03.09.2024

Großforschungsinfrastruktur verstärkt für Innovation nutzen

In Österreich fehlen spezialisierte Transferzentren
Durch die Errichtung und den Betrieb von Großforschungsinfrastruktur (Big-Science-Infrastruktur – BSI) wie dem CERN können über die Forschungsergebnisse hinaus weitere wirtschaftlich und gesellschaftlich relevante Leistungen entstehen. BSI-Zentren benötigen z. B. neue Technologien, um ihre Experimente durchführen zu können und agieren als Erstkunden, die die Markt- und Entwicklungsrisiken für Unternehmen verringern. Spezialisierte Transferzentren können die Nutzung solcher Innovationschancen unterstützen.

Österreich wendet etwa 40 Mio. € pro Jahr für die Mitgliedschaft in internationalen und europäischen Forschungsinfrastrukturen auf1). Dazu zählen z. B. das Europäische Kernforschungszentrum CERN in Genf (Schweiz), die European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble (Frankreich), das European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg (Deutschland) oder das Synchrotron-Forschungszentrum Elettra in Triest (Italien).

Dadurch können österreichische Wissenschafter:innen an Experimenten in diesen Einrichtungen teilnehmen, oder die Geräte dieser Einrichtungen für ihre Forschung nutzen. Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen entstehen durch den Bau und den Betrieb von Großforschungsinfrastruktur potenziell zahlreiche weitere wirtschaftlich und gesellschaftlich relevante Leistungen.

Die BSI-Zentren benötigen z. B. oft neue Technologien, um ihre Experimente überhaupt erst durchführen zu können. Sie können deshalb wichtige Erstkunden sein, die die Markt- und Entwicklungsrisiken für Unternehmen, die diese Ausrüstungen oder Software entwickeln, verringern – ein Grundprinzip der innovationsfördernden öffentlichen Beschaffung.

Forschungseinrichtungen können auch selbst entwickelte Technologien für die wirtschaftliche Nutzung transferieren, siehe z. B. MedAustron in Wiener Neustadt, oder bilden tausende Wissenschafter:innen aus, die nach ihrem Doktorat oder einem Forschungsaufenthalt nach Arbeitsplätzen in der Wissenschaft und der Unternehmensforschung suchen.

Sie können deshalb wichtige transnationale Akteure für die nationalen Innovationssysteme der Länder sein, die sie finanzieren. Aufgrund ihrer Komplexität erfordert die proaktive Nutzung dieses Innovationspotenzials jedoch spezialisierte Unterstützungsorganisationen, wie sie z. B. führende Innovationsländer wie Deutschland, Dänemark, Finnland, Schweden oder die Schweiz einsetzen. In Österreich fehlen solche Einrichtungen und die Nutzung von BSI-Zentren für Innovationsaktivitäten ist kein strategisches Ziel der FTI-Politik. Ein WIFO Research Brief und eine Studie im Auftrag des CERN beschreiben Möglichkeiten, internationale Großforschungsinfrastruktur verstärkt für das österreichische Innovationssystem zu nutzen, indem eine solche spezialisierte Unterstützungsstruktur auch in Österreich aufgebaut wird.


1)  https://www.bmbwf.gv.at/Themen/Forschung/Forschung-in-der-EU/Europäische-Forschungsinfrastrukturen.html