WIFO

Markus Marterbauer

Konjunkturerholung lässt weiter auf sich warten

 

Die Risken für die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft sind - bedingt durch volatile Börsen und die Verunsicherung vor einem möglichen Irak-Krieg - hoch. Unmittelbar prägt derzeit eine anhaltende Schwäche der Binnennachfrage die Konjunktur in Europa und Österreich. Umfragen unter den heimischen Sachgütererzeugern deuten nicht auf einen bevorstehenden Aufschwung hin. Die Investitionsneigung ist angesichts niedriger Kapazitätsauslastung und der weltwirtschaftlichen Unsicherheiten gering. Die Umsätze im Einzelhandel stagnieren. In der Bauwirtschaft zeigen sich - von niedrigem Niveau ausgehend - Hinweise auf eine leichte Belebung. Auf dem Arbeitsmarkt ist unter diesen Umständen eine Trendwende noch nicht zu erwarten.

 

Der Konjunkturbericht entsteht jeweils in Zusammenarbeit aller Mitarbeiter des WIFO. • Abgeschlossen am 5. Februar 2003. • E-Mail-Adresse: Markus.Marterbauer@wifo.ac.at

 

INHALT

Risken für die Konjunktur in den USA

Fehlende Binnennachfrage in Europa

Keine Erholung der Industriekonjunktur

Überschuss in der Leistungsbilanz

Handelsumsätze wachsen leicht

Langsame Erholung in der Bauwirtschaft

Schwacher Preisauftrieb

Noch keine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt

 

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN

Abbildung 1: Internationale Konjunktur 4

Abbildung 2: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests. 5

Abbildung 3: Wirtschaftspolitische Eckdaten. 7

 

 

[1] Die aktuellen Konjunkturindikatoren deuten weiterhin nicht auf einen Wirtschaftsaufschwung hin. Die Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests für das I. Quartal 2003 lassen in der Sachgütererzeugung sogar wieder eine leichte Verschlechterung des Geschäftsklimas erkennen. Dies spiegelt die große Unsicherheit in den Erwartungen über die weitere weltpolitische und wirtschaftliche Entwicklung wider. Die Unternehmen rechnen für die nächsten Monate mit einer gedämpften Expansion der Produktion (der saisonbereinigte Saldo aus optimistischen und pessimistischen Meldungen sank von +7,7 auf +4,8 Prozentpunkte). Besonders die Betriebe der technischen Verarbeitung, die Investitionsgüter herstellen, zeigen sich weniger zuversichtlich.

[2] Dieses Bild wird gestützt durch die Beurteilung der Kapazitätsauslastung. Letztere war im I. Quartal mit 80,3% zwar geringfügig höher als zuvor, blieb aber merklich unter dem langjährigen Durchschnitt. Dies und die generelle Verunsicherung über die Wirtschaftsentwicklung dürften die Unternehmen veranlassen, geplante Investitionsprojekte weiter aufzuschieben. Der WIFO-Investitionstest vom November 2002 weist auf eine Ausweitung der Industrieinvestitionen hin, diese geht aber ausschließlich auf Großprojekte in der Kfz-Branche zurück.

[3] Günstig entwickelt sich der Export. Zwar liegen bislang nur Außenhandelsdaten bis zum Oktober 2002 vor, diese zeigen aber, dass die Nachfrageschwäche vom Sommer überwunden wurde. Im September und Oktober expandierte die Ausfuhr gegenüber dem Vorjahr um 6½%. Die Nachfrage aus dem EU-Binnenmarkt hat sich erholt, die Ausfuhr nach Südosteuropa und Südostasien stieg kräftig.

[4] Vom Export kommen auch die einzigen nennenswerten Konjunkturimpulse in der EU und in Deutschland. Allerdings könnte die starke Aufwertung des Euro die Nachfrage aus Nordamerika und Südostasien bald dämpfen. Das BIP dürfte im Euro-Raum im IV. Quartal 2002 und im I. Quartal 2003 saisonbereinigt kaum mehr gewachsen sein, die Aufschwungstendenzen wurden neuerlich unterbrochen. Dies ist vor allem auf die anhaltende Schwäche der Binnennachfrage zurückzuführen. Private Investitionen und öffentliche Ausgaben werden restriktiv gehandhabt. Der private Konsum wächst nur wenig, das Konsumentenvertrauen ist zwischen September und Jänner eingebrochen.

[5] Hingegen kommen die Konjunkturimpulse in den USA primär von der Binnennachfrage, während der Export zurückgeht. Zwar hat sich die Zunahme der Ausgaben der privaten Haushalte (insbesondere für dauerhafte Konsumgüter) im IV. Quartal 2002 abgeschwächt, Ausrüstungsinvestitionen und private Bauinvestitionen sowie vor allem die öffentlichen (Militär-)Ausgaben steigen aber rasch. Die USA bleiben damit der wichtigste Motor der Weltwirtschaft. Allerdings sind die Konjunkturrisken hoch: Die Verunsicherung von Konsumenten und Investoren vor einem möglichen Irak-Krieg könnte zu Ausgabenzurückhaltung veranlassen. Geld- und Fiskalpolitik versuchen jedoch, die Konjunktur zu stimulieren.

[6] In Österreich äußert sich die Konjunkturflaute in erster Linie in einer Schwäche der Binnennachfrage. Der Einzelhandel setzte von Jänner bis November zwar real um ¾% mehr um als im Vorjahr, saisonbereinigt erhöhte sich die Nachfrage im 2. Halbjahr aber nicht. Eine leichte Verbesserung zeichnet sich für die Anbieter von dauerhaften Konsumgütern ab - darauf weisen höhere Umsätze im Kfz-Handel im September und Oktober und der Anstieg der Pkw-Neuzulassungen im IV. Quartal hin.

[7] In der Bauwirtschaft dürfte die Talsohle der Produktion durchschritten sein. Im WIFO-Konjunkturtest hat sich die Beurteilung der Bautätigkeit und der Auftragslage durch die Unternehmen leicht erholt. Dies deckt sich mit einer etwas günstigeren Einschätzung des Geschäftsklimas durch die Bauzulieferindustrie. Im Tiefbau hat sich die Nachfrage verbessert, im Wohnungsbau geht sie nicht weiter zurück. Die Unternehmen sehen auch keinen weiteren Bedarf, die Beschäftigung zu reduzieren, allerdings erreichte die Zahl der beschäftigten Bauarbeiter im Dezember 2002 mit 213.000 den niedrigsten Wert seit Mitte der achtziger Jahre.

[8] Auch der anhaltende Rückgang der Importe belegt die Schwäche der Binnennachfrage. Diese bildet - neben der Expansion im Tourismus - die wichtigste Ursache für das Verschwinden des Leistungsbilanzdefizits.

[9] Die ungünstige Konjunktur beeinflusst auch den Arbeitsmarkt. Im Jänner lag die Zahl der aktiv unselbständig Beschäftigten auf dem niedrigen Niveau des Vorjahres. Die Zahl der Arbeitslosen war um 6.000 höher als 2002.

Risken für die Konjunktur in den USA

In den USA trägt weiterhin die Binnennachfrage die Konjunktur. Das Wachstum der Konsumausgaben hat sich abgeschwächt, die Expansion von Ausrüstungsinvestitionen und Staatsnachfrage gewinnt an Dynamik. Allerdings bleiben die Risken, die von volatilen Börsen und einem möglichen Irak-Krieg ausgehen, hoch.

[10] In den USA sind die Konjunkturaussichten weiterhin von erheblicher Verunsicherung geprägt, die von volatilen Börsen, dem drohenden Irak-Krieg und dem Anstieg der Arbeitslosigkeit herrührt. Sie kommt vor allem in der Konsumentenstimmung zum Ausdruck, die im Dezember auf den niedrigsten Stand seit neun Jahren sank. Der Einbruch des Konsumentenvertrauens schlägt bislang aber nicht voll auf die Konsumausgaben durch. Diese wuchsen im IV. Quartal ebenso wie die Einzelhandelsumsätze leicht. Entscheidend für den weiteren Konjunkturverlauf sind die Investitionen. Seit dem II. Quartal 2002 zeigt sich eine lange erwartete Erholung der Käufe von Ausrüstungsgütern und Software. Allerdings nahm die Kapazitätsauslastung in der Industrie seit dem Sommer wieder etwas ab und liegt noch immer deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. Auch die Industrieproduktion blieb im Herbst in saisonbereinigter Rechnung schwach, während sich der Einkäuferindex zum Jahresende verbesserte. Ein markanter Investitionsaufschwung zeichnet sich nicht ab. Bei hoher politischer und wirtschaftlicher Unsicherheit warten die Unternehmen mit der Umsetzung von Investitionsprojekten zu. Der Sammelindex der vorauseilenden Konjunkturindikatoren weist leicht aufwärts und deutet auf eine vorsichtige Wirtschaftsbelebung in den nächsten Monaten hin.

[11] Im IV. Quartal 2002 erhöhte sich das BIP in den USA real um nur 0,2% gegenüber dem Vorquartal, das entspricht einer Steigerung um 2,8% gegenüber dem Vorjahr nach traditioneller europäischer Berechnung. Die Inlandsnachfrage ist weiterhin der tragende Faktor der Expansion. Dies kommt auch im raschen Anstieg der Importe zum Ausdruck. Die Konsumzunahme schwächte sich gegenüber den Vorquartalen etwas ab, für dauerhafte Konsumgüter (vor allem Pkw) wurde weniger ausgegeben. Einen wesentlichen Beitrag zum Wachstum leistete die Nachfrage der öffentlichen Haushalte, vor allem nach militärischen Gütern. Insgesamt ergab sich 2002 ein Anstieg des realen BIP um 2,4%, nach +0,3% im Jahr 2001.

Abbildung 1: Internationale Konjunktur

Saisonbereinigt, 1991 = 100



             2001/02

 

[12] Die Wirtschaftspolitik versucht der Verunsicherung von Konsumenten und Investoren durch expansive Maßnahmen entgegenzuwirken. Die Fed führte das kurzfristige Realzinsniveau deutlich in den negativen Bereich (zuletzt -1%). Der Spielraum für weitere Zinssenkungen zur Konjunkturstützung ist angesichts einer historisch niedrigen Federal Funds Rate von 1¼% allerdings nicht mehr sehr groß. Präsident Bush legte Anfang 2003 ein neues fiskalpolitisches Stimulierungspaket vor. Es umfasst das Vorziehen von geplanten Steuersenkungen, die Abschaffung der Dividendenbesteuerung und die Ausdehnung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld. Das Ausmaß der Wachstumseffekte dieses Zusatzpakets ist umstritten. Insgesamt ist die Budgetpolitik durch die Wirkung der automatischen Stabilisatoren, bereits wirksamer Steuersenkungen und zusätzlicher (Militär-)Ausgaben merklich expansiv. Hatte der öffentliche Sektor im Jahr 2000 noch einen Überschuss von mehr als 2% des BIP aufgewiesen, so dürfte das Finanzierungsdefizit heuer bei mehr als 3% des BIP liegen. Angesichts der schon beschlossenen Steuersenkungen, die in den kommenden Jahren wirksam werden, ist auch der Spielraum der Fiskalpolitik für zusätzliche wachstumsfördernde Maßnahmen beschränkt.

Fehlende Binnennachfrage in Europa

[13] Im Euro-Raum hat sich die Konjunkturerholung, die Anfang 2002 eingesetzt hatte, im 2. Halbjahr wieder merklich verlangsamt. Im III. Quartal wuchs das BIP gegenüber dem Vorquartal um nur 0,3% (+0,8% gegenüber dem Vorjahr). Für das IV. Quartal 2002 und das I. Quartal 2003 lassen die Indikatoren eine noch geringere Zunahme gegenüber der Vorperiode erwarten. Die Produktion expandiert mittlerweile so langsam, dass nicht von einem Aufschwung gesprochen werden kann.

In Europa verlor die ohnehin zögernde Konjunkturbelebung, die Anfang 2002 zu beobachten war, zur Jahreswende weitgehend an Dynamik. Während der Export verhalten expandiert, hält die Schwäche der Binnennachfrage an. Das unzureichende Wirtschaftswachstum bewirkt einen Anstieg der Arbeitslosigkeit.

[14] Während der Export verhalten wächst, leidet die Wirtschaft des Euro-Raumes unter einer anhaltenden Schwäche der Binnennachfrage. Dies kommt auch im Überschuss der Leistungsbilanz zum Ausdruck, der von Jänner bis November 2002 54 Mrd. € betrug (+70 Mrd. € gegenüber dem Vorjahr). Der private Konsum nimmt kaum zu, das Konsumentenvertrauen brach von September (-9 Prozentpunkte) bis Jänner (-17 Prozentpunkte) ein. Die pessimistische Konsumentenstimmung spiegelt sowohl die Verunsicherung über die weltpolitische Entwicklung als auch die ungünstigere Arbeitsmarktlage wider. Die Arbeitslosenquote steigt in der Euro-Zone kontinuierlich und erreichte zu Jahresende 8½% der Erwerbspersonen. Auch bezüglich der Investitionen ist keine Belebung zu erkennen. Im I. Quartal ging die durchschnittliche Kapazitätsauslastung wieder zurück. Dies dürfte zusammen mit dem hohen Grad der Unsicherheit über die weitere Absatzentwicklung die Unternehmen dazu veranlassen, Investitionsprojekte weiter aufzuschieben. Von Seiten der öffentlichen Nachfrage zeigen sich keine Impulse. Die Diskussion über die Fiskalpolitik in der EU beschränkt sich auf die Forderung nach neuen Konsolidierungspaketen vor allem in Deutschland, Frankreich und Italien.

[15] Die Hoffnung auf einen Aufschwung in Europa ruht zur Zeit einzig auf einer Erholung in den USA. Diese könnte mit der aus der Vergangenheit bekannten Zeitverschiebung von etwa zwei Quartalen auf die EU übergreifen. Allerdings bleibt einerseits auch in den USA die Konjunkturlage von erheblicher Unsicherheit geprägt, und andererseits wirkt die rasche Aufwertung des Euro dämpfend auf mögliche Impulse aus Übersee. Der Euro-Wechselkurs erreichte im Jänner im Durchschnitt 1,06 $; das bedeutet eine Aufwertung um 20% gegenüber dem Vorjahr und bremst die Expansion des europäischen Exports. Die Ursachen der Euro-Aufwertung könnten im höheren Zinsniveau Europas, im Leistungsbilanzdefizit der USA und vor allem in den Unsicherheiten zu suchen sein, die mit den militärischen Drohungen gegen den Irak einhergehen.

[16] Auch die Entwicklung der deutschen Wirtschaft ist von eher lebhafter Exportnachfrage bei lahmender Binnennachfrage geprägt. Der Export lag im III. Quartal nominell um etwa 3¼%, im Oktober und November um 4¾% über dem Vorjahresergebnis. Die Industrieproduktion entsprach im Herbst etwa dem Vorjahresniveau. Hersteller von Vorleistungen profitierten überdurchschnittlich von steigender Nachfrage, vor allem aus dem Ausland. Die Auftragseingänge aus dem Inland zeigen hingegen kaum Tendenz zur Belebung. Auch die Nachfrage der privaten Haushalte kommt nicht voran. Der Einzelhandel setzte im Jahr 2002 real um 2¼% weniger um als ein Jahr zuvor. Dies war der erste Rückgang im Einzelhandel seit 1997. Die deutsche Bundesregierung korrigierte im Jahreswirtschaftsbericht ihre Erwartung für das Wirtschaftswachstum im Jahr 2003 auf real +1%. Diese Rate würde nicht für einen Anstieg der Beschäftigung und einen Rückgang der Arbeitslosigkeit ausreichen.

Keine Erholung der Industriekonjunktur

Die Unternehmen der Sachgütererzeugung zeigen sich erheblich verunsichert. Die tendenzielle Verbesserung der Erwartungen wird immer wieder unterbrochen. Zwar lag die Ausfuhr im Herbst merklich über dem Niveau des Vorjahres, für den Beginn einer kräftigen Investitionskonjunktur fehlen allerdings alle Anzeichen.

[17] Die Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests für das I. Quartal enttäuschen die Hoffnungen auf einen Aufschwung in der heimischen Sachgütererzeugung. Das Geschäftsklima hat sich gegenüber dem IV. Quartal sogar leicht verschlechtert. Der saisonbereinigte Saldo aus optimistischen und pessimistischen Meldungen ging für die Produktionserwartungen von +7,7 auf +4,8 Prozentpunkte zurück und für die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage von -2,3 auf -4,6 Prozentpunkte. Auch der Auftragsbestand und der Eingang an Exportaufträgen werden ungünstiger beurteilt als zuletzt. Der Rückschlag im Geschäftsklima betrifft den Basissektor und die Herstellung traditioneller Konsumgüter, besonders aber die technische Verarbeitung (Maschinen- und Fahrzeugbau, Metall- und Elektroindustrie), die traditionell eine Vorläuferfunktion im Konjunkturzyklus innehat.

 

Abbildung 2: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests

Salden aus positiven und negativen Meldungen in % der befragten Unternehmen, saisonbereinigt

 

[18] Auch eine starke Belebung der Investitionstätigkeit zeichnet sich nicht ab. Die Kapazitätsauslastung der Sachgütererzeugung verbessert sich laut WIFO-Konjunkturtest im I. Quartal 2003 zwar gegenüber dem Vorquartal leicht auf 80,3%, bleibt damit aber weiterhin merklich unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Notwendigkeit, in neue Kapazitäten zu investieren, ist gering. Der WIFO-Investitionstest zeigt, dass die Unternehmen der Sachgütererzeugung ihre Pläne für das Jahr 2003 gegenüber dem niedrigen Niveau des Vorjahres um nominell gut 5% erhöhen[a]). Dies geht primär auf Großprojekte in der Kfz-Industrie zurück, die eine Verdoppelung der Ausgaben mit sich bringen; ohne Kfz-Industrie sinken die Investitionen der Industrie nominell um 1,8%. Großhandels- und Außenhandelsstatistik zeigen ein etwas günstigeres Bild: Die Einfuhr von Investitionsgütern lag in den ersten drei Quartalen 2002 um 3,1% und im Oktober um 3,8% unter dem Niveau des Vorjahres. Der Großhandel mit Maschinen und Ausrüstungen setzte im III. Quartal real um 3,3% mehr und im Oktober um 4,5% weniger um als im Vorjahr.

[19] Der arbeitstägig bereinigte Produktionsindex für die Sachgütererzeugung entwickelt sich seit dem Sommer uneinheitlich. Im III. Quartal stieg er um 0,6%, im Oktober unterschritt er den Wert von 2001 um 1,9%, im November lag er wieder merklich darüber (+3,3%). Die Produktion von dauerhaften Konsumgütern (Möbel, Elektrogeräte) lag zuletzt um mehr als 10% unter dem niedrigen Niveau des Vorjahres. Selbst in der Herstellung von Investitionsgütern war kein Anstieg gegenüber 2001 mehr zu erkennen.

[20] Der Warenexport übertraf laut Außenhandelsstatistik in den ersten zehn Monaten des Jahres 2002 das Vorjahresniveau nominell um 4%, im September und Oktober aber bereits um 6½%. Im Herbst gewann die Ausfuhr in den EU-Binnenmarkt wieder etwas an Dynamik. Besonders stark expandiert die Nachfrage aus Südosteuropa und Südostasien. Die Zahlungseingänge für Warenexporte weisen bis November einen Zuwachs von 4½% gegenüber dem Vorjahr aus.

Überschuss in der Leistungsbilanz

[21] Laut Außenhandelsstatistik wurden von Jänner bis Oktober nominell um 2,7% weniger Waren importiert als 2001. Besonders ungünstig entwickelte sich die Einfuhr von Investitionsgütern (-3,1%) und Halbfertigwaren (-2,1%). Die Cash-Bilanz der OeNB über Zahlungsausgänge für Importe zeigt von Jänner bis November einen Rückgang um 1%. Der Einbruch der Importe ist ein weiterer Beleg für die anhaltende Schwäche der heimischen Binnennachfrage.

[22] Die Leistungsbilanz weist auf Basis von Cash-Daten in den ersten 11 Monaten 2002 ein Passivum von nur noch 300 Mio. € aus, im Vorjahr betrug es fast 5 Mrd. €. Zum Verschwinden des Leistungsbilanzdefizits trug zunächst die Flaute der Binnennachfrage bei, die eine Abnahme der Warenimporte zur Folge hatte. Zugleich entwickelte sich der Reiseverkehr günstig: Die heimischen Tourismusanbieter setzten laut vorläufigen Berechnungen in den ersten drei Quartalen 2002 um 5,8% mehr um als im Vorjahr, obwohl die Zahl der Nächtigungen kaum gestiegen ist.

Handelsumsätze wachsen leicht

[23] Die Umsätze des Einzelhandels (ohne Kfz) lagen von Juli bis November real um etwa 1¾% über dem niedrigen Niveau des Vorjahres. Saisonbereinigt ergab sich allerdings keine Belebung. Die Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern dürfte nicht mehr weiter zurückgehen. Im Kfz-Handel blieb zwar der Umsatz im November deutlich hinter dem Wert des Vorjahres zurück, im September und Oktober zeigte sich jedoch ein Wachstum. Die Zahl der Pkw-Neuzulassungen übertraf im IV. Quartal mit +4,7% erstmals seit zwei Jahren wieder das Vorjahresniveau.

[24] Günstiger als im Einzelhandel ist - dank der anhaltenden Zuwächse im Export - die Situation im Großhandel. Die Umsätze überstiegen von Juli bis November den Wert der Vergleichsperiode 2001 real um 4%.

[25] Das Umsatzwachstum reicht nicht aus, um die Beschäftigung im Handel zu stabilisieren: Im IV. Quartal war die Zahl der unselbständig Beschäftigten um 6.200 (-1,2%) niedriger als ein Jahr zuvor.

Abbildung 3: Wirtschaftspolitische Eckdaten

Saisonbereinigt



             2002/03

1) Unselbständig Beschäftigte ohne Bezieherinnen und Bezieher von Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld, ohne Präsenzdiener.

 

Langsame Erholung in der Bauwirtschaft

Die Impulse, die der verstärkte Ausbau der Verkehrsinfrastruktur setzt, beleben den Tiefbau. Im Wohnbau geht die Produktion nicht mehr weiter zurück. Dennoch ist die Nachfrage nach Arbeitskräften in der Bauwirtschaft nach wie vor sehr schwach.

[26] In der Bauwirtschaft dürfte sich die Produktion auf niedrigem Niveau stabilisiert haben. Reale Wertschöpfung und nomineller Produktionswert lagen im Bauwesen im III. Quartal 2002 etwa auf dem Niveau des Vorjahres, im Oktober leicht darunter. Die Talsohle könnte aber erreicht sein, der WIFO-Konjunkturtest lässt für das IV. Quartal eine Verbesserung der Bautätigkeit erkennen. Für das I. Quartal 2003 melden die Unternehmen eine etwas günstigere Auftragslage. Im Tiefbau werden die Pläne für den Ausbau der Infrastruktur durch Asfinag und SCHIG zunehmend bauwirksam. Auch im Wohnbau ist eine Stabilisierung - allerdings auf sehr niedrigem Niveau - zu beobachten. Gemäß dem WIFO-Konjunkturtest verbessern sich zudem in der Bauzulieferindustrie die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage und die Produktionserwartungen. Die etwas günstigere Auftragslage schlägt sich erst allmählich in der Beschäftigung nieder: Im Dezember blieb die Zahl der beschäftigten Bauarbeiter um 9.400 (-4,2%) unter dem niedrigen Niveau des Vorjahres, die Pläne der Bauunternehmen lassen nun eine Stabilisierung erwarten. Die Beurteilung der Baupreise durch die Unternehmen hat sich seit Anfang 2002 kontinuierlich verbessert.

Schwacher Preisauftrieb

[27] Der Anstieg des Verbraucherpreisindex betrug im Dezember 1,8% (HVPI +1,7%), gleich viel wie im Jahresdurchschnitt 2002. Über der allgemeinen Inflationsrate liegt nach wie vor der Anstieg der Preise privater Dienstleistungen. Die Kosten von Versicherungen, Restaurant- und Hoteldienstleistungen waren im Dezember um 3½% höher als ein Jahr zuvor.

[28] Seit dem Herbst steigt der Rohölpreis auf den Weltmärkten. Durch die Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar wird dieser Effekt gedämpft auf Europa übertragen, selbst auf Euro-Basis war Rohöl allerdings im Dezember um gut ein Viertel teurer als ein Jahr zuvor. Auf die Treibstoffpreise im Inland schlägt dies erst mit Verzögerung durch. Im Dezember war eine Verteuerung von Treibstoffen um fast 4% gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen.

Noch keine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt

[29] Der Arbeitsmarkt spiegelt die Konjunkturflaute wider. Die Zahl der aktiv unselbständig Beschäftigten (d. h. ohne Präsenzdiener sowie Bezieher und Bezieherinnen von Karenz- und Kindergeld) war im Jänner gleich hoch wie ein Jahr zuvor. Als aktiv beschäftigt werden auch jene Bezieher und Bezieherinnen von Karenz- und Kindergeld gezählt, die einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen; umgerechnet auf Vollzeitarbeitsplätze sinkt die Beschäftigung deshalb merklich. Hingegen überstieg die Zahl der Arbeitslosen mit 303.000 den Wert des Vorjahres um 6.000. Vom Beschäftigungsrückgang besonders betroffen ist neben dem Bauwesen und dem Handel die Sachgütererzeugung (Dezember -18.000). Der Arbeitsplatzabbau in der öffentlichen Verwaltung setzt sich fort (-10.000), Gesundheits- und Unterrichtswesen weiten hingegen die Nachfrage nach Arbeitskräften aus (+10.000). Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote erreichte im Jänner 7,1% der unselbständigen Erwerbspersonen nach traditioneller österreichischer Berechnung bzw. 4,1% der Erwerbspersonen nach Eurostat.

 

 



[a]) Eine detaillierte Analyse findet sich in Czerny, M., Falk, M., Schwarz, G., "Investitionsklima auch 2003 getrübt. Ergebnisse des WIFO-Investitionstests vom Herbst 2002", WIFO-Monatsberichte, 2003, 76(2).