirtschaftskrise bei. Nun mehren sich die Anzeichen für eine vorsichtige Belebung der Branche. Seit Mitte 2002 werden die Tiefbauaktivitäten verstärkt, der dringend notwendige Infrastrukturausbau kommt besser in Gang. Sowohl im Straßen- als auch im Schienenbau ermöglichte die Ausweitung des öffentlichen Finanzierungsrahmens zusätzliche Investitionsimpulse. Allerdings ist die Verschuldung der Finanzierungsgesellschaften Asfinag und SCHIG schon sehr hoch, mittelfristig zeichnen sich Probleme ab. Die Einführung der Lkw-Maut ab 2004 kann hier nur zum Teil Abhilfe schaffen.

Im WIFO-Konjunkturtest zeigen sich nun auch die im Hochbau tätigen Unternehmen optimistischer. Zwar bleibt der Industrie- und Gewerbebau verhalten, im Büro- und Wohnungsbau werden aber steigende Auftragseingänge verzeichnet. Im Bürobau dürfte dies kaum nachhaltig sein, weil bereits jetzt erhebliche Überkapazitäten bestehen. Hingegen besteht im Wohnungsneubau wachsender Bedarf. Die Belebung der Nachfrage nach Mietwohnungen zeigt sich in steigenden Mieten und einer Zunahme der Baubewilligungen.

Die Bauwirtschaft dürfte mit Raten von +1½% (2003) und +1¾% (2004) erstmals seit 1996 rascher wachsen als die Gesamtwirtschaft. Dennoch verliert die Branche weiter an Beschäftigung.

Zurückhaltende Konsumausgaben, Gefahr eines Anstiegs der Sparquote

Die Pro-Kopf-Realeinkommen entwickeln sich heuer dank des Rückgangs der Inflationsrate günstiger als bislang angenommen. Nach Abzug von Steuern und Beiträgen zeichnet sich erstmals seit 2000 ein leichter Zuwachs je Arbeitnehmer ab (+½%). Die starke Ausweitung von Transfers (Kinderbetreuungsgeld, Pensionserhöhung) lässt auch die realen Nettomasseneinkommen gegenüber dem Vorjahr etwas wachsen (+1%). Im Jahr 2004 ist für beide Größen mit einer geringfügig schwächeren Ausweitung zu rechnen: Zum einen dürften die Gehaltsabschlüsse angesichts niedriger Inflation und schlechter Konjunktur etwas zurückbleiben, zum anderen gehen von der Budgetpolitik kaum Impulse auf das verfügbare Einkommen mehr aus.

 

Übersicht 6: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

1999

2000

2001

2002

2003

2004

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoverdienste pro Kopf1)

+1,8

+2,5

+1,4

+2,2

+2,2

+2,0

Vollzeitäquivalent

+2,2

+2,7

+1,7

+2,6

+2,6

+2,2

Realeinkommen pro Kopf1)

 

 

 

 

 

 

Brutto

+1,0

+0,9

-0,6

+0,3

+0,9

+0,7

Netto

+0,5

+1,5

-1,0

-0,5

+0,4

+0,3

Nettomasseneinkommen, nominell

+3,7

+4,5

+1,9

+2,4

+2,3

+2,0

 

 

 

 

 

 

 

Gesamtwirtschaft

 

 

 

 

 

 

Lohnstückkosten

+0,4

-0,5

+1,4

+0,7

+1,6

+1,1

Sachgütererzeugung

 

 

 

 

 

 

Lohnstückkosten

-1,2

-4,5

+1,8

-0,2

-0,5

-0,6

Relative Lohnstückkosten2)

 

 

 

 

 

 

Gegenüber dem Durchschnitt der Handelspartner

-2,1

-5,4

-0,3

-0,2

+1,4

-0,7

Gegenüber Deutschland

-0,8

-1,8

+0,1

+0,0

-1,4

-1,2

 

 

 

 

 

 

Effektiver Wechselkursindex Industriewaren

 

 

 

 

 

Nominell

+0,6

-2,7

+0,9

+1,3

+3,2

+0,6

Real

-1,3

-3,3

+0,5

+0,8

+2,9

+0,5

1) Je Beschäftigungsverhältnis (laut VGR). - 2) In einheitlicher Währung; Minus bedeutet Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.

 

Die Zunahme der Einkommen bleibt zu schwach, um eine merkliche Ausweitung der Konsumausgaben zuzulassen. Überdies dürfte die Sparquote eine vorsichtige Aufwärtstendenz haben. Die Fehlerkorrekturmodelle der Konsumfunktion lassen erwarten, dass die Konsumenten im dritten Jahr schwacher Einkommensentwicklung nicht mehr mit einer Verringerung des Sparanteils reagieren, sondern eher das Konsumwachstum dämpfen. Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Pensionsreform könnten die Konsumenten Ausgaben für dauerhafte Konsumgüter und Ferienreisen aufschieben und einen größeren Teil des Einkommens für die private Pensionsvorsorge aufwenden. Darin liegt in einer Phase mangelnder Nachfrage ein erhebliches Risiko für die Konjunktur. Konkrete Daten über die Entwicklung der Sparquote am verfügbaren Einkommen stehen für das laufende Jahr noch nicht zur Verfügung. Die vorliegende Prognose geht von einem leichten Anstieg von 7,5% (2002) auf 8,0% (2004) aus. Unter diesen Rahmenbedingungen ist eine Ausweitung der Konsumnachfrage um real 1,3% (2003) bzw. 1,6% (2004) wahrscheinlich.

Stabile Preise

Der Preisauftrieb auf der Verbraucherebene hat sich im April und Mai deutlich verlangsamt. War die Inflationsrate zu Jahresbeginn noch bei 1,7% gelegen, so betrug sie zuletzt nur noch 1,1%. Ihre Abschwächung ist vor allem das Ergebnis einer starken Verbilligung von Energieträgern. Die Weltmarkt-Rohstoffpreise lagen auf Dollarbasis bereits leicht unter dem Niveau des Vorjahres, die markante Aufwertung des Euro verstärkt ihren Rückgang deutlich. Diese Preisrückgänge werden erst mit Verzögerung auf der Verbraucherebene wirksam.

Während die Preise von Energie sowie von industriell-gewerblichen Waren und Nahrungsmitteln den gesamtwirtschaftlichen Preisauftrieb dämpfen, weisen einige Dienstleistungskategorien weiterhin einen beträchtlichen Preisauftrieb auf. Dazu gehören insbesondere die Wohnungsmieten (2003 +5% gegenüber dem Vorjahr). Heuer dürften sowohl der Anstieg des Verbraucherpreisindex als auch jener des Harmonisierten Verbraucherpreisindex 1,3% gegenüber dem Vorjahr betragen.

Auch 2004 wird der Preisauftrieb sehr verhalten sein (+1,3%). Die Nachfrageschwäche dämpft die Inflation ebenso wie der mäßige Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten. Aus den Annahmen über Rohölpreise und Euro-Wechselkurs ergeben sich ebenfalls inflationsdämpfende Wirkungen. Einzig die Wohnungskosten steigen merklich.

Der deutliche Rückgang der Inflation löste in den letzten Monaten auf internationaler Ebene eine Diskussion über Deflationsgefahren aus. Eine Deflation im Sinn rückläufigen gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus zeichnet sich für den Euro-Raum insgesamt derzeit nicht ab, kann aber für einzelne Länder nicht ausgeschlossen werden. Allerdings ist die europäische Wirtschaft durch einen markanten Mangel an Gesamtnachfrage ("deflatorische Lücke") geprägt.

 

Übersicht 7: Konsum, Einkommen und Preise

 

 

 

 

 

 

 

 

1999

2000

2001

2002

2003

2004

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %, real

 

 

 

 

 

 

 

Private Konsumausgaben1)

+2,3

+3,3

+1,5

+0,9

+1,3

+1,6

Dauerhafte Konsumgüter

+7,3

+3,8

+2,0

-0,2

+0,7

+2,0

Nichtdauerhafte Konsumgüter und Dienstleistungen

+1,6

+3,2

+1,4

+1,0

+1,4

+1,5

Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte

+2,3

+3,1

+0,4

+0,9

+1,5

+1,5

 

 

 

 

 

 

 

 

In % des verfügbaren Einkommens

 

 

 

 

 

 

 

Sparquote der privaten Haushalte2)

8,5

8,3

7,4

7,5

7,8

8,0

 

 

 

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

 

Direktkredite an inländische Nichtbanken (Jahresendstände)

+5,2

+6,7

+3,5

+1,2

+3,3

+3,7

 

 

 

 

 

 

 

 

In %

 

 

 

 

 

 

 

Inflationsrate

 

 

 

 

 

 

National

0,6

2,3

2,7

1,8

1,3

1,3

Harmonisiert

0,5

2,0

2,3

1,7

1,3

1,3

Kerninflation3)

0,7

0,9

2,3

2,0

1,4

1,5

1) Private Haushalte einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck. - 2) Einschließlich Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche. - 3) Ohne Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel (Fleisch, Fisch, Obst, Gemüse).

Arbeitslosigkeit steigt weiter

Die Konjunkturflaute hat erhebliche negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Dies spiegelt sich vor allem in den Beschäftigtenzahlen. Die Stagnation der Produktion in der Sachgütererzeugung bewirkt einen deutlichen Rückgang der Beschäftigung. Von Jänner bis Mai lag die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse in der Industrie um 13.700 (-2¼%) unter dem Niveau des Vorjahres. Trotz leichter Produktionszuwächse verliert auch die Bauwirtschaft weiter Arbeitsplätze (Jänner bis Mai -3.500). Während die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze markant sinkt, wird jene der Teilzeitstellen ausgeweitet. Der Dienstleistungssektor erhöht seinen Beschäftigtenstand insgesamt leicht, auch wenn in den Bereichen Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung weiter Personal abgebaut wird. In anderen Dienstleistungsbranchen wird die Beschäftigung ausgeweitet. Dazu zählen der Tourismus, unternehmensnahe Dienstleistungen (einschließlich Leiharbeit) sowie das Unterrichts- und Gesundheitswesen. Auch die öffentliche Verwaltung weist mehr Beschäftigte als im Vorjahr aus. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ein Teil der Arbeitslosen in Schulungsmaßnahmen in diesem Sektor als beschäftigt gezählt wird.

Die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten (unselbständig Erwerbstätige ohne Bezug von Kinderbetreuungsgeld und ohne Präsenzdienst) umfasst auch jene Arbeitslose, die längerdauernde Schulungen absolvieren. Sie enthält darüber hinaus Bezieher von Altersteilzeitgeld, die bereits geblockt ihre Frühpension in Anspruch nehmen, aber noch im Beschäftigtenstand der Unternehmen aufscheinen. Diese beiden institutionellen Besonderheiten hoben die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten in den ersten fünf Monaten des Jahres leicht über den Vorjahresstand (+1.100).

Die Zunahme der Arbeitslosigkeit setzt sich aufgrund der anhaltenden Schwäche des Wirtschaftswachstums und einer weiterhin starken Ausweitung des Arbeitskräfteangebotes fort. Die Zahl der Arbeitslosen erhöht sich bis 2004 auf 244.000 (+50.000 gegenüber dem Tiefstand des Jahres 2000).

Die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten dürfte deshalb auch im Jahresdurchschnitt 2003 geringfügig über dem Vorjahresniveau liegen (+2.000). Während die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte weiter steigt (+8.000), geht jene der Inländer neuerlich zurück (-6.000). Die starke Zunahme der Ausländerbeschäftigung ist eine Folge großzügigerer Beschäftigungsbewilligungen, etwa der Ausweitung des Zugangs für Saisonniers. Sie ist ein wesentlicher Grund dafür, dass sich das Arbeitskräfteangebot nicht mehr wie in der Vergangenheit prozyklisch entwickelt, sondern trotz schlechter Konjunktur steigt. Die Zahl der Arbeitslosen erhöht sich heuer um 7.000 gegenüber dem Vorjahr und erreicht im Jahresdurchschnitt 239.000. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 7,0% laut traditioneller österreichischer Berechnungsmethode bzw. 4,3% laut Eurostat. Nicht als arbeitslos gezählt werden weiterhin alle Teilnehmer an Schulungsmaßnahmen. Deren Zahl ist heuer um 8.000 höher als im Vorjahr und um 15.000 höher als im Jahr 2000.

 

Übersicht 8: Arbeitsmarkt

 

 

 

 

 

 

 

 

1999

2000

2001

2002

2003

2004

 

Veränderung gegen das Vorjahr in 1.000

Nachfrage nach Arbeitskräften

 

 

 

 

 

 

Aktiv Erwerbstätige1)

+38,2

+30,8

+15,1

-11,2

+4,8

+12,3

Unselbständig aktiv Beschäftigte1)2)

+37,2

+28,9

+13,6

-14,6

+2,0

+10,5

Veränderung gegen
das Vorjahr     in %

+1,2

+1,0

+0,4

-0,5

+0,1

+0,3

Inländer

+29,4

+15,5

+4,2

-19,7

-6,4

+2,5

Ausländische Arbeitskräfte

+7,8

+13,4

+9,5

+5,1

+8,4

+8,0

Selbständige3)

+1,0

+1,9

+1,5

+3,4

+2,8

+1,8

 

 

 

 

 

 

 

Angebot an Arbeitskräften

 

 

 

 

 

 

Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter

 

 

 

 

 

 

15- bis 64-Jährige

+19,8

+25,2

+28,1

+22,9

+19,1

+1,0

15- bis 59-Jährige

-2,6

-17,5

-14,2

-5,5

+3,1

+3,0

Erwerbspersonen4)

+22,2

+3,4

+24,7

+17,3

+11,8

+16,9

 

 

 

 

 

 

 

Überschuss an Arbeitskräften

 

 

 

 

 

 

Vorgemerkte Arbeitslose5)

-16,1

-27,4

+9,6

+28,5

+7,0

+4,6

Stand in 1.000

221,7

194,3

203,9

232,4

239,4

244,0

Arbeitslosenquote

 

 

 

 

 

 

In % der Erwerbspersonen6)

4,0

3,7

3,6

4,3

4,3

4,4

In % der Erwerbspersonen5)

6,0

5,3

5,5

6,2

6,3

6,4

In % der unselbständigen Erwerbspersonen5)

6,7

5,8

6,1

6,9

7,0

7,1

Beschäftigungsquote

 

 

 

 

 

 

Aktiv Erwerbstätige1)7)

62,3

62,5

62,5

62,0

61,9

62,1

Erwerbstätige6)7)

68,5

68,4

68,4

68,3

68,3

68,4

1) Ohne Bezug von Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld, ohne Präsenzdienst. - 2) Laut Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. - 3) Laut WIFO. - 4) Aktiv Erwerbstätige plus Arbeitslose. - 5) Laut Arbeitsmarktservice. - 6) Laut Eurostat (Mikrozensus). - 7) In % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15- bis 64-Jährige).

 

2004 bleibt das Wirtschaftswachstum weiterhin viel zu schwach, um eine positive Beschäftigungsdynamik auszulösen. Die Zahl der Arbeitsplätze steigt jedoch geringfügig (+0,3%), vor allem wegen des Altersteilzeiteffekts (etwa +5.000). Zudem wird die Ausländerbeschäftigung aufgrund des erleichterten Familienzugangs zum Arbeitsmarkt weiter deutlich zunehmen. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte sich im Jahr 2004 neuerlich erhöhen und im Jahresdurchschnitt 244.000 erreichen. Die Arbeitslosenquote wird dann 7,1% bzw. 4,4% laut Eurostat betragen. Sie liegt damit deutlich über dem von der Bundesregierung im Rahmen des Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung gewählten Ziel von 3,5%.

Eurostat stellt die Lage auf dem Arbeitsmarkt gemäß dem Labour-Force-Konzept dar: Als beschäftigt gelten alle selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigen (einschließlich der geringfügig Beschäftigten und Mithelfenden in der Landwirtschaft). Die Beschäftigungsquote liegt laut diesem Konzept bei gut 68% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, etwas unter dem im Rahmen der Lissabon-Agenda bis zum Jahr 2010 vorgesehenen Ziel von 70%. Laut traditioneller österreichischer Berechnungsmethode (Lebensunterhaltskonzept) beträgt die Beschäftigungsquote etwa 62%; sie berücksichtigt nur jene Erwerbstätigen, die Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze beziehen.

Staatshaushalt von schwacher Konjunktur geprägt

Die anhaltende Schwäche der Konjunktur belastet die öffentlichen Haushalte. Das Defizit des Gesamtstaates dürfte 2003 und 2004 bei jeweils etwa 1% des BIP liegen.

Zu Jahresbeginn entwickelten sich die Steuereinnahmen relativ günstig. Vor allem das Aufkommen an Umsatzsteuer wies einen Zuwachs gegenüber dem Vorjahr auf, der deutlich über das Wachstum der nominellen Konsumausgaben und der Handelsumsätze hinausging. Hier könnte die intensivere Betrugsbekämpfung erste Erfolge zeigen. Während das Aufkommen an Lohnsteuer wie erwartet zunahm, blieben die Unternehmenssteuern beträchtlich zurück. Die Einnahmen an direkten Steuern dürften heuer neuerlich unter dem Wert des Vorjahres liegen. Auf der Ausgabenseite kommt insbesondere der starke Anstieg der Mittel für Familienförderung zum Tragen. Der Finanzierungssaldo des Staates dürfte heuer -1,1% des BIP ausmachen. Er ist damit etwas niedriger als im Rahmen der Budgeterstellung vom Finanzministerium angenommen. Die Revision der Konjunkturprognose wirkt sich heuer auf die öffentlichen Haushalte kaum aus, weil sie primär von einer Abschwächung im Export ausgeht.

 

Übersicht 9: Wirtschaftspolitische Bestimmungsfaktoren

 

 

 

 

 

 

 

 

1999

2000

2001

2002

2003

2004

 

In % des BIP

Budgetpolitik

 

 

 

 

 

 

Finanzierungssaldo des Staates

 

 

 

 

 

 

Laut Maastricht-Definition1)

-2,3

-1,5

+0,3

-0,6

-1,1

-1,2

Laut VGR

-2,4

-1,6

+0,1

-0,8

-1,3

-1,4

Primärsaldo des Staates laut VGR

+1,3

+2,2

+3,8

+2,9

+2,2

+2,1

 

 

 

 

 

 

 

 

In %

Geldpolitik

 

 

 

 

 

 

Dreimonatszinssatz

3,0

4,4

4,3

3,3

2,2

2,1

Sekundärmarktrendite2)

4,7

5,6

5,1

5,0

3,9

4,0

 

 

 

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Effektiver Wechselkursindex

 

 

 

 

 

 

Nominell

+1,5

-2,5

+1,0

+1,4

+3,6

+0,7

Real

-1,1

-3,4

+0,3

+0,6

+3,0

+0,5

1) Einschließlich Zinsströme aus Swap-Vereinbarungen, die der Staat abschließt. - 2) Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren (Benchmark).

 

Im Jahr 2004 dürften die Konjunktureffekte im Budget stärker spürbar werden. Die Wachstumsschwäche zieht eine Dämpfung der Einnahmen an direkten Steuern nach sich, die hohen Kosten der Arbeitslosigkeit kommen noch deutlicher zum Tragen. 2004 tritt ein erster Teil einer Abgabenreform in Kraft, der Entlastungen im Bereich der Lohnsteuer und der Besteuerung nicht entnommener Gewinne sowie Belastungen im Bereich der Energiesteuern, Kranken- und Unfallversicherungsbeiträge vorsieht.

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass der Spielraum der Gestaltung von Einmalmaßnahmen, Ausgliederungen und statistischen Zuordnungen relativ groß ist. Das WIFO berücksichtigt in seiner Budgetprognose primär die Konjunkturzusammenhänge. Auf dieser Basis ergibt sich im Jahr 2004 ein Staatsdefizit von 1,2% des BIP (2¾ Mrd. €), um ½ Prozentpunkt mehr als vom Finanzministerium angenommen.