Das WIFO erweitert seine Konjunkturprognose um zwei Indikatoren zur Einkommensentwicklung: das S80/S20-Einkommensquintilverhältnis
und die Armutsgefährdungsquote. Beide sind wichtige Kennzahlen im Rahmen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen sowie der
"Beyond GDP"-Initiative der Europäischen Kommission, die einen breiteren Ansatz zur Messung von Wohlstand und Wohlergehen
darstellen. Die beiden Indikatoren werden auf der Grundlage der EU-SILC-Daten mit Hilfe von EUROMOD berechnet. Wichtige Inputfaktoren
sind dabei die Bevölkerungsprognose und die Haushaltsprognose von Statistik Austria sowie die Entwicklung von Beschäftigung,
Arbeitslosigkeit, Lohneinkommen und Inflation basierend auf der jeweiligen WIFO-Konjunkturprognose. Da EU-SILC erst mit Verzögerung
zur Verfügung steht, werden die beiden Indikatoren auch für vergangene Jahre geschätzt (Nowcast). Die Prognose für die Jahre
2024 und 2025 (Forecast) zeigt, dass die Indikatoren relativ stabil sind und innerhalb der üblichen Schwankungsbreiten liegen.
Wir untersuchen die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern in Österreich von 2011 bis 2022 auf Basis des Mikrozensus.
Im Jahr 2011 lag der durchschnittliche Lohn von Frauen im öffentlichen und privaten Sektor 19,6% unter dem der Männer. Bis
zum Jahr 2022 verringerte sich der geschlechtsspezifische Lohnunterschied auf 13,5%. Auch der bereinigte Lohnunterschied sank
in diesem Zeitraum von 7,8% auf 6,4%. Determinanten des Lohnunterschieds sind u. a. Unterschiede zwischen Frauen und Männern
bei Merkmalen, die die Berufserfahrung beschreiben, der ausgeübte Beruf und die Branche sowie die vertikale Segregation. Die
Annäherung der Lohnniveaus lässt sich im Wesentlichen durch eine Angleichung dieser Merkmale erklären. Der Anteil der nicht
beobachteten Merkmale, die zu Lohnunterschieden führen, wie z. B. systematische Unterschiede bei Lohnverhandlungen oder auch
eine systematische Unterbezahlung von Frauen, ist ebenfalls gesunken, allerdings in geringerem Ausmaß.
Die Zahl an älteren Menschen in Österreich wird sich sowohl absolut als auch relativ zu jüngeren Personen stark erhöhen. Dies
hat einen Rückgang des Pflegepotenzials von Familien und Kostensteigerungen im Pflegesektor zur Folge. Die zu erwartende gesundheitliche
Entwicklung von älteren Personen bringt einen etwas dämpfenden Effekt mit sich. Diese Effekte berücksichtigend, schätzt dieser
Beitrag die zu erwartende Nachfrage im Bereich der Langzeitpflege und den daraus resultierenden Arbeitskräftebedarf bis zum
Jahr 2050 ab. Die Anzahl der pflegegeldbeziehenden Personen wird zwischen 2021 bis 2050 um 57% steigen und im Jahr 2050 mehr
als 730.000 betragen. Die mit dieser Entwicklung verbundenen öffentlichen Kosten werden von 2,74 auf 9,17 Mrd. € steigen (real,
jährliche Valorisierung des Pflegegelds berücksichtigt). Die Projektionen der öffentlichen Aufwandsentwicklung der Pflegedienstleistungen
zwischen 2021 und 2050 zeigen einen klaren Anstieg der Nettoaufwände sowie der betreuten Personen. Während im Jahr 2021 die
Nettokosten für alle Pflegedienstleistungen rund 2,71 Mrd. € betrugen, werden sich diese bis zum Jahr 2030 auf rund 4,22 Mrd.
€ und bis 2050 auf 10,7 Mrd. € erhöhen (zu Preisen von 2021; +56% bis 2030, +294% bis 2050). Diese Nachfragesteigerungen führen
zu einem erhöhten Personalbedarf im Bereich der Pflege. Ausgehend vom Personalstand im Jahr 2021 sind bis zum Jahr 2030 knapp
17.000 zusätzliche Pflegekräfte nötig (in Vollzeitäquivalente über 12.000), um das Personalverhältnis von heute aufrechtzuerhalten
(durchschnittlich +1.870 Pflegekräfte pro Jahr). Bis zum Jahr 2050 sind knapp 77.000 zusätzliche Pflegekräfte nötig (bzw.
knapp 57.000 in Vollzeitäquivalenten). Ein notwendiger Ausbau aufgrund von etwaigen Unterversorgungen ist hier nicht berücksichtigt
und würde den Pflegekräftebedarf nochmals erhöhen.
Hans Pitlik, Editorial • Stefan Ederer, Stefan Schiman-Vukan, Konjunkturerholung verzögert sich. Prognose für 2023 bis 2025
• Klaus Friesenbichler, Werner Hölzl, Investitionspläne für 2024 weiter gekürzt. Ergebnisse der WIFO-Investitionsbefragung
vom Herbst 2023 • Benjamin Bittschi, Ulrike Famira-Mühlberger, Daniela Kletzan-Slamanig, Michael Klien, Hans Pitlik, Margit
Schratzenstaller, Finanzausgleich 2024 bis 2028. Erste Schritte zu einer Wirkungsorientierung • Michael Peneder, Fabian Unterlass,
Die Produktivitätsentwicklung österreichischer Unterneh¬men in den Jahren 2013 bis 2020. Eine Auswertung von Mikrodaten
Der neue Finanzausgleich 2024 bis 2028 sieht zusätzliche Finanzmittel von durchschnittlich 3,4 Mrd. € p. a. für Länder, Gemeinden
und Sozialversicherung vor. Davon fließen im Jahresdurchschnitt etwa 1,2 Mrd. € in einen "Zukunftsfonds", der Mittel für Länder
und Gemeinden für die Bereiche Elementarbildung, Wohnen und Klima bereitstellt. Auch die Bereiche Pflege und Gesundheit erhalten
mehr Geld. Der neue Finanzausgleich setzt erste Schritte in Richtung einer Wirkungsorientierung sowie einer effizienteren
Mittelverwendung im Gesundheitswesen. Grundlegende Reformen für eine bessere Gesamtsteuerung im Pflege- und Gesundheitsbereich
bleiben jedoch aus. Zudem werden Akzente hin zu einer Ökologisierung des Finanzausgleichs gesetzt, denen weitere Schritte
folgen sollten. Wichtige strukturelle Reformen zur Zusammenführung von Finanzierungs- und Ausgabenverantwortung auf Ebene
der subnationalen Gebietskörperschaften, zur Transferentflechtung und zur Stärkung der subnationalen Abgabenautonomie im Rahmen
einer Föderalismusreform werden nicht angegangen.
The WIFO Radar of Competitiveness tracks Austria's performance as a business location, taking into account economic, social
and ecological targets. On average across 24 indicators, Austria has recently caught up with the top third of comparable European
countries. The productivity indicators in 2022, the recovery in tourism and an improvement in the ranking for environmental
patents have all contributed to this. In the dimension of labour market and social conditions, Austria has again lost ground.
We analysed a new counselling and support programme for people with low employment prospects in Austria. The Austrian Public
Employment Service introduced regional pilots to investigate whether a new counselling strategy could improve labour market
outcomes for this group. Eligible unemployed individuals could opt for third-party counselling and support, access a wide
range of low-threshold services, and focus on personal stability rather than job placement. The goal was to achieve similar
or even better labour market outcomes at lower cost. By comparing pilot and control regions, we found that introducing the
offer resulted in higher costs without improving labour market outcomes.
There is still a lack of knowledge on how to effectively help the long-term unemployed into employment. We evaluate a wide
range of active labour market policies for this target group, using a dynamic matching approach. Measures vary considerably
in the extent to which they improve labour market prospects. Human capital-intensive training programmes that substantially
enhance vocational skills and employment programmes are most effective, short activating job search training the least. Our
results suggest that not only wage subsidies in the private sector, but also direct job creation in the public and non-profit
sector can work, if properly designed.
Die Bundesregierung diskutierte eine Reform des Arbeitslosenversicherungsrechtes. Zur Unterstützung politischer Entscheidungsprozesse
über Reformoptionen sowie für die Dokumentation im Rahmen des Gesetzwerdungsprozesses wurden nach Vorgabe des Bundesministeriums
für Arbeit und Wirtschaft zahlreiche Szenarien einer Neuregelung der Leistungsansprüche der Arbeitslosenversicherung (AlV)
simuliert, die jedoch noch kein finales Reformkonzept darstellten. Die Hauptvarianten sehen eine degressive Nettoersatzrate
des Arbeitslosengeldes (70% für die ersten 10 bzw. 12 Wochen) in Kombination mit einer Karenzfrist (7 bzw. 10 Tage), dem Entfall
des Ergänzungsbetrags und einer Erhöhung des Familienzuschlags (Verdoppelung bzw. Verdreifachung) vor. Eine Variante sieht
eine Reduktion der Notstandshilfe auf eine Nettoersatzrate von 50% vor. Ohne Verhaltensreaktionen ergibt sich eine Ausgabenveränderung
für AlV-Leistungen von –2,1% bis +0,6%. Eine mögliche Karenzfrist ohne Leistungsbezug zu Beginn der Arbeitslosigkeit, senkt
den Jahresdurchschnittsbestand um 1,9% bis 2,7%. Der in den Hauptvarianten diskutierte Wegfall des Ergänzungsbetrags senkt
die durchschnittliche Leistungshöhe deutlich und kann für viele Beziehende selbst durch die Erhöhung des Familienzuschlags
nicht ausgeglichen werden. Die Hauptvarianten wirken sich auf die Leistungshöhen der Frauen deutlich nachteiliger aus als
auf jene der Männer. Alleinerziehende verzeichnen selbst im Szenario mit Verdreifachung des Familienzuschlags überdurchschnittlich
häufig besonders hohe Tagsatzeinbußen. Auch Personen mit Pflichtschulausbildung, gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen
oder Behinderung erhalten überdurchschnittlich oft eine geringere Leistungshöhe als im aktuellen System.