10.02.2023

Konsumstimmung steigt, Sparquote geht auf 7,3% zurück

Erster Konjunkturreport Einzelhandel im Auftrag des Handelsverbandes
"Die aktuellen Lagebeurteilungen der Einzelhandelsunternehmen haben sich zuletzt deutlich verbessert und liegen nun im positiven Bereich. Auch die unternehmerischen Erwartungen weisen trotz einer aktuellen Verschlechterung eine positive Tendenz auf", so WIFO-Ökonom Jürgen Bierbaumer.

Der neue "Konjunkturreport Einzelhandel" des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung (WIFO) im Auftrag des Handelsverbandes Östereich wird künftig einmal pro Quartal alle für den Einzelhandel wesentlichen Konjunkturinformationen zusammenstellen und analysieren.

Vor dem Hintergrund der internationalen wirtschaftlichen Eintrübung kühlte sich auch die heimische Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte 2022 ab. Gemäß Schnellschätzung des WIFO sank die österreichische Wirtschaftsleistung im IV. Quartal gegenüber dem Vorquartal real um –0,7%. Damit ging die Wirtschaftsleistung nach drei Quartalen positiven Wachstums im Jahr 2022 erstmals wieder zurück, lag aber real um +2,7% über dem Vorjahreswert. Die hohen Verbraucherpreise belasteten den Konsum der privaten Haushalte und die Wertschöpfung im Handel.

Im Gesamtjahr 2022 haben die heimischen Einzelhändler einen Umsatz von rund 72,5 Mrd. € erwirtschaftet. Das entspricht laut Statistik Austria zwar einer nominellen Steigerung von +8,1%, inflationsbereinigt steht aber ein leichtes Minus von –0,8% zu Buche. "Der österreichische Lebensmitteleinzelhandel musste 2022 einen realen Umsatzrückgang von –3,2% verarbeiten. Der Non-Food-Handel konnte um +1,3% zulegen, wobei es hier große Unterschiede zwischen den Sektoren gibt. Für 2023 erwartet ein Drittel der heimischen Handelsbetriebe Umsatzzuwächse, 34% befürchten allerdings einen Rückgang der Erlöse", sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Kernergebnisse des ersten Konjunkturreports Einzelhandel:

  • Vor dem Hintergrund der internationalen wirtschaftlichen Abschwächung hat sich auch die heimische Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte 2022 eingetrübt.
  • Die Stimmung der Einzelhändler:innen verbesserte sich seit Oktober 2022 das vierte Mal in Folge. Spiegelbildlich stieg auch der Indikator zum Konsumentenvertrauen seit Oktober an, wobei er sich dennoch auf historisch niedrigem Niveau befindet.
  • Insgesamt haben die heimischen Einzelhändler:innen im Gesamtjahr 2022 einen Umsatz von rund 72,5 Mrd. € erwirtschaftet. Inflationsbereinigt entspricht das einem leichtes Minus von –0,8%.
  • Für 2023 erwarten 33% der heimischen Handelsbetriebe einen Umsatzzuwachs.
  • Die Sparquote der Bevölkerung ist 2022 auf 7,3% gefallen, 2023 dürfte sie sogar auf 6,4% sinken.
  • Der Arbeitskräftemangel bleibt auch im Einzelhandel eine zentrale Herausforderung. Aktuell können 14.133 offene Stellen nicht zeitnah besetzt werden.

WIFO-Konjunkturklimaindex: Unternehmerische Unsicherheit bleibt hoch

Der saisonbereinigte WIFO-Konjunkturklimaindex für die heimische Gesamtwirtschaft fasst jeweils den Saldo der Anteile von positiven und negativen Antworten der aktuellen Lagebeurteilungen und der unternehmerischen Erwartungen zusammen. Die Ergebnisse zeigen nach dem Rückgang über den Sommer und Herbst 2022 seit November wieder einen leichten Zuwachs. Dieser ist vor allem auf die Verbesserung der Lagebeurteilungen zurückzuführen. Die unternehmerischen Erwartungen zeigen im Vergleich einen eher skeptischen Konjunkturausblick, wobei die positiven Antworten leicht überwiegen.

"Die unternehmerische Unsicherheit bleibt weiterhin hoch. Faktoren wie die hohen Preissteigerungen und Unwägbarkeiten der Erdgasversorgung haben die Einschätzungen der Unternehmen in den letzten Monaten geprägt. Im Vergleich zu den anderen Sektoren der heimischen Wirtschaft zeigen die Ergebnisse im Einzelhandel weiterhin eine stark unterdurchschnittliche Konjunkturdynamik", so Jürgen Bierbaumer.

Im direkten Vergleich mit Deutschland zeigt sich seit Beginn der COVID-19-Pandemie ein ähnlicher Verlauf, wobei der heimische Vertrauensindikator für den Einzelhandel stärker auf Einzelereignisse reagiert hat. Nach einer zuletzt positiven Tendenz verschlechterte sich die Einschätzung in Österreich im Jänner 2023 wieder leicht. Auch in Deutschland flachte die Entwicklung nach einem stärkeren Anstieg zu Jahresende zuletzt ab. Davor gingen die Einschätzungen des deutschen Einzelhandels seit Jahresbeginn nahezu ununterbrochen zurück. Auch hier dürften die allgemein konjunkturelle Verlangsamung zusammen mit dem steigenden Preisniveau das Vertrauen im Einzelhandel gedämpft haben.

WIFO-Prognose bis 2024: Sparquote sinkt heuer auf 6,4%, Bruttowertschöpfung des Handels steigt

Der globale Konjunkturabschwung erfasste im 2. Halbjahr 2022 auch Österreich. Trotzdem ist das BIP im Jahr 2022 aufgrund der starken Dynamik im 1. Halbjahr 2022 insgesamt um real 4,7% gewachsen. Für das Jahr 2023 geht die WIFO-Prognose von einer Stagnation (real +0,3%) aus, 2024 wird ein Wachstum von +1,8% erwartet.

Die anhaltend hohe Preisdynamik sowie die Unsicherheit dämpfen weiter die Konsumnachfrage der privaten Haushalte sowie die Investitionsdynamik. Da sich auch wichtige internationale Handelspartner:innen in einem konjunkturellen Abschwung befinden, entwickelt sich auch der Außenhandel ohne viel Dynamik. Vor diesem Hintergrund wird erwartet, dass das BIP auch im I. Quartal 2023 zurückgehen wird. Im weiteren Jahresverlauf ist allerdings von einer Erholung auszugehen.

Die Sparquote der Bevölkerung ist während der ersten beiden Jahre der COVID-19-Pandemie auf historisch hohe Werte gestiegen, 2022 allerdings auf 7,2% gesunken. 2023 rechnet das WIFO mit einem weiteren Rückgang auf 6,4%. Erst für 2024 ist ein Anstieg der Sparquote auf 8,2% zu erwarten, weil auch die realen Einkommen um +3,8% und die realen Konsumausgaben um +1,7% steigen dürften.

Studie
09.02.2023
Fertigstellung: Februar 2023
Projektauftraggeber:in: Handelsverband Österreich