05.06.2024

Wettbewerbsfähigkeit unter neuen Rahmenbedingungen

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Im Anschluss an die Generalversammlung des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung fanden am 4. Juni 2024 die WIFO-Wirtschaftsgespräche mit Gabriel Felbermayr, Elisabeth Christen, Renate Anderl und Harald Mahrer statt. Agnes Kügler moderierte die Veranstaltung.

"Seit 2010 ist in Österreichs Wirtschaft der Wurm drin. Wir wachsen im Trend deutlich langsamer als der ohnehin wenig dynamische Rest Europas, wir haben eine höhere Inflationsrate, und die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist nur mit einem immer schwächeren Euro zu halten", hielt WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr in seinem Impulsstatement fest.

"Die demografische Dividende fällt seit 2010 und auch die für Österreich in Summe so vorteilhafte Globalisierung entwickelt sich immer mehr im Rückwärtsgang. Das sind strukturelle Probleme, auf die die nächste Bundesregierung dringend kraftvolle Antworten finden muss."

"Der internationale Handel wird zunehmend für Zwecke der Politik instrumentalisiert, in dem wirtschaftliche Abhängigkeiten genutzt werden, um machtpolitische Ziele zu erreichen", so WIFO-Ökonomin Elisabeth Christen. Auf diese geoökonomischen Umbrüche hat die EU mit der Neuausrichtung ihrer handelspolitischen Strategie zu einer offenen, nachhaltigen und entschlossenen Handelspolitik reagiert und den Ausbau unilateraler, autonomer Instrumente forciert, um den Binnenmarkt vor unfairen Handelspraktiken oder Zwangsmaßnahmen zu schützen, die Handlungsfähigkeit der EU bei der Durchsetzung von Handelsregeln zu erhöhen, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und nahhaltige Lieferketten sowie den Schutz von Menschenrechten zu gewährleisten.

Wie die Ergebnisse einer WIFO-Studie zeigen, sind die Wohlfahrtseffekte der neuen Instrumente moderat, wenngleich einige erhebliche Handelsumlenkungseffekte hervorrufen, die zu einer ungleichen Verteilung der Kosten auf die EU‑Mitgliedsländer und die Wirtschaftssektoren führen. "Dies erfordert eine sorgfältige Abwägung des Einsatzes der handelspolitischen Instrumente und Alternativen, um Zielkonflikte und die Gefahr von Protektionismus und Eskalationsspiralen in Handelskonflikten zu vermeiden. Der EU-Binnenmarkt mit dessen Größe, Tiefe und Dynamik ist ein defensives und offensives Druckmittel im Umgang mit Drittstaaten und spielt eine Schlüsselrolle für die Wirksamkeit der neuen handelspolitischen Instrumente", so Christen.

Download der Präsentation von Elisabeth Christen

In der anschließenden Diskussion mit Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich und des WIFO, und Renate Anderl, Präsidentin der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien und der Bundesarbeitskammer sowie Vizepräsidentin des WIFO, wurde das Thema Wettbewerbsfähigkeit unter neuen Rahmenbedingungen beleuchtet. WIFO-Ökonomin Agnes Kügler moderierte die Diskussion.

"Österreich steht vor einem brutalen Rendezvous mit der Realität, das viel größer sein wird, als viele denken. Der globale Innovationswettbewerb nimmt weiter zu und wir müssen jetzt handeln. Eine verstärkte Förderung der Grundlagenforschung ist der Schlüssel, um an der Spitze der Innovationsführer mitzuspielen. Mit einer Erhöhung der Forschungsquote können wir unsere Wettbewerbsfähigkeit massiv steigern und gleichzeitig international attraktive Rahmenbedingungen schaffen", so Mahrer.

"Gut ausgebildete Fach- und Arbeitskräfte sind zentrale Hebel für die Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen müssen daher wieder mehr in ihre Mitarbeiter:innen investieren und sie aus- und weiterbilden. Nicht hinnehmbar ist, dass sich manche Unternehmen durch unfaire Praktiken einen Wettbewerbsvorteil verschaffen – hier muss dagegen vorgegangen werden", so Anderl.