16.01.2020

Big Data im Naturgefahrenmanagement

WIFO-Studie zur Wildbach- und Lawinenverbauung
Überschwemmungen, Vermurungen und Lawinen sind große Gefahren im alpinen Raum. Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahren wirken sich auf regionaler Ebene langfristig auf Wirtschaft und Bevölkerung aus. WIFO-Ökonom Franz Sinabell hat diese Effekte mit innovativen methodischen Ansätzen und dem Zugang zu kleinräumigem Datenmaterial gemessen.

Überschwemmungen, Lawinen, Muren und Steinschläge sind aufgrund der Topographie hierzulande Gefahren mit großem Schadenpotential. Vor deren Schäden auf Siedlungsräume und Infrastruktur schützt in Österreich die Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV). Im Jahr 2018 wurden 152 Mio. € ausgegeben, um größere Schäden präventiv zu vermeiden und im Fall von Schadensereignissen Sofortmaßnahmen durchzuführen. Der unmittelbare Nutzen dieser Leistungen liegt auf der Hand. Kaum untersucht wurde hingegen, welche langfristigen Auswirkungen diese Maßnahmen auf Wirtschaft und Bevölkerung in den betroffenen Regionen haben.

Denn dazu bedarf es einer Fülle an Informationen auf möglichst kleinem Raum, die erstmals in einer Studie des WIFO mit Hilfe von Daten der WLV und Rasterdaten der Statistik Austria genutzt werden konnten. Für jede 250 x 250 Meter große Fläche in Österreich konnten so Informationen zu den dort ansässigen Betrieben, den Haupt- und Nebenwohnsitzen sowie den dort getätigten Investitionen für den Zeitraum von 2001 bis 2011 erschlossen werden. Diese Rasterdaten wurden zudem mit den Gefahrenzonenplänen der WLV überlagert, um für jeden Raster das Ausmaß der Gefährdung durch Wildbach- und Lawinenereignisse zu bestimmen. Damit können die Auswirkungen der Investitionen auf die Dynamik der Bevölkerungszahl und der wirtschaftlichen Aktivität – in Abhängigkeit zum Gefährdungspotential – gemessen werden.

Ein wesentlicher Untersuchungsgegenstand der Studie ist die Reaktion von Unternehmen und Privathaushalten auf erhöhtes Gefährdungspotential in ihrer Umgebung. Mit diesen genauen Daten kann nachgewiesen werden, dass die Lage in einem hoch gefährdeten Gebiet langfristig die Beschäftigung reduziert und die Anzahl der Hauptwohnsitze senkt. Zonen mit hohem Risiko werden von Unternehmen gemieden, Arbeitsplätze werden folglich verlagert. Einzig die Zahl der Nebenwohnsitze bleibt von der Bedrohung unbeeinflusst. Dass Informationen über die Gefahrenlage das Verhalten der ansässigen Unternehmen sowie Bewohner und Bewohnerinnen beeinflusst, zeigt daher, dass die Gefahrenpläne der WLV ein wirksames Instrument zur Vermeidung von Schäden darstellen. Die Untersuchung zeigt darüber hinaus, dass Investitionen der WLV die lokale Wirtschaft stärken. Ausgaben in der Höhe von 1 Mio. € führen durchschnittlich zu einem Anstieg um 11 Haupt- und 25 Nebenwohnsitze und haben auch die Schaffung von Arbeitsplätzen zur Folge. Wirtschaftlich profitieren von den Investitionen vor allem das Baugewerbe und der Handel.

Eine interaktive Landkarte zur regionalen Verteilung der Investitionen der WLV und des Wachstums der Wohnsitze und Beschäftigten finden Sie bitte hier.
 

Studie
09.06.2016
Fertigstellung: Juni 2016
Projektauftraggeber:in: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft