03.03.2020

FIW-Jahresgutachten zur österreichischen Außenwirtschaft veröffentlicht

Umfassender Bericht des Kompetenzzentrums "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft"
Die besondere Bedeutung der österreichischen Außenwirtschaftsbeziehungen für die österreichische Wirtschaftsentwicklung wird vom Kompetenzzentrum "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) zum Anlass genommen, beginnend mit dem Jahr 2020, ein Jahresgutachten zur "Lage der österreichischen Außenwirtschaft" zu erstellen.

Der Bericht wird durch Fördermittel des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) unterstützt.

Das FIW-Jahresgutachten besteht aus mehreren Abschnitten und wird sich jährlich mit einem wechselnden Schwerpunktthema beschäftigen. Neben der Darstellung und Analyse der aktuellsten Entwicklungen in der österreichischen Außenwirtschaft wird ein besonderes Augenmerk auf die Prognose der künftigen Entwicklungen gelegt. Zu diesem Zweck beinhaltet das Jahresgutachten zwei Abschnitte zur Einschätzung der kurz- und mittelfristigen Entwicklung der österreichischen Außenwirtschaftsbeziehungen. Vor dem Hintergrund der neuen Handelsbarrieren, welche seit 2018 eingeführt wurden, wird im aktuellen Jahresgutachten dieses Thema schwerpunktmäßig aufgegriffen und in den durchgeführten Analysen besonders berücksichtigt.

Die Hauptergebnisse des Jahresgutachtens können wie folgt zusammengefasst werden:

Für die nächsten Jahre wird von den Expertinnen und Experten des FIW ein schwächeres globales Exportwachstum erwartet als noch in den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts. Die Verschiebung des ökonomischen "Gravitationszentrums" nach Osten wird sich fortsetzen, wenngleich Chinas Anteil an den weltweiten Güterexporten nicht linear ansteigen, sondern sich abflachen wird. Bis 2024 könnte China einen weltweiten Exportmarktanteil von 20% erreichen. Für die EU – ohne dem Vereinigten Königreich – gehen die Experten und Expertinnen für das Jahr 2024 von einem Exportanteil von 15% für die EU und 10% für die USA aus.

Österreichs Exporte dürften sich behaupten und mittelfristig (2020/2024) durchschnittlich um 4% pro Jahr zulegen. Damit wird Österreich voraussichtlich in der Lage sein, seinen gegenwärtigen Anteil an den EU-weiten Exporten zu behaupten oder sogar leicht zu erhöhen. Bis 2024 sollte dieser Anteil, bedingt auch durch das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU, etwas über 3% betragen. Der Prognose zufolge wird Österreich auch seine Spezialisierung im Export von Produkten mit mittlerer Technologieintensität festigen. Keine allzu großen Verschiebungen sind bei den hauptsächlichen Zielländern für österreichische Exporte zu erwarten. Deutschland, die USA und Italien werden auf Basis der aktuellen Datenlage die wichtigsten Exportpartner bleiben. Leicht an Bedeutung gewinnen werden, wie auch schon während den vergangenen Jahren, China sowie die mittel- und osteuropäischen EU-Mitgliedsländer.

Das größte Prognoserisiko für die Ergebnisse in diesem Jahresgutachten geht vom angespannten handelspolitischen Umfeld aus. Zum einen belasten die zusätzlichen Handelsbarrieren – ausgelöst durch die Handelskonflikte – die globale Entwicklung des Außenhandels. Zum anderen sind in den letzten Jahren neben den bekannten handelsliberalisierenden Schritten, z. B. durch den Abschluss von Freihandelsabkommen, auch eine Rekordanzahl von handelsbeschränkenden bzw. potentiell handelsbeschränkenden Maßnahmen eingeführt worden. Die zukünftige Dynamik des globalen Außenhandels wird maßgeblich davon bestimmt werden, welche der beiden handelspolitisch gegenläufigen Ausrichtungen an Gewicht gewinnen und wie sich das regelbasierte Handelssystem der Welthandelsorganisation weiterentwickeln wird.

Von neuen Handelsabkommen kann die österreichische Außenwirtschaft profitieren, klimapolitische Aspekte werden an Bedeutung gewinnen. In Bezug auf ersteres eignen sich u. a. der Einsatz für einen weiteren Abbau von Handelsbarrieren mit Drittstaaten außerhalb der EU, etwa durch den Abschluss neuer Handelsabkommen der EU sowie die politische Unterstützung für die Erschließung neuer Wachstumsmärkte.

Österreich als kleine offene Volkswirtschaft sollte sich in Abstimmung mit der EU für die Einhaltung und Weiterentwicklung eines regelbasierten Handelssystems einsetzen. Dies gilt noch stärker für die EU und vor allem die EU-Kommission, da sie die Handelspolitik für alle Mitgliedsländer betreibt, und die EU bisher zu einem der größten Profiteure eines regelbasierten Handelssystems und der Gründung der WTO zählt. Die zukünftige Handelspolitik der EU wird aller Voraussicht nach den "European Green Deal" der neuen Europäischen Kommission von Ursula von der Leyen unterstützen, in dem vermutlich ambitioniertere Klimaschutzkapitel in den jeweiligen Vereinbarungen vorgesehen werden. Auf europäischer Ebene gilt es hier ein Spannungsverhältnis aufzulösen: Zum einen könnte mehr Freihandel den ambitionierten Klimazielen zuwiderlaufen. Zum anderen stellt sich die Frage, welche Politikfelder tatsächlich am effektivsten durch Handelsabkommen geregelt werden können und ob für klimapolitische Vereinbarungen nicht andere, vielleicht auch neue Formen von Abkommen besser geeignet wären.

Unabhängig davon gilt es, die enorme Bedeutung von Umweltaspekten zu antizipieren und die internationale Wettbewerbsfähigkeit klimaschonenderer Technologien und Produktionsprozesse der österreichischen Wirtschaft zu unterstützen. Hiezu eignen sich produktivitätsfördernde Maßnahmen, wie etwa verstärkte Anstrengungen im Bereich der Forschung und Entwicklung. Im Einklang mit den klimapolitischen Zielen sollten hiezu Zukunftstechnologien, die zur Dekarbonisierung der Wirtschaft führen, politisch durch anreizkompatible Instrumente unterstützt werden. Wirtschaftspolitische Maßnahmen, die die österreichische Wirtschaft bei der Erschließung neuer Zielmärkte unterstützen, sind etabliert und sollten zur Unterstützung einer weiteren Diversifikation der Exportmärkte fortgeführt werden.

Das FIW-Jahresgutachten steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.

Die Datenanhänge finden Sie hier.