05.09.2018

Arbeitsmigration nach Österreich verdrängt kurzfristig Inländer, schafft langfristig aber mehr Jobs

Die Ostöffnung des Arbeitsmarktes traf vor allem Wien.
Die Öffnung des heimischen Arbeitsmarktes in den Jahren 2011 und 2014 beschleunigte die Arbeitsimmigration drastisch. Das führte zu Verdrängungseffekten: Von zehn neuen Arbeitslosen in dieser Zeit waren vier bis acht eine Folge der Zuwanderung. Das fand WIFO-Forscher Stefan Schiman in einem aktuellen Working Paper heraus.
Die Liberalisierung des Arbeitsmarktzugangs für mehrere osteuropäische Staaten, darunter die direkten Nachbarstaaten Ungarn, Tschechien, Slowenien und Slowakei, führte für Österreich im Jahr 2011 zu einem Schock des Arbeitskräfteangebots. Die Arbeitskräfteimmigration beschleunigte sich nicht nur aufgrund der geografischen Nähe, sondern auch aufgrund der großen Lohnunterschiede, spürbar – mit vielfältigen Auswirkungen auf den heimischen Arbeitsmarkt.
 
Kurzfristig führte der gewachsene Arbeitskräftepool zum gleichzeitigen Anstieg von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit. Oder, anders formuliert: Für die Arbeitgeber wurde die Arbeitssuche leichter, für Arbeitnehmer schwieriger. Während Unternehmen offene Stellen rascher (und bei zumindest kurzfristig niedrigeren Löhnen) besetzen konnten, fiel es einheimischen Arbeitskräften schwerer, einen Job zu finden. So führte der Schock kurzfristig zu durchaus markanten Verdrängungseffekten von inländischen Arbeitskräften, wie WIFO-Forscher Stefan Schiman in seinem aktuellen Working Paper analysiert: Zwischen 40 und 80 Prozent der Zunahme der Arbeitslosigkeit in den Jahren ab 2011 ist, so das Ergebnis, auf die Öffnung des Arbeitsmarktes zurückzuführen.

Mittel- und langfristig zeigt sich hingegen ein anderes Bild: Niedrige Rekrutierungskosten für Unternehmen führen dazu, dass diese vermehrt Stellen ausschreiben; das reale BIP und die Beschäftigung wachsen durch das höhere Arbeitskräfteangebot. Am Ende, so Schimans Ergebnisse, sind somit nicht nur mehr Ausländer, sondern auch mehr Inländer beschäftigt als zuvor. Auch die entstandene zusätzliche Arbeitslosigkeit wird langfristig wieder abgebaut; neben der guten Konjunktur ein Mitgrund für den derzeitigen Rückgang der Arbeitslosigkeit.
 
Welche Rolle die geografische Nähe zu den Grenzen spielt, hat Schiman ebenfalls erforscht: So war Wien von den Schocks seit 2011 am stärksten betroffen – auch, weil es als Metropolregion für Arbeitssuchende aus dem Ausland besonders attraktiv ist. Die Effekte auf Niederösterreich waren bereits deutlich geringer; in Tirol waren sie kaum noch wahrnehmbar.

► Anteil ausländischer Arbeitskräfte auf dem heimischen Arbeitsmarkt in Prozent

Österreich ist ein Einwanderungsland, der Anteil der zugewanderten Arbeitskräfte ist seit den ersten Gastarbeiterabkommen in den 1960er-Jahren mit wenig Unterbrechungen gestiegen. 2011 beschleunigte sich dieser Anstieg markant (siehe linke Grafik). Zurückzuführen ist das vor allem auf die Arbeitsmarktöffnungen, wie die rechte Grafik verdeutlicht: Arbeitskräfte aus jenen Staaten, die 2004 der EU beitraten (u.a. Ungarn, Tschechien, Slowakei und Slowenien), erhielten 2011 Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt. Für Rumänien und Bulgarien, die 2007 der EU beitraten, wurde der Arbeitsmarkt 2014 geöffnet. Diese Gruppen werden jeweils in Bezug gesetzt zum Anteil der Arbeiter aus dem ehem. Jugoslawien und der Türkei; diese bildeten traditionell die größten Einwandergruppen von außerhalb des deutschen Sprachraums.Österreich ist ein Einwanderungsland, der Anteil der zugewanderten Arbeitskräfte ist seit den ersten Gastarbeiterabkommen in den 1960er-Jahren mit wenig Unterbrechungen gestiegen. 2011 beschleunigte sich dieser Anstieg markant (siehe linke Grafik). Zurückzuführen ist das vor allem auf die Arbeitsmarktöffnungen, wie die rechte Grafik verdeutlicht: Arbeitskräfte aus jenen Staaten, die 2004 der EU beitraten (u.a. Ungarn, Tschechien, Slowakei und Slowenien), erhielten 2011 Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt. Für Rumänien und Bulgarien, die 2007 der EU beitraten, wurde der Arbeitsmarkt 2014 geöffnet. Diese Gruppen werden jeweils in Bezug gesetzt zum Anteil der Arbeiter aus dem ehem. Jugoslawien und der Türkei; diese bildeten traditionell die größten Einwandergruppen von außerhalb des deutschen Sprachraums.