WIFO

Hedwig Lutz

Auswirkungen der Kindergeldregelung auf die Beschäftigung von Frauen mit Kleinkindern

 

Erste Ergebnisse

 

Mit der Regelung zum Kinderbetreuungsgeld sollte die Wahlfreiheit der Eltern über die Betreuung der Kinder und ihre Erwerbsbeteiligung erhöht werden. Wie die hier vorgestellten Befunde zeigen, hatte die Einführung unter den derzeitigen Rahmenbedingungen eine Verlängerung des Rückzugs von Frauen aus dem Erwerbsleben zur Folge, ohne eine verstärkte Beteiligung der Väter an der Karenz zur Betreuung von Kleinkindern zu bewirken.

 

Begutachtung: Gudrun Biffl, Alois Guger, Helmut Mahringer, Thomas Url • Wissenschaftliche Assistenz: Evelyn Wanderer • Aufbereitung der Datenbestände: Marianne Schöberl • E-Mail-Adresse: Hedwig.Lutz@wifo.ac.at

 

INHALT

Rechtliche Regelungen

Anspruchsvoraussetzungen

Zuverdienstgrenzen

Leistungsdauer und Leistungshöhe

Versicherungsrechtliche Auswirkungen

Kinderbetreuungsgeld und Karenz - Kündigungs- und Entlassungsschutz

Übergangsbestimmungen

Potentielle Wirkungen der Kinderbetreuungsgeldregelung auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen

Leistungsbezug und Beschäftigung in einer Stichtagsbetrachtung

Informationen aus der offiziellen Statistik

Differenzierung nach dem Alter des Kindes

Vergleichsgruppenanalyse

Ergebnisse zur Integration in das Beschäftigungssystem

Gruppenspezifisches Anpassungsverhalten

Karenzgeldbezug der Männer in den ersten 27 Monaten

Schlussfolgerungen

Literaturhinweise

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

Übersicht 1: Kinderbetreuungsgeld und Karenzgeld – Gegenüberstellung der rechtlichen Regelungen. 4

Übersicht 2: Bezieher und Bezieherinnen von Karenz- bzw. Kindergeld nach Versicherungsträger 7

Übersicht 3: Beschäftigungsquoten von Frauen nach dem Alter des Kindes. 8

Übersicht 4: Struktur der Karenzgeldbezieherinnen nach dem Alter der Frau und der Zahl der Kinder 10

Übersicht 5: Einkommenshöhe im Jahr vor der Geburt 10

Übersicht 6: Die ersten 27 Monate nach der Geburt - durchschnittlicher Verbleib von Karenzgeldbezieherinnen in unterschiedlichen Arbeitsmarktpositionen. 12

Übersicht 7: Rückkehr in das Berufsleben innerhalb von 27 Monaten nach der Geburt des Kindes. 12

Übersicht 8: Rückkehr in das Berufsleben nach dem Alter der Frau und der Zahl der Kinder 14

Übersicht 9: Rückkehr in das Berufsleben nach dem zuvor erzielten Einkommen. 14

Abbildung 1: Aktiv Beschäftigte während des Karenz- bzw. Kindergeldbezugs. 7

 

 

[1] Für Kinder, die ab dem 1. Jänner 2002 geboren wurden, wird anstelle der bis dahin geltenden Versicherungsleistung des Karenzgelds die Familienleistung des Kinderbetreuungsgelds ("Kindergeld") gewährt. Gegenüber der vorherigen Karenzgeldregelung ergaben sich damit eine Reihe von Änderungen: Der Kreis der Anspruchsberechtigten wurde massiv ausgeweitet, die höchstmögliche Bezugsdauer um 1 Jahr verlängert, ein Zuverdienst über der Geringfügigkeitsgrenze wurde möglich.

[2] Das Wesen von Familienleistungen ist ein Lastenausgleich zwischen kinderlosen Haushalten und solchen mit Kindern. Das Kinderbetreuungsgeld sollte darüber hinaus der Verfolgung weiterer Ziele dienen. So wird es im österreichischen Umsetzungsbericht zum Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung als ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesehen und damit als Instrument zur Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen[a]). Darüber hinaus soll es - wie dem Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung zu entnehmen ist[b]) - die Armut in Familien bekämpfen, eine fairere Verteilung der Betreuungsaufgaben zwischen den Eltern ermöglichen sowie die Einkommensdifferentiale zwischen Frauen und Männern verringern.

[3] Der positive Beschäftigungseffekt des Kinderbetreuungsgeldes für Frauen wurde allerdings von Beginn an in Frage gestellt. So konstatiert die Europäische Kommission (2002, S. 98): "Das neue Kinderbetreuungsgeld könnte sogar den Anreiz für Frauen verringern, wieder eine Arbeit aufzunehmen."

[4] Erste Befragungsergebnisse des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF, 2002) weisen darauf hin, dass Frauen ihre Erwerbstätigkeit nunmehr länger unterbrechen wollen: Geht es nach dem Wunsch der Frauen, so würden 83% in den ersten drei Jahren nach der Geburt ihres Kindes keiner Berufstätigkeit nachgehen, um das Kind betreuen zu können. Dennoch planen 83% der Mütter von Kleinkindern, bis zum dritten Geburtstag des Kindes wieder eine Beschäftigung aufzunehmen.

[5] Vor diesem Hintergrund beleuchtet der vorliegende Beitrag die Beschäftigungswirkung der Kinderbetreuungsgeldregelung erstmals empirisch. Ausgehend von einem Überblick über die relevanten Regelungen werden die offiziellen Daten zur Beschäftigung von Personen mit Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeldbezug dargestellt. Die anschließende empirische Analyse zur Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Kleinkindern stützt sich auf anonymisierte Individualdaten aus der Versicherungsdatei des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Rechtliche Regelungen

Anspruchsvoraussetzungen

[6] Das Karenzgeld war als Versicherungsleistung an den Nachweis von unselbständigen Beschäftigungszeiten gebunden. Unselbständig Beschäftigte ohne entsprechenden Nachweis sowie Selbständige konnten Teilzeitbeihilfe in Höhe des halben Karenzgeldes beziehen[c]). Mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes wurde der anspruchsberechtigte Personenkreis gegenüber der bisherigen Karenzgeldregelung deutlich ausgeweitet. Es gebührt nämlich für alle in Österreich lebenden Kinder, für jene von Drittstaatsangehörigen aber nur wenn diese entweder seit mindestens 5 Jahren ununterbrochen in Österreich leben oder in einem aufrechten unselbständigen Beschäftigungsverhältnis stehen[d]).

[7] Wie bereits für den Karenzgeldanspruch muss ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind bestehen - von getrennt lebenden Eltern hat somit nur ein Elternteil Anspruch. Allerdings erfordert das Kinderbetreuungsgeld nicht mehr, dass die leistungsbeziehende Person das Kind überwiegend selbst betreuen würde.

Zuverdienstgrenzen

[8] Der Anspruch auf Transferleistung setzt zudem voraus, dass die Zuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Während des Bezugs von Karenzgeld waren - sofern nicht Teilzeitkarenz in Anspruch genommen wurde - nur Beschäftigungsverhältnisse bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig (296 € monatlich). Nunmehr dürfen pro Kalenderjahr Einkünfte von höchstens 14.600 € erzielt werden[e]). Zum Zuverdienst zählen dabei alle Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (einschließlich jener unter der Geringfügigkeitsgrenze, aber ohne Sozialversicherungsbeiträge, Sonderzahlungen und Wochengeld), aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft, Vermietung und Verpachtung, aus Kapitalvermögen ebenso wie sonstige Einkünfte z. B. aus Pensionen, Renten, Zinsen, Arbeitslosengeld und Notstandshilfe oder Krankengeld[f]). Bei Überschreitung der Zuverdienstgrenze muss das gesamte in diesem Jahr bezogene Kinderbetreuungsgeld zurückgezahlt werden.

Leistungsdauer und Leistungshöhe

[9] Das Karenzgeld konnte höchstens 24 Monate lang bezogen werden, wobei es ein Elternteil höchstens 18 Monate in Anspruch nehmen konnte. Das Kindergeld wird für bis zu 36 Monate gewährt und kann von einem Elternteil höchstens 30 Monate bezogen werden. Der Bezug von Kinderbetreuungsgeld ruht während des Wochengeldbezugs. Nur wenn das Wochengeld geringer als das Kinderbetreuungsgeld ist, wird eine Differenzzahlung gewährt.

[10] Die Höhe des Kinderbetreuungsgeldes beträgt 14,53 € täglich[g]). Es wird - wie auch das Karenzgeld - auch an Personen mit mehreren Kindern unter drei Jahren immer nur für ein Kind gezahlt. Das Kinderbetreuungsgeld (2002) ist damit um 6,3% höher als das Karenzgeld (2001), das seit 1995 nicht mehr angehoben wurde.

Versicherungsrechtliche Auswirkungen

[11] Mit dem Bezug von Kinderbetreuungsgeld ist eine Krankenversicherung verbunden. Während des Karenzgeldbezugs waren Frauen ebenfalls krankenversichert. Lag nach Ablauf des Karenzgeldbezugs keine sonstige Pflichtversicherung vor, so blieb der Krankenversicherungsschutz auf Antrag bis zum 2. Geburtstag des Kindes aufrecht.

Übersicht 1: Kinderbetreuungsgeld und Karenzgeld – Gegenüberstellung der rechtlichen Regelungen

 

 

 

 

Karenzgeld

Kinderbetreuungsgeld

 

 

 

Anspruchsvoraussetzung

Erste Karenz: 52 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung in den letzten 24 Monaten

Weitere Karenz: 26 Wochen Beschäftigung in den letzten 12 Monaten

Entbindung vor dem 25. Geburtstag: 16 Wochen Beschäftigung in den letzten 20 Wochen

Gemeinsamer Haushalt mit dem Kind

Kind wird überwiegend selbst betreut

Anspruch auf Familienbeihilfe für das Kind

Gemeinsamer Haushalt mit dem Kind

 

 

 

Höhe

13,67 € pro Tag (2001)

14,53 € pro Tag (2002)

 

 

 

Dauer

Erster Elternteil höchstens 18 Monate

Erster Elternteil höchstens 30 Monate

 

Insgesamt bei Teilung zwischen den Eltern höchstens 24 Monate

Insgesamt bei Teilung zwischen den Eltern höchstens 36 Monate

 

 

 

Arbeitsrechtlicher Anspruch auf Karenz (Arbeitsfreistellung)

24 Monate

24 Monate

 

 

 

Höchstmögliche Beschäftigung zur Aufrechterhaltung des Kündigungs- und Entlassungsschutzes während der Karenz

Geringfügige Beschäftigung

Geringfügige Beschäftigung

13 Wochen pro Jahr Beschäftigung über der Geringfügigkeitsgrenze

 

 

 

Zuverdienstgrenzen

296,21 € pro Monat (2001)

Summe aller Einkünfte (ohne  Sonderzahlungen wie 13. und 14. Monatsgehalt) 14.600 € pro Jahr (2002)

 

 

 

Aufschubmöglichkeit

183 Tage zwischen 19. Lebensmonat und vollendetem 6. Lebensjahr des Kindes

-

Q: Bundesarbeitskammer (http://www.akwien.at/dat/Mutterschutz_02_2002_A5.pdf), Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (http://www.bmsg.gv.at/bmsg/relaunch/familie/welcome.htm), Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (http://www.bmwa.gv.at/BMWA/ Themen/Arbeitsrecht/Arbeitsrecht/Elternkarenz/default.htm).

 

[12] Ab der Geburt des Kindes werden 18 Bezugsmonate des Kinderbetreuungsgeldes als Beitragszeit in der Pensionsversicherung gewertet (sie sind damit pensionsbegründend). Die restlichen Monate gelten wie bisher die Zeiten mit Karenzgeldbezug als Ersatzzeiten für die Pension.

Kinderbetreuungsgeld und Karenz - Kündigungs- und Entlassungsschutz

[13] Ein Rechtsanspruch auf Karenz (Freistellung von der Arbeitsleistung) besteht auch weiterhin lediglich höchstens bis zum 24. Lebensmonat des Kindes[h]). Der damit verbundene Kündigungs- und Entlassungsschutz endet 4 Wochen nach Ende der Karenz. Für die letzten 12 Monate mit Kindergeldbezug (bzw. 6 Monate, wenn nur ein Elternteil die Transferleistung bezieht) besteht demnach kein Rechtsanspruch auf Freistellung durch den Arbeitgeber mehr. Allerdings kann mit dem Arbeitgeber eine Teilzeitbeschäftigung vereinbart werden.

[14] Während einer Karenz kann bis zur Geringfügigkeitsgrenze dazuverdient werden, ohne den Kündigungs- und Entlassungsschutz zu verlieren. Außerdem kann während der Karenz für bis zu 13 Wochen im Kalenderjahr eine Beschäftigung über der Geringfügigkeitsgrenze beim bisherigen Arbeitgeber vereinbart werden (dieses gilt als ein zweites befristetes Arbeitsverhältnis beim selben Arbeitgeber), wobei der Kündigungs- und Entlassungsschutz im karenzierten Arbeitsverhältnis voll aufrecht bleibt. Diese 13-Wochen-Grenze ist ausschließlich im Arbeitsrecht, aber nicht für den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld von Bedeutung. Mit Zustimmung des Arbeitgebers kann in dieser Zeit auch eine Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber ausgeübt werden.

[15] Grundsätzlich ist parallel zum Bezug des Kinderbetreuungsgeldes ebenso wie im Anschluss daran der Bezug von Arbeitslosengeld möglich, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen (Arbeitslosigkeit, Arbeitsfähigkeit, Arbeitswilligkeit). Dazu zählt, dass die Personen dem Arbeitsmarkt ohne wesentliche Einschränkungen zur Verfügung stehen. Bei Bezug von Kinderbetreuungsgeld setzt dies voraus, dass das Kind durch jemanden anderen im Familienkreis oder außerhalb (institutionell) betreut wird.

Übergangsbestimmungen

[16] Für Kinder, die zwischen 1. Juli 2000 und 31. Dezember 2001 geboren wurden und deren Eltern Karenzgeld oder Teilzeitbeihilfe bezogen, gelten Übergangsbestimmungen. Diese Personen mussten zwar die versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für das Karenzgeld erfüllen. Sie können allerdings bereits die Verlängerung der Bezugsdauer in Anspruch nehmen, unterliegen denselben Zuverdienstregelungen wie für das Kinderbetreuungsgeld und beziehen gleich hohe Transferleistungen[i]).

Potentielle Wirkungen der Kinderbetreuungsgeldregelung auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen

[17] Wie lange eine Frau nach Geburt eines Kindes ihre Berufstätigkeit unterbricht, hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab. So gehen folgende Überlegungen in die Entscheidung ein:

·          Wie hoch ist das Erwerbseinkommen, das erzielt werden kann[j])?

·          Welche Auswirkungen hat eine längere Unterbrechung auf den Arbeitsplatz, das berufliche Fortkommen, die künftigen Arbeitsentgelte und Transferleistungen (z. B. Pension)?

·          Wie ist die Erwerbstätigkeit mit den Betreuungspflichten zu vereinbaren? Welche Betreuungsangebote stehen zur Verfügung? Wie passen die Arbeitszeiten mit der zeitlichen Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsmöglichkeiten zusammen? Reicht die zeitliche Flexibilität am Arbeitsplatz aus, um im Bedarfsfall auch während der vereinbarten Normalarbeitszeit das Kind zu betreuen? Kann mit dem Arbeitgeber eine Arbeitszeitreduktion vereinbart werden?

·          Welche zusätzlichen Kosten entstehen mit der Berufstätigkeit für Kinderbetreuung und für Arbeitswege?

·          Wie weit erhöht die Berufstätigkeit - bei gegebenem Erwerbseinkommen des Partners, Vermögenseinkünften und verfügbaren Transferleistungen - das Haushaltseinkommen? In welcher Höhe gehen durch die Erwerbstätigkeit Transfereinkommen verloren?

·          Wie hoch muss das Haushaltseinkommen sein, um die laufenden Verbindlichkeiten wie Miete oder Kreditrückzahlungen zu decken?

·          Welche Einstellung haben der Partner und das soziale Umfeld zur Erwerbstätigkeit von Frauen mit Kindern?

·          Welcher Teil der Betreuungsarbeit liegt bei der Frau und wieweit beteiligt sich der Vater des Kindes an der Betreuung? Wie viel an Unterstützung trägt die Familie bei?

·          Welchen persönlichen Nutzen vermittelt die Berufstätigkeit (z. B. soziale Kontakte), und worin liegt der persönliche Verzicht, wenn die Frau erwerbstätig ist und ihr Kind nicht selbst betreut?

[18] Der Wiedereinstieg in das Berufsleben wird daher nach Geburt eines Kindes umso rascher erfolgen, je höher das erzielbare Erwerbseinkommen der Frau ist, je höher die erwarteten künftigen Einbußen infolge von Unterbrechungen sind, je besser das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen ist und je besser die Arbeitszeiten auf den Betreuungsbedarf abgestimmt werden können, je geringer die zusätzlichen Kosten der Kinderbetreuung infolge der Erwerbstätigkeit sind, je wichtiger das Arbeitsentgelt für das Haushaltseinkommen ist (in Zusammenhang damit: je geringer die Transferleistungen sind), je höher die laufenden Verbindlichkeiten sind, je stärker das soziale Umfeld die Erwerbstätigkeit die Erwerbstätigkeit von Frauen mit Kleinkindern passiv und aktiv unterstützt und je größer die persönliche Befriedigung ist, die eine Frau aus der Berufstätigkeit schöpft.

[19] Je nach individueller Situation der Frau werden eine Reihe von Faktoren für oder gegen eine rasche Wiederaufnahme der Berufstätigkeit sprechen. Die Summe der Einflüsse geht in den "Reservationslohn" ein: Dieser beschreibt die Höhe jenes Arbeitsverdienstes, bei dem eine Frau zwischen Erwerbsbeteiligung und Erwerbslosigkeit unentschieden ist. Liegt das erzielbare Erwerbseinkommen über dem Reservationslohn, so wird sie wieder einer Berufstätigkeit nachgehen, liegt es darunter, wird sie nicht berufstätig sein.

[20] Wie bisherige Untersuchungen zur Inanspruchnahme von Karenzgeld, zu Erwerbsbeteiligung und Wiederbeschäftigung von Frauen nach der Geburt eines Kindes in Österreich zeigen (einen Überblick gibt Städtner, 2002), ist der Reservationslohn für viele Frauen offenbar höher als das auf dem Arbeitsmarkt erzielbare Einkommen - beinahe alle Frauen, die Anspruch auf Karenzgeld hatten, nahmen es auch in Anspruch, und nur wenige Frauen kehrten in die Berufstätigkeit zurück, bevor der Karenzgeldanspruch erschöpft war. Auch nach dem Karenzgeldbezug nahmen nur wenige Frauen unmittelbar wieder eine Beschäftigung auf. Laut Synthesis (zitiert nach Städtner, 2002) wechselten im Jahr 2000 nur knapp 28% der Frauen nach dem Karenzgeldbezug direkt in ein unselbständiges Beschäftigungsverhältnis.

[21] Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wieweit die Regelungen des Kinderbetreuungsgeldes die Dauer der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit - bei sonst unveränderten Rahmenbedingungen - beeinflussen können.

[22] Wegen der geringen Steigerung sind von der Leistungshöhe selbst keine besonderen Effekte für jene zu erwarten, die bereits zuvor die Anspruchsvoraussetzungen für das Karenzgeld erfüllten. Damit hängt auch die Vermutung zusammen, dass die Neuregelung des Kindergeldes das Engagement der Väter nicht erhöhen wird, auch wenn die Inanspruchnahme durch Männer - speziell mit niedrigem Einkommen - steigen mag[k]).

[23] Die Verlängerung der möglichen Bezugsdauer um ein Jahr wirkt unter konstanten Rahmenbedingungen beschäftigungsmindernd, weil der Reservationslohn für den zusätzlichen Zeitraum steigt. Die Anhebung der Zuverdienstgrenze kompensiert diesen Effekt in einem nicht vorhersagbaren Ausmaß, sodass der Nettoeffekt einer empirischen Überprüfung bedarf. Allerdings dämpft vermutlich trotz erhöhter Zuverdienstgrenze das Zusammenspiel folgender zwei Faktoren einen Anstieg der Erwerbsbeteiligung von Frauen:

·          Die Regeln zu den Zuverdienstgrenzen sind unübersichtlich; wird die Grenze auch nur geringfügig überschritten, so muss das gesamte in einem Jahr bezogene Kinderbetreuungsgeld zurückgezahlt werden.

·          Die Entkoppelung der Kinderbetreuungsregelung von den arbeitsrechtlichen Bestimmungen erhöht die Komplexität einer Entscheidung zwischen Berufstätigkeit und Karenz: Zwar kann das Kinderbetreuungsgeld auch bei einer durchgängigen Beschäftigung bezogen werden (solange die Einkommensgrenzen nicht überschritten werden), der Kündigungsschutz bleibt jedoch nur erhalten, wenn eine Beschäftigung über der Geringfügigkeitsgrenze nicht mehr als 13 Wochen pro Jahr dauert.

[24] Kindergeld beziehende Frauen werden seltener im Arbeitslosenregister aufscheinen, selbst wenn sie einen Arbeitsplatz suchen[l]), weil Voraussetzung für die Registrierung ist, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen (die Kinderbetreuungsfrage muss gelöst sein). Frauen werden aber ihr Kind meist selbst betreuen, solange sie keinen Arbeitsplatz gefunden haben. Insgesamt ist daher zu erwarten, dass das Kinderbetreuungsgeld einen Rückzug von Frauen mit Kleinkindern aus dem Arbeitskräfteangebot verstärkt[m]).

Leistungsbezug und Beschäftigung in einer Stichtagsbetrachtung

[25] Seit Jänner 2002 führt der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger eine monatliche Statistik, in welcher er nicht nur die Zahl der Bezieher und Bezieherinnen von Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld ausweist, sondern auch jene, welche zusätzlich zur Transferleistung einer Beschäftigung nachgehen. Ausgehend von den offiziellen Angaben werden im Folgenden die Informationen zur Beschäftigung von Frauen mit Kleinkindern detailliert.

Informationen aus der offiziellen Statistik

[26] Im Zuge der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes und der Übergangsregelungen erhöhte sich die Inanspruchnahme deutlich. Insgesamt stieg die Zahl der Leistungsbezieherinnen und -bezieher zwischen Dezember 2001 und November 2002 um 56.669 oder 70,4% auf monatlich 133.500. Dabei werden lediglich rund 1% der Fälle über die Versicherungsanstalten der selbständig Erwerbstätigen abgewickelt, die Bedeutung des Kinderbetreuungsgeldes für selbständig Versicherte bleibt daher relativ gering[n]).

Die Struktur nach der anfänglichen Arbeitsmarktpositionen hat sich merklich verändert:

·          Insgesamt ist der Anteil der Männer an allen Bezugsfällen mit rund 2% sehr gering. Allerdings entwickelte sich die Inanspruchnahme durch Männer, die zu Beginn des Bezugs in keinem aufrechten Beschäftigungsverhältnis standen besonders dynamisch (+176% bzw. +626). Wesentlich schwächer expandierte die Inanspruchnahme durch beschäftigte Männer (+24% bzw. +266). Der Anteil der zu Beginn Erwerbslosen an allen Männern stieg damit von 23% auf 40%.

·          Auch die Inanspruchnahme durch Frauen, die zu Beginn des Bezugs erwerbslos waren, verdoppelte sich zwischen Dezember 2001 und November 2002, während der Bezug durch unselbständig beschäftigte Frauen um 63% zunahm. Insgesamt erhöhte sich der Anteil erwerbsloser Frauen an allen Bezieherinnen von 23% auf 27%.

 

Übersicht 2: Bezieher und Bezieherinnen von Karenz- bzw. Kindergeld nach Versicherungsträger

 

 

 

 

 

 

 

ASVG und B-KUVG

GSVG

BSVG

Insgesamt

 

Mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis

Ohne aufrechtes Beschäftigungsverhältnis

 

 

 

 

Veränderung November 2002 gegenüber Dezember 2001

 

 

 

 

 

 

Frauen

36.606

17.682

666

761

55.715

Männer

266

626

52

10

954

Insgesamt

36.872

18.308

718

771

56.669

 

 

 

 

 

 

 

Anteile in %

Dezember 2001

 

 

 

 

 

Frauen

76,7

23,3

 

 

100,0

Männer

77,1

22,9

 

 

100,0

Insgesamt

76,7

23,3

 

 

100,0

 

 

 

 

 

 

November 2002

 

 

 

 

 

Frauen

72

26,9

0,5

0,6

100,0

Männer

58

39,5

2,1

0,4

100,0

Insgesamt

71,7

27,1

0,5

0,6

100,0

Q: Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (ohne Krankenfürsorgeanstalten und Selbstträger Karenzgeld).

 

[27] Zwischen Jänner und Dezember 2002 nahm der Anteil der Frauen, welche parallel zum Karenz- bzw. Kindergeldbezug einer Beschäftigung über der Geringfügigkeitsgrenze nachgingen, von 7,6% auf 15,1% zu (+13.123 auf 18.590 Frauen). Der Anteil der während des Leistungsbezugs geringfügig beschäftigten Frauen sank leicht von 8,8% auf 8,3%. Absolut wuchs die Zahl geringfügig beschäftigter Frauen mit Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeldbezug dennoch um 4.261 auf 11.056.

Abbildung 1: Aktiv Beschäftigte während des Karenz- bzw. Kindergeldbezugs

In % aller Bezieher und Bezieherinnen von Karenz- bzw. Kindergeld

Q: Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (ohne Krankenfürsorgeanstalten und Selbstträger Karenzgeld).

 

[28] Im selben Zeitraum stieg der Anteil der Männer, die während des Leistungsbezugs über der Geringfügigkeitsgrenze unselbständig beschäftigt waren, von 28,8% auf 36,7%. Dahinter steht eine Ausweitung um 393 auf 808 Personen. Der Anteil der geringfügig Beschäftigten sank von 16,1% auf 11,3%, absolut stieg ihre Zahl trotzdem um 34 auf 277.

[29] In diesen Angaben sind auch jene Eltern enthalten, welche der Karenzgeldübergangsregelung unterliegen und nunmehr länger Transferleistungen beziehen können. Dementsprechend ergibt sich die Ausweitung der Inanspruchnahme sowohl aus der Zunahme der Zahl der Anspruchsberechtigten (Geburten ab 1. Jänner 2002) als auch aus der Verlängerung der Inanspruchnahme durch Eltern mit Übergangsregelung (Geburten zwischen 1. Juli 2000 und 31. Dezember 2001). Deshalb stellt sich die Frage, wieweit die Neuregelung tatsächlich die Arbeitsmarktintegration von Eltern verbessert oder ob der Anstieg der Beschäftigungszahlen nicht lediglich auf den verlängerten Leistungsbezug zurückzuführen ist.

Differenzierung nach dem Alter des Kindes

[30] Dem WIFO stehen anonymisierte Individualdaten aus der Versichertendatei des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger bis Ende November 2002 zur Verfügung. Diese erlauben eine weitere Differenzierung der vom Hauptverband ermittelten Werte zur Beschäftigung sowie zum Karenz- bzw. Kindergeldbezug von Frauen nach dem Alter des Kindes.

[31] Infolge der Ausweitung des Bezugszeitraums verschob sich zwischen November 2001 und November 2002 die Struktur der Karenz- bzw. Kindergeldbezieherinnen deutlich zu Frauen mit Kindern ab 18 Monaten (von knapp 3% auf 40%). Hatten nämlich im November 2001 noch rund 3% aller Frauen mit Kindern zwischen 18 und 30 Monaten Karenzgeld bezogen, so nahmen im November 2002 bereits 88% aller Frauen mit Kindern dieser Altersgruppe Karenzgeld in Anspruch.

[32] Die zwischen den beiden Stichtagen beobachtete Zunahme der Zahl der Frauen, die parallel zum Transferleistungsbezug beschäftigt waren (+13.269), ging zu 55% auf Frauen mit Kindern ab 18 Monaten zurück.

[33] Zwar stieg der Beschäftigtenanteil (über der Geringfügigkeitsgrenze) an den Karenz- und Kindergeldbezieherinnen, der Anteil der Beschäftigten an allen Frauen mit Kindern bis zu 30 Monaten sank jedoch von 24% auf 21%, jener der unselbständig Beschäftigten von 20% auf 17%. Auffällig ist allerdings die in Abhängigkeit vom Alter des Kindes unterschiedliche Beschäftigungsquote der Frauen. Während der Beschäftigtenanteil von Frauen mit Kindern unter 18 Monaten zwischen den beiden Stichtagen von einem niedrigen Niveau aus beträchtlich zunahm, verringerte er sich für Frauen mit Kindern ab 18 Monaten stark (Übersicht 3). Die neuen Zuverdienstgrenzen dürften demnach einer kleinen Gruppe von Frauen zugute kommen, die aufgrund der sonst günstigen Rahmenbedingungen nun eher einer Berufstätigkeit nachgehen können. Ein größerer Teil der Frauen zieht sich jedoch nunmehr stärker aus dem Berufsleben zurück.

 

Übersicht 3: Beschäftigungsquoten von Frauen nach dem Alter des Kindes

 

 

 

 

 

 

Beschäftigt über der Geringfügigkeitsgrenze1)

Unselbständig beschäftigt

 

November 2001

November 2002

November 2001

November 2002

Unter 6 Monate

 

 

 

 

In % der Karenz- bzw. Kindergeldbezieherinnen

2,3

15,4

1,5

12,5

In % aller Frauen

7,1

15,3

3,4

12,0

6 bis 12 Monate

 

 

 

 

In % der Karenz- bzw. Kindergeldbezieherinnen

3,1

12,9

2,0

9,8

In % aller Frauen

7,4

14,3

3,7

10,7

12 bis 18 Monate

 

 

 

 

In % der Karenz- bzw. Kindergeldbezieherinnen

4,3

10,1

3,4

8,9

In % aller Frauen

10,2

13,9

6,5

10,3

18 bis 24 Monate

 

 

 

 

In % der Karenz- bzw. Kindergeldbezieherinnen

70,8

14,8

69,7

13,6

In % aller Frauen

42,3

20,4

37,3

16,3

24 bis 30 Monate

 

 

 

 

In % der Karenz- bzw. Kindergeldbezieherinnen

61,1

24,0

59,2

22,8

In % aller Frauen

61,4

38,0

54,4

33,5

Q: WIFO auf Basis der Versichertendatei des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger. - 1) Unselbständig Beschäftigte, Selbständige, freie Dienstnehmerinnen.

 

[34] Allerdings ist derzeit noch fraglich, in welchem Ausmaß der Anstieg der Beschäftigungsquote von Frauen mit Kindern unter 18 Monaten tatsächlich auf kürzere Unterbrechungen hinweist. Für eine detailliertere Analyse ist der Beobachtungszeitraum aber derzeit noch zu kurz.

[35] Gleichzeitig stellt sich die Frage, wieweit die Ergebnisse des Stichtagsvergleichs durch die Konjunkturverschlechterung sowie durch eine Veränderung der sozioökonomischen Merkmale der Frauen mit Kindern im betreffenden Alter bedingt sind. Aus diesem Grund wird im Folgenden eine Vergleichsgruppenuntersuchung vorgenommen.

Vergleichsgruppenanalyse

[36] Die Untersuchung konzentriert sich auf alle zwischen Mai und August 2000 in der Versichertendatei des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger registrierten Geburten mit anschließendem Karenzgeldbezug der Mutter[o]). Diese Geburten werden für die Analyse in zwei Gruppen geteilt, um die Wirkung der Neuregelung direkt ermitteln zu können: Für Geburten im Mai und Juni galt die bisherige Karenzgeldregelung, für jene im Juli und August waren bereits die Übergangsregelungen zum Kinderbetreuungsgeld wirksam. Da Daten bis Ende November 2002 vorliegen, lässt sich der Beschäftigungsverlauf für die betreffenden Frauen bis zu einem Alter des Kindes von 2 Jahren und 3 Monaten verfolgen.

[37] Zwischen den beiden Beobachtungsgruppen - mit bisheriger Karenzgeldregelung einerseits und mit Übergangsbestimmung andererseits - sind keine systematischen Strukturunterschiede zu identifizieren. Insgesamt ergibt sich folgende Zusammensetzung (Übersichten 4 und 5):

·          In rund der Hälfte der Fälle brachte die Frau ihr erstes Kind zur Welt (51%), in 37% das zweite und in 9% das dritte.

·          Bezüglich der Altersverteilung der Frauen zeigt sich die erwartete Konzentration auf die Spanne zwischen 25 und 35 Jahren (insgesamt 66%). Rund 20% der Frauen waren bei der Geburt unter 25 Jahren, rund 14% mindestens 35 Jahre alt.

·          79% der Frauen standen zum Zeitpunkt der Geburt in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis, aus dem sie Wochengeld bezogen. Der Anteil der beschäftigten Frauen schwankt in Abhängigkeit vom Alter zwischen 63% (unter 20 Jahre) und 82% (35 bis 39 Jahre), in Abhängigkeit von der Gesamtzahl der Kinder zwischen 48% (mindestens 4 Kinder) und 89% (ein Kind).

·          Beinahe 30% der Frauen hatten 1999 einen Monatsverdienst (brutto, ohne Sonderzahlungen) von durchschnittlich höchstens 1.000 € erzielt, 34% verdienten 1.001 € bis 1.500 €, 30% 1.501 € bis 2.500 €. Über 2.500 € verdienten nur rund 7% der Frauen.

 

Übersicht 4: Struktur der Karenzgeldbezieherinnen nach dem Alter der Frau und der Zahl der Kinder

Geburten Mai bis August 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

Zahl der Kinder

 

 

1 Kind

2 Kinder

3 Kinder

4 oder mehr Kinder

Insgesamt

 

 

Karenzgeldbezieherinnen

 

 

 

 

 

 

 

 

15 bis 19 Jahre

468

25

1

0

494

 

20 bis 24 Jahre

2.226

756

72

5

3.059

 

25 bis 29 Jahre

3.123

2.316

426

84

5.949

 

30 bis 34 Jahre

2.202

2.436

687

169

5.494

 

35 bis 39 Jahre

714

821

387

142

2.064

 

40 Jahre und darüber

98

119

57

53

327

 

 

 

 

 

 

 

 

Insgesamt

8.831

6.473

1.630

453

17.387

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anteile der vor der Geburt Beschäftigten in %

 

 

 

 

 

 

 

 

15 bis 19 Jahre

65,4

20,0

0,0

63,0

 

20 bis 24 Jahre

84,4

50,3

33,3

0,0

74,6

 

25 bis 29 Jahre

92,4

69,6

58,0

28,6

80,1

 

30 bis 34 Jahre

92,8

77,2

67,7

45,6

81,3

 

35 bis 39 Jahre

90,3

81,9

76,7

61,3

82,4

 

40 Jahre und darüber

85,7

76,5

78,9

58,5

76,8

 

 

 

 

 

 

 

 

Insgesamt

88,8

71,7

66,1

48,3

79,2

 

 

 

 

 

 

 

 

Q: WIFO auf Basis der Versichertendatei des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger.

 

[38] Das Einkommen steigt mit zunehmendem Alter der Frau und mit abnehmender Kinderzahl. Die durchschnittliche Kinderzahl wächst aber mit dem Alter der Frau und dämpft so den sichtbaren altersabhängigen Einkommenszuwachs. Deshalb steigen die Durchschnittsverdienste über die Altersgruppen nur geringfügig. So war der durchschnittliche Verdienst von Frauen, die Mitte 2000 ihr zweites Kind zur Welt brachten, mit 1.160 € um 330 € oder 22% niedriger als jener von erstgebärenden Frauen, obwohl sie mit durchschnittlich 29,8 Jahren um 2,3 Jahre älter waren als bislang Kinderlose.

Übersicht 5: Einkommenshöhe im Jahr vor der Geburt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Monatliches Bruttoerwerbseinkommen im Jahr 1999

 

Bis 500 €

501 € bis 1.000 €

1.001 € bis 1.500 €

1.501 € bis 2.000 €

2.001 € bis 2.500 €

Über 2.500 €

Insgesamt

Durchschnitt

 

Anteile in %

In €

Alter

 

 

 

 

 

 

 

 

15 bis 19 Jahre

39,7

40,1

10,6

4,6

2,0

3,0

100,0

766

20 bis 24 Jahre

4,0

32,1

44,0

12,1

3,7

4,1

100,0

1.230

25 bis 29 Jahre

3,8

20,0

40,2

25,7

6,5

3,8

100,0

1.388

30 bis 34 Jahre

4,9

20,5

29,2

25,2

12,2

8,0

100,0

1.493

35 bis 39 Jahre

7,6

24,4

23,8

18,6

12,4

13,2

100,0

1.512

40 Jahre und darüber

5,5

29,1

23,6

17,6

10,1

14,1

100,0

1.470

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zahl der Kinder

 

 

 

 

 

 

 

 

1 Kind

4,1

18,0

35,9

24,3

9,8

7,8

100,0

1.490

2 Kinder

8,3

38,1

30,9

14,4

4,9

3,4

100,0

1.160

3 oder mehr Kinder

17,0

42,4

24,4

10,6

3,6

2,0

100,0

976

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Insgesamt

5,8

23,7

34,2

21,4

8,4

6,5

100,0

1.390

Q: WIFO auf Basis der Versichertendatei des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger.

 

[39] Eine Betrachtung der Einkommensklassen nach Altersgruppen macht die mit dem Alter zunehmende Polarisierung deutlicher: Der Anteil der Frauen mit einem Verdienst unter 1.500 € beträgt zwischen 90% der unter 20-Jährigen, 80% der 20- bis 24-Jährigen und rund 55% der Frauen im Alter ab 35 Jahren. Dem steht eine altersabhängige Zunahme der höheren Verdienste gegenüber: Während 8% der 20- bis 24-Jährigen und 10% der 25- bis 29-Jährigen 2.000 € oder mehr verdienen, beträgt der Anteil an den 35-jährigen und älteren Frauen rund 25%.

 

Methodische Erläuterung zur Definition des untersuchungsrelevanten Versicherungsstatus

In der Versichertendatei des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger sind alle versicherungsrelevanten Informationen zu einer Person gespeichert. Daher können zu einem Zeitpunkt zu einer Person mehrere Eintragungen vorliegen, wenn etwa gleichzeitig ein Karenzgeldbezug, der Bezug einer Unfallrente und ein unselbständiges Beschäftigungsverhältnis vermerkt sind. Um zu sinnvollen personenbezogen Aussagen zu kommen, gilt es daher in einem ersten Schritt, den jeweils untersuchungsrelevanten Versicherungsstatus zu identifizieren.

Dazu werden einzelne Versicherungsqualifikationen zu übergeordneten Klassen zusammengefasst. Die Klasse "selbständige Beschäftigung" etwa wird definiert durch Aggregation verschiedener einzelner Versicherungsqualifikationen von freiberuflich Tätigen, Gewerbetreibenden, Bäuerinnen und Bauern sowie Mithelfenden in der Landwirtschaft.

Anschließend werden alle möglichen Versicherungspositionen nach ihrer Bedeutung für die Fragestellung gereiht; liegen für eine Person mehrere Versicherungspositionen vor, so wird dann nur jene explizit ausgewiesen, welche die relativ höchste Priorität aufweist. Die einzelnen Positionen wurden in folgende nach der Priorität absteigende Reihenfolge gebracht: Wochengeldbezug aus aufrechtem Beschäftigungsverhältnis1), unselbständige Beschäftigung, Wochengeldbezug bei Arbeitslosigkeit, vorgemerkte Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug, selbständige Erwerbstätigkeit, Karenzgeldbezug, Bezug einer Teilzeitbeihilfe, Bezug einer Sondernotstandshilfe2), freier Dienstvertrag, mehrere geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, vorgemerkte Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug, sonstige Zeiten, Zeiten ohne für den Hauptverband versicherungsrechtlich relevante Episoden.

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse sind aus der Untersuchung ausgeklammert. Der Karenzgeldbezug als zentrale Untersuchungseinheit wird zusätzlich auch ohne Priorisierung ausgewertet. Der Karenzgeldbezug wird daher unter den priorisierten Angaben zwar nur dann explizit ausgewiesen, wenn keine Beschäftigung vorliegt; dennoch ist sichergestellt, dass die gesamte Dauer des Karenzgeldbezugs ausgewertet werden kann.

               

1) Wochengeld erhalten beschäftigte und arbeitslose Frauen während der Schutzfrist vor und nach der Geburt vom Krankenversicherungsträger in Höhe des entfallenen Entgelts. - 2) Transferleistung bei Arbeitslosigkeit, wenn wegen fehlender Kinderbetreuungseinrichtungen keine Beschäftigung aufgenommen werden kann.

 

Ergebnisse zur Integration in das Beschäftigungssystem

[40] Die meisten Frauen, die ihr Kind zur Welt brachten, bevor die Übergangsbestimmungen in Kraft traten, nahmen so lange wie möglich Karenzgeld in Anspruch (durchschnittlich 15,8 Monate lang). Dabei wurde die Möglichkeit der Teilkarenz kaum genutzt - im Durchschnitt fielen 15,0 Karenzgeldmonate ohne gleichzeitige Beschäftigung an und nur 0,8 Monate mit Beschäftigung (Übersicht 6). Wochen- und Karenzgeldbezug dominieren damit den Zeitraum der ersten 27 Monate nach der Geburt, während die Frauen in diesem Zeitraum durchschnittlich nur 4,4 Monate in einem unselbständigen Beschäftigungsverhältnis standen. Neben Arbeitslosigkeit und dem Bezug einer Sondernotstandshilfe - weil mangels geeigneter Kinderbetreuungsmöglichkeiten keine Beschäftigung aufgenommen werden konnte - war diese Lebensphase von Frauen durch ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben - mit oder ohne Versicherungszeiten - geprägt.

 

Übersicht 6: Die ersten 27 Monate nach der Geburt - durchschnittlicher Verbleib von Karenzgeldbezieherinnen in unterschiedlichen Arbeitsmarktpositionen

 

 

 

 

 

 

Bisherige Karenzregelung

Übergangsregelung

Bisherige Karenzregelung

Übergangsregelung

 

Monate

Anteile in %

 

 

 

 

 

Wochengeldbezug

2,3

2,2

8,4

8,1

Karenzgeldbezug1) ohne Beschäftigung

15,0

21,5

55,7

79,8

Karenzgeldbezug1) mit Beschäftigung

0,8

2,2

2,9

8,1

Unselbständige Beschäftigung ohne Karenzgeldbezug2)

3,6

0,5

13,3

1,9

Arbeitslosigkeit

1,0

0,1

3,6

0,3

Sondernotstandshilfe

1,1

0,0

3,9

0,0

Sonstige Versicherungszeiten

2,2

0,3

8,0

1,2

Ohne Versicherungzeiten beim Hauptverband

1,2

0,1

4,3

0,5

 

 

 

 

 

Insgesamt

27,0

27,0

100,0

100,0

Q: WIFO auf Basis der Versichertendatei des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger. "Bisherige Karenzregelung" . . . Geburten im Mai und Juni 2000, "Übergangsregelung" . . . Geburten im Juli und August 2000. - 1) Karenzgeld plus Teilzeitbeihilfe. - 2) Über der Geringfügigkeitsgrenze.

 

[41] Mit dem Inkrafttreten der Übergangsregel zum Kindergeld verstärkte sich diese Tendenz. Zwar sind nun deutlich kürzere Zeiten über das Arbeitsmarktservice registriert. Auch verbleiben die Frauen weniger lang in einem finanziell ungesicherten Status ("sonstige Zeiten", "keine Versicherungszeiten"). Allerdings nahm auch die Beschäftigung weiter ab: Durchschnittlich stehen Frauen bis zum 27. Lebensmonat des Kindes insgesamt nur noch 2,7 Monate in Beschäftigung.

 

Übersicht 7: Rückkehr in das Berufsleben innerhalb von 27 Monaten nach der Geburt des Kindes

 

 

 

 

 

 

Bisherige Karenzregelung

Übergangsregelung

Bisherige Karenzregelung

Übergangsregelung

 

Karenzgeldbezieherinnen

Anteile in %

 

 

 

 

 

Insgesamt

8.602

8.785

100,0

100,0

Wiedereinstieg

4.615

3.096

53,7

35,2

Kein Wiedereinstieg

3.987

5.689

46,3

64,8

 

 

 

 

 

Vor der Geburt beschäftigt

6.767

7.012

78,7

79,8

Wiedereinstieg

3.879

2.649

45,1

30,2

Kein Wiedereinstieg

2.888

4.363

33,6

49,7

 

 

 

 

 

Vor der Geburt erwerbslos

1.835

1.773

21,3

20,2

Wiedereinstieg

736

447

8,6

5,1

Kein Wiedereinstieg

1.099

1.326

12,8

15,1

Q: WIFO auf Basis der Versichertendatei des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger. Karenzgeldbezieherinnen . . . Karenzgeld plus Teilzeitbeihilfe, bisherige Karenzregelung . . . Geburten im Mai und Juni 2000, Übergangsregelung . . . Geburten im Juli und August 2000.

 

[42] Das skizzierte Ergebnis einer Reduktion der Beschäftigungsdauer ist darauf zurückzuführen, dass nun mehr Frauen wegen der verlängerten Dauer des Leistungsbezugs ihre Beschäftigung für längere Zeit unterbrechen (Übersicht 7): Kehrten knapp 54% der Frauen, für die die bisherige Karenzgeldregelung galt, spätestens 27 Monate nach dem Geburtstermin wieder in das Beschäftigungssystem zurück, so sank der betreffende Anteil nach dem Inkrafttreten der Übergangsregeln auf 35%.

[43] Der Rückgang betrifft Frauen unabhängig von ihrem Erwerbsstatus zum Zeitpunkt der Geburt ihre Kindes: So verringerte sich der Anteil der Wiedereinsteigerinnen (innerhalb von 27 Monaten) an den Frauen, die vor der Geburt ihres Kindes beschäftigt waren, von rund 57% auf 38%. Die Beschäftigungsquote der Frauen, die vor der Geburt erwerbslos waren, sank von 40% auf 25%.

[44] Für jene Frauen, welche sich für eine Fortsetzung der Beschäftigung entschieden, unterscheiden sich hingegen die Summe der Beschäftigungszeiten innerhalb des Beobachtungszeitraums von 27 Monaten oder der Zeitpunkt des Wiedereintritts kaum gegenüber der "alten" Karenzgeldregelung. Wer daher die Rückkehr in die Berufstätigkeit infolge der Neuregelung nicht hinaus zögert, verfügt nunmehr mit der Transferleistung über eine zusätzliche Einkommensquelle neben dem Arbeitsverdienst. Nur durchschnittlich 0,5 Beschäftigungsmonate (von 2,7 Monaten insgesamt) wurden ohne Bezug von Karenzgeld verzeichnet; vor Inkrafttreten der Übergangsregelung waren es 3,6 Monate gewesen (von 4,4 Monaten insgesamt).

 

Methodische Erläuterung zur Definition des Wiedereintritts in das Beschäftigungssystem

Nicht alle Frauen, welche nach der Geburt ihres Kindes  laut Versicherungsdatei des Hauptverbandes Beschäftigungsepisoden aufweisen, sind tatsächlich wieder in das Beschäftigungssystem zurückgekehrt. Beispiele dafür sind längere Krankenstandszeiten nach der Geburt, der Konsum von Urlaubsanspruch oder die Beschäftigung lediglich für die Dauer der Behaltefrist im Anschluss an die Karenzzeit.

Unter folgenden Bedingungen wurde eine Frau trotz registrierter Beschäftigungsepisoden nicht als Berufsrückkehrerin klassifiziert: wenn sie vor der Geburt ihres Kindes in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis gestanden war, im Beobachtungszeitraum von 27 Monaten nach der Geburt ausschließlich eine Beschäftigungsepisode aufwies und diese Beschäftigungsepisode höchstens 93 Tage dauerte (nicht durch das Ende des Beobachtungszeitraums mit 30. November 2002 bedingt). Dieser Algorithmus lieferte sehr plausible Ergebnisse zur Identifikation jener Beschäftigungsepisoden, welche de facto nicht mit einem Wiedereintritt in das Erwerbsleben verbunden sind. Die betreffenden Episoden konzentrieren sich nämlich sehr stark auf drei Zeitpunkte: die Periode kurz nach der Geburt, das Ende des Karenzgeldbezugs nach 18 Monaten und das Ende der Karenzzeit nach 24 Monaten. Insgesamt wurden durch diese Vorgangsweise 1.949 der im Datensatz erfassten 17.387 Frauen mit Beschäftigungsepisoden innerhalb von 27 Monaten nach der Geburt des Kindes nicht als Wiedereinsteigerinnen klassifiziert, in jeder der beiden Beobachtungsgruppen rund 11% der Frauen.

 

Gruppenspezifisches Anpassungsverhalten

[45] Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Gruppen von Frauen eher zu einer Beschäftigungsaufnahme tendieren und welche Gruppen die neuen Transferleistungsregelungen eher für ein längeres Ausscheiden aus dem Berufsleben nutzen. Als erklärende Faktoren dafür kann auf die Gesamtzahl der Kinder, das Alter der Frauen sowie auf das zuvor erzielte Einkommen zurückgegriffen werden. Die folgenden Angaben beziehen sich ausschließlich auf Frauen, welche zum Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis standen.

[46] Für die Rückkehr in die Berufstätigkeit nach der alten Karenzregelung ergeben sich folgende Befunde:

·          Nach der Geburt des ersten Kindes kehrten 60% der Frauen innerhalb von 27 Monaten wieder in das Beschäftigungssystem zurück, unter den Müttern von zwei Kindern 56%, mit drei oder mehr Kindern 48% (Übersicht 8).

·          Differenziert nach dem Alter der Frau bei der Geburt fällt die etwas geringere Rückkehrquote von jüngeren Frauen (unter 25 Jahren) auf. Zwischen den anderen Altersgruppen zeigen sich hier keine spezifischen Muster. Offenbar spielten andere Faktoren wie der Wohnort und die damit verbundenen Arbeitsplatzchancen bzw. gesellschaftliche Werthaltungen eine wichtigere Rolle als das Alter. Für Frauen mit mehr als einem Kind gilt dies insbesondere vor dem Hintergrund der Vorselektion erwerbsorientierter Frauen durch die Einschränkung auf Karenzgeldbezieherinnen.

·          Die Erwerbsneigung nimmt deutlich mit dem Arbeitsverdienst zu (Übersicht 9): Lediglich 51% der Frauen, die zuvor bis zu 1.000 € pro Monat verdient hatten, traten wieder in den Beruf ein, bevor das Kind 27 Monate alt war, 64% der Frauen mit 1.001 € bis 2.000 € monatlich und 77% Frauen mit einem Verdienst von mehr als 2.000 €. Die Wiederbeschäftigungsquote variiert damit zwischen den Einkommensklassen jeweils um 13 Prozentpunkte.

 

Übersicht 8: Rückkehr in das Berufsleben nach dem Alter der Frau und der Zahl der Kinder

Vor der Geburt beschäftigte Frauen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zahl der Kinder

 

1 Kind

2 Kinder

3 oder mehr Kinder

Insgesamt

1 Kind

2 Kinder

3 oder mehr Kinder

Insgesamt

 

Bisherige Karenzregelung

Übergangsregelung

 

Anteile der Wiedereinsteigerinnen in %

Alter

 

 

 

 

 

 

 

 

15 bis 19 Jahre

55,5

.

.

55,0

37,3

.

.

36,8

20 bis 24 Jahre

56,7

52,7

.

56,0

38,4

24,2

.

35,8

25 bis 29 Jahre

62,3

51,9

53,8

58,3

41,0

30,7

19,9

36,3

30 bis 34 Jahre

59,9

56,6

44,4

56,7

46,1

37,9

24,1

39,9

35 bis 39 Jahre

59,2

62,3

48,1

58,1

44,8

40,4

29,9

39,6

40 Jahre und darüber

65,0

60,4

51,1

58,5

34,1

39,5

31,0

35,3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Insgesamt

59,9

55,6

48,1

57,3

41,7

34,5

25,4

37,8

Q: WIFO auf Basis der Versichertendatei des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger. Bisherige Karenzregelung. . . Geburten im Mai und Juni 2000, Übergangsregelung . . . Geburten im Juli und August 2000.

 

[47] Mit Wirksamwerden der Übergangsregelungen sank die Rückkehrquote umso stärker, je mehr Kinder eine Frau insgesamt zu versorgen hatte: -18 Prozentpunkte bei einem Kind, -21 Prozentpunkte bei zwei Kindern und rund -23 Prozentpunkte bei drei oder mehr Kindern. Nach Altersgruppen war der Rückgang am geringsten für Frauen zwischen 30 und 40 Jahren, am ausgeprägtesten für Frauen

·          die entweder jünger als 30 Jahre oder mindestens 40 Jahre alt waren und ihr erstes Kind geboren hatten oder

·          die jünger als 30 Jahre waren und insgesamt bereits mehr als ein Kind hatten.

[48] Das zuvor erzielte Erwerbseinkommen beeinflusst die absolute Verringerung der Wiedereinstiegsquote kaum. Sie ist in jeder Einkommenstufe um 18 bis 20 Prozentpunkte niedriger als vor Inkrafttreten der Übergangsregelung. Wird aber das einkommenspezifisch unterschiedliche Ausgangsniveau mit berücksichtigt, so wurde die Wiedereinstiegsquote von Frauen mit geringen Verdienstchancen am stärksten gedämpft (Monatsbruttoeinkommen unter 1.000 € -38%), jene der besserverdienenden Frauen am wenigsten (ab 2.000 € -23%).

 

Übersicht 9: Rückkehr in das Berufsleben nach dem zuvor erzielten Einkommen

Vor der Geburt beschäftigte Frauen

 

 

 

 

 

 

 

 

Einkommen (monatlich, brutto, ohne Sonderzahlungen)

 

Bis 1.000 €

1.001 € bis 2.000 €

Über 2.000 €

Bis 1.000 €

1.001 € bis 2.000 €

Über 2.000 €

 

Bisherige Karenzregelung

Übergangsregelung

 

Anteile der Wiedereinsteigerinnen in %

Zahl der Kinder

 

 

 

 

 

 

1 Kind

52,9

62,8

76,6

33,2

43,7

58,9

2 Kinder

49,9

69,9

82,2

32,4

47,0

61,8

3 oder mehr Kinder

44,9

62,7

.

21,8

38,8

.

 

 

 

 

 

 

 

Insgesamt

50,9

64,0

77,1

31,6

44,0

59,2

Q: WIFO auf Basis der Versichertendatei des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger. Bisherige Karenzregelung . . . Geburten im Mai und Juni 2000, Übergangsregelung . . . Geburten im Juli und August 2000.

 

[49] Insgesamt sank die Erwerbsbeteiligung der Frauen in den ersten 27 Monaten nach der Geburt also in allen Gruppen. Am stärksten zogen sich jedoch junge Frauen, Frauen mit mehreren Kindern und mit geringem Erwerbseinkommen vom Arbeitsmarkt zurück. Das sind gleichzeitig jene Gruppen, welche - ohne Berücksichtigung weiterer Einflussfaktoren wie des Haushaltskontexts - die neuen Zuverdienstgrenzen am ehesten zu einer Verbesserung ihrer Einkommensituation nutzen könnten. Sie müssten zur Einhaltung der Zuverdienstgrenzen ihre Arbeitszeit nicht so stark reduzieren wie besserverdienende Frauen, weil sie aufgrund ihres Alters, ihrer Qualifikation bzw. ihrer bisherigen Arbeitszeit schon bisher weniger verdienten. Trotzdem ist der Reservationslohn höher als das potentielle Erwerbseinkommen.

Karenzgeldbezug der Männer in den ersten 27 Monaten

[50] Seit Inkrafttreten der Übergangsregelungen nutzen Männer innerhalb der ersten 27 Lebensmonate des Kindes noch seltener die Möglichkeit der Karenz als zuvor: Der Anteil der Frauen, welche eine Zeit lang kein Karenzgeld bezogen, weil es vom Partner in Anspruch genommen wurde, sank von 2,5% auf 2,0%.

[51] Frauen, deren Männer Karenzgeld bezogen, erzielten vor der Geburt durchschnittlich höhere Erwerbseinkommen als Frauen ohne Karenzbeteiligung des Partners (vor der Übergangsregelung +26%, mit der Übergangsregelung +29% gegenüber dem Durchschnitt der Frauen ohne Beteiligung des Partners). In der Folge nehmen die Partner jüngerer Frauen seltener die Karenz in Anspruch als jene von Frauen ab 35 Jahren; die Partner von Frauen, die in höherem Alter ihr erstes Kind zur Welt bringen, beziehen häufiger auch Karenzgeld[p]). Die Erwerbsbeteiligung dieser wenigen Frauen wurde durch die Neuregelung der Transferleistung nicht beeinflusst: Jeweils 78% der betreffenden Frauen nahmen in den ersten 27 Monaten wieder eine unselbständige Beschäftigung auf.

[52] Diese Befunde verweisen deutlich auf den Zusammenhang zwischen den Verdienstchancen von Frauen und partnerschaftlicher Teilung der Betreuungsaufgaben. Freilich dürfte ein weiterer Umstand zu diesem Ergebnis beitragen: Die Partner dieser Frauen zählen in der Regel selbst zum Hochlohnsegment.

Schlussfolgerungen

[53] Das Kinderbetreuungsgeld hat das Karenzgeld abgelöst. Es soll Müttern und Vätern eine bessere finanzielle Absicherung während der ersten Lebensjahre des Kindes bieten und den Eltern größere Wahlfreiheit bei der Betreuung der Kinder und ihrer Erwerbsbeteiligung eröffnen. Den Frauen soll damit ein rascherer Wiedereinstieg ins Berufsleben ermöglicht werden, die Betreuungsaufgaben sollen zwischen den Eltern fairer verteilt werden. Zu diesem Zweck wurden der Kreis der Anspruchsberechtigten gegenüber der Karenzgeldregelung ausgeweitet, die mögliche Bezugsdauer um ein Jahr verlängert und die Zuverdienstmöglichkeiten während des Leistungsbezugs deutlich erhöht.

[54] Frauen mit Kleinkindern befinden sich infolge dieser Neuregelung seltener und weniger lang in einem finanziell und versicherungsrechtlich ungesicherten Status. Der Anteil der Beschäftigten an den Karenz- bzw. Kindergeldbezieherinnen steigt. Dies ist allerdings ausschließlich auf die vermehrte und längere Inanspruchnahme der Transferleistungen zurückzuführen und nicht auf eine höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen mit Kleinkindern. Insgesamt ging ihre Beschäftigung (wie auch die Arbeitslosigkeit) sogar zurück.

[55] Die ersten empirischen Befunde weisen darauf hin, dass die Neuregelung zu den Zuverdienstgrenzen nur eine kleine Gruppe von Frauen zu einer rascheren Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nach der Geburt eines Kindes veranlasst. Wesentlich stärker wirkt der beschäftigungshemmende Effekt aus der Verlängerung der möglichen Dauer des Leistungsbezugs. Insbesondere Frauen, die jung ein Kind zur Welt bringen, Frauen mit mehreren Kindern und Frauen mit geringeren Arbeitsentgelten ziehen sich nun längere Zeit aus dem Erwerbsleben zurück. Im Gegenzug zur längeren Inanspruchnahme von Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld durch Mütter sinkt die Inanspruchnahme durch die Väter. Damit wurde bisher weder das Ziel einer Ausweitung der Beschäftigung von Frauen mit kleineren Kindern erreicht noch das einer faireren Aufteilung der Betreuungsarbeit zwischen den Eltern.

[56] Diese Ergebnisse werfen eine Reihe von weiteren Fragen auf. Sie betreffen nicht nur die Erreichung der anderen mit der Regelung zum Kinderbetreuungsgeld verfolgten Ziele wie die Reduktion der Einkommensdifferentiale zwischen Frauen und Männern oder die Bekämpfung der Armut in Familien, sondern etwa auch die weitere Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit von Frauen mit kleinen Kindern oder die längerfristigen Auswirkungen dieses Instruments auf die Erwerbs- und Verdienstchancen von Frauen. Weiterführende Evaluierungen - wie sie im Regierungsprogramm angekündigt wurden - sind vor diesem Hintergrund dringend zu empfehlen.

Literaturhinweise

Böheim, R., Hofer, H., Zulehner, Ch., "Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern in Österreich: Ein Vergleich zwischen 1983 und 1997", Kurswechsel, 2002, (1), S. 50-56.

Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen, Nationaler Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in Österreich, Wien, 2001, http://www.bmsg.gv.at/bmsg/relaunch/portal/content/downloads/nap.pdf.

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Umsetzungsbericht 2002 zum Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung, Wien, 2002, http://europa.eu.int/comm/employment_social/news/2002/may/nap2002/
nap2002_at_de.pdf
.

Dex, S., Joshi, H., Macran, S., McCulloch, A., "Women's Employment Transitions Around Child Bearing", Oxford Bulletin of Economics and Statistics, 1998, 60(1), S. 79-98.

Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an den Rat. Entwurf des gemeinsamen Beschäftigungsberichts 2002, Brüssel, 2002.

Lutz, H., "Frauen im Spannungsfeld zwischen Mutterschaft und Erwerbstätigkeit", WIFO-Monatsberichte, 2000, 73(5).

Österreichisches Institut für Familienforschung (ÖIF), "Wünsche an das Kinderbetreuungsgeld: Freude am Kind und am Beruf", Beziehungsweise, 2002, (14/02), http://www.oif.ac.at/online.htm

Städtner, K., "Arbeitsmarktrelevante Effekte der Inanspruchnahme von Elternkarenz", Österreichisches Institut für Familienforschung, Working Paper, 2002, (25).

 

Child Care Benefit - Impact on the Labour Market Participation of Women. Summary

The intention underlying the introduction of the child care benefit was to offer parents greater freedom of choice in matters regarding child care and their participation in the labour market. However, according to the findings presented here, the new regime - so far - has led to a longer withdrawal of women from the labour market, without resulting in a stronger involvement of fathers in the care for young children.

For children born as of 1 January 2002, the previous system of parental leave allowance, paid out as an insurance benefit, has been replaced by the child care benefit paid out as a family entitlement. Compared with the parental leave allowance, the new system has introduced a number of changes: the group of persons eligible for the benefit has been enlarged substantially; the maximum period of entitlement has been prolonged by one year; and beneficiaries now have the right to earn an additional income beyond the statutory limit for marginal short-time employment.

The child care benefit has been designed as an instrument to offer mothers and fathers greater freedom of choice and to provide greater financial security for families with young children. The idea was to promote the labour market participation of women with small children through a scheme which makes it easier for them to reconcile work and family obligations. However, first empirical studies concerning the employment effect on women whose children were born in mid 2000 show that the contrary has happened. It is true that women with young children no longer find themselves in a financially insecure situation for as long a time as in the past, but their labour market participation and, above all, their level of active employment has declined at the same time. The percentage of women returning to the labour market before their children reach the age of 2¼ years has dropped from 54 percent to 35 percent.

The decline in employment was strongest among women who had their children at an early age, women with several children, and women in low-paid jobs. Few fathers chose to take parental leave under the old regime. With the change-over to the child care benefit regime, the involvement of men in the care for children under 2¼ years of age declined even further (from 2.5 percent to 2.0 percent). However, this does not exclude the possibility of more men claiming the child care benefit than in the past as soon as women reach the end of their entitlement period and their children are already a bit older. Against this background, the more detailed evaluations of the impact of the new child care benefit scheme planned by the federal government are to be welcomed.

 

 

 



[a])  Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (2002), S. 13.

[b])  Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (2001), S. 22f.

[c])  Für einkommenschwache Familien waren zusätzlich die Kleinkindbeihilfe und die Familienzuschüsse der Länder relevant.

[d])  Dabei ist es für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld unerheblich, welcher Elternteil die Familienbeihilfe bezieht. So hat die Mutter auch dann Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, wenn nur der Vater Anspruch auf Familienbeihilfe hat.

[e])  Die Höhe wird im Nachhinein festgestellt. Ist eine Überschreitung aufgrund der relativ hohen Einkünfte abzusehen, so kann im Vorhinein (nur für ganze Kalendermonate) auf das Kindergeld verzichtet werden. Die Einkünfte dieser Monate werden dann nicht auf die jährliche Zuverdienstgrenze angerechnet.

[f])  Nicht zu den Einkünften zählen Alimente, Kinderbetreuungsgeld bzw. Karenzgeld oder Familienbeihilfen.

[g])  Wurden die geforderten Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen nicht bis zum 18. Lebensmonat des Kindes durchgeführt, so gebührt ab dem 21. Lebensmonat nur mehr das halbe Kindergeld.

[h])  Dies gilt unabhängig davon, ob ein Elternteil oder beide Karenz in Anspruch nehmen.

[i])  Teilzeitbeschäftigte können zwischen zwei Varianten wählen: Bei Bezug des vollen Karenzgeldes unterliegen ihre Einkünfte der Zuverdienstregelung, bei Bezug des halben Karenzgeldes nicht. Diese Möglichkeit besteht nicht beim Bezug von Kinderbetreuungsgeld.

[j])  Dessen Höhe ist abhängig von der Ausbildung, der bisherigen Berufslaufbahn und dem Tätigkeitsbereich sowie von der aktuellen Arbeitsmarktsituation.

[k])  Der Anspruch auf Transferleistung ist nicht mehr daran gebunden, dass das Kind von der leistungsbeziehenden Person überwiegend selbst betreut wird.

[l])  Nach Ende des Transferleistungsbezugs werden sie möglicherweise verstärkt als arbeitslos registriert.

[m])  Wie bisher werden sie in der offiziellen Statistik weiterhin als beschäftigt gezählt, wenn sie zu Beginn des Kindergeldbezugs in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis standen.

[n])  Für Antrag und Auszahlung ist jener Krankenversicherungsträger zuständig, bei dem die jeweilige Person zuletzt versichert war. Bestand zuvor kein Krankenversicherungsverhältnis, so ist die jeweilige Gebietskrankenkasse zuständig.

[o])  Dabei wurde die Untersuchungspopulation auf Frauen eingeschränkt, welche spätestens 9 Monate nach der Geburt eines Kindes (275 Tage) den Beginn einer Karenzgeldepisode (einschließlich Teilzeitbeihilfe) aufweisen. Dies trifft auf 18.528 (86%) der im Versichertendatensatz erfassten 21.559 Frauen zu, die in den betrachteten vier Monaten ein Kind zur Welt brachten. In weiterer Folge wurden jene 1.141 Frauen ausgeschlossen, die bis November 2002 ein weiteres Kind gebaren, um eine Verzerrung der Aussagen zur anschließenden Erwerbsbeteiligung wegen rasch aufeinander folgender Geburten zu verhindern.

[p])  Von den Frauen, die ihr erstes Kind in einem Alter ab 35 Jahren zur Welt brachten und davor ein Einkommen von mehr als 2.000 € erzielt hatten, teilten in der alten Karenzgeldregelung 7,2% die Karenz in den ersten 27 Monaten mit dem Partner - unter der Übergangsregelung beträgt der Anteil nur 5,9%.