05.12.2019

Geriatrische Versorgung in Wien

WIFO-Studie im Kontext des demographischen Wandels
Angesichts der zu erwartenden demographischen Entwicklung geht das WIFO in einer Studie im Auftrag der Ärztekammer für Wien von einem Anstieg des gesamten Ärztebedarfs in der Bundeshauptstadt von 18% bis zum Jahr 2030 beziehungsweise von knapp 47% bis zum Jahr 2050 aus.

Laut den Studienautoren Ulrike Famira-Mühlberger, Matthias Firgo und Gerhard Streicher wird der ärztliche Zeitaufwand aufgrund der Alterung der Gesellschaft steigen. "Während heute 22% des ärztlichen Zeitaufwands in Krankenanstalten auf die Gruppe der Über-85-Jährigen entfallen, wird dieser Anteil bis 2050 auf 34% zunehmen", betonte die stellvertretende Leiterin des WIFO Ulrike Famira-Mühlberger am 5. Dezember 2019 bei einer Pressekonferenz der Ärztekammer für Wien und des WIFO.

Ein Kernthema der WIFO-Studie ist die zu erwartende Lücke zwischen künftigem Ärzteangebot und Ärztenachfrage. Diese sei durchaus markant und werde auch bei optimistischen Annahmen bis 2050 auf mehr als ein Zehntel der Nachfrage geschätzt, so Gerhard Streicher. In der niedergelassenen Allgemeinmedizin sei sie laut dem WIFO-Ökonomen mit einem Drittel am höchsten.

Wien wird in den kommenden Jahrzehnten mit einem deutlichen demografischen Wandel konfrontiert sein. Während 2018 der Anteil der über 80-Jährigen 5% der Bevölkerung ausmachte, wird er bis 2050 auf 11% zulegen. In absoluten Zahlen ausgedrückt bedeutet das einen Anstieg der über 80-Jährigen von derzeit knapp 500.000 Österreicherinnen und Österreichern auf mehr als eine Million. ÄrztInnen werden in Zukunft stärker mit Fragen der Geriatrie (z.B. Multimedikation, Multimorbidität) konfrontiert sein.

Für Ärztekammerpräsident Szekeres sind die Studienergebnisse ein Wegweiser der künftigen Entwicklung der ärztlichen Versorgungsstruktur in Wien: "Daraus erkennen wir den künftigen Bedarf an Ärztinnen und Ärzten für Wien im Zusammenhang mit einer älter werdenden Bevölkerung, die aufgrund von Multimorbidität auch ein erhöhtes Maß an Versorgung benötigen wird. Schon jetzt fehlen in Wien in etwa 300 Spitalsärzte und 300 Kassenplanstellen, um den noch hervorragenden Status quo unseres Gesundheitssystems aufrechterhalten zu können."

Michael Junker, Arzt in der Abteilung Akutgeriatrie und Remobilisation im SMZ-Süd, sieht "aufgrund der Studienergebnisse sowie meiner langjährigen Erfahrungen aus der Praxis und den aktuellen Ist-Zustand der Wiener geriatrischen Patientenbetreuung kennend, einen Ausbau der Akutgeriatrie in allen Wiener Spitälern als dringend erforderlich."

Weitere Informationen und Fotos der Pressekonferenz finden Sie bitte hier.