22.03.2017

Innovation: Stärker in Wissenschaft investieren, nicht nur in Unternehmen

Trotz budgetärer Anstrengungen liegt Österreich in allen Bereichen hinter Europas führenden Innovationsländern zurück.
Vor allem die Leistung der Hochschulen und das Wachstum innovationsintensiver Jungunternehmen bereiten Probleme. Einer der Gründe: Die Innovationsführer fördern schlichtweg anders. Sie investieren deutlich mehr in Hochschulen ‑ und weniger in Unternehmen.
In einer aktuellen Studie misst das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) die Leistung eines Innovationssystems anhand der Fähigkeit, zur Frontier ‑ also der höchsten Leis­tungsgrenze ‑ in vier Bereichen beizutragen: Wissenschaft, Technologie, Innovation und Wirt­schaft. Das Ergebnis: Obwohl die Ausgaben für Forschung und Entwicklung steigen, ist es Österreich bisher nicht gelungen, in die Gruppe der Innovationsführer aufzusteigen. Gemes­sen am Abstand zur Frontier in den vier Bereichen liegt Österreich teils weit zurück.

Bei der Wissenschafts-Frontier ‑ also im Bereich der Grundlagenforschung ‑ erreicht Öster­reich nur 69 Prozent der Leistung der Innovationsführer (Dänemark, Deutschland, Finnland, Niederlande, Schweden, Schweiz). Bei der Technologie-Frontier (angewandte Forschung, Erfindungen, industrielle Technologien) erreicht Österreich 86 Prozent. Im Bereich der Innova­tions-Frontier schneidet Österreich vor allem beim Strukturwandel ‑ also der Umsetzung neuen Wissens in neue wirtschaftliche Aktivitäten ‑ schlecht ab (88 Prozent); besser gelingt das "Upgrading", also die Verbesserung der Marktposition in bestehenden industriellen Stär­ken (98 Prozent). Bei der Wirtschafts-Frontier, also der Produktivität, erreicht Österreich 94 Prozent.

Defizite bei der wettbewerblichen Uni-Finanzierung

Das Problem: "Die führenden Innovationsländer fördern Innovation anders als Österreich", sagt WIFO-Innovationsexperte Jürgen Janger. So erreicht Österreich bei den Hochschulaus­gaben pro Kopf nur 85 Prozent des Niveaus der Innovationsführer. Bei der wettbewerblichen Finanzierung der Universitäten, die sich stark auf die wissenschaftliche Qualität auswirkt, sind es gar nur 40 Prozent. "Die Leistung fortgeschrittener Länder entscheidet sich heute daran, wie gut es im internationalen Wettbewerb gelingt, Talente heranzubilden und nach Öster­reich zu bringen", sagt Janger.

"Wer bei Forschung und Innovation führend sein will, muss attraktiv für die Besten sein. Nachdem Österreich keine globalen Unternehmensmagneten wie Apple oder Google aufweist, müssen wir verstärkt auf das Potential der Universitäten setzen." Investitionen in den Hochschulbereich würden sich, so Janger, gleich mehrfach rechnen: "Sie erhöhen auch die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung von Wissen in universitäre Unternehmensausgründungen. Zudem sichern gute Universitäten und Fachhochschulen auch den Standort ab."

Janger: "Bei Unternehmensförderungen auf Effizienz achten"

Überdurchschnittlich hoch ist hierzulande hingegen die Forschungsförderung für Unterneh­men. Während Österreich zirka 0,27 Prozent des BIP in die Förderung der Unternehmensfor­schung investiert, bewegen sich die führenden Innovationsländer laut OECD-Daten zwi­schen 0,07 und 0,17 Prozent des BIP. Hier fordert Janger, den Fokus auf die Effizienz zu legen: "Die Förderungen sind sehr hoch ‑ gleichzeitig sind die Möglichkeiten, die Wirksamkeit der Förderungen zu prüfen, im europäischen Vergleich aber sehr schlecht." Hinsichtlich der Effizi­enz, mit der Forschungsanstrengungen in wirtschaftliche Effekte umgesetzt werden, liegt Österreich im Mittelfeld der EU.

Um die Überleitung des Wissens in Wertschöpfung zu verbessern, brauche es zudem ein brei­tes Bündel an Rahmenbedingungen, die eine wettbewerbsfähige Produktion ermöglichen, so Janger: etwa bessere Verfügbarkeit von Facharbeiter und Facharbeiterinnen, die Sen­kung der Lohnnebenkosten, gute Breitbandinfrastruktur und den Zugang zu wachstumsstar­ken Exportmärkten.