WIFO

Markus Marterbauer

Mangelnde Nachfrage und Dollarabwertung belasten die Konjunktur

 

In Österreich stagniert die Konjunktur. Für eine Belebung der Investitionstätigkeit der Unternehmen gibt es keine Hinweise, die Konsumnachfrage der privaten Haushalte dürfte nur verhalten steigen. Das Wachstum des Warenexports schwächt sich ab, weil auch bei den wichtigen Handelspartnern eine Wirtschaftsflaute vorherrscht, die durch die Dollarabwertung zusätzlich verstärkt wird. Der Preisauftrieb hat sich markant verlangsamt, die Zahl der Arbeitslosen erhöht sich weiter.

 

Der Konjunkturbericht entsteht jeweils in Zusammenarbeit aller Mitarbeiter des WIFO. • Abgeschlossen am 4. Juni 2003. • E-Mail-Adresse: Markus.Marterbauer@wifo.ac.at

 

INHALT

Dollarabwertung bringt Europa an den Rand einer Rezession

Drohende Deflationsgefahr?

Stagnation in der Industrie, Abschwächung im Export

Wenig Dynamik im Handel

Belebung in der Bauwirtschaft

Deutlicher Rückgang der Inflation

Arbeitsmarkt spiegelt Konjunkturschwäche wider

 

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN

Abbildung 1: Internationale Konjunktur 4

Abbildung 2: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests. 5

Abbildung 3: Wirtschaftspolitische Eckdaten. 6

 

 

[1] Die heimische Konjunktur leidet weiterhin unter einem Mangel an Nachfrage. Eine Erholung zeichnet sich nicht ab. Seit Jahresbeginn werden auch die Impulse von der Auslandsnachfrage schwächer, die in den letzten zwei Jahren das Wirtschaftswachstum in Österreich getragen hat. Im Jänner und Februar lag der Warenexport im Durchschnitt nominell um nur noch gut 2% über dem Niveau des Vorjahres. Die Nachfrage aus dem EU-Binnenmarkt und aus Ost-Mitteleuropa war bereits rückläufig, hingegen entwickelte sich die Ausfuhr nach Südosteuropa lebhaft. Werte für die Eingänge aus Warenzahlungen liegen bereits für Jänner bis März vor, sie sind gleich hoch wie im Vorjahr.

[2] Das Nachlassen des Exportwachstums spiegelt die ungünstige Konjunktur bei wichtigen Handelspartnern wider. Die Wirtschaft des Euro-Raums stagniert, Deutschland könnte sich bereits zum zweiten Mal seit 2001 in einer Rezession befinden (I. Quartal 2003 -0,2% saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal). In der seit mehr als zwei Jahren anhaltenden Krise der europäischen Wirtschaft kommt insbesondere das Fehlen der Binnennachfrage zum Ausdruck. Die Investitions- und Konsumschwäche wird nun durch eine Dämpfung des Exports infolge der Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro verstärkt. Die Wechselkursverschiebungen werden mit einer Verzögerung von zwei bis drei Quartalen in der Produktion wirksam. Im III. Quartal dürfte die Wachstumsdämpfung im Euro-Raum laut Eurogrowth-Indikator bereits ½% des BIP betragen. Die österreichischen Exporteure liefern primär in den Euro-Raum bzw. in Länder mit stabilem Wechselkurs zum Euro. Sie sind deshalb von der Euro-Aufwertung vor allem indirekt - etwa über Zulieferbeziehungen zur deutschen Exportindustrie - betroffen.

[3] Die effektive Aufwertung des Euro und die Beruhigung auf den Weltmärkten für Rohöl bewirken eine merkliche Verlangsamung der Inflation im Euro-Raum. Ein allgemeiner und anhaltender Rückgang der Preise auf Verbraucherebene ("Deflation") ist für die EU insgesamt derzeit wenig wahrscheinlich, für einzelne Mitgliedsländer wie Deutschland aber nicht auszuschließen. In Österreich verlangsamte sich der Preisauftrieb im April auf +1,3% gegenüber dem Vorjahr (-0,1% gegenüber dem Vormonat). Die Verringerung der Energiekosten wird sich fortsetzen.

[4] Die Abschwächung des Wachstums der österreichischen Warenausfuhr beeinträchtigt auch Investitionstätigkeit und Produktion der Unternehmen der Sachgütererzeugung. Hinweise auf die anhaltende Investitionszurückhaltung bietet neben schwachen Befragungsergebnissen auch die Importstatistik, weil die österreichischen Ausrüstungsinvestitionen einen hohen Importgehalt aufweisen. Die Einfuhr von Maschinen und Fahrzeugen lag im Jänner und Februar nominell im Durchschnitt um 2¾% unter dem Niveau des Vorjahres. Aktuelle Produktionswerte für die Sachgütererzeugung stehen ebenso wie für den Handel und die Bauwirtschaft seit Jahresende 2002 nicht mehr zur Verfügung, da die entsprechenden Erhebungen von Statistik Austria erst mit sehr großer Verzögerung durchgeführt werden können. Dies macht die Beurteilung der Konjunkturlage besonders schwierig. Der WIFO-Konjunkturtest für die Sachgütererzeugung lässt für das I. Quartal 2003 auf eine Stagnation der Produktion gegenüber dem Vorjahr schließen - dafür spricht auch der Rückgang der Industriebeschäftigung (Jänner bis April -2¼% gegenüber dem Vorjahr).

[5] Die Umsätze im Einzelhandel dürften laut ersten Schätzungen im I. Quartal leicht gestiegen sein, Großhandel und Kfz-Handel entwickelten sich etwas günstiger. Die Bauwirtschaft scheint den Tiefpunkt der Konjunktur überwunden zu haben. Im 2. Halbjahr 2002 begann im Tiefbau aufgrund steigender Aufträge im Infrastrukturbereich eine Erholung. Der WIFO-Konjunkturtest gibt jetzt Hinweise auf eine Belebung auch im Hochbau. Allerdings reicht dies nicht aus, um den Beschäftigungsrückgang zu beenden (Jänner bis April -1¾%).

[6] Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt schwierig. Das Wachstum der gesamtwirtschaftlichen Produktion ist nach wie vor deutlich zu niedrig, um einen Anstieg der Vollzeitbeschäftigung zu erlauben. Einzig der Trend zur Teilzeitarbeit und eine Ausweitung von Schulungsmaßnahmen, deren Teilnehmer als beschäftigt gezählt werden, erhöht die Zahl der offiziellen Arbeitsplätze. Die steigende Zahl von Schulungsteilnehmern (Mai +9.000 gegenüber dem Vorjahr) bremst auch die Zunahme der Zahl der Arbeitslosen (+7.000).

Dollarabwertung bringt Europa an den Rand einer Rezession

[7] Der Wechselkurs des Dollars gegenüber dem Euro betrug im Jänner 2003 noch 1,06 $ je €, im Mai erreichte er 1,16. Diese rasche und markante Abwertung des Dollars wird die Wirtschaftsentwicklung im Euro-Raum erheblich beeinträchtigen. Vom Export kam im 2. Halbjahr 2002 der einzig nennenswerte Wachstumsbeitrag in einer ansonsten weitgehend stagnierenden Wirtschaft. Dieser Impuls schwächt sich nun ab, weil sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Exporteure auf den Weltmärkten deutlich verringert. Dies schlägt sich mit einer Verzögerung von zwei bis drei Quartalen auch in der Produktion nieder. Im Eurogrowth-Indikator wird die Wachstumsdämpfung im 1. Halbjahr 2003 mit ¼ Prozentpunkt und im III. Quartal bereits mit ½ Prozentpunkt wirksam.

Die europäische Wirtschaft wächst kaum noch. Die Nachfrage aus dem Inland ist sehr verhalten, dazu kommen die dämpfenden Effekte der Wechselkursentwicklung.

[8] Die Abschwächung der Nachfrage aus dem Ausland hat für die Konjunktur im Euro-Raum deshalb entscheidende Bedeutung, weil die Binnennachfrage von Unternehmen, Verbrauchern und öffentlichem Sektor bereits seit längerer Zeit stagniert und hier für die nähere Zukunft keine Impulse erwartet werden können. Die Unternehmen schieben aufgrund schlechter Auslastung und rückläufiger Auftragseingänge geplante Investitionsprojekte weiter auf. In der Eurozone ging die Kapazitätsauslastung im II. Quartal 2003 auf 80,8% zurück (IV. Quartal 2002 81,5%, Jahresdurchschnitt 2001 83,5%). Die privaten Haushalte sind aufgrund der Entwicklung auf den Aktienmärkten, der in vielen Ländern beabsichtigten Pensionskürzungen und der Verschlechterung der Lage auf dem Arbeitsmarkt verunsichert; dies könnte die Konsumbereitschaft weiter dämpfen. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote erreichte im April bereits 8,8% der Erwerbspersonen und war damit um ½ Prozentpunkt höher als vor einem Jahr. In den öffentlichen Haushalten werden die Auswirkungen der Stagnation der Wirtschaft vor allem in schwachen Steuereinnahmen wirksam. Die Regierungen versuchen, dies mit Ausgabenkürzungen auszugleichen.

[9] Die Konjunktur leidet in Europa unter einem Mangel an Nachfrage. Derzeit ist keine Quelle zusätzlicher Wachstumsimpulse zu erkennen. Das BIP expandierte im Euro-Raum im I. Quartal 2003 laut vorläufigen Berechnungen um etwa ¾% gegenüber dem Vorjahr, gegenüber dem Vorquartal stagnierte es. Der BIP-Indikator der Europäischen Kommission und der Eurogrowth-Indikator lassen für das II. und III. Quartal eine Fortsetzung der Konjunkturschwäche erwarten. Beide Indikatoren deuten ein nur marginales Wachstum des BIP an.

Abbildung 1: Internationale Konjunktur

Saisonbereinigt, 1991 = 100

Drohende Deflationsgefahr?

[10] Die Nachfrageschwäche, ein zurückhaltender Anstieg der Lohnstückkosten und vor allem der durch die Wechselkursentwicklung verstärkte Rückgang der Importpreise schwächen den Preisauftrieb auf Verbraucherebene ab. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex überstieg das Vorjahresniveau im Euro-Raum im April noch um 2,1%, im Mai dürfte sich die Inflation weiter verlangsamt haben. Innerhalb des Euro-Raums ist die Inflationsrate sehr unterschiedlich. In Deutschland lag sie in den letzten Monaten nur mehr bei etwa 1%, im Mai schwächte sich der Preisauftrieb nach ersten Meldungen sogar auf 0,7% ab. In etwa diesem Ausmaß dürfte auch der Verbraucherpreisindex die Inflation überschätzen. Die Entwicklung löste deshalb eine Diskussion über Deflationsgefahren aus. Eine Deflation im Sinn eines Rückgangs des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus zeichnet sich für den Euro-Raum insgesamt derzeit nicht ab. Allerdings ist die europäische Wirtschaft durch einen markanten Mangel an Gesamtnachfrage ("deflatorische Lücke") geprägt[a]).

Im Euro-Raum verlangsamt sich die Inflation markant, ein gesamtwirtschaftlicher Rückgang der Preise ist aber wenig wahrscheinlich. Allerdings leidet Europa unter einem anhaltenden Nachfragemangel.

[11] Für Deutschland kann ein Rückgang der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr in den nächsten Monaten nicht ausgeschlossen werden. Die Entwicklung der Lohnkosten dämpft den Preisauftrieb schon seit geraumer Zeit. Im Jahr 2002 stiegen die gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten um nur noch 0,8%. Zusätzliche preisdrückende Wirkungen gehen in den letzten Wochen von den Importpreisen aus: Im April sanken die Einfuhrpreise gegenüber dem Vorjahr um 3% (März -0,8%). Gegenüber dem Vormonat ging der Index der Importpreise um 2% zurück. Dies ist auf eine Abschwächung der Erdölpreise, vor allem aber auf die Aufwertung des Euro zurückzuführen.

[12] Die deutsche Wirtschaft könnte sich bereits in einer Rezession befinden. Im I. Quartal 2003 sank das BIP gegenüber dem Vorquartal saisonbereinigt um 0,2% (IV. Quartal -0,0%). Frühindikatoren und die Daten zu Auftragseingängen und Produktion lassen für das II. Quartal eine weitere Abschwächung erwarten. Zuletzt sank das BIP in Deutschland in zwei aufeinander folgenden Quartalen gegenüber der Vorperiode erst im 2. Halbjahr 2001.

[13] Im Jahr 2002 erhielt die stagnierende europäische Wirtschaft von der Stärke der Inlandsnachfrage in den USA wichtige Wachstumsimpulse. Diese lassen nun nach, primär aufgrund der Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro, aber auch wegen der fehlenden Konjunkturdynamik in den USA. Das BIP wuchs in den USA im I. Quartal wie schon in der Periode zuvor um nur etwa 0,5% gegenüber dem Vorquartal und um 2,1% gegenüber dem Vorjahr. Der Konsum der privaten Haushalte weitet sich nur leicht aus, die Staatsausgaben halten ein hohes Niveau. Beunruhigend ist, dass erstmals seit dem II. Quartal 2002 die Investitionen der Unternehmen in Ausrüstung und Software zurückgingen. Industrieproduktion, Auftragseingänge und Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern entwickelten sich auch im April ungünstig. Die Überbewertung auf den Immobilienmärkten bildet ein zusätzliches Risiko. Auf den für die Phase nach dem Irak-Krieg erwarteten starken Konjunkturaufschwung deutet derzeit wenig hin. Das Konsumentenvertrauen erholte sich im April und Mai leicht. Auch die Aktienmärkte haben ihre Tiefstände überwunden, eine kräftige Auftriebstendenz, von der eine Belebung von Konsum und Investitionen ausgehen könnte, ist aber nicht zu erkennen. Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, gemessen am effektiven Wechselkurs des Dollars, könnte jedoch Impulse auf der Exportseite auslösen.

[14] Asien ist derzeit die dynamischste Wirtschaftsregion. Allerdings werden auch hier wachstumsdämpfende Effekte wirksam. Zum einen bremst die Aufwertung des Yen gegenüber dem Dollar die Erholung in Japan mit negativen Rückwirkungen auf die Nachfrage in anderen asiatischen Volkswirtschaften. Zum anderen hatte das Auftreten der Lungenkrankheit SARS merkliche Einbußen im Tourismus zur Folge, vor allem in Hongkong, Singapur, Taiwan, Thailand und Indonesien.

Stagnation in der Industrie, Abschwächung im Export

Nachfragemangel prägt die Konjunktur in der Sachgütererzeugung. Weiterhin gehen Arbeitsplätze verloren. Die Impulse von der Auslandsnachfrage klingen ab. Im Rückgang der Importe kommt auch die anhaltende Investitionszurückhaltung zum Ausdruck.

[15] Im WIFO-Konjunkturtest für die österreichische Sachgütererzeugung schwächten sich die Beurteilung der Produktionsentwicklung und der Geschäftslage durch die Unternehmen seit Ende 2002 merklich ab. Besonders im Bereich der Vorprodukte lässt die Nachfrage aus dem Ausland nach. Aktuelle Produktionswerte liegen seit Ende 2002 nicht mehr vor, weil die entsprechende Erhebung von Statistik Austria erst mit sehr großer Verzögerung durchgeführt werden kann. Dies erschwert die Einschätzung der Konjunktur. Nach den Ergebnissen des WIFO-Konjunkturtests dürfte die Wertschöpfung in der Sachgütererzeugung im I. Quartal 2003 etwa auf dem Niveau des Vorjahres gelegen sein. Hinweise auf den Produktionsverlauf lassen sich auch aus der Beschäftigtenstatistik ableiten: Von Jänner bis April waren in der Sachgütererzeugung um gut 14.000 Personen weniger beschäftigt als im Vorjahr (-2¼%). Besonders viele Arbeitsplätze gehen in der Textilindustrie und der Möbelerzeugung verloren. Die Metallindustrie baute knapp 5.000 Stellen ab.

 

Abbildung 2: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests

Salden aus positiven und negativen Meldungen in % der befragten Unternehmen, saisonbereinigt

 

[16] Die verhaltene Beurteilung der Auftragslage durch die Industrieunternehmen bestätigt auch die Entwicklung der Warenausfuhr. Diese lag im Jänner und Februar nominell im Durchschnitt um nur noch 2¼% über dem Niveau des Vorjahres (IV. Quartal 2002 +3¾%). Der Warenexport in den EU-Binnenmarkt war rückläufig (-2%). Auch nach Ost-Mitteleuropa wurde weniger exportiert als im Vorjahr (-4%). Günstig entwickelte sich die Nachfrage aus Südosteuropa und Russland. Im I. Quartal 2003 waren die Eingänge aus Warenzahlungen gleich hoch wie im Vorjahr.

Abbildung 3: Wirtschaftspolitische Eckdaten

1) Unselbständig Beschäftigte ohne Bezieherinnen und Bezieher von Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld, ohne Präsenzdiener.

 

[17] Die Exportschwäche ist primär eine Folge des Fehlens der Nachfrage der wichtigsten Handelspartner. Allerdings macht sich zunehmend auch der ungünstige Wechselkurs bemerkbar: Der real-effektive Wechselkurs war im I. Quartal um 3½% höher als im Vorjahr. Die Euro-Aufwertung belastet die heimischen Exporteure meist indirekt, da 83% der Exporte in Euro fakturiert werden und nur 14% in Dollar. Die indirekten Effekte betreffen vor allem die Zulieferungen zur deutschen Exportindustrie, die besonders unter dem hohen Euro-Kurs leidet.

[18] Auch zu Jahresbeginn 2003 gingen die Importe zurück (Jänner und Februar im Durchschnitt nominell -1%). Dies belegt die anhaltende Dämpfung der Inlandsnachfrage. Besonders deutlich sank die heimische Nachfrage nach Maschinen und Fahrzeugen (-2¾%) - ein Hinweis auf den unveränderten Investitionsattentismus der heimischen Unternehmen. Die Schwäche der Importnachfrage trägt wesentlich zum Leistungsbilanzüberschuss bei. Dieser betrug laut Cash-Daten der OeNB im I. Quartal 1 Mrd. €.

[19] Die Tourismusumsätze stiegen in der Wintersaison 2002/03 (November bis April) nach vorläufigen Berechnungen gegenüber dem Vorjahr um 3,2%, die Gesamtzahl der Nächtigungen erhöhte sich um 0,9%. Im Anstieg der Ausgaben pro Nächtigung kommt auch der positive Strukturwandel zu höherwertigen touristischen Angeboten zum Ausdruck. Erste Hinweise für die Sommersaison lassen nicht auf ein merkliches Umsatzwachstum schließen. Die wirtschaftlichen Unsicherheiten in Deutschland könnten die Haushalte zu Ausgabenzurückhaltung veranlassen.

Wenig Dynamik im Handel

[20] Ähnlich wie in der Sachgütererzeugung liegen auch für den Groß- und Einzelhandel bislang keine Daten von Statistik Austria für das laufende Jahr vor, die eine Beurteilung von Wertschöpfung und Umsätzen erlauben würden. Im IV. Quartal 2002 waren die Umsätze im Großhandel real um 2,4% und im Einzelhandel um 1,7% höher als ein Jahr zuvor. Der Großhandel dürfte sich zu Jahresbeginn vor dem Hintergrund der Abschwächung im Außenhandel gut gehalten haben. Umfrageergebnisse lassen für den Einzelhandel im I. Quartal allenfalls ein kleines Plus erwarten. Eine leichte Erholung zeichnet sich im Kfz-Handel ab. Im I. Quartal wurden um 2½% mehr neue Pkw zugelassen als im Vorjahr.

[21] Die Umsatzschwäche kommt auch in der Beschäftigungsentwicklung zum Ausdruck: Die Zahl der unselbständig Erwerbstätigen lag im Handel von Jänner bis April um knapp 1% unter dem Niveau des Vorjahres.

[22] Wenn die Konsumenten im Zug der Diskussion um die Pensionsreform Ausgaben für dauerhafte Konsumgüter zurückstellen und den Sparanteil am verfügbaren Einkommen erhöhen, würde dies die Konsumnachfrage zusätzlich dämpfen. Bislang stehen allerdings keine ausreichend aktuellen empirischen Daten zur Verfügung, die eine Untersuchung dieser Frage erlauben würden.

Belebung in der Bauwirtschaft

[23] Auch für die Bauwirtschaft fehlen Daten über die Produktionsentwicklung seit Jahresbeginn. Der WIFO-Konjunkturtest deutet allerdings schon seit Mitte 2002 auf eine leichte Belebung von Nachfrage und Produktion hin. Die Erholung erfasste zunächst den Tiefbau, der von steigenden Aufträgen im Infrastrukturbereich profitierte. In den letzten Monaten zeichnet sich auch eine Verbesserung im Hochbau ab. Die Auftragseingänge werden vor allem im Industrie- und Geschäftsbau etwas günstiger beurteilt. Im Wohnungsbau dominiert die Sanierungstätigkeit. Die Unternehmen sind bezüglich der künftigen Preis- und Beschäftigungsentwicklung optimistisch. Die Beschäftigungsverluste schwächten sich zuletzt etwas ab. Im April war die Zahl der Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft um 3.200 (-1,3%) niedriger als im Vorjahr.

Deutlicher Rückgang der Inflation

[24] Der Preisauftrieb kam im Frühjahr zum Stillstand. Im April stieg der Verbraucherpreisindex gegenüber dem Vorjahr um 1,3% (HVPI +1,2%). Die Großhandelspreise waren um nur noch 0,8% höher als ein Jahr zuvor. Gegenüber dem Vormonat sanken die Preise auf Verbraucherebene im April um 0,1%. Der gesamtwirtschaftliche Preisauftrieb wird derzeit vor allem von den Kosten der Importgüter gebremst. Laut HWWA-Index waren die Weltmarkt-Rohstoffpreise im April auf Dollarbasis um nur noch 3% höher als im Vorjahr (Februar +43%). Aufgrund der Wechselkursverschiebungen ergab sich auf Euro-Basis ein Rückgang um 16%, für die Rohölpreise sogar um 19%. Diese Verbilligungen werden erst mit Verzögerung auf Verbraucherebene wirksam. Die Kosten von Beleuchtung und Beheizung sowie Verkehr lagen im April noch leicht über dem Niveau des Vorjahres, gegenüber dem Vormonat wurde bereits eine Abnahme verzeichnet.

Im April sank die Inflationsrate beträchtlich. Dazu trugen vor allem die Beruhigung auf den Weltmärkten für Rohöl und die merkliche Abwertung des Dollars bei.

Arbeitsmarkt spiegelt Konjunkturschwäche wider

[25] Die Zahl der aktiv Beschäftigten lag im Mai um 5.000 über dem Niveau des Vorjahres. Während die Sachgütererzeugung, das Bauwesen, der Handel und das Verkehrswesen merklich weniger Arbeitskräfte einsetzen, entstehen in verschiedenen Dienstleistungsbranchen zusätzliche Arbeitsplätze. Dazu gehören der Tourismus, unternehmensnahe Dienstleistungen (einschließlich der Leiharbeitanbieter) sowie das Unterrichts- und Gesundheitswesen. Auch die öffentliche Verwaltung weist mehr Beschäftigte als im Vorjahr aus. Dies geht auch auf eine Zunahme der Arbeitslosen in Schulungsmaßnahmen zurück.

[26] Die Verstärkung der Schulungen ist andererseits eine wichtige Ursache des eher verhaltenen Anstiegs der Arbeitslosigkeit. Im Mai waren 215.000 Personen arbeitslos, um 7.000 mehr als ein Jahr zuvor. Gleichzeitig befanden sich 45.000 Personen in Schulung, um 9.000 mehr als im Vorjahr. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote betrug nach traditioneller österreichischer Berechnungsmethode 6,9% der unselbständig beschäftigten Erwerbspersonen und nach Eurostat-Definition 4,3% der Erwerbspersonen.

 



[a])  Das WIFO setzte sich zuletzt im Jahr 1999 mit möglichen Deflationsgefahren und den Schlussfolgerungen für die Wirtschaftspolitik auseinander (Guger, A., et al., "Wirtschaftspolitisches Forum: Deflationsgefahr und Auswirkungen auf die Wirtschaftspolitik", WIFO-Monatsberichte, 1999, 72(9), S. 623ff, http://publikationen.wifo. ac.at/pls/wifosite/wifosite.wifo_search.get_abstract_type?p_language=1&pubid=8326.