Wirkungen reduzierter Mehrwertsteuersätze in der COVID-19-Krise

26.07.2021

WIFO-Studie zu Erfahrungswerten aus vergangenen Reformen

Eine soeben erschienene Studie der WIFO-Ökonomen Simon Loretz und Oliver Fritz untersucht die aktuelle Reduktion des Mehrwertsteuersatzes für Beherbergungsdienstleistungen und Gastronomie auch im Vergleich mit rezenten Reformen der Steuersätze für Beherbergungsdienstleistungen.

Eine Ex-post-Untersuchung der zeitweiligen Anwendung des Mehrwertsteuersatzes von 13% auf Beherbergungsdienstleistungen zeigt eine asymmetrische Weitergabe der Steueränderungen auf die Konsumentenpreise. Während die Erhöhung im Mai 2015 zu ungefähr zwei Drittel in Form von höheren Preisen weitergegeben wurde, zeigen sich für die Reduktion im November 2018 keine zeitnahen Preissenkungen. Trotz der Preissteigerung waren steigende Übernachtungszahlen im betroffenen Zeitraum beobachtbar.

Eine erste Einschätzung der aktuellen Reduktion zeigt, dass sich die Senkung nur unvollständig in Form von niedrigeren Preisen widerspiegelt. Die Maßnahme wirkt somit entsprechend der Intention der Wirtschaftspolitik auch als effektive Unternehmensförderung. Die Einführung eines dritten reduzierten Mehrwertsteuersatzes ist prinzipiell nicht europarechtskonform, dürfte aber aufgrund ihrer Befristung zu keinen Konsequenzen von Seiten der Europäischen Kommission führen.
  

Publikationen

Wirkungen der im Zuge der COVID-19-Krise reduzierten Mehrwertsteuersätze. Erfahrungswerte aus rezenten Reformen (Effects of Reduced VAT Rates during the COVID-19 Crisis. Experiences from Recent Reforms)
Studien, Juni 2021, 49 Seiten
Auftraggeber: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien
Studie von: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Online seit: 26.07.2021 0:00
 
Als Teil der Hilfsmaßnahmen für die Bewältigung der COVID-19-Pandemie wurde u. a. die Mehrwertsteuer in der Gastronomie und Hotellerie temporär reduziert. Dieser Bericht untersucht diese Maßnahme auch im Vergleich mit rezenten Änderungen der Mehrwertsteuersätzen auf Hotelübernachtungen in Österreich. Eine europarechtliche Einschätzung der Maßnahmen findet einen Verstoß gegen geltendes EU-Recht, welcher aufgrund der befristeten Natur der Hilfsmaßnahme jedoch keine Konsequenzen mit sich bringen dürfte. Die empirische Untersuchung der rezenten Mehrwertsteueränderung auf Beherbergungsdienstleistungen zeigen eine stärkere Überwälzung der Steuererhöhung, im Vergleich zur nachfolgenden Steuersenkung. Solche Asymmetrien finden sich auch in der rezenten Literatur, wofür es allerdings nur kurzfristige theoretische Begründungen u. a. durch Kapazitätsbeschränkungen gibt. Für die aktuelle Mehrwertsteuersenkung findet sich kaum Evidenz für eine Überwälzung, da die Preissetzung im Tourismus stark durch Pandemie-bedingte Maßnahmen beeinflusst wird.
Rückfragen an

Dr. habil. Simon Loretz

Forschungsgruppe: Makroökonomie und öffentliche Finanzen

Mag. Dr. Oliver Fritz, MSc

Forschungsgruppe: Regionalökonomie und räumliche Analyse
© Nik Lanús/Unsplash
© Nik Lanús/Unsplash