28.03.2017

Migranten in Österreich gut in den Arbeitsmarkt integriert, Probleme bei der Bildung

Bei der Integration hat Österreich Nachholbedarf: Besonders schlecht steht es um die Wohnsituation.
Die im Ausland geborene Bevölkerung ist in Österreich gleich gut oder besser in den Arbeitsmarkt integriert als in vergleichbaren Ländern. Schlechter steht es um die soziale Integration. Eine besonders deutliche Benachteiligung besteht beim Wohnen und bei der Bildungsintegration. Das ergibt eine Studie des WIFO.
International liegt Österreich bei der Integration von Migranten und Migrantinnen im Mittelfeld. Deutlicher Aufholbedarf besteht gegenüber den klassischen Ansiedlungsländern wie Kanada oder Australien. Besser schneidet Österreich hingegen im direkten Vergleich mit Ländern ab, die historisch und in der Struktur ihrer Zuwanderung ähnlich sind. Österreich zählt wie Deutschland, Frankreich, Belgien und die Niederlande zur Ländergruppe der „traditionellen Zuwanderungsländer mit niedrig qualifizierter Migration“. Thomas Horvath, Julia-Bock-Schappelwein und Peter Huber präsentierten die Ergebnisse der Studie am Dienstag in einer Pressekonferenz.

Vor allem in der Integration in den Arbeitsmarkt liegt Österreich gleich gut oder besser als Länder aus der Vergleichsgruppe: So war die Beschäftigungsquote unter den im Ausland Geborenen in Österreich im Jahr 2012 zwar um 7,2 Prozentpunkte niedriger als unter im Inland Geborenen - in den Vergleichsländern wurden jedoch Unterschiede von 7,8 bis 13,7 Prozentpunkten gemessen. Auch bei der Arbeitslosenquote lag Österreich auf dem guten zweiten Platz: So ist die Arbeitslosigkeit bei im Ausland Geborenen in Österreich um 5 Prozentpunkte höher als bei im Inland Geborenen. Nur Deutschland (3,6 Prozentpunkte Differenz) schneidet besser ab.

Eine deutliche Benachteiligung besteht bei der Wohnsituation: So lag der Anteil an Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümerinnen unter den Haushalten von im Ausland Geborenen um 31,9 Prozentpunkte niedriger als unter den im Inland Geborenen. Dafür leben im Ausland Geborene um 22,9 Prozentpunkte häufiger in beengten Wohnverhältnissen. Diese Differenz ist nicht nur höher als jene in den Vergleichsländern innerhalb der Ländergruppe, sondern auch höher als im EU-Durchschnitt und sogar höher als im Durchschnitt aller von der OECD definierten Ländergruppen.

Thomas Horvath, Peter Huber und Julia Bock-Schappelwein bei der Präsentation der Studie. (Foto: Birgit Novotny)Thomas Horvath, Peter Huber und Julia Bock-Schappelwein bei der Präsentation der Studie. (Foto: Birgit Novotny)

Ähnlich schlecht steht es um die Bildungsintegration: Der Anteil der „Early School Leavers“ (Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren mit höchstens Pflichtschulabschluss, die keine weitere Ausbildung absolvieren) ist bei im Ausland Geborenen um 11,5 Prozentpunkte höher als bei im Inland Geborenen, deren beide Elternteile ebenfalls aus dem Inland stammen. Unter den Angehörigen der sogenannten zweiten Generation (im Inland Geborene mit im Ausland geborenen Eltern) liegt der Unterschied bei immer noch 10,4 Prozentpunkten. „In keinem anderen Land dieser Ländergruppe sind die Unterschiede so groß“, sagt Studienautor Huber. Sie liegen darüber hinaus ziemlich nahe an den Höchstwerten unter allen Ländern, die von der OECD erfasst wurden. Beim Armutsrisiko liegt der Anteil der Haushalte, die unter der relativen Armutsgrenze leben, in Österreich bei im Ausland Geborenen um 13,7 Prozentpunkte höher. Dies entspricht exakt dem EU-Durchschnitt und ist der zweitniedrigste unter den Vergleichsländern.


Österreichs Migranten und Migrantinnen sind bei alldem keine homogene Gruppe: Der Grad ihrer Integration unterscheidet sich je nach Zuwanderungsgrund, Zuwanderungsregion, dem Alter zum Zeitpunkt der Zuwanderung und nach Geschlecht. So fällt die Erwerbsintegration für Menschen, die aus Asylgründen zuwanderten, und bei Familienmigration deutlich schlechter aus als für Arbeitsmigranten und Arbeitsmigrantinnen. Diese weisen nur geringfügig (um -0,8 Prozentpunkte) niedrigere Beschäftigungsquoten auf als in Österreich Geborene. Für Personen, die aus familiären Gründen zugewandert sind, liegen die Beschäftigungsquoten deutlich (-11,2 Prozentpunkte) unter dem Wert der in Österreich Geborenen. Auch unter den aus Asylgründen Eingewanderten liegen die Beschäftigungsquoten deutlich unter jenen der im Inland Geborenen (-12,1 Prozentpunkte). Frauen sind tendenziell schlechter integriert als Männer. Gleiches gilt für Menschen, die in jungem Alter zuwanderten. „Dies ist einerseits auf die spezifischen entwicklungspsychologischen Bedingungen dieser Altergruppe zurückzuführen, andererseits auf die vielfältigen Übergänge zwischen verschiedenen Schultypen in dieser Altersgruppe“, sagt Huber.

Lernen aus "Versäumnissen der Vergangenheit"

Besonders deutlich sind die Unterschiede in der Integration zwischen Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern: Unter den Migranten aus den EU-15-Ländern sind Beschäftigungs- und Erwerbsquote höher als unter den im Inland Geborenen. Die Arbeitslosenquotenunterschiede im Vergleich zu den im Inland Geborenen liegen nur bei 1,7 Prozentpunkten. Unter den aus den EU-12-Ländern (also den sogenannten „neuen EU-Mitgliedsländern“) stammenden Migranten und Migrantinnen sind die Benachteiligungen gegenüber Inländern ebenfalls geringer als im Durchschnitt. Am schwersten gelingt die Integration in Österreich Menschen aus der Türkei, gefolgt von Menschen aus anderen außereuropäischen Drittstaaten. Studienautor Huber sieht hier Versäumnisse in der Vergangenheit: „Viele Menschen aus der Türkei kamen in den 1960er-Jahren als Gastarbeiter. Unter der Annahme, dass diese Menschen Österreich irgendwann wieder verlassen wollen, hat man damals in Sachen Integration einiges übersehen. Die Menschen sind aber vielfach geblieben – und derartige Versäumnisse wirken negativ nach.“

Als zentrale Faktoren für gelungene Integration sehen die Studienautoren neben der Anerkennung von Qualifikationen und Bildung vor allem gute Sprachkenntnisse: „Hier können wir auch für die aktuellen Herausforderungen rund um die Flüchtlinge, die in den vergangenen Jahren nach Österreich gekommen sind, aus der Vergangenheit lernen“, sagt Huber.