Die multiplen Krisen seit 2019 – COVID-19-Krise, Lieferkettenkrise, Energiepreisschock – haben die österreichische Volkswirtschaft
härter getroffen als andere Länder. Der Realwert des BIP pro Kopf – ein Maß für die durchschnittliche Kaufkraft der Einkommen
aus der Produktion von Gütern und Dienstleistungen – lag 2023 um 2,2% unter dem Niveau von 2019. Der Euro-Raum hat sich hingegen
schneller erholt. Dort war der Realwert des BIP pro Kopf 2023 schon um 1,6% höher als 2019. Österreich wird den Vorkrisenwert
frühestens 2025 erreichen. Trotz überdurchschnittlichen Beschäftigungswachstums sinkt in Österreich die geleistete Arbeitszeit
pro Einwohner:in, was den Realwert des BIP pro Kopf unter Druck setzt. Trotz staatlicher Stützungsmaßnahmen lag der reale
Konsum pro Kopf 2023 um 2% unter dem Vorkrisenniveau.
The EU Directive on Corporate Sustainable Due Diligence has sparked fierce debate about the regulations of supply chains.
The Directive's objectives are aligned with European values. Assuming that enforcements of social and environmental rules
are absent in certain third countries, it privatises compliance costs in complex supply networks. This paper suggests options
to make the Directive more effective and efficient. It should exclude countries with a sufficient regulatory system and focus
not on the entire network but on supplier-buyer relationships only. Public agencies should set harmonised regulatory standards,
interpret the regulations and organise a private certification scheme in which liabilities are assumed by certification companies.
The proposed system resembles the market for financial auditors.
Dieser Beitrag zeigt Lösungswege auf, wie in den Kollektivvertragsverhandlungen mit den aktuellen Herausforderungen umgegangen
werden könnte, um einerseits die Reallöhne zu stützen und andererseits die hohe Inflation zu dämpfen. Zunächst wird die Inflationsentwicklung
in Österreich mit jener im Euro-Raum verglichen. Anschließend werden die Beziehungen zwischen Löhnen und Preisen anhand der
internationalen Literatur sowie die institutionellen Gegebenheiten für Lohnverhandlungen in Österreich beleuchtet. Als Änderungsvorschläge
für die Lohnverhandlungen wird zunächst ein Umstieg von der rollierenden auf die laufende Inflation diskutiert, verbunden
mit einer Kompensation für die Arbeitnehmer:innen. Anschließend wird auf die gezielte Nutzung von Einmalzahlungen eingegangen
und als zusätzliche Orientierungsgröße für die Produktivitätsentwicklung auf die nominelle sektorale Bruttowertschöpfung verwiesen.
Gabriel Felbermayr (WIFO), Oliver Krebs (Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ))
Commissioned by: The Foundation for Family Businesses
Study by: Austrian Institute of Economic Research
Online since: 15.05.2023 0:00
Die Studie betrachtet verschiedene Szenarien der Entkoppelung ("Decoupling") des EU-Binnenmarktes vom internationalen Handel
mit Zwischen- und Vorprodukten. Es werden die Szenarien für Deutschland als Ganzes als auch für die 400 Bezirke berechnet.
Mobilfunksendemasten sind auf den internationalen Kapitalmärkten zu einer eigenen Anlageklasse, die aufgrund von stabilen
und sicheren Zahlungsströmen für Investoren attraktiv ist, avanciert. Auf diesem hoch konzentrierten Markt sind europaweit
einige wenige große Anbieter aktiv. In Österreich wurde die Verwertung von Mobilfunksendemasten erst in der jüngsten Vergangenheit
zum Thema. Grundsätzlich eröffnen sich aus ökonomischer Sicht fünf Handlungsoptionen für die Gestaltung der Eigentumsstrukturen
der partiell im öffentlichen Eigentum stehenden Mobilfunksendemasten. Das Basisszenario (1) der reinen Ausgliederung stellt
in Relation zur Ausgangssituation eine Verbesserung dar, da es betriebswirtschaftliche Vorteile ohne volkswirtschaftliche
Nachteile bringt. Von den vier anderen Varianten scheidet der Verkauf an einen horizontalen Wettbewerber (2) aus wettbewerbsrechtlichen
und -ökonomischen Gründen aus, während der Verkauf an einen "Maverick" (3) dem Verkauf an ein vertikal integriertes Telekommunikationsunternehmen
(4) aus wettbewerbsökonomischen Gründen bzw. der Überführung in öffentliches Eigentum (5) aus Resilienzüberlegungen überlegen
ist. Die Wahl zwischen Verkauf an einen "Maverick" (3) und Überführung in öffentliches Eigentum (5) hängt von der Priorisierung
der Ziele ab, wobei bei kritischen Infrastrukturen zwischen effizienter Ressourcenallokation (Effizienz) und Widerstandsfähigkeit
(Resilienz) ein Zielkonflikt existiert.
Gabriel Felbermayr (WIFO), Inga Heiland (IfW), Martin Mosler, Christoph Schaltegger (Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP))
Commissioned by: Kiel Institute for the World Economy
Study by: Austrian Institute of Economic Research
Die Schweiz und die Europäische Union (EU) verbindet eine enge bilaterale Zusammenarbeit, wobei im Zeitablauf eine graduelle
Verschiebung von einer reinen Handelsintegration (Freihandelsabkommen von 1972) über eine stärker wirtschaftliche Integration
(Bilaterale I) bis hin zu politischen Integrationsschritten (Bilaterale II) zu beobachten ist. Nachdem die Verhandlungen zu
einem institutionellen Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU an verschiedenen Uneinigkeiten gescheitert sind, stellt
sich für die Schweiz die Frage, ob sie die bilateralen Beziehungen zur EU angesichts der gemeinsamen Interessen nicht primär
im wirtschaftlichen Bereich vertiefen sollte. Diese Studie berechnet die ökonomischen Auswirkungen eines modernisierten Freihandelsabkommens
zwischen der Schweiz und der EU als Basisszenario und vergleicht die Effekte mit einer kompletten Desintegration (nur WTO-regelbasiert)
sowie einer kompletten Integration (EU-Beitritt) als Referenzszenarien. Die Studie zeigt, dass sich auch mit einem modernen,
zusätzlichen Freihandelsabkommen als souveränitätsschonende Alternative zur weiteren politischen Integration in die EU bedeutende
Wohlstandsgewinne erzielen lassen. Eine solche Vertiefung des Marktzugangs müsste in beidseitigem Interesse sein: Ein modernisiertes
Freihandelsabkommen erhöht den Wohlstand für beide Volkswirtschaften und wurde auch bereits im Entwurf des institutionellen
Rahmenabkommens skizziert. Zugleich wurden die Konditionen des CETA-Abkommens von der EU unterzeichnet, was die Umsetzbarkeit
eines ähnlichen Abkommens als praktikabel erscheinen lässt.
With ever-increasing political tensions between China and Russia on one side and the EU and the USA on the other, it only
seems a matter of time until protectionist policies cause a decoupling of global value chains. This paper uses a computable
general equilibrium trade model calibrated with the latest version of the GTAP database to simulate the effect of such a decoupling
– implemented by doubling non-tariff barriers – between the two blocks on trade and welfare. Imposing import barriers almost
completely eliminates bilateral imports. In addition, changes in price levels lead to higher imports and lower exports of
the imposing country group from and to the rest of the world. The targeted country group increases exports to the rest of
the world and reduces imports. Welfare falls in all countries involved, suggesting that governments should strive to cooperate
rather than turn away from each other. By imposing a trade war on Russia, the political West could inflict severe damage on
the Russian economy because of the latter's smaller relative economic size.
Staaten haben schon immer wirtschaftspolitische Instrumente wie Importzölle, Steuern, Sanktionen oder ordnungspolitische Mittel
eingesetzt, um geopolitische Ziele zu erreichen, aber diese Praxis hat mit dem Wiederaufleben internationaler Machtrivalitäten
deutlich zugenommen. Länder wie Österreich und politische Allianzen wie die EU müssen sich dieser neuen Realität stellen und
ihre eigenen geoökonomischen Instrumente schärfen. Dazu ist es wichtig, die wirtschaftlichen Mechanismen zu verstehen und
über bestmögliche Informationen über binnen- und außenwirtschaftliche Abhängigkeiten und Verwundbarkeiten zu verfügen. Das
wichtigste Instrument für die europäischen Länder ist der EU-Binnenmarkt, dessen Tiefe und Dynamik ein defensives und offensives
Druckmittel im Umgang mit ausländischen Mächten darstellen. Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Ergebnisse einer großen WIFO-Studie
zusammen, die den politischen Entscheidungsträgern als Orientierungshilfe dienen soll.
With ever-increasing political tensions between China and Russia on one side and the EU and the USA on the other, it only
seems a matter of time until protectionist policies cause a decoupling of global value chains. This paper uses a computable
general equilibrium trade model calibrated with the latest version of the GTAP database to simulate the effect of such a decoupling
– implemented by doubling non-tariff barriers – between the two blocks on trade and welfare. Imposing import barriers almost
completely eliminates bilateral imports. In addition, changes in price levels lead to higher imports and lower exports of
the imposing country group from and to the rest of the world. The targeted country group increases exports to the rest of
the world and reduces imports. Welfare falls in all countries involved, suggesting that governments should strive to cooperate
rather than turn away from each other. By imposing a trade war on Russia, the political West could inflict severe damage on
the Russian economy because of the latter's smaller relative economic size.