31.10.2017

Bildungsstudie: In Basiskompetenzen investieren

In Zukunft sind vor allem Fähigkeiten gefragt, die Roboter und andere auf Algorithmen aufgebaute Systeme nicht mitbringen.
Angesichts der Digitalisierung muss das Bildungssystem vor allem Defizite beim sinnerfassenden Lesen, Schreiben und Rechnen beseitigen, so das Ergebnis einer WIFO-Studie, die gemeinsam mit Financier Hannes Androsch am Montag an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften präsentiert wurde. Die Studie ist Teil des WIFO-Forschungsprogramms „Österreich 2025“.
Die Beschäftigungszahlen in Berufen, in denen vor allem manuelle Routinetätigkeiten zu leisten sind, sind seit dem Jahr 1990 am stärksten zurückgegangen. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle WIFO-Studie "Österreich 2025 - Die Rolle ausreichender Basiskompetenzen in einer digitalisierten Arbeitswelt". Gleichzeitig sank der Anteil unselbstständig Erwerbstätiger mit relativ geringem Bildungsniveau von 1990 bis 2016 von 27 auf zwölf Prozent. Der Anteil an Beschäftigten mit höheren Bildungsabschlüssen hat sich hingegen von knapp unter zehn auf knapp unter 20 Prozent erhöht.

In Zukunft seien vor allem Fähigkeiten gefragt, die Roboter und andere auf Algorithmen aufgebaute Systeme nicht mitbringen, sagt der stv. WIFO-Leiter Marcus Scheiblecker bei der Studienpräsentation von MedienvertreterInnen. Zu den nötigen Kompetenzen zählen laut Scheiblecker Problemlösungs-, Kommunikations- sowie soziale und digitale Kompetenzen und Kreativität . Allesamt "Dinge, die Maschinen noch länger nicht leisten können". Angesichts der rasanten technischen Entwicklung könne man heute kaum voraussagen, welche konkreten Berufsbilder zukünftig nachgefragt werden. Nur mit ausreichenden Basiskompetenzen könnten Menschen entsprechend flexibel auf die neuen Anforderungen am Arbeitsmarkt reagieren, so Scheiblecker.

Momentan erreichen laut den Erhebungen der Bildungsstandards in Mathematik (Stand: 2013) jedoch rund ein Viertel der Schüler die Mindestanforderungen nicht oder nur teilweise. Beim sinnerfassenden Lesen gilt das sogar für 44 Prozent der Buben und 33 Prozent der Mädchen (Stand: 2015). Der Blick auf die Arbeitslosenzahlen mache klar, wie ungleich höher die Wahrscheinlichkeit für Menschen ist, die diese Kompetenzen nicht erreichen, in die Arbeitslosigkeit zu rutschen, so Scheiblecker.

Positive Wirtschaftsprognose, zu hohe Arbeitslosigkeit

Auch wenn Wirtschaftsprognosen momentan "eher positiv" ausfallen, "haben wir eine Arbeitslosigkeit, die nicht zu dem Konjunkturzyklus passt", konstatiert auch WIFO-Chef Christoph Badelt. Die Digitalisierung "wird das Problem mangelnder Bildung noch verstärken", so Badelt, der erneut betonte, wie stark geringere Bildung in Österreich mit dem sozialen Status der Eltern verbunden ist. Das Fazit aus diesen "erschütternd" lange bekannten Fakten könne nur heißen: "In Bildung investieren."

Hier brauche es sowohl Strukturreformen als auch mehr Geld. Die Argumente dazu lägen ebenfalls schon länger auf dem Tisch. Es gehe um das Heben der Effizienz im Schulsystem insgesamt, um den Ausbau von ganztätigen Angeboten, den Ausbau der frühen Förderung oder die verbesserte Vermittlung von Deutschkenntnissen, waren sich Badelt und Androsch einig. Die kommende Regierung müsse in dem Bereich jedenfalls mit den "Blockaden aus scheinideologischen Gründen aufhören", sagte Androsch, dessen „Hannes Androsch Stiftung an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften“ die Studie mitfinanziert hat. „Wir haben hier riesige Arbeit vor uns.“